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Lektion für freche Mitbewohner

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Heute kam ich schon früh von der Uni zurück und da ich nicht arbeiten musste, legte ich mich in die Badewanne. Ich hatte an so ziemlich jeder Stelle meines Körpers Muskelkater und genoss es, mich in dem warmen Wasser ausruhen zu können.

Es klopfte an die Badezimmertür.

„Julia?“

„Komm’ rein!“

Toni setzte sich auf den Wannenrand.

„Willst du mich wieder fragen, ob ich heute mit dir auf eine Party gehe?“

„Auch…“

„Und was noch?“

„Matthew hat angeboten, dass er uns eine Rückenmassage macht.“

„Schön!“

„Ja, aber ich mag nicht alleine…“

„Du willst also, dass ich dabei bin, wenn er dich massiert?“

Toni nickte.

„Okay. Wann und wo?“

„Sobald du fertig bist, sollen wir in sein Zimmer kommen.“

„Ich komm’ gleich.“

„Wegen heute Abend…“, fing sie kleinlaut an.

Ich konnte sie nur zu gut verstehen.

„Wenn du nicht auf eine von diesen Partys bestehst, geh’ ich gerne mit dir aus!“

Antonia strahlte mich an.

Nach dem Bad zog ich mir nur eine kurze Sporthose und ein T-Shirt über. Noch mit nassen Haaren ging ich Toni suchen.

„Ich komm’ sofort!“ rief sie aufgeregt und verschwand auf der Toilette.

Ich klopfte an Matthews Zimmertür.

„Willkommen zur Ganzkörpermassage!“ empfing er mich.

„Versprich nichts, was du nicht halten kannst!“ ging ich auf seinen scherzhaften Ton ein.

„Soll ich mit dir anfangen?“

„Nein, mit mir!“ rief Toni und legte sich auf Matthews Bett.

„Wie wär’s, wenn du deinen Pulli ausziehst?“ forderte Matthew sie auf.

Im Gegensatz zu Matthew sah ich ihren entsetzten Blick. Wahrscheinlich hatte es sie schon viel Überwindung gekostet, Matthew überhaupt so nahe kommen zu lassen.

Ich setzte mich zu ihr ans Kopfende des Bettes und lächelte sie an.

„Das wirst du doch auch so hinkriegen, Matthew“, sagte ich ohne den Blick von Toni zu nehmen.

„Wie ihr wollt!“ meinte Matthew nur und fing an.

Ich legte Tonis Haare zur Seite und ihr dankbarer Blick verriet mir, dass es ihr recht war. Anfangs war sie etwas unsicher, aber schnell entspannte sie sich.

„So, jetzt bist du an der Reihe!“ auffordernd sah Matthew mich an.

Antonia stand auf und fragte:

„Soll ich solange hier bleiben?“

„Brauchst du nicht, Toni!“

Sofort verschwand sie. Verwundert sah Matthew ihr hinterher.

„Hat sie etwa Angst vor mir?“

„Sie ist bloß schüchtern.“

„Was ist, Julia?“

Matthew sah mich an.

„Oder bist du jetzt auch schüchtern?“

„Nein, ich will bloß das volle Programm!“

Ich hatte beobachtet, wie gut Matthew Toni massiert hatte und freute mich schon darauf, das gleich genießen zu können.

„Doch eine Ganzkörpermassage?“ fragte er mich grinsend.

„Ich hab’ im Bad ein Massageöl, magst du das holen?“

Matthew stand auf und ging zur Tür.

„Liegt in meinem Schrank!“ rief ich noch, schloss dann die Tür hinter ihm und zog mir mein T-Shirt und meinen BH aus. Dann legte ich mich mit dem Bauch auf Matthews Bett. Meine Arme legte ich neben mich, so konnte er bestimmt nichts sehen.

„Na, das ist doch mal ein netter Anblick!“ stellte Matthew fest, als er sein Zimmer wieder betrat.

Er setzte sich neben mich auf sein Bett, dann nahm er meine Haare von meinem Rücken und legte sie zur Seite.

„Du schnurrst wie eine Katze“, meinte Matthew nach kurzer Zeit.

„Und du hast goldene Finger!“ murmelte ich.

„Was hast du heute Abend noch vor?“

„Antonia möchte ausgehen und ich begleite sie.“

„Kommt ihr wieder mit uns mit?“

„Ich hab’ keine Lust mehr auf diese Partys!“

„Soll ich Frank überreden, dass er fährt?“

„Er ist letzte Woche erst gefahren.“

„Wetten, ich kann ihn überreden!“

„Selbst wenn, ich geh’ auf keine Party!“ erwiderte ich bestimmt.

Jetzt massierte Matthew meinen Nacken, das war so angenehm! Abrupt hörte er auf.

„Mach weiter!“ forderte ich ihn auf.

„Nur wenn du mitkommst!“

„Wie wär’s mit dieser Kneipe, in der wir letzte Woche waren?“

Ich wollte unbedingt, dass Matthew mit seiner Massage weiter machte. Leider stand er auf.

„Was ist denn jetzt?“

„Gar nichts!“ bemerkte er, klopfte gegen seine Zimmerwand und massierte mich dann auch schon weiter.

Kurz darauf ging die Tür auf.

„Was gibt’s?“ fragte Frank.

Dann fiel sein Blick auf mich. Matthew grinste ihn an.

„Nicht schlecht, Alter!“ meinte Frank.

„Für diesen Anblick bist du mir was schuldig!“

„Was du willst!“

„Wir fahren nachher mit den Mädels in die Musikkneipe“, forderte Matthew.

„Kein Problem!“

„Und du fährst zurück!“

„Dafür darf ich mich aber zu euch setzen!“ entgegnete Frank, schloss die Zimmertür hinter sich und setzte sich auf Matthews Schreibtischstuhl.

„Wenn’s Julia recht ist...“

„Ist mir völlig egal, Hauptsache du hörst nicht auf!“

„Seit wann sind denn hier Haustiere erlaubt?“ spielte Frank auf mein Schnurren an.

Ich ignorierte seinen Kommentar und genoss weiter Matthews Massage.

„Ziehst du dir nachher was Anständiges an, Julia?“

„Ich bin hier noch nie unanständig rumgelaufen!“

Die Männer sahen sich an.

„Im Moment schon!“

Wieder ging ich nicht auf Franks Kommentar ein.

„Also machst du dich hübsch?“ versuchte Frank es erneut.

„Willst du damit andeuten, dass ich nicht immer gut ausseh’?“

„Vielleicht solltest du dir mal ein Beispiel an Antonia nehmen, sie sieht immer sexy aus, wenn wir weggehen!“

„Warum sagt ihr Toni das denn nicht auch mal?“

Bestimmt würde ihr so ein Lob gut tun.

„Das weiß sie doch! Und außerdem geht’s nicht um sie, sondern um dich!“

„Um mich?“

Langsam fing Frank an, mich zu nerven, alles was ich wollte, war meine Massage zu genießen.

Hilfesuchend sah Frank Matthew an.

„Ich zeig’ dir mal was!“ meinte er, massierte mir dann wieder den Nacken und hörte erneut abrupt auf.

„Matthew! Mach weiter!“ forderte ich.

„Nur wenn du dich schick machst!“

Mir kam eine Idee:

„Frank, wenn du willst kannst du wieder was aus meinem Schrank aussuchen!“

Beide konnten mein Grinsen nicht sehen.

„Du willst uns wohl veräppeln!“

Frank und Matthew waren zu mir ins Zimmer gekommen.

„Wie kommt ihr denn darauf?“ fragte ich unschuldig.

„Du ziehst dir nachher den hier an!“ bestimmte Frank und hielt mir einen kurzen Jeans-Overall hin.

„Der ist aber nicht aus meinem Kleiderschrank!“

„Wenn du nicht mal was Anständiges zum Anziehen hast und nicht weißt wie man sich richtig zurecht macht, dann musst du halt was von Antonia nehmen!“

Matthew hatte voll aufgedreht. Schimpfte er etwa mit mir? Ein längst vergessen geglaubtes Gefühl keimte in mir auf. Sollte ich es tatsächlich wagen?

„Ihr glaubt also, ich kann mich nicht sexy anziehen?“

Beide schüttelten den Kopf.

Mein Ehrgeiz war geweckt. Matthew und Frank hatten keine Ahnung von der alten Julia und ich beschloss spontan, dieses alte Ich zumindest für einen Abend zuzulassen.

„Wetten, ich schaff’ es, euch beide umzuhauen?“

„Niemals!“

„Was krieg’ ich, wenn’s mir gelingt?“

„Was du willst!“

„Dann raus mit euch!“

Ich holte den großen Karton unter meinem Bett hervor, darin lag auch ein Kleid. Solche Kleider hatte man in den Siebzigern getragen. Es war unanständig kurz und eng geschnitten. Zum Ausgleich war der Hals hoch geschlossen. Es war in weiß und rot gehalten und ich bügelte es, denn es war total zerknittert. Danach wühlte ich weiter in meinem Karton, ich suchte eine hautfarbene Strumpfhose und nahm ich mir auch noch meine weißen, flachen Stiefel. Sie endeten kurz unter dem Knie.

Das hatte ich an dem letzten gemeinsam Abend in unserer Stammkneipe getragen… für einen Moment wurde ich traurig, doch ich schüttelte meine unangenehmen Gedanken schnell ab und begann mich zu stylen, ich hatte viel vor.

Ich stand gerade im Bad am Waschbecken und war dabei meine Beine zu enthaaren, weil ich das beim Baden wegen Toni nicht mehr geschafft hatte, als die Tür aufging.

„Oh, entschuldige, Liebes…“

„Komm ruhig rein, Robin!“

Über meiner Unterwäsche trug ich einen alten Bademantel, da störte mich Robins Anwesenheit nicht.

„Ich wollte mich bloß schnell rasieren und Matthew will sich gleich die Haare waschen“, erklärte Robin.

Matthew wollte ins Bad? Das war die Gelegenheit für meine Rache!

„Robin, tust du mir einen Gefallen?“

„Du heckst doch schon wieder was aus!“

Mein Gesichtsausdruck sprach Bände. Ich verriet Robin meinen Plan und er verschwand mit dem Rasierapparat in seinem Zimmer.

Ich rannte mit meinem Lockenwicklern und nur einem enthaarten Bein zu Frank.

„Frank, ist es schlimm, wenn wir erst ne halbe Stunde später loskommen?“

„Brauchst du länger, um dich fertig zu machen?“

„Das Fertig machen dauert noch etwas!“ antwortete ich wahrheitsgemäß. Allerdings verriet ich nicht, wen ich fertig machen wollte...

„Solange es sich lohnt…“

„Für mich auf jeden Fall!“ rief ich, während ich schon in mein Zimmer lief und meine Klamotten sowie mein Schminkzeug holte und zu Robin brachte. Danach stellte ich mich wieder ins Bad und rasierte das zweite Bein.

Wie erwartet kam kurz darauf Matthew rein ohne anzuklopfen.

„Julia!“

Erstaunt sah er mich an.

„Ich dachte, Robin wäre hier!“ setzte er zu einer Erklärung an.

Ich tat so, als wäre es das Natürlichste der Welt, dass er beim Rasieren neben mir stand.

„Wenn du ans zweite Waschbecken willst, das ist noch frei“, bot ich ganz nebenbei an.

„Stör’ ich dich auch wirklich nicht?“

„Nein!“

Ich beobachtete aus den Augenwinkeln wie er sich sein Shirt auszog. Wieder bekam ich seinen muskulösen Körper zu sehen.

Als Matthew sich über das Waschbecken beugte, musste ich lächeln, es fiel mir schwer in dieser Situation ernst zu bleiben, aber wenn ich mich an Matthew rächen wollte, durfte er keinen Verdacht schöpfen.

Gerade war er dabei, seine Haare nass zu machen, da griff ich nach seinem Shampoo und stellte es neben mich.

Kurz darauf suchte Matthew mit einer Hand danach.

„Suchst du dein Shampoo?“ fragte ich freundlich.

„Ja, was sonst?“

„Ich helf’ dir!“ bot ich an, nahm seine Hand und drückte ihm aus einer Tube Flüssigkeit hinein.

„Danke!“ meinte er noch, da zog ich es auch schon vor, schnellstens zu verschwinden.

„Hat es geklappt?“ fragte Robin mich, als ich seine Zimmertür hinter mir geschlossen hatte.

In dem Moment konnte ich nicht mehr an mich halten, ich lachte los. Robin stimmte mit ein, dann zog ich mir meine Strumpfhose an.

Robin war gerade dabei, sich zu schminken, als ich mein Kleid über den Kopf zog.

„Liebes! Das ist ja der Wahnsinn!“

„Magst du mir den Reißverschluss zu machen?“

„Sicher! Wo hast du bloß diesen Fummel her?“

Jetzt hörten wir Matthew im Flur, er stieß eine Tür auf.

„Wo ist sie?“ rief er wütend.

Uns war klar, dass Matthew mich suchte. Schnell zog ich mir meinen Bademantel über, da klopfte es auch schon an Robins Tür. Er öffnete sie nur einen Spalt und lugte hinaus.

„Meine Güte! Was hast du denn mit deinen Haaren angestellt?“ fragte Robin Matthew gespielt entsetzt.

„Ist sie hier?“ fragte er und stieß die Tür auf.

„Schicke Farbe!“ äußerte ich nur und hatte ein breites Grinsen im Gesicht.

Matthew war unverkennbar sauer. Er kam auf mich zu. Ich sprang über Robins Bett und lief in den Flur.

„Halt sie fest!“ rief Matthew.

Vor mir stand Frank und er machte keine Anstalten, mich durch zu lassen.

Auch ihm fielen nun Matthews Haare auf.

„Blau ist ganz schön gewagt, Alter!“ er schien amüsiert.

„Ich glaub’, du brauchst mal wieder ne kalte Dusche, Julia!“ drohte Matthew.

Hilfesuchend sah ich Frank an.

„Das darfst du nicht zulassen!“

„Ich werd’ ihm sogar helfen!“

„Das glaube ich nicht!“

Langsam öffnete ich meinen Bademantel soweit, dass nur Frank sehen konnte, was ich drunter trug.

Franks Gesichtsausdruck veränderte sich, er lachte jetzt nicht mehr. Frank musterte mich genau, dann schloss er meinen Bademantel wieder und sagte zu Matthew:

„Tja, Alter, sie hat die besseren Argumente!“

Dann sorgte Frank dafür, dass ich unbehelligt zurück in Robins Zimmer kam.

Robin half mir mit meinen Haaren, danach schminkte ich mich und zog mir die Stiefel an.

„Dreh dich mal, Liebes!“ forderte Robin mich auf.

Er war beeindruckt.

„Wenn ich auf Frauen stehen würde, wärst du erste Wahl!“

Ich lachte und ging ins Wohnzimmer.

„Bist du endlich fertig?“ begrüßte Toni mich.

„Wow! Toni!“ entfuhr es mir sofort.

Auch sie trug ein Kleid, ein schwarzes Stretchminikleid, das sah unwahrscheinlich gut aus!

Streng sah ich zu Frank, sofort machte auch er Antonia ein Kompliment.

„Matthew scheint dein Kleid besser zu gefallen!“ stellte Toni fest.

Tatsächlich starrte Matthew mich an.

„Wahrscheinlich ist er wegen seiner blauen Haare immer noch stinkig!“ grinste ich.

„Hast du keine Handtasche dabei?“ wollte Toni wissen.

„Nein, die stört doch nur!“

„Und wo hast du dein Portemonnaie? Da ist doch keine Tasche in deinem Kleid!“

Ja, das war ein typisches Problem, das ich früher oft hatte. Irgendwann hatte meine Bruder die zündende Idee.

„Sieh mal, hier, Toni!“

Ich zeigte auf meine Stiefel. Ganz oben an der Schaftinnenseite war ein kleines Täschchen eingenäht.

Heute Abend war in der Kneipe ein Karaokeabend und Matthews Gesichtsausdruck verriet mir, dass er etwas vorhatte. Matthew konnte nicht ahnen, dass es früher zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört hatte, bei Karaokeshows aufzutreten.

Ich unterhielt mich mit dem jungen Mann, der die Show moderierte und fragte, ob Matthew mich angemeldet hätte und zu welchem Lied. Ich lag mit meinem Verdacht vollkommen richtig. Kokett lächelnd bat ich den Moderator, das Lied zu ändern…

Dann ging ich zu Toni. Sie saß mit dem Jungen von letzter Woche an der Bar und bestätigte mir, dass alles in Ordnung war. Also suchte ich Matthew und Frank an ihrem Stammtisch. Schon von weitem erkannte ich, dass Frank gerne trinken würde. Gerade genehmigte er sich mit seinen Kollegen einen Schnaps und lehnte schweren Herzens das ihm angebotene Bier ab.

Also besorgte ich ein Bier und stellte es vor Frank auf den Tisch. Fragend sah er mich an.

Ich legte eine Hand auf seine Schulter, die Andere auf Matthews, der neben ihm saß und schwang mich dann über die Bank, um mich zwischen die beiden zu quetschen.

„Und ich hatte gehofft, bei dem kurzen Kleidchen kriegen wir was zu sehen!“

„Matthew, du unterschätzt mich!“

Gleich darauf wandte ich mich wieder Frank zu, ich lehnte mich dicht an ihn, fasste dann in die Brusttasche seines Hemdes und nahm mir den Autoschlüssel.

„Trink ruhig!“

Er wollte sich den Schlüssel zurücknehmen.

„Du wirst noch froh sein, getrunken zu haben!“

Aha! Das hieß dann also, er wusste von meiner Anmeldung bei der Karaokeshow! Ich musste mir für ihn unbedingt was einfallen lassen, auch Frank sollte mir nicht so davon kommen!

Ich ließ den Schlüssel in meinem Stiefel verschwinden.

„Ihr werdet euch noch wundern!“

Keiner der beiden verstand. Dennoch bemerkte ich, wie Frank sein Bier genoss. Nun kam er wenigstens nicht in Versuchung, zu trinken, obwohl er fahren musste. Trinken und fahren passte einfach nicht zusammen, da gab es für mich keine Kompromisse…

Später, als die Karaokeshow begann und mein Name aufgerufen wurde, sahen Frank und Matthew mich auffordernd an. Sicher hatten sie damit gerechnet, dass ich mich sträuben würde, aber sie kannten mich nicht. Beide zogen mich von der Bank hoch, noch spielte ich ihr Spiel mit und tat erstaunt. Als der Moderator dann aber das Lied ansagte, ließen sie mich los. Mit einem überlegenen Lächeln sah ich Matthew auffordernd an. Der Moderator hatte mittlerweile auch seinen Namen genannt und bat uns beide, gemeinsam auf die Bühne zu kommen. Das hatte zur Folge, dass nun auch der Letzte Matthews blaue Haare bemerkte.

Ich hatte ein rockiges Liebeslied für uns ausgesucht, dass wir begannen im Duett zu singen. Es gefiel mir, endlich auch einmal Matthew ärgern zu können. Er war eindeutig kein Typ, der gerne auf der Bühne stand, also drehte ich richtig auf, sang und tanzte. Und ich schauspielerte, schließlich war es ein Liebeslied, ein guter Grund Matthew nahe zu kommen…

Nach unserem gemeinsamen Auftritt bekamen wir jeder einen Schnaps vom Moderator. Ich gab meinen Matthew.

„Den brauchst du bestimmt!“

Dann setzte ich mich wieder zu Frank. Er sah mich wortlos an.

„Das war stark! Gehst du mit mir auch auf die Bühne?“

Lächelnd sah ich zu Toni auf und nickte, während ich sagte:

„Vielleicht will ja Matthew unbedingt mir dir singen!“

Seine Reaktion zeigte mir, wie viel er davon hielt, nämlich gar nichts.

Ich legte einen Arm um ihn.

„Nimm’s nicht so schwer, Matthew!“

„Dabei war das Franks Idee!“

Darauf legte ich auch einen Arm um Frank.

„Stimmt das?“

Frank sah mir in die Augen, dann nickte er.

Für ihn würde ich mir schon noch was einfallen lassen, allerdings nicht jetzt, denn damit würden beide rechnen.

„Was ist mit unserer Wette?“ fragte ich die beiden.

„Wo hast du das Kleid ausgegraben? In deinem Schrank war das nicht!“ bemerkte Frank.

„Gefällt’s euch?“

„Mehr noch das, was drinsteckt!“

Frank erlaubte sich keine Antwort auf meine Frage, dennoch war mir klar, dass ich die Wette gewonnen hatte und ich genoss meinen Triumph.

„Hast du Lust, morgen mit ins Kino zu kommen?“ fragte Frank mich später.

„Mit dir?“ fragte ich erstaunt.

„Mit mir und dem Rest unserer WG.“

„Klasse Idee!“ freute ich mich schon, doch dann fiel mir ein, dass ich arbeiten musste.

„Wie lange?“ fragte Frank, der meine Enttäuschung bemerkte.

„Bis zweiundzwanzig Uhr.“

„Wenn ich dich von der Arbeit abhole, dann müsstest du es bis zur Spätvorstellung schaffen.“

„Dann müssten wir aber direkt ins Kino fahren. - Wie kommen dann die Anderen da hin?“

„Ich setze sie vorher da ab.“

„Also kommen doch nicht alle mit“, stellte ich enttäuscht fest.

Schließlich könnten wir nicht zu sechst in Franks kleinem Wagen fahren. Er verstand nicht, was ich meinte, also erklärte ich es ihm.

„Wir fahren zweimal.“

„Schön! Ich fahr’ dann gerne wieder!“

„David fährt uns!“

„Heißt das, ich darf endlich mal mit dir was trinken?“

Wieder nickte Frank.

„Dann geb’ ich dir auch einen aus!“ versprach ich gleich.

„Julia, wir sind gleich dran!“

Aufgeregt stand Toni wieder bei uns. Als das Lied verstummte, wurden wir tatsächlich aufgerufen, Toni hatte einen alten Schlager für uns ausgesucht und blühte nach kurzer Befangenheit auf der Bühne voll auf.

„Ich sitz’ vorne!“ verkündete Toni wieder, als wir auf dem Rückweg waren.

„Du wirst dich schön zu Matthew setzen!“

„Das bestimmt immer noch der Fahrer!“ entschied Antonia überzeugt.

Schon hatte ich Matthew und Frank neben mir. Matthew legte mir seinen Arm um die Schulter, Frank umfasste meine Taille.

„Was wird das?“ fragte ich die beiden.

„Wir schmeicheln uns bei dir ein!“

„Das kann ich auch!“ rief Toni, drückte Matthew zur Seite und stellte sich zu mir.

Natürlich ließ Matthew sich das nicht gefallen, er versuchte nun seinerseits Toni zur Seite zu drängen, sie hielt sich allerdings an mir fest. Die beiden waren ziemlich rücksichtslos in ihrer Neckerei, so dass ich stehen blieb. Frank nahm einfach Tonis Hand von meinem Arm, legte seinen Arm wieder um mich und wir gingen zu zweit weiter.

„Was sagst du jetzt?“

Auffordernd sah Frank mich an.

„Mein Held!“ schwärmte ich, „Der Platz neben mir ist dir sicher!“

Am nächsten Morgen klopfte ich um kurz nach zehn an Matthews Zimmertür.

„Was?“ fragte er unfreundlich.

Ich öffnete die Tür und sah ihn an.

„Julia!“ sein Tonfall hatte sich schlagartig verändert, „Leg’ dich zu mir!“

Auffordernd hob er seine Decke an.

„Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich früher gekommen! Leider muss ich gleich los und dachte mir, du möchtest vorher die Haare gewaschen haben.“

„Ich trau’ dir nicht!“

„Ganz wie du willst! Dann bleiben sie halt blau!“

Ich drehte mich um und ging, natürlich kam Matthew gleich hinterher. Gemeinsam gingen wir ins Bad und ich wusch das Blau aus seinen Haaren. Eigentlich hatte ich das schon gestern Abend vorgehabt, deswegen hatte ich Frank gefragt, ob es okay ist, wenn wir später losfahren, aber irgendwie hatte es sich dann doch anders ergeben…

Um zwölf stand ich vor Kais Tür. Wieder setzten wir uns in seine Küche.

„Wollen wir mit spanisch anfangen?“ fragte ich ihn.

Kais Spanisch war nicht umwerfend, allerdings fand ich es bewundernswert, dass er sich überhaupt in einer dritten Sprache versuchte.

Nach zwei Stunden gingen wir zum Englischen über.

„Weißt du eigentlich, dass es hier ein Theater mit englischen Aufführungen gibt?“ fragte Kai mich.

„Ist nicht dein Ernst?“

„Doch - und zur Zeit spielen sie eine Komödie, sie heißt `Der Neurosenkavalier`. Hättest du Interesse?“

Was für eine Frage!

„Und ob! Wann läuft das denn?“

„Sonntag nachmittags und Freitag abends.“

„Was hältst du von nächstem Freitag?“ schlug ich vor.

„Gerne, ich hol’ dich ab! Aber du solltest dir dann lieber ne Hose anziehen.“

„Gefällt dir mein Rock nicht?“

Verunsichert sah ich auf meinen langen, schwarzen Rock. Dazu hatte ich einen schulterfreien, nachtblauen Angorapulli an. Mein BH hatte durchsichtige Träger, denn ich fand es nicht hübsch, wenn man die Träger sah, egal wie ansprechend sie waren.

„Dein Kleid gestern hat mir noch besser gefallen!“

„Du warst auch in der Kneipe? Warum bist du nicht zu mir gekommen?“

„Wollte ich ja, aber das Mädchen, mit dem du auf der Bühne standest, ließ mich nicht!“

„Antonia?“

„Ich glaub’, so hieß sie. Jedenfalls hat sie mich ziemlich lange in Beschlag genommen.“

Ich musste lachen.

„Und danach?“

„Ich wollte dich nicht stören.“

„Wobei?“

„Dein Freund hatte den Arm um dich gelegt und…“

„Mein Freund?“

„Groß, attraktiv, dunkelhaarig“, beschrieb Kai.

„Frank ist nicht mein Freund, sondern mein Mitbewohner!“

Es war bereits viertel nach zehn, als ich meinen Arbeitsplatz verließ. Direkt vorm Personaleingang wartete Frank in seinem Wagen.

„Tut mir leid“, entschuldigte ich mich gleich für mein Zuspätkommen.

Vorm Kino standen die Anderen und warteten auf uns. David hatte die Karten in der Hand. Wir saßen in der letzten Reihe. David ging vor und da ich direkt hinter ihm war, setzte ich mich gleich auf den Platz neben ihm, auf der anderen Seite ließ Robin sich fallen. Kaum saß ich, stand Toni vor mir. Sie packte mich an den Armen und zog mich einfach hoch.

„Hier sitz’ ich!“ bestimmte sie.

Etwas irritiert sah ich sie an, drehte mich dann aber wortlos um und drängelte mich an Robin vorbei. Neben ihm saß Frank. Ich legte beide Hände auf seine Schultern, beugte mich zu ihm nach vorne, sah ihn mit großen Augen an und bat:

„Lässt du mich neben Robin sitzen? Bitte!“

Zu meiner Verwunderung stand er tatsächlich auf und diskutierte dann mit Matthew, weil er seinen Platz wollte. Der rührte sich allerdings nicht vom Fleck und so saß ich zwischen Matthew und Robin.

Nach kurzer Zeit ging das Licht aus. Ich wusste nicht einmal, welchen Film wir sahen. David hatte mir nur verraten, dass Toni ihn ausgesucht hatte. Keine zehn Minuten später bereute ich, dass ich nicht gefragt hatte. Es war ein blutiger Film mit Zombies. Robin neben mir schrie genau wie ich immer wieder auf. Etwa eine halbe Stunde später sah ich, wie der Hauptdarsteller in einen Wagen stieg und in einem atemberaubenden Tempo über die Straße fegte, um den Zombies zu entkommen. Das war der Moment, in dem es mir endgültig reichte. Ich stand einfach auf und wollte gehen. Matthew zog seine Beine an, um mir gleich darauf ein Bein zu stellen. Darauf war ich nicht vorbereitet, so stolperte ich und musste mich an Frank fest halten, um nicht zu fallen.

Auch wenn ich die Kinoleinwand nicht mehr sah, hörte ich die quietschenden Reifen. Wortlos verließ ich den Vorführungsraum.

„Warte Liebes!“

Robin kam zu mir.

„Das war ja wohl heftig! So was muss ich mir nicht antun!“ meinte er gleich.

„Lust auf nen Sekt?“

Robin hatte Lust und wir setzten uns gemeinsam in den Vorraum des Kinos und bestellten eine ganze Flasche.

Als die Anderen nach etwa einer Stunde zu uns kamen, war die Flasche leer und Robin und ich waren wieder gut drauf.

„Wo gehen wir jetzt hin?“ fragte Toni gleich.

Gemeinsam gingen wir in eine Musikkneipe, die ich noch nicht kannte. Obwohl es sehr voll war, ergatterte Matthew einen freien Tisch. David setzte sich ganz ans Ende der Bank und Toni war sofort an seiner Seite. Robin setzte sich David gegenüber hin, so dass Matthew sich für den Platz neben Toni entschied. Also setzte ich mich zu Robin, wir sahen uns in dem vollen Raum um und fingen gleich an zu tuscheln. Kurz darauf setzte Frank sich zu mir.

„Wie wär’s mit nem Cocktail?“

Er gab uns die Cocktailkarte. Matthew und Toni tranken lieber Bier, aber Robin und ich probierten gerne mit Frank die Cocktails aus.

„Wir müssen unbedingt Brüderschaft trinken, Liebes!“

Also tranken Robin und ich gemeinsam und gaben uns dann einen Kuss.

„Und was ist mit mir?“

Das kam von Frank und Matthew fast gleichzeitig. Robin und ich sahen uns an. Er flüsterte mir etwas ins Ohr, stand dann auf und ging zu Matthew. Ich drehte mich zu Frank um.

Als Matthew sich wie erwartet weigerte, eröffnete ich:

„Wer sich mit Robin nicht verbrüdert, bekommt von mir auch keinen Kuss!“

„Das ist es mir wert!“ verkündete Frank zu meiner Überraschung.

Robin setzte sich erfreut zu ihm. Als sie fertig waren, drehte Frank sich wieder zu mir um.

„Kriegst du jetzt kalte Füße, Julia?“

„Nein, ich hab’ bloß nichts mehr zu trinken!“

Frank nahm Robin seinen Cocktail ab und drückte ihn mir in die Hand.

Sein leichter Kuss war zärtlich. Es war schon lange her, dass ich einen Mann geküsst hatte, wobei ich Robin eher in die Kategorie Freundin zählte. Ich vermied es, Frank danach direkt anzusehen und reichte Robin seinen Drink, der fast leer war.

„Wollen wir uns an der Cocktailbar was Neues aussuchen?“ fragte Robin mich.

Ich stand auf und wollte Robin folgen, doch der erste Cocktail hatte es in sich gehabt. Ich hielt mich an Frank fest. Mir war klar, dass ich genug getrunken hatte. Mein Blick fiel auf meine Klamotten, das sah nach der alten Julia aus. Sollte ich jetzt vernünftig sein oder einfach mal über die Strenge schlagen? Es war über ein Jahr her, dass ich das letzte Mal alle Vernunft über Bord geworfen und richtig gefeiert hatte. Mir fiel der Kinofilm ein und es war, als würde ich wieder die quietschenden Reifen hören…

Also lehnte ich mich über den Tisch zu David:

„Du trinkst bestimmt nichts?“

„Ich trinke nie, wenn ich fahren muss.“

„Versprochen?“

David nickte.

„Warte auf mich, Robin!“

Gemeinsam gingen wir an die Bar. Nach einem kurzen Flirt mit dem Barkeeper kehrten wir an unseren Tisch zurück.

„Ich hab’ dir was mitgebracht, Frank!“

Ich gab ihm einen weiteren Cocktail und stieß mit ihm an.

„Was ist mit dir, Matthew? Warum bist du so still?“

Er hatte neben Toni und David nicht den besten Platz erwischt, die beiden flüsterten die ganze Zeit miteinander und ignorierten uns.

„Ich bin immer noch beleidigt, weil du mir keinen Kuss gegeben hast!“

„Mein Angebot steht noch!“

„Gilt das auch für mich?“ fragte Frank sofort.

Ich legte mein Kinn auf seine Schulter und sagte:

„Aber wir haben uns doch schon verbrüdert!“

Matthew überwand sich auch jetzt nicht, Robin einen Kuss zu geben. Trotzdem alberten wir weiter rum.

Irgendwann flüsterte ich Robin zu:

„Du, ich muss mal ganz dringend aufs Klo!“

„Dann geh’ doch, Liebes!“

„Ich glaub’, ich komm’ alleine nicht mehr hoch!“ vertraute ich ihm an.

Also stand Robin auf und half mir. Als ich versuchte mit dem ersten Bein über die Bank zu kommen, blieb ich mit meinem Absatz am Saum meines Rockes hängen.

„Moment!“

Ich setzte mich seitlich auf die Bank und versuchte meinen Schuh zu befreien. Belustigt beobachteten Frank und Matthew mich. Robin hatte sich mittlerweile wieder hingesetzt und ich lehnte mich gegen ihn.

„Frank, nun guck nicht so! Hilf mir lieber!“

Er ließ sich nicht lange bitten und schon war ich befreit. Als ich wieder versuchte über die Bank zu kommen, half mir diesmal auch Frank. Gemeinsam mit Robin ging ich zu den Toiletten, dort wartete er auf mich und zusammen gingen wir wieder zurück. Wir sahen gleich, dass Matthew nun neben Frank saß. Das gefiel uns beiden nicht, denn jetzt konnten wir nicht mehr nebeneinander sitzen. Wieder fiel Robin etwas ein, er flüsterte es mir zu und ich stellte mich ans Ende des Tisches und sah Matthew und Frank an.

Währenddessen mogelte Robin sich zwischen die beiden. Matthew rückte gleich ein Stück von ihm ab, Frank sah die ganze Zeit über nur mich an.

„Was sollte ich jetzt sagen?“ wandte ich mich an Robin.

Er hatte sich etwas Grandioses einfallen lassen, aber ich konnte mich einfach nicht erinnern.

Frank stand auf und ließ mich auf seinen Platz.

„Wolltest du neben deiner Freundin sitzen?“

„Genau! Das war’s! Moment, Frank!“

Er wollte sich gerade mir gegenüber setzen und hielt inne.

„Doch, setzen kannst du dich ruhig!“

Als Frank saß, drückte ich ihm auf jede Wange einen Kuss.

„Dankeschön!“ zwitscherte ich und setzte mich dann zu Robin.

„Irgendwie fühl’ ich mich heute total benachteiligt!“ beschwerte Matthew sich.

„Willst du auch einen Kuss, Süßer?“ bot Robin ihm gleich an.

Statt einer Antwort stand Matthew auf und setzte sich am anderen Ende der Bank zu mir. Also rutschten Robin und ich wieder auf unsere alten Plätze.

„Was haltet ihr davon, wenn wir morgen an den See fahren?“ fragte Frank auf einmal.

Anscheinend hatte Antonia uns zugehört, sie war sofort Feuer und Flamme.

Robin war bereits verabredet und auch David hatte keine Zeit. Toni freute sich und schlug Frank vor, dass man ein Schlauchboot mitnehmen könnte.

„Schau mal, Liebes! Was für ein Hintern!“

Ich sah in die Richtung und entdeckte sofort, wen Robin meinte. Um einen besseren Blick zu haben lehnte ich mich gegen Matthew und staunte.

„Was ist denn jetzt los?“

„Wir haben da was Knackiges entdeckt!“ erwiderte ich und auch Robin wies ihn direkt auf den Hintern hin.

„Du stehst also auf knackige Hintern?“ forschte Matthew nach.

Noch immer saß ich dicht gegen ihn gelehnt. Jetzt hob ich lediglich meinen Kopf und sah ihn an.

„Deiner gefällt ihr auch!“ verriet Robin.

Ich drehte mich zu ihm um.

„Du alte Labertante!“

„Was mag sie denn sonst noch?“ wandte Matthew sich an Robin.

Ich legte Robin einen Finger auf den Mund.

„Wag es nicht!“ drohte ich ihm.

„Da müssen wir uns wohl mal unter vier Augen unterhalten, Süßer!“

Matthew legte seine Arme um mich und zog mich an sich.

„Jetzt kannst du alles sagen, ohne dass sie dir was tun kann!“

„Süßer, beschützt du mich auch heute Nacht?“

Das war dann wohl doch zuviel für Matthew, er ließ mich wieder los.

Wieder fing ich an, mit Robin zu gackern. Irgendwann kamen wir auf das Thema, dass es doch unfair war, dass so vieles männlich bezeichnet wurde.

„Dann lass uns Schwesternschaft trinken!“ beschloss ich spontan.

Robin war begeistert, diesmal war es allerdings nicht so einfach.

„Halt doch mal den Kopf still!“ forderte ich Robin auf, dann endlich fand ich seine Lippen.

„Jetzt will ich aber auch!“ forderte Matthew und legte mir eine Hand auf die Schulter.

„Du bist gar keine Schwester!“ stellten Robin und ich fest.

„Du bist ja auch kein Bruder, Julia! Und trotzdem hast du mit Frank Brüderschaft getrunken!“ beschwerte Matthew sich weiter.

Ich sah Frank an, der uns beobachtete.

„Da hast du recht!“ fiel mir auf.

Mühsam stand ich auf und ging dann mit meinem Glas zu Frank.

„Matthew meint, das mit dem Brüderschaft trinken war falsch!“

„So war das aber nicht gemeint!“ versuchte Matthew zu erklären.

Frank lächelte mich an, dann sah er zu seinem Freund.

„Danke, Alter!“

Als ich mich zu Frank beugte, kam ich ins Schwanken.

„Setz dich doch!“ bot Frank mir an.

Ich wollte mich neben ihn auf die Bank zwängen, aber er zog mich gleich seitlich auf seinen Schoß.

Nachdem wir uns nun zum zweiten Mal geküsst hatten, fragte ich Matthew:

„Nun zufrieden?“

Matthew war absolut nicht zufrieden, wurde aber von Robin und Frank nur ausgelacht.

„Worüber lacht ihr?“ fragte David und sah in die Runde.

Als er mich anblickte, meinte ich sofort:

„Du fährst!“

Diesmal lachte auch Matthew mit.

„Das hatten wir bereits geklärt!“ erwiderte David sachlich.

Antonia drehte sich zu mir.

„Du sitzt ja schon wieder auf Franks Schoß!“ stellte sie fest.

Ich sah Frank ins Gesicht.

„Stört’s dich?“

„Überhaupt nicht!“

„Du warst doch gar nicht gemeint! Ich wollte wissen, ob’s Toni stört!“

Auffordernd sah ich nun Antonia an.

Toni flüsterte mir ins Ohr:

„Ich find’ das ganz schön unanständig!“

Ohne noch etwas zu sagen stand ich auf und torkelte zurück an meinen Platz. Bedauernd sah ich Frank an.

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, dann wollte David aufbrechen.

Ich ging zu Toni und flüsterte ihr zu:

„Vielleicht solltest du lieber vorgehen!“

Fragend sah sie mich an.

„Nicht das es dir wieder zu unanständig wird!“

Das meinte ich todernst, denn ich wollte Toni nicht noch mal vor den Kopf stoßen.

Vor dem Tisch standen bereits Frank und Matthew und warteten.

„Wer von euch hilft mir?“

Matthew stand als Erstes neben mir.

„Ich hab’ zuviel getrunken!“ eröffnete ich ihm.

„Ist mir gar nicht aufgefallen!“ entgegnete Matthew ernst.

„Ist aber so!“

„Und wie kann ich dir helfen?“

Ich legte meinen Arm um seine Taille und lehnte mich gegen ihn.

„So!“

Gestützt von Matthew ging ich los.

„Matthew, du musst schon gerade gehen!“ warf ich ihm bereits nach ein paar Metern vor.

„Mach’ ich doch!“

Als wir am Wagen ankamen, sah Toni mich böse an.

„Du führst dich unmöglich auf!“ warf sie mir flüsternd vor.

Erstaunt sah ich sie an.

„Wer will warten?“ fragte David.

„Ich sitz’ vorne bei dir!“ verkündete Antonia sofort und saß sogleich auf dem Beifahrersitz.

Matthew war bereits dabei, hinten einzusteigen. Ich ging einen Schritt zurück und sagte leise:

„Ich warte besser.“

Da stand ich nun und überlegte, was ich verkehrt gemacht hatte. Warum war Antonia so sauer auf mich? Dass ich zuviel getrunken hatte, war mir klar, aber das konnte doch nicht der Grund für Tonis Verhalten sein? Oder etwa doch?

„Worüber denkst du nach?“

Vor mir stand Frank.

„Bist du gar nicht mitgefahren?“ fragte ich ihn erstaunt.

„Erstens würde ich mich nicht freiwillig zu dritt hinten in meinen Wagen quetschen und zweitens kann ich dich hier nicht mitten in der Nacht alleine stehen lassen.“

„Hab’ ich mich daneben benommen?“

„Nein, wie kommst du darauf?“

„Toni meinte das.“

„So wie sie die der Meinung war, dass es unanständig ist, auf meinem Schoß zu sitzen?“

Erstaunt sah ich ihn an.

„Ich hab’ jedes Wort verstanden, Julia!“

„Ich wollte Toni nicht vor den Kopf stoßen!“

„Aber du lässt dir von ihr alles gefallen?“

„Was denn?“

„Bisher ging es doch immer nach ihrer Nase!“

„Das stimmt doch gar nicht!“

„Spätestens morgen, wenn du nicht mit zum See kommst, wird sie richtig sauer auf dich sein.“

„Ich muss morgen arbeiten!“

„Ich weiß! Du arbeitest jeden Sonntag. Aber ich weiß auch, dass Toni mit Matthew und mir nicht alleine wegfährt.“

„Woher? Ich hab’ nichts verraten!“

„Mir geht sie grundsätzlich aus dem Weg...“, begann Frank.

„Frank, Antonia ist eine total Liebe!“

„Deswegen hat sie auch diesen Horrorfilm ausgesucht.“

„Sie will doch nur Anerkennung!“

„Auf deine Kosten?“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Auf den Partys hast du bisher immer gemacht, was sie wollte und du hattest auch von Anfang an keine Lust mit uns in die Studentenkneipe zu kommen.“

„Aber dass sie für mich den Putzdienst übernommen hat, damit ich überhaupt mit konnte, das weißt du nicht!“

Frank verstand nicht, also erklärte ich es ihm.

„Allerdings lässt sie dich immer schnell stehen, wenn sie jemanden kennen gelernt hat!“

„Das ist nicht wahr! Toni ist bloß viel zu unsicher, um alleine los zu ziehen, deswegen bleib’ ich anfangs immer bei ihr.“

„Toni und unsicher?“

„Ja. Ich finde es immer noch unglaublich, dass gerade sie mir bei diesem Typen geholfen hat!“

„Bei welchem Typen?“ hakte Frank nach.

„Dieser aufdringliche Kerl auf eurer Party vor dem mich schon Robin beschützen wollte.“

„Lars hat dich angemacht?“

„Ohne Toni wär’ ich echt aufgeschmissen gewesen!“

„Deswegen willst du nicht mehr auf ne Party!“

Nun wurde Frank einiges klar.

Julias Geheimnis

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