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30. JÄNNER 1889
ОглавлениеDas Schloss Mayerling befand sich seit dem Jahr fünfzehnhundertfünfzig im Besitz des Stifts Heiligenkreuz und wurde achtzehnhundertsechsundachtzig von Kronprinz Rudolf, dem einzigen Sohn Kaiser Franz Josephs und seiner Ehefrau Kaiserin Elisabeth, erworben und zu einem Jagdschloss umgebaut.
In der Nacht zum dreißigsten Jänner achtzehnhundertneunundachtzig starben hier gemeinsam der Thronfolger der österreichisch-ungarischen Monarchie sowie seine siebzehnjährige Geliebte Mary Freiin von Vetsera.
Rudolf tötete zunächst Mary und schließlich sich selbst mit einem Kopfschuss. Die österreichisch-ungarische Monarchie und Kaiser Franz Joseph standen ohne Thronfolger da. Doch der Erzherzöge gab es genug. Die starben nicht wegen eines Kopfschusses aus. Die wuchsen nach. Die waren nicht umzubringen.
Franz Joseph ließ das Jagdschloss noch im Jahr der Tat umbauen. Rudolfs Schlafzimmer wurde abgerissen und an dessen Stelle dem Gebäude eine Kirche angefügt. Der Altar befindet sich genau an jener Stelle, an der Rudolfs Bett stand. Das Schloss wurde sozusagen in „antijosephinischer Tradition“ in ein Kloster umgewandelt und dem Orden der Karmelitinnen übergeben, die für das Seelenheil des Kaisersohns beten sollten.
Rudolfs ausdrücklicher Wunsch war es, dass er gemeinsam mit Mary auf dem Friedhof im benachbarten Stift Heiligenkreuz bestattet werde. Naturgemäß hat sich das Kaiserhaus dem letzten Willen widersetzt, wie es sich auch anderen Wünschen kaum aufgeschlossen gezeigt hat. Rudolf wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt, neben ihm fanden später auch seine Eltern Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth ihre letzte Ruhe. Mary wurde in Heiligenkreuz beerdigt.
Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, Apostolischer König von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien; König von Jerusalem et cetera; Erzherzog von Österreich; Großherzog von Toskana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren; Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; Gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien; Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg et cetera; Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark; Großwojwode der Wojwodschaft Serbien et cetera et cetera, war nun, wie gesagt, ohne einen Nachfolger am Thron. Die Monarchie brauchte aber einen und es war Franz Ferdinand, der nach seinem Vater Karl Ludwig, der als zweitältester Bruder des Kaisers bis zu seinem Tod im Jahr achtzehnhundertsechsundneunzig offizieller Thronfolger war, von Gott und den Hausgesetzen dafür vorgesehen war.
Dessen ungeachtet brauchte der Kaiser lang, bis er bereit war, Franz Ferdinand offiziell zum Thronfolger zu ernennen, weshalb dieser schon einmal fast verzweifelt die eine oder andere Bemerkung von sich geben konnte. „Ich werde nie offiziell erfahren, ob ich der Thronfolger bin oder nicht. Es ist geradeso, als ob ich schuld wäre an der Dummheit von Mayerling.“
An Franz Josephs Diktum, solange er lebe, regiere er und niemand anderer, wird es nicht gelegen haben, sondern schlicht und einfach daran, dass er sich für seinen Neffen zeitlebens nicht erwärmen konnte.
Franz Ferdinand war, und das war das Wichtigste, Habsburger, Katholik sowie Offizier, und als Este-Universalerbe, auch ohne genügende Italienischkenntnisse, ein sehr reicher junger Mann. Er hatte umfangreichen Grundbesitz und viel Geld geerbt. Es war ihm möglich, im Jahr achtzehnhundertsiebenundachtzig das große Schloss Konopischt mit Grundbesitz rund fünfzig Kilometer südlich von Prag zu kaufen und auch ein Barockhaus in Chlumetz. Beide ließ er großartig aus- und umbauen, womit sich Franz Ferdinand zum Luxus-Erzherzog entwickelte.