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Kapitel IV
ОглавлениеIm Iran wurde 1986 einer Frau ein Mädchen geboren und sie nannten es Yasmin. Dies ist ein Mädchenname in Anlehnung an einen blühenden duftenden Strauch. Yasmin steht zudem, wie so oft im Orientalischen, als Synonym für eine andere Bedeutung, hier auch für „Fee der Nachtträume“. Ja, wie passend sind doch manchmal Synonyme. Später würde dieses Mädchen in einem fernen Land die Schreibweise in „Jasmin“ ändern.
Nicht das liebevolle Elternhaus, die Umstände ließen die Kindheit des Mädchens weniger harmonisch verlaufen. Ist es nicht eigentlich deprimierend, wie sehr die menschlichen Schicksale schon darin begründet sind, wo man geboren wird. Wirst Du auf dem Müll geboren, bleibst Du meist im Müll. Bist Du reiche Hotelerbin, hast Du alle Chancen, durchzuknallen.
Die Eltern waren Christen und hieraus erwuchsen zum damaligen Zeitpunkt, die iranische Revolution lag erst wenige Jahre zurück, der iranisch – irakische Krieg tobte noch, nicht unerhebliche Probleme. Die Situation besserte sich zwar im Laufe der Zeit, einfach wurde sie aber nie.
Der Anteil der Christen im Iran ist verschwindend gering, nur etwa 250.000 Menschen, die orthodoxen Kirchen angehören. Weitere bis zu 15.000 Menschen sind Protestanten, so auch die Eltern von Yasmin.
Grundsätzlich ist das Christentum im Iran als Religion anerkannt und darf frei ausgeübt werden. Systematische Verfolgungen von Christen finden eher nicht statt, das sagt auch Amnesty International. Verfolgung auslösen kann die Missionierung für den christlichen Glauben. Teilweise schwer bestraft wird der Übertritt vom Islam zum Christentum. Iraner treten aus diesem Grund häufig erst im Exil zu einem anderen Glauben über. Solche Fälle sind sogar als Asylgrund anerkannt und verhindern Abschiebung. Erfolgt der Übertritt zu einem anderen Glauben bereits im Iran, wird er meist verheimlicht. Eine konvertierte verheiratete Frau mit Kindern müsste in einem solchen Fall befürchten, dass ihr alle familiären Rechte entzogen werden. Ein muslimischer Ehemann dürfte sich scheiden lassen und das Sorgerecht für die Kinder beanspruchen.
Diskriminierungen im täglichen Leben sind allerdings nicht ungewöhnlich, z.B. in der Verwaltung oder bei der Arbeitssuche. Grundsätzlich werden Christen auch immer verdächtigt, westliche Vorstellungen zu leben.
Die christlichen Frauen unterliegen den strengen Verhaltens- und Kleidungsvorschriften, die auch für muslimische Frauen gelten. Sie dürfen nicht in Begleitung eines Mannes gesehen werden, mit dem sie nicht verwandt sind. Ihr Haar darf nicht zu sehen sein. Lippenstift, Nagellack, Stöckelschuhe sind nicht erwünscht. Dies war für Yasmins Mutter wirklich ein ernsthaftes Problem. Sie hätte gerne freier gelebt, sich vor allem gerne anders gekleidet. Aber natürlich hielt sie sich daran. Zu seinem Christentum zu stehen, erforderte also einen gewissen Mut.
Die Familie lebte in der Hauptstadt Teheran, einer dicht besiedelten Stadt mit über dreizehn Millionen Einwohnern. Die christlichen Gemeinden bestehen vorwiegend aus rund 60.000 Armeniern.
Die Stadt liegt im Iranischen Hochland südlich des Elbrus-Gebirges und des Kaspischen Meeres. Leider liegt die Provinz Teheran in einer erdbebengefährdeten Zone. Mehrmals im Jahr kommt es zu Erdstößen. In der Iranischen Hauptstadt herrscht Kontinental-Klima. Die Sommer sind trocken und heiß, die Winter kühl, wobei es zwischen dem hochgelegenen Norden und dem Süden stark differieren kann. Es gibt eine Reihe von sehenswerten Bauwerken. Sehenswert ist auch der Basar, der größte überdachte Basar der Welt. Probleme in Teheran bereitet die hohe Luftverschmutzung durch den Verkehr, den Hausbrand und die Industriebetriebe. Smog ist wegen der hohen Sonnenstrahlung tägliches Phänomen. Die Umweltverschmutzung ist im weltweiten Vergleich eine der höchsten.
Yasmins Vater war Arzt und durfte als solcher auch praktizieren. Beide Elternteile schwärm-ten für Deutsche Literatur. Seine Klassiker legen Deutschland eben Ehre ein. Viele Werke von Goethe über Schiller bis Lessing hatten sie gelesen, manches befand sich in ihrem Besitz. Sie beherrschten die Deutsche Sprache und da war es nur folgerichtig, dass sie auch Yasmin frühzeitig darin unterrichteten.
Die Eltern hingen trotz aller Widrigkeiten an ihrer Heimat. Der Versuch einer Auswan-derung wurde zwischen ihnen nicht diskutiert. Man hatte Verwandte und Freunde. Auswanderung ist eben oft das letzte Mittel. Sie versuchten, ihren christlichen Glauben möglichst unauffällig zu praktizieren, um keine Angriffsflächen zu bieten. So wie viele andere Christen dort auch. Doch wenn sie sich auch an-
passten, für ihre Tochter wünschten sie sich ein freies Leben ohne Zwänge und Einschränkungen. Für Yasmins Freiheit zogen sie schließlich sogar eine Trennung vom Kind in Erwägung. Man kann das herzlos nennen, aber es war fürsorglich gemeint. Neben der Tochter litten sie doch am meisten daran. Als ihre Tochter acht Jahre alt war, erlangten sie eine Ausreiseerlaubnis für Yasmin zum Besuch einer ihnen bekannten Familie in Deutschland, in Köln.
So schickten sie Yasmin nach Deutschland, in das freie Land der Dichter und Denker. Wohin sonst bei ihrer Liebe zur Deutschen Sprache. Letztlich natürlich kannten sie wenig von Deutschland. Dass auch dieses Land seine Probleme hat, wenn auch gänzlich andere, woher sollten sie das wissen. Sicher, die gebratenen Tauben fliegen einem nirgends ins Maul, das wussten sie. Aber freier würde es doch allemal sein.