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Kapitel VI
ОглавлениеYasmins Eltern hatten ihr erzählt, sie würden nachkommen. Sie merkte bald, dass dies eine fromme Lüge war. Wut und Trauer, zwischen diesen Gefühlen schwankte sie, doch die Trauer überwiegte. Immerhin, mit acht Jahren abrupt und ohne Vorwarnung von den Eltern getrennt. Ihre Gasteltern halfen ihr darüber hinweg. Wie sagt man, die Zeit heilt die Wunden. Erst später begriff sie die Gedanken ihrer Eltern. Zu Beginn fühlte sie sich erst einmal betrogen.
Dass es durchaus Schwierigkeiten machte, in Deutschland zu bleiben, soll nicht unterschlagen werden. Doch es gelang. Der Einstieg wurde Yasmin durch ihre Kenntnisse der Deutschen Sprache erleichtert. Vater und Mutter hatten da gut vorgesorgt. Im Alltag und insbesondere in der Schule half das über so manche Schwierigkeit hinweg. Sie wuchs in der neuen Familie liebevoll auf, war aber eher reserviert und introvertiert. Ihre Freundschaften hielten sich in Grenzen. Problemlos bewältigte sie das Gymnasium, sogar mit ansprechenden Noten. Nie versiegender Kummer, sie hörte wenig von den Eltern. Kaum Briefe, nur wenig Telefonate. Und hörte sie etwas, hieß es immer, es gehe ihnen gut. Sie konnte das Misstrauen, dass ihr vielleicht nur die halbe Wahrheit gesagt wurde, nie unterdrücken. Trotzdem, die neue Umgebung wurde ihr zur Heimat, ihr Kummer schwächer.
Mit 18 Jahren beantragte und erhielt sie die Deutsche Staatsbürgerschaft. Bei dieser Gelegenheit änderte sie ihren Vornamen in Jasmin. Sie fand, er passe so besser nach Deutschland. Dabei, seien wir ehrlich, ist er doch mit „Y“ mindestens ebenso schön und sogar noch exotischer.
Jasmin stand mitten im Abitur, als die Gasteltern ihr eröffneten, nach Amerika auswandern zu wollen. Sie wurde bekniet mitzukommen. Jasmin war auch Ersatz für nicht vorhandene eigene Kinder. Sie weigerte sich standhaft. Sie war ja Deutsche und volljährig, fühlte sich in Deutschland und vor allem in Köln wohl. Köln, diese lebendige Stadt mit seinen über eine Million Einwohnern. Auf der Domplatte, vor dem fast 160 Meter hohen Dom, umgeben von Rhein, Philharmonie, Museen, fühlte sie sich zu Hause. Köln mit seinen Umzügen, manchmal skurril, aber immer voller Leben. Köln mit seinem Karneval, lebendiger als anderswo. Auch wenn sie keine klassische Jeckin war, Gefallen fand sie schon daran. Köln mit seinen vielen Konzerten aller Art. Mit seiner pulsierenden Altstadt und dem Rhein. Der Verlust ihrer ersten Heimat und ihrer Eltern waren Aufregung genug. Amerika? Keine Minute dachte sie daran. Sie machte sich keine Sorgen. „Ich bin selbständig, ich komme zurecht.“ Keine Ängstlichkeiten plagten sie. Klar, die Sicherheit bei den Gasteltern war vorteilhaft, aber dann musste es eben so gehen. Noch einmal eine komplett neue Umgebung, nein danke.
Mit Hilfe ihrer Ersatzeltern mietete sie eine kleine Wohnung. Dann stand sie alleine. Mit staatlichen Leistungen und gelegentlichen Zuwendungen aus Amerika kam sie zwar halbwegs über die Runden, mehr aber auch nicht. Ihr großes Faible insbesondere für Mode war damit nicht zu finanzieren. Sie hatte nämlich mittlerweile entdeckt, wie gut sie aussah und wie sehr sie das durch Kleidung und Accessoires unterstreichen konnte. Mode wurde ihr größtes Hobby. Aber dafür ging schon richtig Geld drauf.