Читать книгу Sag niemals, das ist dein letzter Weg - Jetta Schapiro-Rosenzweig - Страница 5
ОглавлениеVorwort
Viele Stunden habe ich mit der Übersetzung dieses Buches meiner Mutter »Auch wir waren in Ponar« verbracht. Die ganze Zeit habe ich die Gestalt meiner Mutter vor mir gesehen. Eine zierliche blonde Frau mit blauen Augen. Eine »arische« Frau. Ihr Aussehen und ihre Russischkenntnisse standen ihr bei. Ihr Lebenswille und ihre eiserne Kraft haben dazu beigetragen, dass wir trotz allem am Leben geblieben sind. Ich bin ihr zu Dank verpflichtet. Dass ich heute ein Leben in einer intakten Familie genießen kann, ist nur Dank ihres Mutes und Durchsetzungsvermögens möglich geworden.
Es bestand eine sehr enge Beziehung zwischen uns. Obwohl ich nach meiner Heirat Israel verließ, wurde diese Beziehung nicht unterbrochen. Wir haben uns fast täglich geschrieben, sind öfter zwischen Deutschland und Israel hin und her geflogen und haben längere Zeit miteinander verbracht. Ich war mehr in Israel als sie in Deutschland. Der Besuch hier war immer mit Erinnerungen verbunden, die sie möglichst vermeiden wollte. Ihre Erlebnisse im Krieg haben tiefe Spuren hinterlassen. Nicht nur seelische, auch körperliche: Herz, Magen, Rheuma. Dies und noch mehr plagte sie bis an ihr Lebensende.
1985 erhielt ich einen Anruf von meiner Tante, dass beide Eltern sich im Krankenhaus befänden. Von einem Tag zum anderen buchte ich einen Flug nach Israel. Ich sah ein, dass die einzige Lösung darin bestand, sie zu mir zu nehmen und hier zu pflegen.
Es fiel ihnen nicht leicht, Israel zu verlassen, doch es gab keine Alternative. Ich habe meine Mutter fast drei Jahre gepflegt. Zum Schluss siegte die Krankheit über sie und sie verstarb in meinen Armen am 30. Oktober 1987. Mein Stiefvater lebte danach noch 10 Jahre bei uns. 1997 ist er mit 95 Jahren verstorben. So ging bei uns eine Epoche zu Ende.
Ich bin froh, dass ich mit meiner Mutter wenigstens die letzten Jahre verbringen konnte. Das Leben hier in Deutschland hat sie nicht mehr sehr gestört. Sie war glücklich, mit ihrer Tochter, ihren Enkelkindern und ihrem Schwiegersohn zusammen zu sein.
Ich bin froh, dass sie dieses Buch geschrieben hat und dass ich es übersetzen durfte. So wird sie bei vielen in Erinnerung bleiben und vielleicht dazu beitragen, dass sich diese Geschehnisse nicht wiederholen.
Tamar Dreifuß