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2 KATE

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»Was wirst du also tun?«, fragt mich meine Frau Kate neugierig, nachdem ich ihr von meinem Gespräch mit Paul erzählt habe.

»Dieser Geschäftsführer-Job ist nichts für mich«, antworte ich. »Ich habe nicht das Talent dafür, den großen Boss zu spielen, die ganze Verantwortung zu tragen und ständig Politik machen zu müssen.«

Kate runzelt die Stirn, sodass ich schnell fortfahre: »Ich bin in diesen Dingen nicht so gut wie Paul. Er ist brillant. Er weiß genau, was er will und wie er mit dem Managementteam und unseren Partnern umgehen muss, um seine Ziele zu erreichen. Und er hat ein extrem großes Netzwerk.«

»Nun gut. Aber offensichtlich funktioniert das, was Paul tut, doch nicht«, entgegnet Kate. »Aber natürlich solltest du den Job nicht übernehmen, wenn du wirklich so darüber denkst.«

Sie geht ins Wohnzimmer und lässt mich etwas perplex zurück.

Ich folge ihr und frage: »Was meinst du denn? Du denkst also auch, dass ich nicht das Zeug zum Geschäftsführer habe?«

»Das hängt davon ab, Schatz«, antwortet sie.

Sie bittet mich, mich neben sie auf die Couch zu setzen.

»Wenn du glaubst, dass ein Geschäftsführer harte Ansagen machen und politische Spielchen spielen muss«, sagt sie, »dann ist das definitiv nichts für dich. Aber würde man nicht eigentlich dasselbe von einem Manager in deiner Position erwarten?«

»Wahrscheinlich«, gebe ich zu.

»Aber so funktionierst du nicht, Chris. Du bist immer so stolz darauf, wie sich deine Teams selbst organisieren, ohne dass du dich um alles kümmern musst. Die Mitarbeiter deiner Abteilung sehen dich nicht primär als ihren Chef, sondern als einen der ihren. Und das liegt daran, dass du dich nicht als etwas Besseres siehst, sondern als jemand, der gemeinsam mit den Mitarbeitern Ziele erreichen will; jemand, dem sie vertrauen können und der offen und ehrlich ist.«

Kate sieht mich an.

»Denke daran, wann du am glücklichsten bist, wenn du abends nach Hause kommst, Chris. Das ist nicht dann, wenn du etwas Wichtiges erreicht hast, sondern wenn ein Team eine neue Einsicht gewonnen oder ein interessantes Experiment gestartet hat. Oder auch, wenn einer deiner Mitarbeiter sich deutlich weiterentwickelt. Das ist dein Führungsstil und damit bist du erfolgreich. Und dabei findest du sogar noch die Zeit, hier und da mitzuprogrammieren.«

Ich nicke. Kate hat recht. Seit ich für das Unternehmen arbeite, habe ich mein Bestes gegeben, um agiles Arbeiten in meiner Abteilung zu etablieren. Agilität ist eine Haltung, in der kleine, selbstorganisierte Teams regelmäßig funktionierende Teile des Produktes liefern statt das komplette Produkt erst am Ende. So können wir früh und regelmäßig Feedback von unseren Kunden einholen und die wertvollsten Produkte bauen. Und wir können früh und preisgünstig auf neue Erkenntnisse reagieren und noch während der Entwicklung umsteuern.

Definition

Agilität ist eine Haltung, in der kleine, selbstorganisierte Teams regelmäßig funktionierende Inkremente eines Produktes liefern und dadurch den Wert für Kunden maximieren.

»Wäre es nicht goßartig, ein ganzes Unternehmen so zu führen?«, fordert Kate mich heraus. »Stell’ dir vor, ganz HRS würde so arbeiten wie dein Team. Wäre das nicht fantastisch?«

»Kate, so wie ich in meiner kleinen Abteilung arbeite, würde es niemals auf Unternehmensebene funktionieren«, rufe ich aus, um meine Ablehnung des Geschäftsführerpostens zu rechtfertigen. »Unternehmen funktionieren nicht so. Auf dieser Ebene braucht es Hierarchie und Politik. Da kann man nicht transparent sein und jedem vertrauen. Das wäre ein einziges Durcheinander.«

»Das ist sehr schade«, seufzt Kate.

»Ja, aber so ist es leider«, antworte ich.

»Das meine ich nicht.«

Ich sehe sie überrascht an.

»Ich meine, es ist schade, dass du dich so schnell damit abfindest. Früher hättest du das nicht getan. Erinnerst du dich an unsere Studienzeit und wie du dich mit dem Dekan über die Führung der Universität gestritten hast? Du hast nicht aufgegeben, bis sich die Dinge geändert haben.«

Ich muss grinsen. Das waren tatsächlich fantastische Zeiten.

»Und du hast all das nicht für dich getan, Chris. Du hast dich für benachteiligte Studierende stark gemacht. Du wolltest die Welt verändern und hast dich nicht darum gekümmert, ob du damit etablierte Systeme infrage stellst.«

Sie holt Luft und fährt fort: »Es ist deine rebellische Seite, die ich in deiner Ablehnung der Geschäftsführerrolle vermisse. Du akzeptierst die Dinge so, wie sie sind, auch wenn du tief in dir drin weißt, dass es andere und bessere Ansätze gibt. Du zeigst das bereits mit deinen Teams.«

Ich will ihr widersprechen, kann ihren Punkt aber verstehen.

Ich frage sie: »Glaubst du, dass ich das Unternehmen retten kann?«

»Das weiß ich nicht, Schatz«, antwortet sie. »Aber wenn du es nicht versuchst, wirst du es niemals erfahren.«

Ich seufze und beginne an meiner Entscheidung, Pauls Angebot abzulehnen, zu zweifeln.

»Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie ich anfangen soll«, sage ich nach einer langen Pause. »Es muss sich so viel bei HRS ändern. Das wird der Vorstand niemals akzeptieren.«

»Den letzten Teil wirst du nur herausfinden, wenn du den Vorstand fragst«, schlägt Kate vor. Sie lächelt und plötzlich leuchten ihre Augen: »Vielleicht weiß ich sogar, wie du das alles herausfinden kannst.«

Soziokratie 3.0 – Der Roman

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