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2.2Eigentlich ist das doch eine willkommene Veränderung: die Honeymoon-Phase

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Eine bekannte Folgephase eines Kulturschocks ist die Honeymoon-Phase, in der man die neue Situation durch eine leicht verklärte Brille betrachtet: Eigentlich ist es doch recht angenehm, nicht mehr jeden Tag im Stau zu stehen, nicht mehr den sozialen Druck zur Teilnahme an allen möglichen Aktivitäten zu spüren, Zeit zu haben, ein Buch zu lesen, voller Kreativität neue Wege für alte Routinen zu finden, die Kraft des eigenen Teams zu erfahren, wenn aktuell in dieser Krise plötzlich alles auf einmal getan werden muss. Man organisiert gemütliche Online-Essen, genießt die Ruhe in der Stadt, Introvertierte blühen auf. Man fühlt sich etwas unbehaglich in seinem Glück, wo doch der Anlass für die Veränderungen die Sicherung der Gesundheit und Lebensfähigkeit von Menschen ist. Vielleicht fühlt man sich auch ein wenig schuldig: Darf ich eigentlich glücklich sein und im Garten sitzen, während andere ums Überleben kämpfen?

In dieser Phase des Kulturschocks kann man in der neuen Situation tiefes Glück erleben. Nicht alle werden das Glück der Honeymoon-Phase erfahren. Manche werden diese Phase nicht durchlaufen, weil sie härter von den Folgen von COVID-19 betroffen sind. Sie können verärgert auf die vielen freudigen Nachrichten über Ruhe und Freiräume reagieren, vielleicht sogar eifersüchtig sein. Wer in der Honeymoon-Phase steckt, will gern so lange wie möglich darin bleiben, weil es so schön ist, die Augen noch eine Weile vor der unromantischen und weitaus realistischeren neuen Wirklichkeit zu verschließen. Die Euphorie, mit der in den ersten Wochen der Krise über die Vorteile von Homeoffice und Online-Optionen gesprochen wurde, passt exakt in diese Honeymoon-Phase.

Die Arbeit hat das Gebäude verlassen

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