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Die Grenze bleibt in Lot

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Eine kuriose Wandergruppe kann man alle sechs Jahre entlang der Grünen Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz beobachten. Eine Kommission mit Mitarbeitern des Vermessungsamtes aus Radolfzell wie des Vermessungsamtes des Kantons Schaffhausen nimmt sich in diesem Rhythmus die gemeinsame Grenzlinie zwischen beiden Ländern vor.

Da geht es tatsächlich darum, ob der Grenzverlauf noch den alten Staatsverträgen aus dem Jahr 1839 entspricht, in dem der Grenzverlauf zwischen dem Kanton Schaffhausen und dem damaligen Großherzogtum Baden genau festgelegt worden war. Nur in einigen kleinen Details wurde diese Grenze in den letzten Jahren in ihrem komplizierten Verlauf korrigiert oder begradigt, etwa wenn die Grenze mitten durch einen Acker verlief. Dafür waren jeweils, obwohl es sich nur um wenige Quadratmeter handelte, neue Staatsverträge zwischen den Regierungen in Bern und Berlin nötig.

Insgesamt 936 Grenzsteine entlang der Grenze gibt es zwischen Tengen-Uttenhofen bis herüber nach Öhningen, insgesamt sind zwischen dem Kanton und Deutschland 1740 Grenzsteine gesetzt, insgesamt 84,2 Kilometer lang ist die Landgrenze des Kantons Schaffhausen zum Kreis Konstanz, insgesamt wird die Grenzlänge zu Deutschland mit 151,8 Kilometern angegeben im Landbereich.

Übrigens ist die Grenze zu den angrenzenden Schweizer Kantonen Thurgau und Zürich mit 33 Kilometern wesentlich kürzer! Auf den drei Meter langen und rund 300 Kilo schweren Grenzsteinen aus Granit oder Beton, von denen noch ein gehöriger Teil tatsächlich die Jahreszahl 1839 trägt, ist jeweils auf der Oberseite durch eine Rille der Grenzverlauf markiert. Zudem wird auf den Seiten das Land und die Gemeindegemarkung dargestellt.

Obwohl die Steine tief in die Erde eingegraben sind, können sich Verschiebungen ergeben, die nachgemessen werden. Das können mal einige Zentimeter sein, zuweilen gerät aber auch der Untergrund in Bewegung. Hat sich der Stein stärker geneigt, muss er aufgerichtet werden. Ebenso müsse Steine ersetzt werden, an denen der Zahn der Zeit inzwischen zu stark genagt hat. In vielen Fällen muss auch die Grenzlinie auf dem Stein mit Farbe nachgezogen werden.

Bei jedem Besichtigungsgang würden rund 10 bis 20 Mängel registriert, informiert das Vermessungsamt Radolfzell. Bevor sich die Revisoren auf den Weg machen, wird zudem die Grenzschneise zwischen Deutschland und der Schweiz jeweils wieder freigeschlagen, wenn sie denn zugewachsen ist. Der Grenzgang mit den Mitarbeitern beider Vermesungsämter ist auch eine willkommene Gelegenheit, sich gegenseitig auszutauschen.

Massgeblich hierfür war wie gesagt das diesbezügliche Grenz-Abkommen von 1839 "Einigung der Grossherzoglich-badischen Staatsregierung und der Eidgenossenschaft von 1839" mit dem Text: "Da, wo die Landesgrenze bisher unbestritten gewesen ist, sollen die bereits bestehenden Marksteine als maasgebend betrachtet werden; sie sind jedoch sämtlich, einerseits mit den Buchstaben GB-Grossherzogtum Baden, so wie mit der Jahreszahl 1839, andererseits aber mit den Buchstaben CS-Canton Schaffhausen, so wie mit einer fortlaufenden Nummer zu bezeichnen; auch ist auf den Kopf derselben das betreffende Winkelmaas einzuhauen".

1847, nur 8 Jahre später, tobte übrigens der letzte (Bürger-)Krieg in der Schweiz – anschliessend wurde gemäss der Bundesverfassung von 1848 aus dem Staatenbund einen Bundesstaat. Es gibt zu dieser Thematik sehr interessante Infos auf Wikipedia – der Kanton Schaffhausen war übrigens nicht einbezogen.

Hierzu ist zu sagen, dass die durchgehende oder winklige Linie auf dem Kopf eines Grenzsteines, sowohl bei den alten wie auch bei den neuen Grenzsteinen, der so genannte "Weiser" ist (auch "Weisung" genannt), der im Gesetzestext mit "Winkelmaas" bezeichnet wird. Er zeigt die jeweilige Richtung der nächsten Grenzsteine an, das angesetzte kurze Stück dagegen weist zum genauen Grenzpunkt, beispielsweise zur Flussmitte. Grenzstein Nr. 1 befindet sich übrigens am rechten Rheinufer direkt gegenüber der Gastwirtschaft Rhygarte in Ellikon.

Neuer Grenzstein 923 aus 2013 an der Strasse Dörflingen-Thayngen mit nur noch S (Schweiz) und D (Deutschland). Umgesetzter alter Grenzstein 219 vor CH-Rathaus Ramsen.

Ein sehr interessanter Beitrag bezüglich einstiger Grenzsteine hat der flämische Autor Peter Dirven in seiner Website www.grensmarkeringen.be (08.2011) abgeliefert – und natürlich auf Niederländisch … Darin werden besonders die Verwicklungen rund um die ehemalige deutsche Exklave Verenahof an der Grenze zum „Wiechser Zipfel“ und die Exklave Büsingen am Hochrhein behandelt.

Der flämische Autor hatte sich angefreundet mit der ehemaligen Verenahof-Bäuerin und diese hat ihm sämtliche Steine gezeigt, die noch dort zu finden sind, sei es als Erinnerung, sei es als Dekoration. Und natürlich auch den einzigen, noch immer am alten Platz stehenden Grenzstein aus 1839 mit den abweichenden Inschriften CSch (statt CS) und GHB (statt GB). Die gleiche Begeisterung hat dieser flämische Autor auch für die deutsche Exklave Büsingen am Hochrhein gezeigt – in seinem Link "Grenspalen Büsingen" wimmelt es gleichfalls nur so von Bildern und Texten: "Hut ab" kann Jacob Winter da nur sagen.

Siehe zu dieser Thematik auch die interessanten "Entlang der 1839er Grenze"-Suchresultate auf Google, wie beispielsweise "Dienstag 27. April 2010 – Entlang der 1839er Grenze". Darin gibt es einen ausführlichen Überblick über die vielen deutsch-schweizerischen Grenzveränderungen durch Gebietstausch im Laufe der Zeit. Eine solche Grenzänderung gab es 1938 übrigens auch zwischen (Kern-)Gottmadingen und Buch SH. Im Bundesblatt BBL 1938 Band 41 S. 509 – fr hiess es hierzu ergänzend zu einigen Konstanzer Grenzberichtigungen:

"Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, dem der deutsche Grenzänderungsvorschlag zur Vernehmlassung zugestellt worden war, gab dem Wunsch Ausdruck, es möchte die Gelegenheit von Verhandlungen über diese Grenzberichtigung benützt werden, um anzustreben, den unzweckmässigen Verlauf der Grenze diagonal über die Strassen Weisweil-Erzingen, Buch-Gottmadingen und Rüdlingen-Lottstetten durch eine Grenzziehung rechtwinklig zu den Strassen zu ersetzen". Weitere Details hierzu siehe auch Kapitel 8 C Gottmadingen-Buch.

Im Artikel "Die Hoheitsgrenzen des Kantons Schaffhausen" von T. Isler (1973, ETH-Bibliothek Zürich) findet man viel wertvolle Hinweise bezüglich der überaus komplizierten Grenzziehung im Kanton Schaffhausen. Darin heisst es u.a.:

"Die bestehenden komplizierten Grenzverhältnisse sind darauf zurückzuführen, dass der Kanton 1803 beim Entstehen des eidgenössischen Staatenbundes an eine Reihe deutscher Territorialherrschaften angrenzte".

Nach mehreren Anlaufversuchen in der Zeit Napoleons I bzw. beim Wiener Kongress 1815 gab es dennoch keinerlei grenzbegradigende Fortschritte zu verzeichnen – dies gelang erst 1964. Es heisst dazu bei Isler:

"Erst 150 jahre später war es nach langen und zähen verhandlungen möglich, die 43 ha (!) messende Exklave Verenahof in das schweizerische Hoheitsgebiet zu überführen. An einigen weiteren Stellen waren gleichzeitig noch flächengleiche Gebietsabtausche möglich, gesamthaft wechselten 5320257 m² ihre Hoheit".

Interessant ist, dass wegen der Exklave Büsingen am Hochrhein bis heute keine Lösung gefunden werden konnte (da angeblich kein Austauschgebiet vorhanden), es aber für die Exklave Verenahof (bei Wiechs am Randen = heutige Gemeinde Tengen) und den "Schlauch" bei Bargen – wie gesagt – 1964 letztendlich eine grenzbegradigende Schlusslösung gab.

Auf der ausführlichen (niederländischsprachigen) Website von Peter Dirver www.grensmarkeringen.be/Verenahof.htm kann das ganze Verenahof-„Theater“ mit sehr vielen Fotos in Augenschein genommen werden. Ebenso gibt es weitere Informationen mit dem Suchbegriff "Verenahof Exklave" auf Wikipedia.

Die verworrenen "Schlauch"-Grenzlinien bei Bargen (884 als Paragen erwähnt) konnten schliesslich 1967 nach zwei Anläufen beim Bau der A4-Autobahn bereinigt werden. In Bargen steht übrigens der nördlichste Grenzstein der Schweiz. Er trägt die Nummer 593 und wird Im Volksmund den "Schwarzen Stein" genannt. Von hier aus wurden früher Verbannte oder Verurteilte oder gar Leprakranke von der Schaffhauser Obrigkeit abgeschoben. Gleichzeitig ist Bargen die nördlichste Gemeinde der Schweiz mit Anschluss an die B314, die ab der Bundesautobahn 81 genau rund um den Kanton Schaffhausen nach Waldshut-Tiengen verläuft.

Die alten Grenzsteine von 1839 werden allerdings auch weiter vertragsmässig durch neue Steine ersetzt und im nachfolgenden Artikel gibt es hierzu interessante Informationen zu verzeichnen. Denn heutzutage werden die Zickzack-Landesgrenzen besonders im "Ramsener Zipfel" immer mehr begradigt und das muss sogar immer vom Bundestag abgesegnet werdenI

In der Schweiz bleiben letztlich wie schon immer die jeweiligen Kantone zuständig. Die in den drei südbadischen Vermessungsämtern der Kreise sowie in den Kantonen Zürich und Schaffhausen für Steine und Vermessungsarbeiten auftretenden Kosten werden von den beiden Vertragsstaaten je zur Hälfte getragen, wie es im Staatsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik heisst.

„Die Schwäbische“ vom 23.12.2003 (www.schwaebische.de) berichtete hierzu:

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