Читать книгу Partnertausch - Jan Starck - Страница 9
Kapitel 5: Beim Italiener
ОглавлениеVerabredet waren wir mit unseren Freunden um neunzehn Uhr. Die Pizzeria lag nicht weit von unserer Wohnung entfernt. Etwa dreihundert Meter Luftlinie. Wenn wir die Straße entlanggingen, ergab das eine Strecke von nicht mehr als fünfhundert Metern. An einem solch schönen Sommerabend gingen wir natürlich zu Fuß und konnten unser Ziel ohne Eile in gut zehn Minuten erreichen. Das Restaurant war zwar schick, aber nicht so edel, dass wir uns in unsere vornehme Abendgarderobe hätten schmeißen müssen. Nein, bei mir war eine blaue, leicht ausgebleichte Jeans mit einem Hemd und einem schwarzen Jackett genau das Richtige. Lena machte sich da schon etwas ausgefallener zurecht. Aber so liebte ich das an ihr. Anspruchslos – das war nicht ihr Ding. Für jede Gelegenheit hatte sie ihr passendes Outfit parat. Und sie beherrschte die Kunst perfekt, immer neue Styles anzunehmen und trotzdem ihrer Grundrichtung treu zu bleiben. Auch heute Abend wählte sie ihre Kleidung stilsicher und mit Bedacht. Sie entschied sich für eine dünne schwarze, superenge Stretch-Lederimitat-Hose. Als Oberteil trug sie eine lange, nur fast undurchsichtige dunkle Bluse mit einem schwarzen BH darunter, der ganz leicht durchschimmerte. Dazu einen breiten Gürtel und Schuhe mit Keilabsatz. Hammer! Für echte High Heels war der Weg nun doch ein wenig zu weit. Das hätte nur unnötige Schmerzen und Blasen an den Füßen mit sich gebracht. Außerdem hätte sich dann die Zeit, die wir für die kurze Strecke benötigen würden, mindestens verdreifacht. Nein, so war das schon gut. Keilabsätze sind ja auch hohe Absätze und rundeten das Bild entsprechend ab. Außerdem sind sie aus Lenas Sicht wesentlich bequemer als so ein dünner Stöckel-Absatz. So viel also zur Klamottenbeschreibung für den heutigen Abend. Kurz vor neunzehn Uhr spazierten wir dann los. Es war ein herrlich lauer Spätsommerabend und die Luft war noch so aufgeheizt, dass wir keine Jacken benötigten. Mit meinem Jackett war es mir eigentlich viel zu warm, aber ohne fühlte ich mich für diesen Abend nicht richtig angezogen. Also nahm ich es, frei nach dem Motto: Wer schön sein will, muss leiden, einfach mit, ohne weiter drüber nachzudenken.
Der Weg führte eine wenig befahrene Straße entlang. Und in aller Gemütlichkeit und völlig ohne Hektik erreichten wir pünktlich das Restaurant. Anna und Tim warteten bereits auf uns. Wir hatten uns nun einige Zeit nicht mehr gesehen und entsprechend freudig und ausgiebig verlief die Begrüßung. Okay, die Mädels telefonierten mindestens fünf Mal die Woche miteinander. Zuletzt erst heute Nachmittag eine halbe Stunde lang. Und ab und zu trafen sie sich zum Kaffeeplausch. Aber wir Männer sahen uns in der Regel nur, wenn wir uns alle vier zusammen verabredeten. Wir kannten uns ja auch nur über unsere Frauen. Trotzdem waren wir vier uns alle sehr sympathisch, was wir sehr schön fanden und was eigentlich nicht selbstverständlich war. Da das Wetter noch so warm war und die Luft herrlich nach Sommer roch, wollten wir nicht drinnen sitzen, sondern suchten uns auf der Terrasse des Restaurants einen schönen Platz und fanden diesen auch. Es war ein herrliches Ambiente. Die Pizzeria verfügte über eine kleine, aber feine Dachterrasse, mit etwa sechs Tischen. Von hier oben hatte man einen schönen Blick auf die angrenzende, etwas tiefer gelegene Altstadt. Ich war erstaunt, dass wir trotz Sonntagabend auf relativ menschenbevölkerte und belebte Straßen herabsahen. Anscheinend waren wir nicht die Einzigen, die das Wetter genießen wollten. Zumindest solange es noch möglich war. Der Ober kam und brachte uns die Speisekarten. Den Blick hinein konnten wir beide uns eigentlich sparen, denn Lena und ich kamen häufig hierher. Die Küche verfügte zwar nur über eine relativ geringe Auswahl an kulinarischen Köstlichkeiten, diese waren dafür aber äußerst fein. Wir hatten diesen Sommer bereits fast alle Gerichte durchprobiert. Das Restaurant verfügte außerdem über einen ausgezeichneten Weinkeller, und da wir alle vier gerne Rotwein tranken, dauerte es nicht lange, bis jeder von uns ein gut gefülltes Glas eines leckeren spanischen Rioja vor sich stehen hatte – und das, obwohl wir uns in einem italienischen Restaurant befanden. Der erste Schluck schmeckte fantastisch und brachte unmittelbar die Erinnerung an unseren letzten Urlaub zurück. Lena und ich waren in Andalusien gewesen und hatten uns die weißen Dörfer angeschaut. Dann sind wir über Ronda und Granada noch in der Nähe von Málaga ans Meer gefahren, wo wir in vollen Zügen noch ein paar Tage Strand genießen konnten. Das waren zwei sehr schöne Wochen gewesen. Der Ober kam und wir bestellten das Essen. Und obwohl es hier die leckerste Pasta gab, die ich jemals gegessen hatte, entschied sich heute jeder von uns für eine Pizza. Nachdem wir bestellt hatten und die Speisekarten zur Seite legten, begann der gesprächige Teil des Abends. Mir direkt gegenüber saß Tim und so war es nicht verwunderlich, dass wir Männer uns die meiste Zeit miteinander unterhielten, während die beiden Frauen selbiges taten. Anna und Lena kannten sich aus ihrer Studentenzeit. Beide hatten Sprachwissenschaften studiert, waren im gleichen Semester, freundeten sich aber seltsamerweise erst gegen Ende des Studiums miteinander an. Anna war vom Typ her ähnlich wie Lena. Beide waren blond, schlank und wirkten äußerst attraktiv. Ich fand, man sah ihnen sofort an, dass sie nicht nur hübsch, sondern auch intelligent waren. Außerdem wussten sie sich zu benehmen, hatten Stil und konnten einen mit einem einzigen Blick verzaubern. Der Unterschied war, dass sich Anna in meinen Augen ihrer positiven Wirkung auf Männer wesentlich weniger bewusst war. Und das hatte nichts mit übertriebenem Selbstbewusstsein oder Einbildung zu tun. Lena wusste um ihre Ausstrahlung und spielte manchmal ganz gezielt damit. Nicht um irgendwelche Männer zu verführen, sondern um sie um den Finger zu wickeln, wenn sie etwas haben wollte. Auf dem Amt, beim Reifenhändler, im Supermarkt. Immer dann, wenn sie merkte, dass ihr Gegenüber entweder unsicher oder zu ungeschmeidig war. Sie wusste ihren Charme und ihre Ausstrahlung einzusetzen. Natürlich hielt sich das in engen Grenzen. Sie hatte schließlich Stil, konnte gut reden und vor allem überzeugen, ohne dabei den Knopf ihrer Bluse zu öffnen. Ich brauchte auch keine Angst zu haben, dass sie mir abhandenkommen oder mich im schlimmsten Fall vielleicht sogar betrügen würde. Ich vertraute ihr und sie vertraute mir. Für eine Affäre hätte es auch wirklich keinen Grund gegeben. Wir liebten uns, das war jedem von uns bewusst. Der wichtigste Pfeiler unserer Beziehung war neben dem Vertrauen auch, dass wir dem jeweils anderen ein Gefühl von Rückhalt und Verlässlichkeit vermittelten. Und dies hatte bisher all die Jahre hervorragend funktioniert, trotz der Höhen und Tiefen, die eine Partnerschaft so mit sich bringt. Bei Tim und Anna war das nach unserem Eindruck nicht ganz so ideal. Sie liebten sich auch – da gab es keinen Zweifel. Aber wir hatten beide den Eindruck, dass es zeitweise deutliche Spannungen gab, sie es aber immer schlechter schafften, diese ohne bleibende Spuren zu beseitigen. Aber vielleicht war das ja auch einfach nur so eine Phase, die sich bald wieder legen würde. Das hofften wir zumindest. Vermutlich war eine Ursache die Anspannung und der Stress, den Tims Beruf mit sich brachte. Er war die „rechte Hand“ eines Vorstands eines großen Elektronikkonzerns. Er liebte diesen Job und er bot ihm ein ideales Sprungbrett für eine vielversprechende Karriere. Wenn man bereit war, den Preis dafür zu zahlen. Viel Arbeit, unspaßige Arbeitszeiten, die auch oftmals vor dem Wochenende nicht haltmachten, und vor allem immer hundert Prozent Leistung. An die Gründung einer eigenen Familie war unter solchen Umständen nur schwer zu denken. Und auch eine noch so gute Bezahlung kann die fehlende Zeit mit der eigenen Ehefrau nicht immer wettmachen. Naja, jedenfalls an diesem lauen Sommerabend war die Stimmung glücklicherweise völlig gelöst und ungestresst.
Noch bevor die Pizza kam, waren Tim und ich in ein interessantes Gespräch über Computerspiele vertieft. Wir beide waren diesbezüglich keine Kinder von Traurigkeit und hatten einen umfangreichen Erfahrungsschatz, der bis in unsere frühe Jugend zurückreichte. Als wir gerade beim Thema ‚aktuelle Ego-Shooter‘ angekommen waren, schnappte ich zufällig und ohne dass ich den kompletten Zusammenhang mitbekommen hatte, den Halbsatz von Anna „… euer Abenteuer von gestern Abend, was du mir vorhin erzählt hattest …“ auf. Ich dachte zuerst, ich hätte mich verhört gehabt, denn die Lautstärke ihrer Unterhaltung war gegenüber einer normalen Unterhaltung deutlich gedrosselt. So sprach man nur, wenn man nicht mochte, dass die Leute am Nachbartisch die Unterhaltung mitbekamen. Aber ich hatte schon richtig gehört. Jetzt war ich etwas irritiert. Tim redete weiter mit mir, aber ich konnte ihm im Moment nicht mehr wirklich folgen. Meine Gedanken fingen an zu kreisen. Um gestern Abend, um heute Mittag, wieder um gestern Abend und wieder um heute Mittag. Dieser eine Halbsatz. Aus dem Mund der Freundin meiner Frau. Das konnte ja nur bedeuten, dass sie mit ihr heute am Telefon über den gestrigen Abend gesprochen hatte. Das beschäftigte mich in diesem Moment ziemlich deutlich. Es ging mir dabei nicht darum, dass Lena Dinge aus unserem Sexleben mit ihrer Freundin besprach – das war mir eigentlich ziemlich egal. Aber die Tatsache, dass sie mit Anna über dieses Thema gesprochen hatte, während ich den ganzen Tag auf der Suche nach dem geeigneten Moment dafür war und keine Reaktion zu dem Erlebten von gestern bekam, war für mich in diesem Moment wie ein Schlag in die Magengrube. Man konnte es auch Enttäuschung nennen. Ehrlich gesagt, kam ich mir ein wenig dämlich vor, denn wahrscheinlich hätte ich Lena heute Morgen einfach nur zur Seite nehmen und direkt auf ihre Gefühle wegen gestern Abend ansprechen sollen. Ich hatte es mal wieder einfach viel zu kompliziert oder sensibel gemacht. Egal. Aber das traf mich in diesem Moment auf unangenehme Weise. Okay, dachte ich. Schwamm drüber. Das klären wir später. Versuchte mir nichts anmerken zu lassen und lenkte meine Konzentration wieder auf Tim. Also genauer gesagt versuchte ich meine Konzentration auf das Gespräch mit Tim zu lenken, aber das wollte nicht so richtig klappen. Das Gedankenkarussell drehte sich jetzt andauernd um diesen Halbsatz. Hatte sie tatsächlich mit Anna über gestern Nacht gesprochen? Eigentlich konnte es daran gar keinen Zweifel geben. Wie detailliert hatte sie ihr was erzählt? Ich wollte doch unbedingt wissen, wie die Fantasie weitergegangen wäre. Ob sie ihr auch erzählte, dass ich ihr Klammern an die Brustwarzen gemacht hatte? Nein, das konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Obwohl – vielleicht stand Anna ja auch auf solche kleinen Gemeinheiten beim Sex? Und wenn ja, dann war ich mir sicher, dass Lena das wusste. Nein, normalerweise reden Frauen untereinander nicht über solche Details. Oder? Eher über die dazugehörigen Gefühle, oder nicht? Aber das war es ja gerade, was mich brennend interessierte. Oh Mann, jetzt fing ich auch noch an, mich zu ärgern. „Marcel! Hallo – bist du noch auf Sendung?“, riss mich Lena aus meinen Gedanken. Anscheinend war es den anderen aufgefallen, dass ich nicht ganz bei der Sache war. Sie gab mir einen leichten Stoß mit ihrem Ellenbogen in meine Seite. Ihre Stimme klang dabei weder vorwurfsvoll noch angesäuert, sondern heiter bis belustigt. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich wohl schon länger ziemlich abwesend auf die Tischplatte gestarrt hatte. Als ich aufsah, wurde ich von sechs Augen sehr verwundert angeschaut. „Hat bei dir jemand den Aus-Knopf gedrückt, oder warum warst du gerade im Stand-by-Modus“, fragte Anne ein wenig spöttisch und wir vier mussten lachen. Ich wunderte mich über mich selbst, schüttelte mich innerlich einmal, antwortete schlagfertig: „Bin wieder online – musste mich nur kurz rebooten und neu hochfahren“, und schaffte es dann, mich wieder auf unsere lustige Runde zu konzentrieren. Der Rest des Abends verlief sozusagen störungsfrei. Kein Grübeln, keine abschweifenden Gedanken. Das Essen war – und das kann man ohne jede Übertreibung behaupten – einmal mehr super lecker und aus der einen Flasche Wein wurde schnell eine zweite. Die Stimmung war jetzt äußerst gelöst und die Gesprächsthemen wurden mit sinkendem Flascheninhalt irgendwie immer schlüpfriger. Der gestrige Abend wurde von den Mädels mit keiner Silbe mehr erwähnt. Aber wir erfuhren, dass Anna und Tim, so wie wir, ebenfalls viel Spaß an diversen Sexspielzeugen hatten. Auch dass, wenn beide früher im Sommer Abends zusammen ausgingen, Anna gerne mal ohne Höschen unterwegs war. Bei solchen Details hörten wir besonders interessiert zu. Aber die heißesten Informationen waren, dass die beiden beim Spazierengehen in der freien Natur auch gerne mal hinter einem Busch verschwanden, oder wenn sie nachts mit dem Auto unterwegs waren, für einen Quickie spontan einen einsamen Parkplatz ansteuerten. Das klang sehr anregend. Lena saß neben mir und hatte ihre Hand auf meinem Oberschenkel liegen. Sie streichelte mich liebevoll, aber wohl eher unbewusst, während sie den frivolen Erzählungen gebannt lauschte. Bei genauerem Hinsehen fiel mir auf, dass sich ihre Wangen dabei ein wenig röteten. Und da ich sie ja nur zu gut kannte, wusste ich, dass diese Reaktion in ihrem Gesicht weniger vom Alkohol, als vielmehr von einen ganz anderen Phänomen herrührte. Dem Fremdschämen. Das war Hitze. Hormonell ausgelöste Hitze. Offensichtlich waren ihr diese Vorstellungen irgendwie peinlich. All diese Spielchen, von denen Anna und Tim uns gerade erzählten, kannten wir bisher noch nicht aus der eigenen Erfahrung. Sex im Freien gab es bei uns nicht. Unsere Umtriebigkeit beschränkte sich bisher ausschließlich auf unsere Wohnung. Dafür hatten wir dort bereits jeden Raum und beinahe jedes Möbelstück mit in irgendeine Stellung einbezogen. Natürlich konnten wir bei diesen Offenbarungen unserer Freunde unsere Sauereien nicht ganz für uns behalten. Also plauderten wir mit unseren beiden inzwischen gut gelockerten Zungen auch ein wenig aus unserem versauten Nähkästchen. Zum Beispiel über unsere Spielchen mit diversen Haushaltsgegenständen, die ein wenig zweckentfremdet wurden und ihren Weg in Lenas Muschi gefunden hatten. Es war schon erstaunlich, was sich mit Alltagsgegenständen und diversen Lebensmitteln alles anstellen ließ und wie viel Spaß man damit haben konnte. Damit wiederum hatten die beiden wohl noch wenig Erfahrung. Entsprechend groß war ihr Interesse und vor allem ihr Erstaunen. Zum Beispiel, als wir ihnen von unserer Erfahrung mit Ingwer berichteten. Ein frisch geschältes Stück in die Muschi gesteckt, oder den Hintereingang damit eingerieben, hatte reizende Effekte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Anna fielen fast ihre Augen aus dem Kopf, als sie das hörte. Und an ihrem Gesicht konnte ich eindeutig den Ausdruck von gesteigertem Interesse erkennen, ihren eigenen Erfahrungsschatz diesbezüglich unbedingt bereichern zu wollen.
Leider ging auch der schönste Abend einmal zu Ende. Es war bereits spät geworden und so beschlossen wir, nach Hause zu gehen. Schließlich war morgen wieder Montag und das bedeutete, dass für uns vier die Nacht relativ früh zu Ende sein würde. Wir bezahlten also unsere Rechnung, verließen das Restaurant und verabschiedeten uns von den beiden. Über das Thema Sex hätten wir bestimmt noch endlos weiter plaudern können. Dabei wäre mit Sicherheit noch das eine oder andere höchst erstaunliche intime Detail zum Vorschein gekommen. Aus der Art, wie wir miteinander redeten, und die fehlende verbale Schamunserer Erzählungen , vermittelten den Eindruck, dass wir alle irgendwie Lust und Spaß daran gefunden hatten, diese Themen zu vertiefen. Das Schöne daran war, dass der Abend so gar nicht geplant gewesen war, sondern sich ganz von alleine in diese Richtung entwickelt hatte. Natürlich wussten wir nicht, ob sich ein solcher Abend in dieser Form wiederholen ließe. Zumindest nicht, wenn man es direkt darauf anlegen würde. Wenn alle erwarteten, dass wir uns jetzt gegenseitig intime, schlüpfrige Details aus unserem Sexleben erzählen wollten, dann konnte das erfahrungsgemäß nur in die Hose gehen. Und das war in diesem Fall nicht wörtlich gemeint. Wir sprachen es so auch nicht aus, als wir, immer noch vor dem Restaurant stehend, uns für ein baldiges Wiedersehen zu viert verabredeten. Die Vermutung lag aber nahe, dass die Hoffnung auf einen ähnlichen Abend bei uns allen gleichermaßen vorhanden war.
Danach traten wir den Rückweg zu unserer Wohnung an. Leicht angedüdelt – Lena etwas mehr als ich. Allerdings nur angedüdelt – nicht betrunken. Und so genossen wir die Stimmung dieses schönen Abends bei diesem kleinen Spaziergang. Ich hatte den Arm um ihre Schulter gelegt und sie schmiegte sich mit ihrem Kopf an meine Seite. „Ganz schön versaut die beiden“, meinte Lena plötzlich nach ein paar Schritten. „Sex auf einem Parkplatz – ich weiß nicht. Ich glaube, das wäre nicht so mein Ding. Vielleicht würde es mir gefallen, wenn du mich auf die Motorhaube legen und dann über mich herfallen würdest. Aber ich wüsste gar nicht, wo wir da hinfahren sollten.“ Eine komische Vorstellung, aber auch irgendwie reizvoll, dachte ich mir. Dann antwortete ich nur: „Bevor wir so etwas machen, gehen wir lieber in einen Swingerclub.“ Ich wählte dieses Wort ganz bewusst, sodass der Bezug zur letzen Nacht für Lena unverkennbar sein würde. Sie zuckte leicht zusammen. Es war eindeutig. Und es war nur eine kurze Reaktion, die sie nicht absichtlich gemacht haben konnte. Da war ich mir absolut sicher. Trotzdem versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen, hielt ihren Blick auf den Weg gerichtet und ging unbeirrt weiter. Sie erwiderte nichts auf meine Anspielung und ich ließ ihre Reaktion ebenfalls unkommentiert. Ohne ein weiteres Wort spazierten wir einfach in unserer Umarmung weiter. In meinem Kopf fing es schon wieder an zu rattern. Ich kannte meine Frau wirklich gut. Schließlich waren wir schon seit einigen Jahren ein Paar. Sie war inzwischen in vielen Dingen relativ leicht zu lesen für mich. Genauso transparent war ich vermutlich auch für sie. Allerdings, auch wenn ich sie oftmals richtig einschätzen und Reaktionen vorhersehen konnte, bedeutete dies noch lange nicht, dass ich diese Reaktionen auch verstand. Logik war nicht immer der Maßstab. Und eigentlich ist das ja auch genau das, was für uns Männer den Reiz an den Frauen ausmachte. Also neben den optischen Merkmalen natürlich. Aber in diesem speziellen Fall war Lena für mich ein einziges Rätsel. Wie ein Buch mit sieben Siegeln. Sie wollte offensichtlich nicht mit mir über die letzte Nacht reden. Warum nicht? Hatte sie Angst davor? Oder gefiel ihr die Erinnerung daran nicht mehr? Dabei war doch gar nichts passiert, außer dass wir mit unseren Gedanken in ein unbekanntes Territorium vorgedrungen waren. Aber auch jetzt war mir klar, dass ich sie in dieser Situation nicht darauf ansprechen wollte. Dies erschien mir nicht der passende Moment zu sein. Nein – und sollte sie Probleme mit diesem Thema haben, dann war ihr angedüdelter Zustand sowieso völlig unpassend. Ich musste mir einen Plan dazu entwerfen. Aber da auch ich in der Zwischenzeit ziemlich müde geworden war und wir genau in diesem Augenblick vor unserer Wohnung ankamen, blieb mir vorerst nichts anderes übrig, als meine Gedanken zu verdrängen und das Thema zu vertagen.