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Robins Ankunft

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Es war ein Mittwoch, als ich durch das Läuten an der Tür wach wurde. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es erst halb sieben war. Ich drehte mich um und wollte weiter schlafen, aber das Klingeln verstummte nicht und die Männer schien es nicht zu stören. Schlaftrunken öffnete ich die Tür.

„Na endlich! Hast du ne Ahnung, wie lange ich hier schon steh’, Liebes?“

Ein junger Mann in einem merkwürdig schrillen Outfit betrat die Wohnung, schloss die Tür und küsste mich dann auf jede Wange.

„Bist du Antonia oder Julia?“

„Julia!“

„Willkommen, Liebes!“ schon schloss er mich in seine Arme.

„Und du bist?“

„Ach so, entschuldige, Liebes. Ich bin Robin.“

Robin? Hatten Matthew und Frank nicht gesagt, Robin wäre eine Frau?

„Dein Schlafanzug ist ja allerliebst! So einen hätte ich auch gerne!“

Ich sah an mir herunter. Ich trug eine kurze Pyjamahose und ein Träger-Shirt mit Teddys drauf.

„Ich hab’ noch mehr davon, kannst gerne einen abhaben“, bot ich spontan an, denn Robins Art gefiel mir. Er kam so herzlich und ehrlich rüber, dass ich ihn gleich in mein Herz schloss.

„Gerne Liebes! Magst du uns einen Kaffee kochen, dann können wir gleich ein bisschen quatschen!“

Ich sah Robin hinterher, wie er mit dem Hintern wackelnd in sein Zimmer verschwand.

Also ging ich in die Küche, setzte Kaffee auf und lief dann zurück in mein Zimmer.

Kurz darauf klopfte es an meine Tür. Ohne auf eine Antwort zu warten, kam Robin rein.

„Du brauchst dich wegen mir nicht anziehen, Liebes!“

„Mach ich auch gar nicht, Robin. Ich hab’ dir zwei Schlafanzüge rausgesucht, wenn du magst kannst du dir einen aussuchen!“ bot ich an.

Robin nahm sich den mit den kleinen Kätzchen drauf und verschwand damit wieder in seinem Zimmer.

Kurz darauf kam er in meinem Schlafanzug zu mir in die Küche.

„Der ist ja so süß, Liebes! Meinst du, der ist mir zu eng?“

Der Schlafanzug spannte schon ganz schön, sah aber irgendwie auch witzig an Robin aus.

„Er passt zu dir!“

„Nun erzähl mal, Liebes! Was hat dich hierher verschlagen? Du siehst nicht wie ein Erstsemester aus!“

Also erzählte ich Robin von meinem Studium.

„Und du?“

„Ich will mein Diplom in Psychologie machen und bin im vorletzten Semester.“

„Wie alt bist du?“

„Schon sechsundzwanzig, aber verrat’s nicht weiter!“

In diesem Moment betrat Matthew wie immer leicht bekleidet die Küche. Wieder konnte ich nicht widerstehen und ließ meinen Blick über seinen Körper wandern.

„Hallo Süßer!“ begrüßte Robin Matthew.

„Hier wird einem schon am frühen Morgen was geboten“, schwatzte Robin zwinkernd. Mein Blick war ihm nicht entgangen.

„Robin, lass den Scheiß!“ warnte Matthew.

Endlich hatte ich einen Verbündeten gegen Matthew und Frank gefunden.

„Gibt’s diese nette Show tatsächlich jeden Morgen oder nur während der Ferien?“ erkundigte ich mich lächelnd.

„Jeden Morgen, Liebes!“

„Was hältst du davon, wenn wir das von nun an jeden Morgen gemeinsam genießen, Robin?“

„Was willst du genießen, Julia?“ fragte Frank, der nun auch in die Küche kam.

Robin kam mir zuvor:

„Zwei sexy Männerkörper!“

Frank sah mich an und ich ließ meinen Blick grinsend über seinen Körper gleiten. Es machte mir tatsächlich Spaß, mich so mit den Männern zu unterhalten. In meiner alten WG hatte ich mit anzüglichen Blicken und Sprüchen leben müssen. Ich hatte es nie als schlimm empfunden, aber manchmal war es schon nervig. Allerdings empfand ich es als spaßig, den Spieß einfach umzudrehen.

Matthew und Frank schien das nichts auszumachen, sie setzten sich zu uns an den Frühstückstisch.

„Hej, Robin! Nur gucken, nicht anfassen!“ stellte Frank gleich klar, als er sich zu ihm setzte.

Matthew setzte sich zu mir und erklärte:

„Das gilt übrigens nicht für dich, Julia!“

„Auf dich oder auf Frank bezogen?“ fragte ich frech.

Robin lachte.

Ich freundete mich schnell mit Robin an. Er gab mir viele Schminktipps, wir machten uns regelmäßig irgendwelche Gesichtsmasken und zogen Frank und Matthew auf. Genau wie ich alberte Robin gerne mit den beiden rum. Robin erschien mir immer fröhlich, er hatte grundsätzlich gute Laune. Doch manchmal, wenn ich ihn heimlich beobachtete, hatte ich das Gefühl, dass Robin in seinem tiefsten Inneren sehr unglücklich war.

Gerade betrat ich die Wohnung, da sah ich schon das junge Mädchen. Sie stand verschüchtert neben Matthew und sah ihn unsicher an. Ich ging zu den beiden.

„Hallo Julia, das ist Antonia“, stellte er sie mir vor.

„Hallo Antonia! Hoffentlich war Matthew nett zu dir!“

Schüchtern gab sie mir die Hand.

„Hat Matthew dir schon alles erklärt?“

„Ja, er meinte, ich hätte diese Woche gleich Putzdienst!“

„Sagt er das?“ fragte ich, während Matthew mich angrinste.

Dann schnappte ich mir ein Sofakissen und schlug damit einmal zu. Danach drückte ich es Antonia in die Hand.

„Hier! Damit darfst du Matthew verhauen, wenn er frech wird!“ erklärte ich ihr und zeigte ihr dann den Putzplan.

Als wir alleine waren, fragte sie mich:

„Ist er immer so?“

„Matthew? Ja, aber keine Sorge, das sind alles bloß Sprüche. Er ist sonst ein ganz netter Kerl.“

Antonia sah mich wenig überzeugt an.

„Kennst du die Anderen schon?“

Da sie den Kopf schüttelte, ging ich mit ihr zu Frank. Auf mein Klopfen öffnete er die Tür.

„Du musst Antonia sein“, begrüßte er sie gleich freundlich und fing ein Gespräch mit ihr an.

Antonia war etwa einen Kopf größer als ich, schlank und hatte lange blonde Haare, die sie offen trug. Ich band meine Haare meist zu einem Pferdeschwanz zusammen.

Dann ging ich mit Antonia zu Robin, die beiden verstanden sich auf Anhieb und Robin und ich beschlossen, Antonia unter unsere Fittiche zu nehmen.

Wir drei standen gerade in der Küche und waren gemeinsam am Kochen, als ein Mann die Küche betrat. Robin umarmte ihn gleich.

„Hallo David! Wie waren deine Ferien?“

Das war also David! Er war nicht so groß wie Frank und Matthew, sondern nur etwas größer als ich. David war mollig und hatte graue Schläfen. Ich fragte mich, wie alt er wohl sein mochte.

Robin stellte uns vor.

„Was macht ihr beiden so?“ fragte er uns gleich.

Zu meiner Verwunderung fing Antonia gleich an zu erzählen:

„Ich hab’ noch keine Ahnung, was ich machen will, deswegen hab’ ich mich erst mal für verschiedene Bereiche als Gasthörerin eingetragen.“

„Wie alt bist du, Antonia?“

„Zwanzig.“

„Dann schau dich mal in Ruhe um“, meinte er freundlich.

„Und wie alt bist du?“ fragte sie.

„Fast dreißig.“

„Bist du Langzeitstudent oder willst du Arzt oder so was werden?“

Ich war erstaunt, woher kam plötzlich diese Offenheit? Vor Matthew und Frank hatte sie kaum den Mund aufgekriegt und nun das!

„Nein, ich studiere Informatik. Vorher hab’ ich ne Ausbildung im Handwerk gemacht, dann das Abi nachgeholt und nun bin ich hier“, erklärte David.

„Und was ist mit dir?“ wandte David sich an mich.

„Sie wollte gleich an ihrem ersten Tag im `blue elephant` anfangen“, zog Matthew mich auf.

Erstaunt sahen Robin und David mich an.

Ich baute mich vor Matthew auf, stemmte die Hände in meine Hüften und musterte ihn mit funkelnden Augen.

Das schien Matthew überhaupt nicht zu beeindrucken. Er hob mich einfach hoch und stellte mich zur Seite. Dann begrüßte er David.

„Das lässt du dir doch wohl nicht gefallen?“ fragte Robin gleich.

Suchend sah ich mich in der Küche um. Robin reichte mir eins der Stuhlkissen.

„Nein, natürlich nicht!“

Schon schlug ich von hinten zu.

Unbeeindruckt drehte Matthew sich zu mir um.

„David, Julia ist übrigens ein kleiner Wildfang. Ich bin noch dabei, sie zu zähmen“, erklärte er ruhig und nahm mir dann das Kissen weg.

Also drehte ich mich um und rannte weg. Matthew kam hinterher, im Wohnzimmer hatte er mich eingeholt, hielt mich fest und begann damit mich zu kitzeln.

„Gnade!“ bat ich.

„Bist du auch brav?“

„Ganz brav, Matthew!“ versprach ich.

Antonia beobachte Matthew und Julia. Gerne wäre sie genauso unbefangen mit den Männern umgegangen, aber sie fühlte sich von Matthew und Frank eingeschüchtert. Sie sahen beide so perfekt aus, sie selbst fühlte sich dagegen unattraktiv. Auch sie beobachtete die beiden morgens beim Frühstück, allerdings nicht so offen wie Julia und Robin. Das hätte sie sich nie getraut. Allerdings frühstückte sie auch nicht wie Robin und Julia in ihrem Schlafzeug. David hingegen hatte ihr gleich Vertrauen eingeflößt. Er sah bei weitem nicht so perfekt aus, David war etwas kleiner als sie und man konnte ihn nicht unbedingt als schlank bezeichnen. Er hatte keine dummen Sprüche auf Lager gehabt und erschien ihr sympathisch. Genauso wie Robin, denn auch er war kein Schönling, sondern ein absoluter Exot.

Julia hingegen beneidete sie um ihre lockere Art, sie kam bisher mit jeden hier klar, ließ sich nichts gefallen und man sah ihr an, dass sie Spaß hatte.

Unglaublich, dass sie bereits an dem Tag nach ihrer Ankunft einen Job hatte. Auch Antonia suchte nach Arbeit, aber bisher hatte sie nichts gefunden. Vielleicht sollte sie einfach Julia um Hilfe bitten? Allerdings war Julia selten allein und Antonia wollte sie nicht vor den Anderen fragen.

Später am Abend hatte Antonia Glück, denn Julia saß allein im Wohnzimmer.

„Julia, kann ich dich mal was fragen?“

„Ja, klar! Was gibt’s denn?“

In dem Moment kamen Matthew und Frank in die Stube. Mir fiel Antonias Blick auf, dass sie den beiden gegenüber unsicher war, konnte sie vor mir nicht verbergen.

„Gehen wir in mein Zimmer?“ bot ich ihr an.

Erleichtert nickte Antonia.

Als wir auf meinem Bett saßen, begann Antonia mir von ihrem Problem zu erzählen.

„Was für Arbeit suchst du denn?“

„Das ist mir ziemlich egal!“

„Hast du schon mal gejobbt?“

„Ja, in den Sommerferien.“

„Als was?“

„Verrätst du`s den Anderen?“ fragte sie mich unsicher.

„Warum sollte ich?“

„Ich hab’ geputzt“, verriet sie leise und sah mich dabei nicht an.

„Was ist daran so schlimm?“

Als Antonia nicht antwortete, redete ich weiter:

„Ich hab’ während meiner ersten beiden Semester auch geputzt.“

Erstaunt sah sie mich an.

„Danach hab’ ich dann in ner Kneipe angefangen, weil das besser bezahlt wurde, aber der erste Job war besser!“

„Wieso?“

„Wenn die Betrunkenen einen ewig anmachen kann das schon ganz schön nerven!“

„Dich stört das?“

„Ja, und ob! Wenn ich das Geld nicht bräuchte, würde ich meinen Job im `blue elegant` sofort hinschmeißen!“

„Wie kommst du dann mit Matthew und Frank klar?“

„Erfahrung.“

„Wie meinst du das?“

„Ich hab’ vorher in einer WG mit sieben Männern gelebt.“

„Und du warst die einzige Frau?“

„Ja, das war nicht immer leicht, aber ich hab’ gelernt, damit umzugehen.“

„Und warum hast du mitten im Studium die Uni gewechselt?“

Ihr konnte ich schlecht dieselbe Antwort geben wie Matthew.

„Hier hab´ ich mehr Möglichkeiten“, erwiderte ich also ausweichend.

„Antonia, wegen einem Job könntest du hier anrufen. Das ist eine Vermittlungsagentur für Studenten, die haben mir auch weiter geholfen.“

Sie sah sich die Nummer an.

„Da hab’ ich’s schon versucht, die nehmen wirklich nur Studenten.“

Ich überlegte kurz.

„Am Stadtrand gibt es eine Villa, dort wurde letzten Monat noch eine Hilfe gesucht. Vielleicht haben die noch niemanden.“

„Was für eine Hilfe?“

„Keine Ahnung, zu dem Vorstellungsgespräch war ich nicht mehr, weil ich ja schon was hatte.“

Ich schrieb Antonia die Nummer auf, dann gingen wir zurück ins Wohnzimmer.

David saß auf einem der Sessel. Matthew, Frank und Robin lümmelten auf der Couch. Es wunderte mich nicht, dass Antonia sich schnell den freien Sessel nahm. Entschuldigend sah sie mich an. Ich lächelte verständnisvoll, so hatte ich in meiner ersten WG auch angefangen.

„Komm her, Liebes!“ forderte Robin mich auf.

Er saß zwischen Frank und Matthew, rutschte nun dicht an Frank und klopfte auf das kleine Stückchen Platz zwischen ihm und Matthew.

Frank rutschte auch zur Seite, aber Matthew machte mir natürlich keinen Platz…

Es gab Tage, da bereute ich meinen Wechsel an diese Uni. Stoffmäßig hatte ich viel aufzuholen, dabei hatte man mir vorher versichert, dass diese Uni an derselben Stelle mit dem Hauptstudium anfangen würde wie meine Alte. Dennoch versuchte ich mich durchzukämpfen. Allerdings brauchte ich für heute eine Pause, irgendwie ging gar nichts mehr. Ich war müde, denn gestern hatte ich länger arbeiten müssen und danach hatte ich noch gelernt. Also ließ ich die letzte Vorlesung für heute sausen und ging nach Hause.

Ich hatte es mir gerade in meinem Bett gemütlich gemacht, da hörte ich, wie die Wohnungstür zuknallte, danach eine Zimmertür und dann hörte ich auch das leise Schluchzen. Also stand ich auf und klopfte an Antonias Zimmertür.

„Was ist denn los?“

Nun schüttete sie mir ihr Herz aus. Sie war einsam und schaffte es als Gasthörerin einfach nicht Kontakte zu knüpfen, außerdem wurde sie nie zu einer der Studentenpartys eingeladen.

„Haben Matthew und Frank dir nicht angeboten, dich mitzunehmen?“

„Doch, schon…“

Ich verstand.

„Was hältst du davon, wenn wir beide uns dieses Wochenende den Jungs anschließen?“

„Du würdest mit mir auf eine Party gehen?“

„Ja, klar! Warum auch nicht!“

„Du gehst doch sonst auf keine Partys“, überlegte sie laut.

„Glaubst du, ich hab’ Lust mit den beiden alleine zu gehen?“

Nun lächelte Antonia mich an.

„Aber du musst sie fragen!“ forderte sie.

Ich hörte wie Matthew und Frank kamen, wie immer waren sie nicht gerade leise.

Also ging ich gleich auf den Flur.

„Ist am Wochenende wieder eine Party?“ fragte ich ohne Begrüßung.

„Klar, morgen schon!“

„Nehmt ihr uns mit?“

Antonia stand mittlerweile hinter mir.

„Sicher, aber du fährst!“

Damit hatte ich gerechnet, also durfte ich wieder nichts trinken.

Nachdem das nun geklärt war, konnte ich mich endlich in mein Bett legen.

Am nächsten Morgen war ich etwas früher als gewöhnlich in der Uni, dort hängte ich einen Zettel an das schwarze Brett, denn ich suchte dringend Nachhilfe, mir war klar, dass ich sonst niemals den Anschluss finden würde.

Bereits am Mittag klingelte mein Handy.

„Hallo?“

„Hallo! Bist du diejenige, die Nachhilfe in Englisch braucht?“

„Ja, genau. Und du glaubst, du kannst mir helfen?“

„Ich bin im vorletzten Semester zum Dolmetscher. Und du?“

„Ich hab’ grad erst mit meinem Hauptstudium angefangen. Wie viel nimmst du?“ fragte ich gleich.

Ich hörte ein sympathisches Lachen.

„Wollen wir uns darüber persönlich unterhalten?“

„Wie wär’s um vier vor Sprachlabor zwei?“ schlug ich vor.

„Okay, bis nachher!“

Schon hatte er aufgelegt.

Da ich noch mit meinem Professor redete, kam ich mit etwas Verspätung aus dem Sprachlabor. Davor stand bereits ein junger Mann. Er hatte dunkelblondes Haar und war mehr als einen Kopf größer als ich.

Ich ging davon aus, dass er auf mich wartete, da sonst niemand hier war.

„Du hast mich heute Mittag angerufen?“ fragte ich.

„Hallo! Ich bin Kai!“

„Hallo Kai!“

„Und wie heißt du?“

„Julia.“

„Und du brauchst Hilfe in Englisch?“

Ich erklärte ihm mein Problem.

„Wer wechselt auch mitten im Studium die Uni?“

„Glaubst du, du kannst mir helfen?“

„Bei mir gibt’s grundsätzlich eine kostenlose Probestunde, dann werden wir schon sehen, ob wir miteinander auskommen.“

„Gibt’s hier irgendwo einen Raum, indem wir in Ruhe lernen können?“

„Das wird nicht so gerne gesehen. Entweder ich komm’ zu dir oder du zu mir.“

Ich dachte an mein kleines WG-Zimmer. Das wäre wohl keine gute Idee.

Also gab Kai mir seine Adresse und wir verabredeten uns für den kommenden Nachmittag.

Kaum hatte ich die WG betreten, schon kam Antonia auf mich zu gerannt. Sie zog mich mit sich in ihr Zimmer und ich entdeckte sofort das Chaos von Klamotten auf ihrem Bett.

„Kann es sein, dass du nicht weißt, was du heute Abend anziehen sollst, Toni?“ fragte ich lächelnd.

Ich sah mir ihre Sachen an und entschied mich dann für einen kurzen Rock und ein einfaches T-Shirt. Unsicher stand Toni damit vor dem Spiegel.

„Meinst du wirklich?“

„Lass uns einfach ne zweite Meinung holen“, schlug ich vor und wir klopften bei Robin. Leider war er nicht da.

Allerdings kam David gerade aus dem Bad. Toni lief gleich zu ihm.

„Meinst du, ich kann das anziehen?“

Verwundert sah er sie an.

„Wo willst du denn hin?“

„Auf eine Studentenparty“, erwiderte sie nicht ohne Stolz.

„Gehst du mit?“ wandte er sich gleich an mich.

Ich nickte nur.

„Du siehst klasse aus, Antonia!“

Strahlend ging sie zurück in ihr Zimmer.

„Pass auf sie auf!“ flüsterte David mir zu und verschwand.

„So kommst du aber nicht mit!“

Erstaunt sah ich Matthew und Frank an.

„Was?“

Beide sahen an mir herunter.

„Hast du nichts noch weiteres?“ fragte Matthew.

„Das ist nicht euer Ernst?“ fragte ich verblüfft.

„Du willst doch wohl nicht so weggehen, Liebes?“

Robin kam zu uns.

Seit wann waren die Drei denn einer Meinung? Toni zuliebe ging ich mich umziehen. Ich hatte mich in meiner alten, weiten Jeans und dem Schlabberpulli sehr wohl gefühlt. Warum sollte ich mich großartig zurecht machen? Ich hatte nicht vor, jemanden kennen zu lernen. Genau genommen ging ich nur Toni zuliebe mit auf diese Party. Im Moment hatte ich genug anderes zu tun und eigentlich keine Zeit für so was.

Ich zog mir schnell eine enge Jeans an und den viel zu großen Pulli aus. Da drunter trug ich einen roten Body, das musste reichen. So ging ich zurück in die Stube.

„Was für ein Unterschied!“ meinte Frank.

„Besser?“

Matthew kam zu mir und zog mir mein Zopfband aus den Haaren.

„Jetzt schon!“

Gemeinsam gingen wir los. Während der Hinfahrt fuhr Frank seinen kleinen, zweitürigen Ford Fiesta. Toni und ich setzten uns nach hinten.

An unserem Ziel angekommen, drückte Frank mir gleich seinen Autoschlüssel in die Hand, dann ging er mit Matthew vor. Antonia wich nicht von meiner Seite, begeistert sah sie sich alles an, traute sich aber nicht sich zu einer der Gruppen zu gesellen oder jemanden anzusprechen.

„Toni, langsam!“ mahnte ich sie, als sie ein Glas Sekt in einem Zug runterstürzte.

„Ich will mir bloß Mut antrinken!“

Das hatte ich befürchtet. Stellte sich nur die Frage, wie viele Gläser sie dafür brauchen würde.

„Hallo Julia!“

Ich drehte mich um, hinter mir war Desiree aufgetaucht. Sie war im selben Semester wie ich und hatte dieselben Fächer belegt.

„Hallo Desiree! Bist du öfter auf diesen Partys?“

„Nein, eigentlich nicht. Bist du allein hier?“

Ich wollte ihr gerade Toni vorstellen, da musste ich feststellen, dass sie verschwunden war.

Ich erzählte ihr von meiner Mitbewohnerin.

„Wenn du willst, helf’ ich dir suchen“, bot sie gleich an.

Während wir durch die Zimmer gingen, erfuhr ich, dass sie zwar in Gesellschaft hergekommen war, er sich aber mittlerweile mehr für seine Kumpels interessierte.

In einem der hinteren Räume entdeckte ich Antonia, sie tanzte ausgelassen und ich beschloss sie im Auge zu behalten, ohne dass sie mich sah. Ich wollte nicht, dass sie sich bemuttert fühlte, konnte mich aber noch sehr gut an meine eigene erste Studentenparty erinnern. Damals hatte ich auch hemmungslos getrunken…

So unterhielt ich mich angeregt mit Desiree.

„Trinkst du gar nichts?“ fragte sie mich.

„Ich darf mal wieder fahren! Wie kommst du nach Hause?“

„Keine Ahnung, wahrscheinlich hat Karl mich schon vergessen…“

„Ich könnte Frank fragen, ob wir dich mitnehmen“, bot ich gleich an.

„Das wär’ klasse!“ freute sie sich.

Ich sah Matthew und Frank an uns vorbei gehen.

„Behältst du Antonia kurz im Auge? Ich bin gleich wieder da!“

Schnell rannte ich den beiden hinterher.

„Frank!“

Sie blieben stehen.

„Was gibt’s denn?“

„Können wir nachher eine Kommilitonin von mir mitnehmen?“

„Ist sie hübsch?“ wollte Matthew sofort wissen.

Ich überlegte kurz.

„Um mit Matthews Worten zu sprechen: sie sieht mir sogar ähnlich!“

Also stimmte er dem sofort zu. Ich sah noch immer fragend Frank an.

„So viel hab’ ich noch nicht getrunken, Julia! Ebenso gut hättest du auch sagen können, dass sie eine Frau ist.“

„Bitte!“

Grinsend betrachtete er mich von oben bis unten.

„Was krieg’ ich dafür?“

„Was willst du denn haben?“

„Da wird mir schon noch was einfallen!“

„Nehmen wir sie dann mit?“

Frank nickte und ich suchte Desiree. Sie stand noch immer in Tonis Nähe und war froh, eine Mitfahrgelegenheit zu haben.

Es machte mir Spaß mit Desiree zu quatschen, wir zogen schonungslos über unsere Professoren her und lästerten über einige Studenten, die wir hier entdeckten.

Plötzlich fing Desiree an zu lachen. Ich folgte ihrem Blick und erkannte, wie Toni dabei war auf einen Tisch zu klettern und dort weiter tanzte, allerdings konnte man bei den torkelnden Bewegungen kaum noch von Tanzen reden. Um den Tisch herum versammelten sich einige junge Männer. Wahrscheinlich genossen sie die Aussicht unter ihren Rock. Jetzt war wohl der richtige Zeitpunkt, Toni nach Hause zu bringen. Also ging ich zu dem Tisch, kämpfte mich zwischen den Männern durch und fasste Toni dann ans Bein, um sie auf mich aufmerksam zu machen. Allerdings hatte sie überhaupt kein Interesse an mir. Ich stieg auf den Tisch und packte Toni bei den Schultern. Dann wies ich sie auf ihren Minirock hin und endlich war sie bereit mit mir zu gehen. Nur gut, dass Desiree ihr auch half, alleine wäre sie sicherlich vom Tisch gefallen.

Dann machten wir uns zu dritt auf den Weg zum Wagen, dabei ging Toni in unserer Mitte und ließ sich von uns stützen. Kurz vor dem Wagen wurde ihr schlecht und in dem Moment, als sie sich übergab, drehte sie sich zu mir. Erschrocken sah Desiree mich an. Toni hatte perfekt getroffen, mein Body sah schlimm aus und es roch unangenehm. Während Desiree Toni hielt, wischte ich mir mit einigen Taschentüchern das Erbrochene von meinem Body, danach schloss ich den Wagen auf und half den beiden sich nach hinten zu setzen.

„Ich geh’ die Jungs holen!“

Vorher verschwand ich noch kurz im Bad, um mir Hände und Gesicht zu waschen. Dabei fiel mir auf, dass sich noch einige Rückstände in meinen Haaren befanden. Ziemlich angewidert versuchte ich auch das zu entfernen, danach machte ich mich auf die Suche.

„Du stinkst!“ begrüßte Matthew mich.

„Ist dir nicht gut?“ erkundigte sich Frank.

„Ich muss Toni nach Hause bringen. Kommt ihr mit oder soll ich euch später abholen?“

Zu meiner Verwunderung kamen sie mit.

„Was ist mit Antonia? Hat sie keine Lust mehr?“ wollte Frank wissen.

„Wahrscheinlich fühlt sie sich ohne uns einsam“, flachste Matthew.

„Ehrlich? Und ich dachte, die beiden wollten hier Männer aufreißen!“

Ich blieb stehen, drehte mich um und sah Frank an.

„Was wollten wir?“

Frank hatte bereits zu viel getrunken, um schnell genug zu reagieren, also rannte er mich um.

Von der Wucht des Aufpralls und seines Körpergewichts fiel ich um. Als ich auf meinem Hintern saß, lachten Frank und Matthew. Sie fanden das auch noch witzig. Anscheinend hatten es heute alle auf mich abgesehen. Erst Toni, dann Frank… Was sollte als nächstes kommen? Trotzdem war das Lachen der beiden ansteckend.

Als wir am Wagen ankamen, entdeckten sie Toni und Desiree.

„Ich sitz’ vorne!“ verkündete Matthew sofort.

„Vergiss es, Alter!“

Ich stellte den Fahrersitz weiter nach vorne und ließ dann Matthew einsteigen. Er quetschte sich in die kleine Lücke, die noch frei war. In der Mitte saß nun Toni und hinter Frank war Desiree. Sie hatten nicht viel Platz, aber es war auch keine lange Fahrt.

Bereits zehn Minuten später stieg Frank aus, um Desiree rauszulassen. Als sie den Rücksitz verließ, kippte Toni zur Seite.

Ich drehte mich zu ihr um.

„Alles klar, Toni?“

Als ich keine Antwort bekam, schüttelte ich sie am Oberschenkel. Murrend sah sie mich an.

„Lass mich schlafen!“ forderte sie kaum verständlich.

In dem Moment klappte Frank den Beifahrersitz zurück und knallte ihn mir damit voll ins Gesicht.

Matthew konnte sich nicht mehr Halten vor Lachen. Toni sah irritiert auf.

„Du stinkst!“ angewidert rümpfte sie ihre Nase.

Auffordernd sah ich Frank an, jetzt fehlte nur noch von ihm ein netter Kommentar.

„Zur verkehrten Zeit am falschen Ort…“, begann er tatsächlich.

Ich startete den Wagen und ignorierte ihr Lachen. Zur verkehrten Zeit am falschen Ort, das war ich schon einmal und so etwas durfte sich auf keinen Fall wiederholen!

Nachdem ich den Wagen geparkt hatte, gingen Matthew und Frank gleich in Richtung Haus.

„Hej! Vielleicht könnt ihr mir mal helfen?“ rief ich ihnen hinterher, während ich versuchte, Toni aus dem Wagen zu bekommen.

Mittlerweile war sie wieder wach und wollte selbst aussteigen, dabei stützte sie sich auf mich, blieb dann aber mit einem Fuß im Wagen hängen. Nun hatte ich ihr ganzes Gewicht auf mir und kippte nach hinten weg. Als ich auf dem Bordstein saß und Toni in einer ziemlich merkwürdigen Haltung aus dem Auto hing, fing sie an zu lachen. Die Jungs stimmten mit ein, halfen ihr aber hoch. Sie nahmen Antonia in ihre Mitte und gingen gemeinsam nach oben.

Mühevoll rappelte ich mich wieder auf und folgte ihnen, schloss die Wohnungstür auf und ging mit ihnen in Tonis Zimmer. Nachdem die Jungs sie in ihr Bett gebracht hatten, verschwanden sie wieder und ich zog Antonia ihr Schlafzeug an.

Danach holte ich mir einen Slip und ein Nachthemd aus meinem Zimmer und wollte duschen gehen. Es interessierte mich nicht, wie spät es war, denn der Geruch, der an mir haftete, war mehr als ekelhaft.

Als ich wieder aus der Dusche kam, saßen Matthew und Frank in der Stube.

„Setz’ dich zu uns!“ forderte Matthew mich auf.

„Bierchen?“ fragte Frank und hielt mir eine Flasche entgegen.

Also setzte ich mich auf einen der Sessel.

„Bist du jetzt sauer?“

„Nein, wieso?“

„Sonst setzt du dich doch auch immer zu uns!“ stellte Matthew fest.

„Sonst haut Frank mich ja auch nicht dauernd um!“

Wieder lachten beide.

„Ich hab’ übrigens noch was gut bei dir!“ eröffnete Frank schließlich.

„Du hast mich einmal umgerannt und mir dann den Sitz ins Gesicht geknallt! Meinst du, das reicht nicht?“

„Julia, du hast dich mir in den Weg gestellt, also bist du auch schuld an dem Zusammenprall!“ meinte er todernst, natürlich stimmte Matthew ihm auch noch zu.

„Wahrscheinlich wollte sie unbedingt Körperkontakt“, zog Matthew mich auf.

Da Robin in diesem Moment die Stube betrat, ging ich auf Matthews Kommentar ein.

„Unbedingt! Aber du hast ja gesehen, wie Frank dazu steht!“

Matthew lachte.

„Hast du dich mittlerweile für einen der Süßen entschieden, Liebes?“ fragte Robin mich und setzte sich zu den beiden auf die Couch.

„Muss ich mich etwa entscheiden?“ fragte ich gespielt entsetzt.

Wir alberten eine ganze Weile miteinander rum. Irgendwann fragte Robin mich:

„Hast du Lust morgen Abend mit mir wegzugehen?“

„Ich muss bis acht arbeiten, aber danach gerne!“ freute ich mich.

„Kommst du nicht wieder mit uns mit?“ fragte Frank enttäuscht.

„Ihr braucht ja bloß nen Fahrer!“ gab ich zurück.

„Ich reagier’ dann auch netter auf deine Annäherungsversuche“, versuchte Frank mich umzustimmen.

„Warum gehen wir nicht alle zusammen weg?“ fragte ich in die Runde.

Die Reaktion der Drei reichte mir, sie wollten anscheinend nichts zusammen unternehmen.

„Aber wenn du unbedingt was trinken willst, kann ich euch vielleicht hinfahren und wieder abholen“, bot ich an.

Erstaunt sahen Matthew und Frank mich an.

„Wenn du willst, kannst du morgen den Wagen haben, Julia. Wir rufen dich dann an, wenn wir soweit sind.“

Klar wäre es für mich angenehmer gewesen, wenn ich auch hätte trinken können, aber wahrscheinlich war es so besser.

Am frühen Nachmittag machte ich mich mit meinem Fahrrad auf den Weg zu Kai. Er hatte mir den Weg gut erklärt und so brauchte ich nicht lange suchen. Nachdem ich mein Fahrrad angekettet hatte, klingelte ich an der Haustür.

„Hallo Julia! Komm’ rein!“ forderte Kai mich sofort auf.

„Hallo Kai!“

Ich folgte ihm in die Küche.

„Ich sitz’ hier am liebsten“, erklärte er.

„Stört das deine Mitbewohner nicht?“

„Im Moment wohn’ ich hier alleine. Simon ist für zwölf Monate bei einem Auslandspraktikum und wir haben noch keinen Zwischenmieter gefunden.“

Wir setzten uns und ich zeigte ihm meine Studienunterlagen.

Schon nach kurzer Zeit unterhielten wir uns ausschließlich auf Englisch. Kai konnte sehr gut erklären und war sehr geduldig. Am Ende der Stunde vermutete er:

„Kann es sein, dass du ein oder zwei Semester ausgesetzt hast?“

„Wieso?“

„Eigentlich kannst du das alles doch. Ich schätze, du kommst bei dem Unterrichtstempo bloß nicht mit und das ist oft der Fall, wenn man zu lange mit der Sprache nichts mehr zu tun hatte…“

„In Englisch geht es mir viel zu schnell, aber Spanisch ist kein Problem.“

„Du hast als Zweitfach Spanisch?“

„Ja, und du?“

„Französisch, als drittes Fach erst Spanisch.“

„Du lernst drei Sprachen?“ fragte ich ungläubig.

„Ich versuch’s zumindest. Und, willst du mit mir lernen?“

„Wenn ich mir deine Nachhilfe leisten kann, gern.“

Kai lächelte mich an.

„Normalerweise nehme ich fünfzehn Euro die Stunde.“

Wahrscheinlich bemerkte Kai sofort, dass mir der Preis viel zu hoch war.

„Aber je mehr Stunden du nimmst, desto günstiger wird es. Und wenn du mal knapp bei Kasse bist, kannst du auch später zahlen“, bot er an.

Ich rechnete kurz im Kopf nach. Wenn ich ein paar Stunden mehr kellnerte, müsste ich das irgendwie hinkriegen. Mir war klar, dass ich ohne Kai dieses Semester auf jeden Fall wiederholen müsste.

„Passt es dir samstags am frühen Nachmittag für zwei Stunden?“

Kai nickte.

„Und wann hast du in der Woche Zeit?“

„Dienstags.“

„Da muss ich arbeiten.“

„Was machst du?“

„Ich kellnere im `blue elegant`.“

„Wann hast du frei?“

„Mittwochs arbeite ich nie, ansonsten rotiert das.“

„Also gut, dann mittwochs, aber da kann ich nicht vor neunzehn Uhr.“

Ein Glück! Nun hatte ich wirklich eine Chance, dem Unterricht bald wieder folgen zu können.

„Bei drei bis vier Stunden wöchentlich wäre ich mit zehn Euro pro Stunde auch einverstanden.“

„Danke, Kai! Du bist echt klasse!“

Nach der Arbeit beeilte ich mich schnell nach Hause zu kommen. Ich wollte mich noch frisch machen und umziehen, denn wenn ich schon zum ersten Mal mit Robin ausging, wollte ich mich auch schick machen.

Robin erwartete mich bereits.

„Hilfst du mir?“ fragte ich ihn gleich.

„Natürlich, Liebes! Ich will ja nicht, dass es so wie gestern in deinen Wohlfühlklamotten endet!“

Etwas übertrieben fand ich mein Outfit letztendlich schon, aber wer weiß, wo Robin mit mir hinwollte, also ließ ich mich darauf ein.

Ich trug eine kurze, schwarze Hose, dazu einen breiten, blauen Gürtel und ein schwarzes, enges Top. Außerdem hatte ich eine knallblaue Strumpfhose mit auffälligem Muster an, dessen Farbe perfekt zum Gürtel passte. Die Strumpfhose war etwas lang, ich hatte sie mir von Robin ausgeliehen. Deswegen zog ich mir ein paar Socken an und stopfte das überschüssige Ende der Strumpfhose in die Strümpfe. Dann drückte Robin mir meine schwarzen Stiefel in die Hand. Die hatte ich bisher noch nie hier getragen. Sie hatten ziemlich hohe Absätze…

„Wow!“ riefen Matthew und Frank gleichzeitig.

„Dann geht’s wohl heute auf Männerfang!“ mutmaßten sie.

Noch bevor ich antworten konnte, verkündete Robin:

„Und wenn’s nicht klappt, kommen wir auf euch zurück!“

„Was ist mit Antonia?“ fragte Frank.

„Ich hab’ sie heute noch gar nicht gesehen“, äußerte Matthew.

„Sie will ihre Ruhe haben“, erklärte Robin.

„Hört sich nach nem handfesten Kater an“, grinsten die Jungs.

Frank fuhr zu seiner Party, dort setzten Robin und ich uns dann nach vorne und ich zog meine Stiefel aus. Mit denen hätte ich auf keinen Fall fahren können, deswegen hatte ich extra ein paar Slipper mitgenommen.

„Wo geht’s jetzt hin?“ fragte ich Robin.

Er erklärte mir den Weg und schließlich betrat ich zum ersten Mal in meinem Leben eine mir völlig unbekannte Szene. Wir gingen in einen Club. Hier liefen alle in schrillen Outfits rum und jeder begrüßte mich spontan mit Küssen auf meine Wangen. Etwas merkwürdig fühlte ich mich anfangs schon, denn genau genommen waren hier nur Männer. Ich hatte den Verdacht, dass es sich um einen Schwulenclub handelte, aber ich war mir nicht sicher. Es gab sogar eine Bühne und dort traten nacheinander mehrere drag queens auf. Ich wurde von Robins Freunden so herzlich aufgenommen, dass es mir tatsächlich Spaß machte. Auch ohne Alkohol amüsierte ich mich köstlich.

„Das ist Fabienne!“ zeigte Robin auf eine der queens.

„Und er gefällt dir?“

Robins Blick wurde sehnsüchtig.

„Kennst du Fabienne näher?“

„Nein, nur von der Bühne. Ist er nicht traumhaft?“

„Er hat einen Prachtkörper!“ musste ich zugeben. „Kommt schon nah an Frank und Matthew ran!“

Robin lachte.

„Die beiden sind ja auch einmalig! Ich würde keinen der beiden von der Bettkante stoßen!“

„Ich dachte, du stehst auf Fabienne?“

Wieder guckte Robin sehnsüchtig auf die Bühne.

„Und was ist mit dir, Julia?“

„Was soll mit mir sein?“

„Bei Matthew und Frank hast du echte Chancen!“

„Quatsch!“

„Ich kenn’ die beiden schon länger!“

„Und?“

„Die mögen dich alle beide!“

„Sicher!“

Ich glaubte Robin kein Wort.

„Hast du kein Interesse?“

„Ich hab’ keine Zeit für so was, mein Studium ist wichtiger!“

„Nun komm schon, Julia! Das Leben besteht doch nicht nur aus Lernen!“

Julias Geheimnis

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