Читать книгу Die unglaubliche Wunderreise des Freddie Yates - Jenny Pearson - Страница 8

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In dem ich euch vermutlich ein bisschen was über

Ben und Charlie erzählen sollte, damit ihr versteht,

wie sie in die ganze Sache reingeraten sind


Der Sommer war eigentlich ganz anders geplant. Ben hätte mit seinem Dad und seiner neuen Stiefmutter Becky nach Amerika fliegen sollen, Charlies Eltern wollten mit ihm in irgend so ein Gesundheitskloster für Veganer und bei mir stand Nichtstun mit Dad und Grams (so nenne ich meine Oma) auf dem Programm. Aber dann kam alles ganz anders.

Ihr denkt jetzt bestimmt, Ben hätte mit seiner Amerikareise das große Los gezogen. Allerdings nur, weil ihr Becky noch nie begegnet seid. Die kann selbst ein Aufenthalt in Disney World nicht aufwiegen. Grams sagt, solche Frauen wie Becky kenne sie zur Genüge. Ich habe zwar keine Ahnung, wer diese Frauen sind oder woher sie sie kennt, aber ich glaube, Grams kann sie nicht besonders gut leiden.

Am letzten Schultag hatten wir unsere Abschiedsfeier für die sechste Klasse. Erst sangen – na ja, eher grölten – wir aus vollem Hals »With A Little Help From My Friends«, dann wünschte Mrs Walker uns und unseren zukünftigen Lehrern alles Gute und brachte uns hinaus auf den Schulhof, wo wir von unseren Eltern abgeholt wurden. Zu dem Zeitpunkt schien sie mit den Nerven ziemlich am Ende zu sein. Während der Feier hatte Ben fünf Packungen Mentos in eine Flasche Cola geleert, was zu einer gewaltigen Explosion geführt hatte. Er behauptete steif und fest, er habe nicht gewusst, dass das passieren würde, aber wir wussten alle, dass das gelogen war. In der fünften Klasse hatte uns eine fröhliche Frau mit gestreiften Strumpfhosen und einem »I Love Science«-Anstecker den Trick nämlich schon mal vorgeführt.

Ich hatte die Erlaubnis, allein nach Hause zu gehen, weil Dad nach seinem Unfall nicht Auto fahren konnte und Grams nicht Auto fahren durfte, seit sie in das Weltkriegsdenkmal im Stadtzentrum gekracht war. Der Arzt sagte irgendwas von einem grünen Star, was merkwürdig ist, weil sie sich sonst eigentlich nicht besonders für Vögel interessiert. (Abgesehen davon hätte sie mich ohnehin nicht fahren können, weil sie da bereits tot war – das wusste ich nur noch nicht. Ich erwähne das bloß schon mal, damit ihr euch für den traurigen Teil später wappnen könnt.)

Ben, Charlie und ich liefen gerade durchs Schultor – ich war auf dem Weg zum Zeitungskiosk, um mir meine tägliche Dosis Monster Munch zu kaufen –, als Bens frischgebackene Stiefmutter Becky in ihrem nagelneuen SUV vor uns hielt und das Fenster runterfuhr. Sie trug ein tief ausgeschnittenes Oberteil, das Grams wahrscheinlich als »offenherzig« bezeichnet hätte.

»Hi, Jungs!« Sie lächelte so breit, dass ihre Zähne dabei zum Vorschein kamen. Haufenweise Zähne. Da fällt mir ein: Wollt ihr einen Fakt zum Thema Zähne wissen? Schreibt am besten mit, der ist echt gut. Erwachsene Menschen haben zweiunddreißig Zähne. Was im Vergleich zu manchen Tieren geradezu lächerlich wenig ist. Die Leute glauben oft, Haie hätten von allen die meisten Zähne, aber das stimmt nicht. Eine ganz normale Schnecke, die ihr bei euch zu Hause im Garten finden könnt, verfügt über bis zu vierzehntausend Zähne. Da kann selbst Becky nicht mithalten.

Charlie pfiff und sagte etwas Peinliches wie: »Deine neue Mum ist der Hammer!«

Ben fand das nicht so toll, deswegen schubste er ihn ein bisschen. Ben meint, dass Charlie eine Art Filter fehlt. Er platzt immer sofort mit allem raus, was ihm gerade durch den Kopf geht. Wenn ihr mich fragt, hat Ben da nicht ganz unrecht.

Jedenfalls warf Becky ihre langen blonden Haare zurück und hob ihre riesige Sonnenbrille an. »Spring rein, Ben, ich fahr mit dir zum Friseur. Du brauchst dringend einen neuen Haarschnitt, bevor es in den Urlaub geht. Du siehst total verlottert aus.«

Ben sah überhaupt nicht verlottert aus. Er hat diese total coole Frisur, die oben so lang ist, dass er sich die Haare immer wieder aus dem Gesicht schütteln muss. Die Seiten sind ganz kurz und manchmal rasiert er sich sogar irgendwelche Muster rein. Gezackte Linien und so was. Die Mädchen scheinen drauf zu stehen – zumindest mehr als auf den Haarschnitt, den Grams mir mit ihrer Zickzackschere verpasst hat. Danach hatte ich einen komplett ausgefransten Pony. Das hat Grams dann auch auf diesen grünen Star geschoben, obwohl wir drinnen waren und ich ja wohl gemerkt hätte, wenn da ein Vogel rumgeflattert wäre.

Ben war ziemlich sauer über Beckys Kommentar. Ihm sind seine Haare nämlich megawichtig. Er schob die Hände in die Taschen und grummelte leise vor sich hin, sodass Becky ihn zwar nicht hören konnte, ich aber schon: »Sie ist nicht meine neue Mum. Sie gehört ja nicht mal zur Familie.«

Becky wurde langsam ungeduldig. Sie verzog genervt das Gesicht und rief: »Benjamin!«

Der schien förmlich in sich zusammenzuschrumpfen und murmelte: »Ich heiße Ben.«

Alle wissen, dass er es nicht mag, wenn man ihn Benjamin nennt. Aber ich glaube, Becky interessierte sich nicht dafür, was Ben mochte oder nicht, denn sie verdrehte bloß die Augen und sagte: »Von mir aus, Benjamin. Jetzt steig ein, wir kommen sonst zu spät.«

Charlie und ich wechselten einen Blick, während Ben auf den Rücksitz kletterte und die Tür hinter sich zuknallte. Obwohl ich wusste, dass er demnächst nach Disney World fliegen würde, tat er mir in dem Moment echt leid.

Becky hupte. Sie schien vergessen zu haben, dass sie eigentlich sauer war, denn ihre knallroten Lippen verzogen sich schon wieder zu einem breiten Lächeln. Sie rief aus dem Fenster: »Habt einen schönen Sommer, Jungs!«, und brauste mit quietschenden Reifen davon.

Sobald sie um die Ecke gebogen waren, stieß Charlie einen tiefen Seufzer aus und sagte: »Ben ist voll der Glückspilz. Seine neue Mum ist total cool.«

Genau das meinte ich damit, dass Charlie keinen Filter hat und immer gleich mit allem rausplatzt. Ich warf ihm einen finsteren Blick zu und erwiderte: »Charlie, wir hassen Becky, schon vergessen?«

Er blies die Backen auf und ließ die Luft mit einem leisen Furzgeräusch entweichen. »Ich weiß, ich weiß, aber …«

»Nichts aber.«

Anschließend überredete er mich, auf meine tägliche Dosis Monster Munch zu verzichten und stattdessen mit ihm zum Hähnchengrill zu gehen. Er wollte sich eine »letzte Henkersmahlzeit« gönnen, bevor es zur alljährlichen Familien-Entgiftungskur ins Camp Mungobohne ging. Charlies Mum hat vor drei Jahren beschlossen, Veganerin zu werden, und seitdem liegt er uns ständig damit in den Ohren, wie schrecklich sein Leben doch ist.

Er bestellte sich eine Familienportion Texas Fried Chicken und während er die Knochen abnagte, beklagte er sich in einer Tour darüber, was für ein ätzender Sommer ihm im Camp Gesunde Kinder = Glückliche Kinder bevorstehen würde, wo es angeblich nichts als Avocados zu essen gab.

Ich wünschte, ich hätte da schon gewusst, dass alles ganz anders laufen würde, dann hätte ich sein Gejammer nämlich schnell abwürgen können. So blieb mir nichts anderes übrig, als mir in aller Ausführlichkeit seine Pläne anzuhören, wie er Süßigkeiten in seinen Pyjama einnähen und Chipstüten in seinem Schlafsack verstecken wollte, während ich gleichzeitig dachte, dass mein Sommer viiiieeeeel ätzender werden würde als seiner.

Die unglaubliche Wunderreise des Freddie Yates

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