Читать книгу Gretchens Rache - Isabel Rohner - Страница 7
ОглавлениеVorfreude
Schnell zog er die Klotür hinter sich zu und verriegelte sie. Er brauchte dringend eine Pause. Wie lange dauerte diese Fahrt denn noch? Diese Weiber gingen ihm jetzt schon auf den Senkel. Mussten die die ganze Zeit reden? Konnten die nicht einmal für eine Weile einfach die Schnauze halten?
Er versuchte, sich zu beruhigen. Er schloss die Augen und atmete langsam ein und aus. Für einen Moment konzentrierte er sich nur auf sich und seinen Körper, fühlte, wie sich seine Lungen mit Luft füllten, und ließ sie aus seinem Mund wieder herausströmen. Er fühlte seinen Bauchraum, seine Arme und Beine, seine Füße auf dem Boden, fühlte die Wand an seinem Rücken. Genau so hatte er das gelernt.
Schon nach wenigen Minuten merkte er, wie er sich entspannte. Na also, es ging doch. Diese Weiber konnten ihm nichts anhaben, denn sie waren eine Nebensache. Viel wichtiger als sie war das Treffen heute Nacht. Er konnte es kaum erwarten. Dieses Wochenende im Spreewald war für das, was er vorhatte, einfach ideal. Die perfekte Tarnung.
Er hatte aber auch wirklich einen Lauf momentan! In den kommenden Monaten würde seine Karriere einen riesigen Sprung machen, bundesweit würden ihn die Leute dann kennen. Und spätestens nach heute Nacht wäre Geld für ihn kein Thema mehr.
Dieses Jahr war wirklich sein Glücksjahr. Wer hätte das am Anfang gedacht. Da hatte er sich tatsächlich sogar überlegt, umzuschulen und etwas ganz anderes zu machen. Ha! Und jetzt das. Er stand im wahrsten Sinne vor dem persönlichen Durchbruch. Dass andere dafür unter die Räder kamen, sei es drum. War nicht jeder seines Glückes eigener Schmied? Schließlich sprach es doch für ihn und seinen Geschäftssinn, dass er Gelegenheiten erkannte und am Schopf packte. Und das hier war so eine Gelegenheit.
Er spürte, wie Glück und Stolz in ihm aufstiegen. Und ja, wenn er an heute Nacht dachte, wurde er auch ein bisschen erregt. »Vorfreude ist doch die schönste Freude«, flüsterte er zufrieden. »Zumindest bis man auf dem Gipfel steht. Der Gipfel toppt alles!«
Gerade wollte er eine Runde onanieren, als ihn ein Hämmern an der Tür aus den Gedanken riss.
»He da! Wird das heute noch was?«
»Nun mal langsam!«, rief er zurück. »Nehmen Sie doch das nebenan!«
»Das ist defekt! Beeilen Sie sich ein bisschen. So schwierig kann das doch nicht sein.«
Wieder atmete er langsam ein und aus. Nein, er würde sich seine Gelassenheit nicht nehmen lassen. Nur aufs Onanieren hatte er jetzt keine Lust mehr. Kein Problem, das konnte er später nachholen.
Gemächlich wusch er sich die Hände in dem kleinen Waschbecken, dann öffnete er die Tür der Zugtoilette.
»Et voilà«, sagte er zu der alten Frau, die im schmalen Gang ungeduldig wartete. Dann ging er zurück in sein Abteil.