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17. Juni 2006

Möwenburg

Zaghaft näherten sich Emma und Carla am nächsten Tag ihrem Elternhaus. Es sah noch genauso aus, wie sie es in Erinnerung hatten. Der kleine Vorgarten mit den Stockrosen rechts und links neben der Haustür, die hellblauen Fensterläden, die hübschen, kleinen Säulen, die das Vordach über der Haustür trugen. Jutta, ihre Mutter, hatte sich immer ein kleines Vordach gewünscht, welches von kleinen Säulen gehalten werden sollte. Michael hatte ihr diesen Wunsch irgendwann erfüllt und mit einem Freund dieses Vordach gebaut. Jutta war währenddessen von Doris abgelenkt worden. Als sie am Abend müde nach Hause gekommen war, hatten Michael, Emma und Carla hinter dem Wohnzimmerfenster gehockt und gespannt beobachtet, wie Jutta reagierte. Sie war zunächst auf die Tür zugegangen wie immer, dann hatte sie innegehalten, war ein paar Schritte zurückgegangen und hatte mit großen Augen nach oben geblickt. Schließlich hatte sie gelächelt, so breit, dass Michael später immer sagte, in diesem Moment sei die Sonne aufgegangen, obwohl der Tag ansonsten trüb gewesen war.

Emma sah diese Szene gerade genau vor sich und der Klumpen, der ihr manchmal noch schwer im Hals steckte, war wieder da. Carla steckte den Schlüssel ins Schloss und betrat das Haus. »Das sieht richtig gut aus. Nele und Thomas haben neu gestrichen. Schöne Farben!«

Emma betrat zaghaft das Haus. Alles war hell und freundlich gestrichen. Es sah anders aus als früher, und Emma war insgeheim erleichtert. Sie konnte durch die Räume streifen, ohne in Tränen auszubrechen. Alles war leer und sauber. Es war zwar ihr Elternhaus, aber es sah frischer aus als früher. Im ehemaligen Wohnzimmer standen ein paar Kisten, die Nele und Thomas später abholen wollten.

Schließlich betraten die Zwei den Dachboden, um sich den Wasserschaden anzusehen. Dort lagerten auch noch ein paar Möbel ihrer Eltern, von denen sie sich nicht hatten trennen wollen, die aber für ihre Hamburger Wohnung zu groß waren. Ein Sekretär, eine schöne Kommode und ein Buffet. Thomas und Nele hatten das Buffet mehr in die Mitte des Raumes geschoben und einen großen Eimer unter das Dach gestellt. Emma blieb an der Treppe stehen und sah den Staubflocken zu, die im Lichtschein des kleinen Dachfensters tanzten. Als Kind hatte sie oft hier oben gestanden und die Ruhe genossen, durch das kleine Fenster in den Himmel geschaut und den Wolken nachgesehen. Das hatte sie immer beruhigt. Egal, was passiert war, hier oben war ihre eigene, ruhige Welt, in der ihr nichts passieren konnte. Eigentlich könnte man diesen Raum auch gleich ausbauen, wenn das Dach sowieso schon repariert werden musste.

Carla trat neben Emma und stieß einen kleinen Schrei aus.

»Was ist das denn!« Carla stürmte zum Sekretär. Darunter hatte sich eine kleine Pfütze gebildet. Sie schob den Sekretär ein wenig von der Dachschräge weg, dahinter befand sich ein weiteres kleines Loch.

»Hilf mir mal. Wir müssen den Sekretär wegschieben. Hoffentlich ist er nicht zu nass geworden.« Carla schob das massive, schwere Möbelstück mit Emmas Hilfe in die Mitte des Dachbodens. Dann stieg sie die Treppe hinab zum Auto, um Handtücher und einen weiteren Eimer zu holen. Emma umrundete den Sekretär, aber er sah zum Glück nicht so schlimm aus. Plötzlich stutzte sie. War diese Ecke da schon immer gewesen? Unter der Platte des Sekretärs, ein Stück über den Türen, sah es aus, als hätte sich das Holz gelöst. Emma drückte vorsichtig dagegen und es sprang eine kleine Klappe auf. »Ein Geheimfach!« Emma staunte und warf einen Blick in das schmale Fach. Zuerst wollte sie die kleine Klappe einfach wieder schließen, aber dann bemerkte sie eine Mappe in dem Fach, so groß wie ein Din-A-4 Umschlag. Sie holte die Mappe aus dem Fach und schloss es wieder. In dem Hefter befanden sich einige Briefe, geschrieben in einer schnörkeligen Schrift, die Emma nicht kannte. Sie wollte gerade nachsehen, ob sie irgendwo einen Namen entziffern konnte, da hörte sie Carla fluchen. Emma stopfte die Briefe in ihre Handtasche und lief Carla entgegen.

»Was ist los?«

»Ich habe eine Nachricht von Frau Hagen bekommen. Irgendwas mit meinem letzten Artikel. Ich glaube, ich muss gleich nochmal an meinen Laptop.« Carla sah Emma zerknirscht an.

»Das ist nicht schlimm. Der Sekretär hat nicht viel abbekommen. Ich wische ihn noch schnell ab, du kannst inzwischen den Eimer unter die undichte Stelle stellen.« Emma wischte über den Sekretär und sah ihre Schwester an.

»Du musst doch auch mal ein Wochenende Ruhe haben. So geht das nicht!«

»Ich bin Volontärin! Ich muss mich doch erst beweisen!« Carla sah verzweifelt aus.

»Okay, beruhige dich. Ich mache mir ja nur Sorgen.«

»Das brauchst du nicht, wirklich! Ich habe letzte Nacht herrlich geschlafen. Ich gucke nur kurz, was Frau Hagen geändert haben möchte, und dann gehen wir noch an den Strand. Um einen Dachdecker können wir uns heute sowieso nicht kümmern.«

Die beiden Schwestern liefen noch einmal durch das Haus, dann schlossen sie die Tür und fuhren zur Wohnung ihrer Tante.

Emmas Sommermärchen

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