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2.4.1.5. Neuerung des Ablauts

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Erneuerungen der indogermanischen Ablautverhältnisse, die sich im Germanischen vollzogen, führten durch unterschiedliche Auslautgesetze und Endsilbenabschwächungen einzelsprachlich zu weiteren Veränderungen. Unter Ablaut ist der regelmässige, funktionelle Vokalwechsel in der Stammsilbe wurzelverwandter Wörter oder in lautlich einander entsprechenden Wortteilen zu verstehen. So markiert er beispielsweise in nam (‚nahm‘) das Prät. des starken Verbs der 4. Klasse nemen (‚nehmen‘). Bei Abtönung der Klangfarbe spricht man von qualitativem Ablaut, so bei geven, gaf (‚geben‘, ‚gab‘), die Dehn- beziehungsweise Schwundstufe bezeichnet man als quantitativen Ablaut, so anl. gaf (‚gab‘) als 3. Pers. Sing. Prät. neben 3. Pers. Plur. Prät. gauon mit ā (‚gaben‘). Jeder funktionelle Vokalwechsel, der sich auf das Indogermanische zurückführen lässt, ist als Ablaut zu bezeichnen, so haan (‚Hahn‘) neben hoen (‚Huhn‘) und mit Umlaut hen (‚Henne‘).

Eine bedeutsame Änderung des Ablauts ergab sich in altgermanischen Sprachen bei der Stammbildung der primären Hauptgruppe der sogenannten starken Verben wie ndl. helpen, hielp, hielpen, geholpen (‚helfen, half, halfen, geholfen‘). Bereits 1710 hatte Lambert ten Kate in seinen Beschreibungen des Gotischen und des Niederländischen die Systematik des Vokalwechsels der starken Verben, die er in sechs Klassen unterteilte, historisch vergleichend dargestellt (vergleiche 6.2.). Jacob Grimm sollte diese Erscheinung dann 1819 mit dem Ausdruck ‚Ablaut‘ in der Sprachwissenschaft allgemein bekannt machen. Die Nachwirkung lautlicher Änderungen dieses Typus zeigt sich im Niederländischen in jenen Zeitwörtern, die das Präteritum als Fortsetzung des indogermanischen Perfekts ursprünglich nicht mit Dentalsuffixen wie ndl. -de, -den, -te, -ten bildeten, vergleiche werkte, werkten (‚arbeitete‘, ‚arbeiteten‘) und wandelde, wandelden (,spazierte‘, ‚spazierten‘), sondern mit Ablaut. Im Urgermanischen entstanden die Präteritumformen vermutlich mehrheitlich durch den dann noch produktiven, jüngeren Ablaut, eine Minderheit durch Reduplikation. Anders als im Gotischen hat sich die Präteritumbildung mit dem jüngeren Ablaut im Westgermanischen durchgesetzt, was sich auch im Niederländischen zeigt, wie aus den unten stehenden Beispielen hervorgeht.

Zu unterscheiden sind die Ablautstufen zwischen Infinitiv beziehungsweise Präsensstamm, Präteritum Singular, Präteritum Pluralis (mit Konjunktiv 2 Sing. und Plur.) und Partizip Präteritum der germanischen e-Gruppe auf der Basis e/a (idg. e/o), der germanischen a-Gruppe auf der Basis a/ē, a/ō und jener auf Basis der germanischen Langvokale ē/e, ō/ē. Die folgenden Beispiele, welche einige der wichtigsten Entwicklungen dieser Ablautstufen festhalten, zeigen im Vergleich zu den deutschen Entsprechungen in den verschiedenen Sprachstufen mehrere spezifische Eigenheiten des Niederländischen.


Die Wirkung niederländischer Lautgesetze zeigt sich in Verben der ersten Klasse mit der Diphthongierung von/ī/, der Entwicklung von/ai/zu/ê/sowie der Dehnung von/i/zu/ē/.


Im Einklang mit den niederländischen Lautgesetzen weisen Verben der zweiten Klasse die Entwicklung von/eo/zu/ie/, von/au/zu/ô/auf, zudem hat Dehnung von/u/zu/ō/und von/o/zu/ō/stattgefunden.



In geschlossenen Silben fielen im Niederländischen/u/und/o/zu/o/zusammen. Sodann sind mnl. hielp, hielpen (‚half, halfen‘) und ndl. wierp, wierpen (‚warf, warfen‘) als Analogformen zu scheppen, schiep, schiepen (‚schöpfen, schöpfte, schöpften‘) entstanden.


Durch Dehnung von/e/und/i/in betonten offenen Silben enstand im Niederländischen/ē/;/o/ entwickelte sich unter diesen Bedingungen zu/ō/, sodann wurde/έ/zu /a/.


Auch die Verben der fünften Klasse zeigen, dass im Niederländischen in offenen betonten Silben eine Dehnung von/e/und/i/zu/ē/stattfand.



In den Verben der sechsten Klasse ist im Niederländischen die Dehnung von/a/zu/ā/in offenen betonten Silben festzustellen, sodann wurde/ō/zu/oe/.



Bei den Verben der siebten Klasse gehen Bildungen wie slāfan beziehungsweise slāpan auf ger. ē zurück, ger. e2 findet sich in Formen wie *slēp und *slēpum zurück, der Wechsel von a und e markiert hier den Unterschied zwischen Verbzeiten. Bei Verben der ō-Gruppe entwickelten sich sowohl im Deutschen als auch im Niederländischen in der zweiten und dritten Stufe ē2 zu /ie/, vergleiche rief, riefen und riep, riepen.

Anders als im Deutschen sind im Niederländischen Alternanzen in der vierten und fünften Klasse durch Dehnung verschwunden wie in steken (‚stechen‘), hij steekt (‚er sticht‘). Ausgleichsregeln erklären, dass auch in der dritten Klasse Alternanzen, die nicht mehr von den Klassen vier und fünf unterstützt wurden, im Niederländischen wegfielen wie in helpen (‚helfen‘), hij helpt (‚er hilft‘), was ebenfalls für die Klassen sechs und sieben zutrifft: wassen (‚waschen‘), hij wast (‚er wäscht‘), slapen (,schlafen‘), hij slaapt (‚er schläft‘). Für die zweite Klasse gilt, dass in beiden Sprachen Alternanzen fehlen: gebieden (‚gebieten‘), hij gebiedt (‚er gebietet‘). Sodann ist mit i-Umlaut in Optativformen zu rechnen wie im Deutschen er könnte neben er konnte, der im modernen Niederländischen fehlt: hij kon, möglicherweise weil alte Konjunktivformen neueren Umschreibungen mit beispielsweise zou (,würde‘) Platz gemacht haben.

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