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III. Vorgeschaltete Güteverhandlung; gerichtliche Güteversuche
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Das Instrument der Güteverhandlung ist kein Konzept der „außergerichtlichen“ Streitschlichtung, da sie die Erhebung einer Klage, also einen Prozess, voraussetzt. Da die Güteverhandlung aber auf eine rasche und frühzeitige Streitbeilegung gerichtet ist, soll sie – systematisch ungenau – dennoch an dieser Stelle behandelt werden. Nach § 278 Abs. 2 ZPO muss der mündlichen Verhandlung zwingend eine Güteverhandlung vorausgehen. Diese seit 2002 geltende Vorschrift ist § 54 ArbGG nachgebildet. Die Güteverhandlung ist nicht Teil der mündlichen Verhandlung, sondern vorgeschaltet. Ziel dieses Termins ist, eine frühzeitige, einvernehmliche Lösung des Konflikts zu fördern. Auf die Güteverhandlung kann das Gericht daher nur verzichten, wenn ein Einigungsversuch bereits vor einer außergerichtlichen Gütestelle (siehe hierzu Rn. 21) stattgefunden hat oder wenn die Güteverhandlung erkennbar aussichtslos erscheint (§ 278 Abs. 2 S. 1 ZPO). Wie die Güteverhandlung ausgeht, hängt u.a. auch von der Verhandlungsführung und dem Verhandlungsgeschick des Richters ab. Manche Länder haben daher Modellversuche mit speziell ausgebildeten Güte- bzw. Mediationsrichtern gestartet.[20] Das Mediationsgesetz (Rn. 12, 24) hat diesen Trend aufgegriffen. Um eine gütliche Einigung der Parteien vor Gericht noch intensiver zu fördern, hat das Gericht nach § 278 Abs. 5 ZPO zur Durchführung der Güteverhandlung nun mehrere Optionen. Nach Wahl des Gerichts kann es die Güteverhandlung selbst durchführen oder die Parteien an einen speziellen (nicht entscheidungsbefugten) Güterichter verweisen, der wiederum alle Modelle einvernehmlicher Konfliktlösung (z.B. Mediation) einsetzen kann (§ 278 Abs. 5 S. 2 ZPO). Richter/innen, die an einem Güte-/Mediationsverfahren mitgewirkt haben, sind von einer späteren Streitentscheidung ausgeschlossen (§ 41 Nr. 8 ZPO).[21] Außerdem kann das Gericht den Parteien die Durchführung einer außergerichtlichen Mediation vorschlagen (§ 278a ZPO), um so die Güteverhandlung bzw. den Prozess überflüssig zu machen.
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Führt das Gericht die Güteverhandlung selbst durch, erläutert es den Sach- und Streitstand (§ 278 Abs. 2 S. 2 ZPO), insbesondere das Prozessrisiko der Parteien. Finden die Parteien daraufhin keine Lösung, kommt es zur mündlichen Verhandlung, die entweder gleich im Anschluss (§ 279 Abs. 1 S. 1 ZPO) oder in einem gesonderten Termin (§ 279 Abs. 1 S. 2 ZPO) stattfindet. Aber auch bei Scheitern der Vergleichsgespräche in der Güteverhandlung darf das Gericht nicht „aufgeben“. Vielmehr ist das Gericht nach § 278 Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Rechtsstreits verpflichtet, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Es kann für weitere Güteversuche jederzeit an einen Güterichter verweisen (§ 278 Abs. 5 S. 1 ZPO). Finden die Parteien dagegen in der Güteverhandlung eine gemeinsame Lösung, wird ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, der vollstreckbar ist (§ 794 Nr. 1 ZPO). Der Vergleich ist zu seiner Wirksamkeit vom Prozessgericht zu protokollieren (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO); beim Vergleich vor dem Güterichter müssen die Parteien zunächst übereinstimmend die Aufnahme eines Protokolls beantragen (§ 159 Abs. 2 S. 2 ZPO). Schaffen es die Parteien, sich in der Güteverhandlung zu einigen, wird der Prozess in einem äußerst frühen Stadium beendet (spart Zeit und Kosten).
Ausgangsfall
Das Gericht teilt Mona in der Güteverhandlung mit, dass es klärungsbedürftig sei, ob die Verfärbungen überhaupt als Sachmangel zu bewerten seien. Dem Geschäftsführer der V-GmbH erklärt das Gericht, dass man über die Ersatzfähigkeit der Ein- und Ausbaukosten gründlicher diskutieren müsse und bei Bewertung des Prozesskostenrisikos eine hälftige Übernahme der Kosten durchaus angemessen sei. Der Geschäftsführer lehnt diesen Vorschlag auf Anraten seines Anwalts ab. Die Güteverhandlung ist damit gescheitert. Der Weg zur Durchführung des (restlichen) Erkenntnisverfahrens ist nun frei.
2. Teil Erkenntnisverfahren › A. Konzepte gütlicher Streitbeilegung › IV. Zusammenfassung