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2. System der handelsrechtlichen GoB a) Normensystem zur Konkretisierung der Gewinnanspruchsermittlung: Gewinnanspruchs-GoB
ОглавлениеEs ist die Aufgabe von Regelsystemen der Rechnungslegung, Einzelregelungen den Schutzzwecken der Rechnungslegung entsprechend zu gestalten, um somit das Erreichen des Regelungsziels zu gewährleisten.
Nach § 242 Abs. 1 S. 1 HGB hat der Kaufmann in der Bilanz für jedes Geschäftsjahr „das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden“ darzustellen; die Bilanz ist folglich eine „Vermögensbestandsrechnung“25. Das sog. Vermögensermittlungsprinzip bestimmt zum einen den bilanziellen Vermögensgegenstands- und Schuldbegriff, zum anderen schließt es den Ansatz reiner Verrechnungsposten, die bei Zugrundelegung der dynamischen Leitidee eine Gewinnglättung herbeiführen sollen, aus.26 Der bilanzielle Gewinn ist i.S.d. statischen Bilanztheorie als Reinvermögensmehrung definiert; er entspricht der Differenz des Reinvermögens zu Beginn und Ende des Geschäftsjahrs.27 Folgeprinzipien des Vermögensermittlungsprinzips sind die Prinzipien fortführungsorientierter, einzelbewertungsorientierter und wirtschaftlicher Vermögensermittlung.
Das Vermögensermittlungsprinzip gilt uneingeschränkt für Eröffnungsbilanzen, d.h. wenn es (ausschließlich) um die Einlagefähigkeit von Vermögensgegenständen geht; für Folgebilanzen, die der Gewinnverteilungs- und Ausschüttungsbemessung dienen, wird es durch das sog. Gewinnermittlungsprinzip eingeschränkt.28 Nach dem Gewinnermittlungsprinzip ist der Gewinn i.S.d. Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) umsatzgebunden zu ermitteln: Dies bedingt zum einen die Ertragsrealisation erst bei quasi-sicherem Zugang des aus Lieferung und Leistung resultierenden Anspruchs auf Gegenleistung, zum anderen die Aufwandsrealisation i.S.d. Zuordnung der Aufwendungen zu den zugehörigen Erträgen auf dem Wege der Ausgabenübertragung.29 Darüber hinaus ist der Gewinn i.S.d. Imparitätsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) verlustfrei zu bestimmen: Dies erfordert die Antizipation bereits entstandener, aber noch nicht realisierter Verluste – im Rahmen von gegenseitigen Verträgen durch Bildung von Drohverlustrückstellungen, bei Vermögensgegenständen und Schulden durch außerplanmäßige Abschreibung oder Zuschreibung.30
Durch eine objektivierte Vermögens- und Gewinnermittlung soll subjektives Ermessen und Missbrauchspotenzial eingeschränkt werden.31 Das handelsrechtliche Objektivierungsgebot folgt zum Teil aus dem in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verankerten Vorsichtsprinzip,32 z.B. die Festlegung der Anschaffungs- und Herstellungskosten als Höchstgrenze bei der Bewertung von Vermögensgegenständen, in anderen Fällen ist hingegen eine zusätzliche Objektivierung erforderlich, bspw. im Zusammenhang mit der Abschreibung.33