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Kapitel 8

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Schweißgebadet lag ich auf der Couch und konnte meinen Atem kaum kontrollieren. Ich schaute etwas benommen auf die Uhr, die an der Wand hing. Sie zeigte bereits 21.00 Uhr an. Wie lang habe ich geschlafen? Wie kann das sein? Und wo waren Ava und Tante Lynn? Mit jedem Moment und jedem Atemzug, der verging, wurde der Traum verschwommener und unrealer. Er war so schnell wieder weg, wie er da war. Als ob dieser verhindern wollen würde, dass ich jemandem von ihm erzählen kann. Obwohl ich mich generell nie an Träume erinnere und diese Auseinandersetzung wirklich als real empfand, machte mich das schnelle Vergessen aller Details stutzig. Meine Füße fühlten sich auch noch sehr eisig und kalt an, sodass ich mir erst einmal ein paar neue, dicke Socken holen wollte.

Tante Lynn war bestimmt wie immer bei der Arbeit oder noch kurz bei Becky in der Bar. Und Ava war in der Mall oder bei Markus, dachte ich. Sie würden bestimmt bald nach Hause kommen. Vielleicht sollte ich auch noch eine Runde raus gehen oder eine Runde laufen gehen. Das würde meinem Kopf bestimmt guttun. Und mit Tante Lynns Erlaubnis würde ich morgen die Klinik kontaktieren und fragen, was das heute gewesen sei.

Als ich in Richtung Küche lief, kam ich an einem großen Runden Spiegel vorbei, der im Flur hing. Da ich Spiegel generell eher abschreckend fand, da sie die Wahrheit anzeigten, egal ob man darauf vorbereitet war oder nicht. Ich mich selten in einem mehr als einige Sekunden betrachte, wollte ich auch nicht länger als nötig davor stehen bleiben. Beim Vorbeigehen allerdings, redete ich mir ein, dass es von der noch immer hellstrahlenden Sonne von draußen kam. Ich sah eine erneute Reflexion und drehte mich daher reflexartig zu dem Spiegel um. Als ich mich so betrachtete und genauer ansah, wurde mir bewusst, dass ich meiner Mutter immer ähnlicher wurde. Mit meinem vor kurzem geschnittenen, lockigen Bob und den gewellten Haaren sah ich aus wie ihr jüngerer Zwilling. Die dunklen Knopfaugen und markanten Wangenknochen betonten nochmal unsere runden, aber dennoch markanten Gesichter. Ich war ein paar Zentimeter kleiner und auch etwas wohlgenährter als sie. Daher gingen wir schon noch als Mutter und Tochter durch. Ich konnte meine Herkunft definitiv nicht abstreiten. Als ich nach oben ging in unser Bad, hörte ich ganz leise Musik aus Tante Lynns Zimmer dudeln. Das hatte ich vorher gar nicht wahrgenommen, da es so leise war. Ich klopfte an und stieß die Tür langsam auf.

Hier saß meine Tante Lynn, vollkommen vertieft in ihre Arbeit. Es musste eine Nachkorrektur von irgendwelchen Hausarbeiten sein. Da sage mal jemand, dass Lehrer sein einfach und nicht zeitraubend sei. Das dachte ich mir jedes Mal, wenn ich Tante Lynn lange an ihren eigentlich freien Abenden über Stapel von Papier sitzen sah. Oder ihr Zeitmanagement konnte auch einfach schlecht sein, wer weiß. Als sie mich sah, hielt sie ihren Zeigefinger vor ihrem Mund und zeigte in die Ecke hinter ihr. Dort lag Ava. Zusammengerollt wie ein kleiner Burrito, auf dem alten Sessel meiner Ma. Sie schlief tief und fest und sah schon zu friedlich aus, wenn man mich fragt. „Streit mit Markus“, flüsterte Tante Lynn und schüttelte den Kopf.

“Nimm dir noch was zu essen, wenn du magst!”, flüsterte sie erneut. „Ich habe Pizza mitgebracht. Die ist jetzt aber kalt. Seit wann bist du denn wieder da und wie wars bei deiner Ma?“ „Erzähl ich später ok?“ Schlafen konnte ich nun sowieso nicht mehr und nahm mir also ein Stück kalte Pizza. Da sah ich ein Bild, das meine Aufmerksamkeit erregte.

Tante Lynn hatte eine Foto-Wand neben ihrem Bett. Hier hingen immer wieder neue und alte Bilder, die sie gern begutachtete oder einfach mal austauschte, je nach Stimmung und Laune. Ich ging näher ran und biss gleichzeitig in meine Pizza. Da sah ich ein Bild von Tante Lynn als ca. 6-jähriges Mädchen. Sie hatte ein hellblaues Kleid an und eine hellblaue große Schleife auf dem Kopf. Lange braune Haare und einen braunen, abgewetzten Teddy-Bären in ihren Händen. Ihr Lächeln war zuckersüß und gar nicht furchteinflößend. Aber als ich das Bild so betrachtete, erinnerte ich mich wieder an meinen Traum und die Szene mit dem Mädchen hinter der Tür. Da legte ich meine Pizza langsam beiseite. Plötzlich hatte ich gar keinen Hunger mehr.

Der Traum schien so fern, aber doch so nah. Warum war das Mädchen, das Tante Lynn war, denn so böse auf mich gewesen? Ich rieb meine Augen und wunderte mich, dass sich der Traum so schnell aus meinem Gedächtnis entfernte aber dann doch so schnell wieder vor Augen erschien. Tante Lynn bemerkte, dass ich das Bild ansah und flüsterte trocken: “Süß, oder? War ich nicht ein Schatz damals? Ich habe das Bild heute beim Wäsche machen im Keller gefunden und dachte, ich müsse es mal wieder aufhängen. Ich dachte, deine Ma hätte es Zuhause gehabt. Aber da habe ich mich wohl getäuscht!” Sie grinste ganz stolz und widmete sich wieder ihren Hausarbeiten und der Korrekturen.

Ava & Me

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