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Für die Zukunft Californias

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Ich saß, wie so oft in den letzten Tagen, in Sinessas ehemaligem Büro an seinem Sekretär und starrte trübsinnig auf die Pergament­bögen vor mir. Ich hatte mich immer gefragt, was die Charaktere in Filmen, in Büchern – vielleicht auch Menschen im echten Leben – meinen, wenn sie sagen: »Wir lieben uns. So sehr, dass es wehtut! Aber das ist nicht genug.«

Ich hatte es immer für die kitschigste, die abstruseste Aussage von allen gehalten. Denn was kann es geben, das stärker, das wichtiger ist als Liebe? Nichts, hätte ich bis vor dieser Wahl gesagt. Ich meine, was können Menschen im Leben mehr wollen, als ihre wahre Liebe zu finden?

Aber es geht bei dem dritten Satz nie um die Liebe, es geht um die Umstände. Darum, was zwei Menschen darüber hinaus verbindet, was jeder in einer Beziehung braucht und ob der andere es erfüllen kann. Oder ob einer der beiden jeden Tag an der Liebe ein Stückchen mehr zerbricht, weil er den geliebten Menschen nicht loslassen kann, dieser ihn aber nicht vollständig glücklich macht.

Ein Zwiespalt, ein Dilemma – ein Drama.

Und das kann verschiedene Gründe haben. Sei es, dass einer plötzlich körperlich eingeschränkt ist, beispielsweise gelähmt, wie es bei Rayn der Fall hätte sein können. Oder aber, dass einer – möglicherweise gar beide – im Licht der Öffentlichkeit steht und ihm das eine gewisse Rolle aufbürdet, die eine normale Beziehung fast unmöglich macht, wie bei Ivan und mir.

In Büchern war es immer romantisch, wenn das Liebespaar heimliche Treffen und ein wohlgepflegtes Versteckspiel hegt – in der Realität verlor sich der Charme nach dem ersten Nervenkitzel. Ich wusste es. Schließlich schien sich gerade die Liebe zwischen mir und dem Kardinal der Blauen Garde zu verlieren.

Was blieb, waren abgedroschene Worte in meinem Kopf, die keiner je ausgesprochen hatte: »Wir lieben uns. Aber das ist nicht genug.« Und weil niemand mit ständigem innerem Drama leben will, versucht man zu vergessen. Versuchte ich, Ivan zu vergessen. Erinnerungen an ein paar einzelne Momente geisterten mir nichtsdestotrotz im Kopf herum – doch auch diese würden mit der Zeit verblassen. Zumindest redete ich mir momentan ein, dass es so kommen würde.

Ich hatte seit dem schicksalhaften Tag der Zeremonie zur Regentschaft nichts mehr von Ivan gehört. Hatte ihn mehrfach über meinen Nanobot Li angerufen, Nachrichten für ihn an den kaiserlichen Palast und die Blaue Garde geschickt und schließlich sogar einen goldenen Brief geschrieben – in meiner Funktion als Regentin von California für ihn in seiner Funktion als Kardinal der Blauen Garde seiner göttlichen Heiligkeit des Kaisers von Eterny. Doch nichts war zurückgekommen.

Inzwischen war bereits ein Monat vergangen. Vier lange Wochen des Wartens. Selbst einen seiner von mir gehassten silbernen Briefe, die ich während der Wahl erhalten hatte, hatte ich mir herbeigesehnt.

Welch Ironie.

Dass ihm nichts zugestoßen war, wusste ich aus den Medien, deren Berichterstattung ich verfolgte, seit auch ich in Interviews Rede und Antwort zu Regentschaftsentscheidungen stehen musste. Irgendwann hatte ich eingesehen, dass mir alles Warten dieser Welt nichts bringen würde, wenn er nicht antworten wollte.

Die Erkenntnis hatte gute und schlechte Tage mit sich gebracht. Tage der Niedergeschlagenheit und Tage des Optimismus, an denen ich nach vorne geblickt hatte. Ich hatte ein Land zu regieren und die Menschen, die auf mich angewiesen waren, hatten es nicht verdient, dass ich in den Wirren meiner Liebelei – wie Yasemine es immer noch nannte – versank, statt meiner Verantwortung nachzukommen.

Ein tiefer Seufzer entrang sich mir.

Ich begann unbewusst, Pergamentbögen zu ordentlichen Stapeln zu schichten und sie auf dem Sekretär in einer Art Lesereihenfolge anzuordnen. In meinem Herzen machte sich langsam Aufbruchs­stimmung breit. Es war ganz so, als hätte mein Verstand erst jetzt realisiert, dass die Wahl wirklich vorbei war, dass Lanahaa abgeführt worden war und unverändert im kaiserlichen Palast in Washington in einer streng bewachten und magisch gesicherten Arrestzelle saß.

Vielleicht hatte es so lange gedauert, weil ich geglaubt hatte, die Menschen um mich zu kennen – und die Tatsache, dass ich falschgelegen, mich geirrt hatte, innerlich noch immer nicht ganz akzeptieren wollte. Der Verstand sagte das eine, mein Herz hatte eigene Pläne und sagte das andere. Schlussendlich obsiegte die Wahrheit: Es war ein einseitiges ›Kennen‹ gewesen. Sie hatten mich gekannt. Das machte den Verrat, das Leid und den Unglauben in mir noch schlimmer.

Ich schluckte.

»Genug!«, ermahnte ich mich selbst.

Ich hatte mich in der letzten Woche treiben lassen. Hatte Heavy Metall gehört, auf dass die Wände des Schlosses bebten und durch die Vibration wenigstens währenddessen etwas im Bauch und in den Gliedern gespürt. Mir war absolut egal gewesen, was meine Angestellten gedacht hatten – Beschwerden waren keine bis zu mir durchgedrungen.

Statt auf andere hatte ich meine Gedanken auf mich zu begrenzen versucht und mich sogar wieder daran erinnert, dass ich mir selbst schwarze Hausschuhe mit den größten, aufzutreibenden Totenköpfen hatte schenken wollen und allen Menschen innerhalb meines Landes die Freiheit eigenständig die Farbe ihrer Habseligkeiten auszuwählen, wenn ich die Wahl gewann. Nun war ich die Regentin von California. Auf die Hausschuhe verzichtete ich, das Thema Freiheit blieb jedoch ausstehend. Obwohl meine erste Amtshandlung dafür bereits die Weichen gestellt hatte.

Ich seufzte, wusste genau, dass ich noch immer zu viele einsame Stunden in den Regentengemächern verbrachte. Wobei ›einsam‹ das falsche Wort für mein Dasein war. Sama und Neves weilten stets an meiner Seite, wenn ich das wünschte. Ihre Gegenwart war tröstlich, allerdings war irgendetwas in mir kaputt gegangen – an diesem einen schicksalhaften Tag. Etwas, das eine Distanz zwischen mir und allen anderen schuf.

Weder Rayn noch Ivan waren am Tag der Regentschaftszeremonie gestorben – aber ich war es. Innerlich.

Vielleicht sollte ich frohlocken, weil es mich nun näher an meine Rolle als Eiskönigin brachte, die ich zum Regieren brauchte.

Sinessas alte Berater ertrug ich mit stoischer Gelassenheit, glaubte ihnen aber kein Wort. Sama hatte die Männerrunde bei der zweiten Komiteeversammlung zur Besprechung der Regierungsgeschäfte derart mit ihrem Grollen, Fauchen und Flügelschlagen eingeschüchtert, dass ich immerhin zu glauben gewillt war, dass sie es nicht wagen würden, mich zu hintergehen. Sicher war ich mir aber nicht. Die Zukunft würde diesbezüglich bestimmt noch interessante Erkenntnisse bringen.

Meine tägliche Ablenkung bestand nun darin, die Regierungsgeschäfte Californias fortzuführen und hoffentlich langfristig alles, was Sinessa während seiner Regentschaft eingeführt hatte, zu demontieren.

Sein Slogan Für eine gesunde Zukunft Californias sollte durch mich eine neue Bedeutung erlangen. Keine, in der Ironie mitschwang, sondern eine, die alle zum Strahlen brachte. Mein erstes Vergnügen hatte darin bestanden, mir sein dickes Regelwerk vorzunehmen und eine stark auf Notwendiges sowie Sinnvolles begrenzte Neufassung in Auftrag zu geben. Die Lebenszeit war für die meisten von uns begrenzt, das Erbe lebte allerdings in unseren Kindern weiter – und ich wollte, dass es für diese, für die Spezies Mensch, tatsächlich eine gesunde Zukunft gab!

Mit den Veränderungen im Regentenschloss hatte ich vor drei Wochen in meinen eigenen Gemächern angefangen. Selbst in Räumen, die mir noch unbekannt gewesen waren, war alles genauso prunkvoll, wie ich es von der Wahl gekannt hatte: Gold, wohin das Auge blickte. So schön es auch funkelte, so Brechreiz verursachend überkandidelt war die Einrichtung.

Zuallererst hatte ich statt des mir verhassten Rosas jegliches im Blau meiner Gilde umgestalten lassen und in allen privaten Räumen waren Störsender installiert worden. Denn wie sich gezeigt hatte, gab es keine offiziellen und keine inoffiziellen Pläne der Verkabelung des Schlosses. Nicht einmal Tekre Industries, bei denen sofort angefragt wurde, besaß welche. Die Schlosstechnik wusste, auf welche Mikrofone und Kameras sie zugreifen konnte – diese hätte ich entfernen lassen können –, doch traute ich sowohl meiner Mutter als auch meinem Vater zu, bei der letzten Aufrüstungsaktion jede Menge weiterer Spionagespielzeuge überall im Schloss angebracht zu haben.

Weshalb auch alle Robobots, die der Regierung von California gehörten, säuberlich resettet und umprogrammiert worden waren. Ich hatte jetzt über alle die höchste Befehlsgewalt.

Zumindest in meinem Land, insbesondere aber in meinen privaten Räumen im Regentenschloss, versuchte ich mich sicher zu fühlen. Schließlich würde das für die nächsten fünfundzwanzig Jahre mein räumliches Umfeld sein. Uff! Deshalb hatte ich nach weiteren Möglichkeiten gesucht, alles so umzugestalten, dass ich daraus Kraft schöpfen konnte. Meine schönsten Erinnerungen, von denen ich zehren wollte, hatten mich schließlich an meinen Ort der Ruhe von vor der Wahl geführt. Wie sich allerdings herausgestellt hatte, war die Wohnung in Glasturm No 20, die ich einst als meine Heimat angesehen hatte, komplett ausgeräumt worden. Vermutlich schon vor dem Ende der Wahl von meiner Mutter oder danach von ihren Hand­langern. Wer wusste das schon.

Keines meiner Bücher, nicht einmal meine illegale Kleidung waren da gewesen. Einzig das alte Sofa, das ich so lieb gewonnen hatte, weil ich die schönsten Lesetunden meines Lebens darauf verbracht hatte, war noch – genau wie alle anderen Möbel – an Ort und Stelle gewesen.

Ich hatte es direkt ins Regentenschloss transportieren lassen.

Mr Chivreen, mein Mundschenk und gleichzeitig neuer Mann für alle Fälle, hatte die Aktion in gestrengem pinguingleichen schwarzen Dreireiher und stilvollen weißen Handschuhen überwacht. Als das gute Stück schließlich von zwei Angestellten in meinen privaten Gemächern abgestellt worden war und diese es unter meiner Anweisung an seinen korrekten Platz gerückt hatten, hatte er zwar die Augenbrauen hochgezogen, aber sich eine Äußerung über den Fremdkörper in der prunkvollen Umgebung verkniffen.

Gut so.

Ich lächelte und musterte mit starrem Blick die halb volle Kaffeetasse, die hinter den Pergamentbögen auf dem Sekretär stand. Miss Puttin hatte sie vorhin hereingetragen. In weißer Schürze und mit stets rosa Häubchen hatte sie dabei die besorgte Miene zur Schau gestellt, die sie seit Beginn meiner Regentschaft trug.

Sie und Mr Chivreen gehörten inzwischen zusammen mit Rayn und Yasemine, auf die ich bei meinem Besuch von Glasturm No 20 getroffen war, zu meinem engsten Stab.

Yasemine wiederzusehen hatte mich für kurze Zeit aus meinem Schneckenhaus geholt. So hatte ich sie voller Überschwang eingeladen, mit mir ins Schloss zu kommen und zu bleiben – als meine Vertraute sowie PR-Beraterin.

Den Job hatte ich mir kurzerhand ausgedacht, um einen offi­ziellen Grund vorzuweisen, der ihre dauerhafte Anwesenheit begründete. Wie sich aber inzwischen herausgestellt hatte, war Yasemine viel geschickter im Inszenieren als ich und die perfekte Besetzung einer bis dahin unerkannten Vakanz.

Sie ging in ihrer neuen Rolle völlig auf, plauderte mit jedem – ich hatte längst den Überblick über all die Namen und zugehörigen Personen verloren, von denen sie mir berichtete. Und sie gab mir das Gefühl, mit ihr an meiner Seite meine Position entschieden zu verbessern.

Jetzt, hier und heute häuften sich – im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich in Pergamentform – die schlechten Nachrichten, die den Beginn meiner Regentschaft in ein düsteres Licht tauchten.

Ich schüttelte den Rest der Gedankengespinste an die letzten vier Wochen ab. Konzentriert beugte ich mich über die Pergamenthaufen.

Den ersten bildete der offizielle Bericht über die Zerstörung, die die Drohnen von Tekre Industries am letzten Tag der Wahl verursacht hatten, inklusive der Regierungserklärung meinerseits. Die Erklärung war längst veröffentlicht. Ich hatte sie sogar bereits in einer der Frühstücks-Talkshows zerredet – eine ermüdende Angelegenheit. Der Untersuchungsbericht hatte länger gedauert. Würde ich ihn jetzt abnicken, würde er so veröffentlicht werden.

Vor mir stand alles schwarz auf weiß.

Die Kampfdrohnen im Arsenal der Blauen Garde seiner göttlichen Heiligkeit des Kaisers von Eterny, hergestellt in Tekre, unweit des eigentlichen Tatortes, hatten getötet.

Nicht alle, aber ein paar davon – die größeren, die ich hinter dem Flimmern des magischen Schildes gar nicht im Speziellen wahrgenommen hatte. Sie waren mit Raketen und Lenkbomben ausgestattet gewesen. Äußerst tödliche Waffen. Keinesfalls für eine friedliche Intervention geeignet.

Und doch waren sie da gewesen …

Genau das bereitete mir Sorge. Denn dort, wo solche Drohnen herkamen, vermutete ich Modelle und Prototypen ganz anderer Art. Vielleicht malte ich den Teufel an die mentale Wand. Doch etwas im Innersten sagte mir, dass ich dem, sobald ich diese Erklärung hinter mir hatte und endlich in der stetigen Aneinanderreihung von unmittelbaren Pflichten Zeit fand, auf den Grund gehen sollte. Die Waffenschmiede besuchen sollte.

Eine diplomatische Mission.

Tekre Industries war mächtig. So mächtig, dass niemand es zum Feind haben wollte – besonders nicht der Kaiser, der durch die unglaublichen Profite aus dem Waffenexport und allen anderen Geschäftsfeldern des Unternehmens beträchtliche Steuern einstrich. Mir waren die Steuern egal, aber da meine Mutter bei ihrer Show ausschließlich Magie verwendet hatte, hatte ich nichts gegen das Unternehmen in der Hand. Und ich konnte es mir nicht erlauben, mir vorschnell Gegner im Vorstand des größten californischen Unternehmens zu machen. Also musste ich geschickt vorgehen, wenn ich Einblicke wollte.

Erschöpft strich ich mir mit der Hand übers blonde Haar.

Zurück zum Untersuchungsbericht.

Rein chronologisch gesehen war der Sachverhalt so: Während des äußerlichen Beschusses von Lanahaas Schild waren irrtümlicherweise zwei Verkehrsdrohnen in Nebenstraßen von Raketen getroffen worden. Deren Sprengköpfe hatten auf den Schild gezielt, waren dort aber abgeprallt und erst verspätet, während des unbeabsichtigten ›Rückflugs‹ explodiert. Dabei waren drei Menschen, nämlich die Insassen der zwei Verkehrsdrohnen, gestorben. Die Drohnen waren nachfolgend vollständig ausgebrannt. Von ihnen gab es nicht besonders viele Überreste – genauso wenig wie von den Toten.

Ich sah als Glück an, dass es nicht mehr Opfer außerhalb des Schildes gegeben hatte. Die Angehörigen der Verstorbenen litten nichtsdestotrotz, das war mir klar.

Wirklich traurig und in gewisser Weise auch unheimlich bitter war für mich aber, dass – wie so häufig bei unvorhersehbaren Unruhen oder Attentaten – ausschließlich Zivilisten gestorben waren. In diesem Fall waren es insgesamt, mit denen vom zu spät eingestellten Beschuss nach Fallen des Schildes, dreiundzwanzig Unschuldige. Sie waren, wie ich schon am Tag des Geschehens befürchtet hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen – um oder auf dem großen Platz, vor der Bühne. Angelockt vom Spektakel der Wahl und dem Versprechen von Unterhaltung.

Leider hatte sich das Tekre Magazin nach dem Geschehen genau in diese Informationen festgebissen. Die Tragödie war inzwischen zu einem Thema geworden, das alles infrage stellte: die Sicherheit des Volkes, die Herrschaft des Kaisers, die Wahl – meine Regentschaft.

Immerhin unterstellte mir keiner, gemeinsame Sache mit Lanahaa zu machen, nur weil sie meine Mutter war. Öffentlich übertragenes Waterboarding durch sie und einen zuvor vereitelten Mordanschlag meines Vaters auf mich hatte wohl dem Letzten gezeigt, dass mich nichts Positives mit meinen Eltern verband. Vielleicht glaubten einige gar, dass ich Lanahaa und Sinessa mehr hasste als jeder andere – und somit bezüglich der beiden unkorrupierbar war. Ich wusste nicht, ob das stimmte. Aber es kam auch kaum auf meine Meinung an.

Mich freute, dass die Menschen endlich einiges hinterfragten, obwohl es mir das Regieren schwerer machte. Es stand die Frage im Raum, wer den Angriff gelenkt hatte und wer über die Verantwortung und die Handhabung tödlicher Waffen in Staatsgewalt entschied. Details und eine genaue Beleuchtung des Vorfalls wurden verlangt.

Mit dem Feuergefecht von Drohnen, die zwar jahrelang präsent gewesen, aber niemals auf diese Art aktiviert worden waren, wurde die komplette Waffengesetzgebung hinterfragt. Ein Thema, das ich als äußerst prekär ansah. Im Allgemeinen wichtig – ja. Für den Beginn meiner Amtszeit aber denkbar ungünstig.

Der Kaiser ließ California diesbezüglich im Stich.

Deshalb hatten einige meiner Berater gemeinschaftlich den Untersuchungsbericht verfasst. Die meisten Details hatte ich längst per Videobotschaft in der Regierungserklärung verbreitet. Vielleicht würde die ausführliche und wesentlich wissenschaftlicher gehaltene Schriftform nun dazu führen, dass meine Worte endlich durchdrangen. Und dass die Boulevardpresse damit aufhören würde, Drohnen über dem Regentenschloss kreisen zu lassen.

Ich hatte mich sehr zusammengerissen und noch keine Verwarnung ausgesprochen oder Drohnen abschießen lassen. Denn ja, der Luftraum war Gemeineigentum und somit öffentlich zugänglich. Aber ich würde keine dauerhafte Verletzung meiner Privatsphäre dulden. Aktuell war die Stimmung ein Pulverfass, dessen Lunte ich nicht anzünden wollte. Doch meine Geduld hing am seidenen Faden.

Zusammen mit Rayn, der noch immer nicht ganz der Alte war und Yasemine gab ich mein Bestes, um die aufkommenden Unruhen zu beruhigen und ein PR-Fiasko zu vermeiden.

Am meisten Kopfzerbrechen bereitete mir, dass am Gericht von Tekre gerade ein neues Verfahren gegen mein Land begonnen hatte. Der Kläger – immerhin war es nur einer – warf California im Namen seiner verstorbenen Angehörigen vor, bei dem tödlichen Drohnen­angriff seine Schutzpflicht verletzt zu haben. Weiter führte die Klageschrift aus, dass der Einsatz gegen alles verstoßen hätte, wofür der Rat der Magicians und damit das Kaiserreich stehen würde – respektive die Grundgesetze.

Ich hatte mich, sobald ich von Rayn darüber informiert worden war, direkt mit dem Gremium der Rechtssprechenden zusammengesetzt. Die Mehrheit der Judikative, deren oberstes Organ ich war, hatte mir jedoch versichert, dass die Klage in erster Instanz abgewiesen werden würde. Sicher war das allerdings nicht.

Was für ein Fiasko.

Ich sah auf meine zitternden Hände, tauchte aus der Erinnerung auf. Dann schloss ich die Augen und atmete tief ein, bevor ich sie wieder öffnete.

Just signalisierte mein Nanobot Li durch Blinken einen eingehenden Anruf. Ich nahm ihn entgegen.

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