Читать книгу Der Kaiser schickt Soldaten aus - Janko Ferk - Страница 8
18. DEZEMBER 1863
ОглавлениеIn Graz wurde am achtzehnten Dezember achtzehnhundertdreiundsechzig ein Schütze geboren, der in seinem Leben hunderttausenden Tieren den Tod bringen sollte.
Unter dem Strich soll er es bei seinen beinahe krankhaft zu nennenden Massenschlächtereien auf zweihundertvierundsiebzigtausendachthundertneunundachtzig Stück Wild gebracht haben. Mit dem Tod hat er sich ausgekannt. So viel Leben nehmen, welche Anmaßung. So viele Leben.
Franz Ferdinand Carl Ludwig Joseph Maria war der Sohn des Erzherzogs Karl Ludwig von Österreich, einer der drei Brüder Kaiser Franz Josephs, und der Prinzessin Maria Annunziata von Neapel-Sizilien. Mit acht Jahren verlor er seine Mutter. Als Franz Ferdinand neun Jahre alt war, heiratete sein Vater Maria Theresa von Portugal, zu der der Stiefsohn ein sehr enges Verhältnis entwickelte. Maria Theresa stand beharrlich zu ihm und unterstützte den jungen Erzherzog bei seinen Heiratsplänen, die von allen Habsburgern und ihrem ausgeprägten Standesdünkel entschieden abgelehnt wurden.
Eng befreundet war er mit seinem Cousin Kronprinz Rudolf, den er nach dessen Selbstmord in Mayerling im Jahr achtzehnhundertneunundachtzig als Thronfolger, aber nicht als Kronprinz, beerbte.
Der kinderlose Erzherzog Franz der Fünfte von Österreich-Este adoptierte Franz Ferdinand später unter zwei Bedingungen. Der Erbe sollte seinem Namen den Namensteil „Este“ hinzufügen und innerhalb eines Jahres Italienisch lernen. Zu beidem verpflichtete er sich zwar, hieß auch Franz Ferdinand Carl Ludwig Joseph Maria von Österreich-Este, Italienisch beherrschte er jedoch nie wirklich. Sprachbegabung war nicht – wie Schießen und Töten – seine Stärke. Dabei wollte er, um den Ungarn, die ihn nicht leiden konnten, seine Liebe zu beweisen, Ungarisch können. „Ich muss endlich diese verflixte Sprache lernen, was mir furchtbar schwer fällt.“
Seine ausgedehnten Besitzungen in Oberitalien hat Franz Ferdinand von Österreich-Este nicht ein einziges Mal besucht.
In der Haupt- und Residenzstadt war er nicht besonders gern gesehen. Er wurde abfällig beurteilt und seine zahllosen Feinde behaupteten, er sei in seinen wechselnden Launen unberechenbar. Er konnte, wie am Hof bekannt war, ausfällig werden und einen richtigen Wutanfall bekommen, der so heftig war, dass Anwesende glaubten, er werde daran ersticken. Es entstanden sogar Gerüchte, der Erzherzog sei geisteskrank, was Kaiser Franz Joseph einmal auf recht fragwürdige Weise überprüfen ließ.