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Kapitel 4

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Als du allein warst, überschlugst du, aufgewühlter als dir lieb war, noch einmal den Brief von Hapke. Die Handschrift war dir nicht unangenehm, im Gegenteil. Dieser Mann hatte eine Art, die Wörter hintereinander zu malen, die dir einige Bewunderung abverlangte. Die Anfangsbuchstaben waren durch allerlei Filigranes hervorgehoben, jeder Buchstabe bildete eine exakte Linie zu seinem Nachbarn, und die Kurven, Schnörkel oder Striche waren, jeder für sich gesehen, so etwas wie kleine graziöse Gemälde. Er zeichnete seine Worte, als vermittelten sie keine Botschaft, sondern in erster Linie Ästhetik.

Tanjas schroffe Vorbehalte konntest du nicht teilen, dazu warst du zu neugierig, aber so unbekümmert, wie du es ihr gegenüber demonstriertest, warst du beiweiten nicht. Die Vergangenheit Hapkes, die Gier von Haas ihm irgendein Geheimnis zu entlocken, die Wunderlichkeit, dass Hapke gerade dir geschrieben hat, war bestimmt Zufälle, die nichts miteinander zu tun hatten, dachtest du. Aber was, wenn es doch keine Zufälle waren? Hapke hatte den Unfall verursacht, hatte Haas gesagt. Was bedeutete das?

„Was macht es schon, ob ich diesen Menschen kenne oder nicht. Was geht mich seine Vergangenheit und die Ambitionen anderer an. Dieser Mann möchte mir etwas sagen. Und möglicherweise weiß er, wo ich Kirill finden kann“, sprachst du laut in deine Wohnung hinein, doch weiter kamst du nicht, denn es klingelte. Bereits an dem lauten eindringlichen Klingeln erkanntest du, wer vor der Tür stand und öffnetest entsprechend fröhlich.

„Niemand in diesem Haus vermag es besser, mich zu verblüffen als du“, begrüßte dich Paul und trat ein, wie er es immer tat. Sein Blick huschte an dir vorbei ins Innere der Wohnung und tastete jeden Gegenstand nach einer möglichen Veränderung ab.

„Keiner weiter da?“

„Nein, Paul. Wie du siehst!“ Paul betrat das Wohnzimmer wie ein Rüde, der sein Revier absteckte. Fehlte eigentlich bloß noch, dass er ein Bein hob und die Wände markierte.

„Aber ich rieche Parfüm, welches zweifelsfrei nicht von deinem Sortiment herrührt. Riecht wie „Dolce Vita“ von Dior.“

„Es ist Chanel Nr.5, mein kleiner olfaktorischer Taugenichts. Tanja war hier. Sie ist vor einer Viertelstunde gegangen.“

„Bedauerlich, bedauerlich. Ich hätte gern an unser letztes Gespräch über Intuition und Schwerstarbeit in der Kunst angeknüpft. Sehr intelligent diese Frau, hat aber leider eine starke Neigung zu esoterischem Firlefanz. Verleiht ihr durchaus Flair, trägt aber zu Leichtgläubigkeit bei. Aber für dich würde sie sich, glaube ich, steinigen lassen.“

„Eines Tages wirst du dich in sie verlieben, und ihr die noch vorhandenen Lücken ihrer Weisheit stopfen, mein kluger Freund. Habe ich recht?“

„Nur bedingt.“

„Was willst du?“

„Dich! In meinem ganzen Leben wollte ich immer nur dich. Aber du verschmähst mich. Was bleibt mir da anderes übrig, als mich in eine andere Frau zu verlieben oder den Freitod zu wählen. Könntest du dir vielleicht vorstellen, mich heute Abend ins Kino zu begleiten? Es gibt einen neuen Film über die Schwierigkeit des Sterbens. Sehr lustbetont, wie ich finde.“

„Nein Paul. Ich habe mir für heute Abend vorgenommen, meine Erinnerungen zu ordnen. Dies kann ebenfalls sehr lustbetont sein“, sagtest du mit zweideutigem Lächeln.

„Du denkst an unsere einzige gemeinsame Nacht?“

„Nein, ausnahmsweise nicht. Wobei es sich natürlich lohnen würde, darüber nachzusinnen. Schließlich hast du auf der ganzen Linie versagt.“

„Pah, ich war zu aufgeregt. Welch unschuldiger Junge schafft es schon, sein Traumbild in vergängliche Körperlichkeit zu übertragen? Nur ein Narr. Doch ich bin ein Poet.“

„Gewiss. Aber im Bett taugst du nun einmal nur für Gute- Nacht- Geschichten.“

„Du solltest mir noch einmal eine Chance geben. Manch hoffnungsfroher Bräutigam versagt in der Hochzeitsnacht, und wird später zu einem Tiger im Bett.“

„Sollte mir mit fünfunddreißig noch immer kein Tiger über den Weg gelaufen sein, komme ich auf dein Angebot zurück. Doch bis dahin, fürchte ich, wirst du dich wohl oder übel gedulden müssen. Aber mal im Ernst: Was willst du?“

„Wie ist es gelaufen? Ich meine natürlich deine heutige Verhandlung in Bezug auf den eigenen Idealismus und dessen Umsetzung in Gold. Was hat dir Haas geboten, damit du für ihn das Lockvögelchen spielst?“

„Erst tausend, dann zweitausend Mark. Dabei habe ich nicht eine Sekunde verhandelt.“

„Schlecht, sehr schlecht. Du hättest gut und gerne das Doppelte herausschlagen können.

Mindestens.“

„Du weißt, dass es mir nicht ums Geld geht.“

„Aber du hast es ebenso nötig wie wir alle, die wir von unseren Träumen leben. Außerdem ist Haas ein ziemlicher Geizkragen. Der bunkert irgendwo Millionen und rührt dafür keinen Finger.“

„Ist mir egal. Ich reise übrigens in Begleitung zu Hapke.“

„Lass mich raten. Fabian Leuttner?“

„Ja.“

„Hat eine glorreiche Zukunft, dieser Junge. Ich hoffe du hast nicht vor, sie ihm zu vermasseln.“

„Wieso sollte ich?“

„Weil du jeden Mann derart den Kopf zu verdrehen vermagst, dass einem die eigenen Gedanken davon flattern wie die Schwalben im Herbst.“

Paul machte ein geheimniskrämerisches Gesicht und legte den Zeigefinger auf die Lippen.

„Übrigens es gibt eine große Neuigkeit. Hast du zufällig Champagner im Kühlschrank. Es gibt nämlich allen Grund zum Feiern!“

„Also erstens, mein lieber Paul, wenn du einen Grund zum Feiern hast, schickt es sich, den Champagner mitzubringen, finde ich. Zweitens: Mein Kühlschrank ist so leer wie mein Magen. Was hältst du davon, mich zum Essen einzuladen? Das wäre die einzige Möglichkeit für dich, mit mir ein bisschen Zeit zu verbringen.“

„Wollte ich dir eben vorschlagen. Aber du lässt mich ja nicht zu Wort kommen. Mach dich hübsch, in zehn Minuten bin ich wieder da.“ So wie Paul gekommen war, war er auch wieder verschwunden. Du schütteltest schmunzelnd den Kopf, verteiltest überall im Raum ein Stück Wäsche, von der du dich wie nebenbei trenntest und sprangst rasch unter die Dusche. (Würdest du mit Paul zusammenleben, hätte er jetzt ein Stück nach dem anderen aufgehoben und bevor er es ordentlich übereinandergelegt hätte, vermutlich sogar noch kurz daran geschnüffelt.) Exakt nach zehn Minuten klingelte es abermals. Du öffnetest aus Faulheit die Tür, wie du gerade warst. Mit nassem Haar, Wassertropfen am ganzen Körper und nackt.

„Also meinetwegen kannst du so bleiben.“

„Hör auf, mir so unverschämt auf die Brüste zu starren“, gabst du lachend als Antwort tatest aber nichts dergleichen, dich zu bedecken. Paul seufzte.

„O Göttin meiner Sinne, lass mein Gesicht für einen Augenblick an deinem Busen verweilen und die Himmelstür wird sich uns öffnen.“

„Wie spät ist es?“

„Hundert Sekunden vor dem Sankt Nimmerleinstag, etwa eine halbe Minute vor der Ewigkeit, einen Katzensprung vor der Stunde der Wahrheit, oder halb acht Uhr.“

„Setz dich!“, befahlst du und verschwandest wieder im Badezimmer. „In einer Minute bin ich fertig!“

„Darf ich rauchen?“

„Selbstverständlich!“

„Auch zehn Zigaretten auf einmal. Mir ist nach einer Ohnmacht zumute.“

„Unterstehe dich, Geliebter!“

„Oh, wir kommen der Sache ein wenig näher!“

„Fick dich!“, riefst du lachend aus dem Badezimmer. Dann hörte man kleine Fläschchen klappern, kurz darauf die Toilettenspülung rauschen und dich dazwischen singen. Paul betrachtete den Brief auf dem Tisch vor ihm und runzelte die Stirn.

„Sag mal, musst du immer beim Pinkeln die Tür offen stehen lassen...? Dieser Brief hier stammt nicht zufällig von deinem neuen Geliebten?“

„Ersteres: Ja! Zweiten: Nein! Wegen des Briefes war ich bei deinem Freund Haas.“

„Fünfundfünfzig, Sechsundfünfzig, Siebenundfünfzig. Du hast noch drei Sekunden, dann ist die Minute voll!“

„Schon fertig. Wenn du weiterhin so ungeduldig bleibst, wird sich niemals eine Frau in dich verlieben.“ Du hattest dir ein schwarzes Kleid mit schmalen Trägern übergezogen und hieltest einen ebenfalls schwarzen Wollpullover in der Hand.

„Du siehst atemberaubend aus. Viel schöner als vorhin!“

„Pass auf, dass ich nicht gleich zuschlage.“

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Im „Mandelmond“ deinem Lieblingsrestaurant um die Ecke bediente euch ein junges Mädchen, die Paul als Erstes mit einer Frage beglückte, so dass das arme Ding sogleich vor Wut errötete.

„Tragen Sie eigentlich einen BH?“ Unterm Tisch knallte ihm dein Fuß gegen das Schienbein.

„Entschuldigung, ich meinte natürlich: Ich nehme eine Flasche Beaujolais?“ Die Kellnerin lächelte dünn. „Als Vorspeise hätte ich gern einen gemischten Salat, ohne Tomaten bitte und kein Olivenöl und dann irgendetwas Herzhaftes.“ Paul starrte auf die Karte. „Äh, die Schweinemedaillons mit grünen Bohnen, und die Bohnen bitte mit Seele, will sagen: nicht vom Frühling des letzten Jahres, dazu Kroketten. Ich liebe Kroketten.“

„Ich möchte eine Suppe!“

„Wir haben Champignonsuppe, Soljanka oder Borschtsch“

„Ich werde den Borschtsch probieren.“

„Und?“ mischte Paul sich ein.

„Vielleicht einen Salat?“

„Du musst essen, mein Kind, sonst wirst du eines Tages an Magersucht zu Grunde gehen“, nörgelte er und verdrehte die Augen.

„Lass das bitte meine Sorge sein.“ Die Kellnerin blieb geduldig. Aber sie warf Paul einen spöttischen Blick zu.

„Haben Sie noch einen Wunsch?“

„Würden Sie mir Ihre Telefonnummer geben?“

„Ja, 0190/ neun Mal die sechs! Soll ich Ihnen die Nummer aufschreiben?“

Du bekundetest mit einem strahlenden Lächeln der Kellnerin deine Verbundenheit, und sie erwiderte dein Lächeln. Paul war beleidigt.

„Sehr witzig.“

„Weißt du, mein Lieber, ein bisschen charmanter solltest du schon sein. Auf diese Art wirst du es maximal schaffen, einen Hund für dich zu gewinnen.“

„Hunde tragen weder transparente Blusen, noch zeigen Sie einem auf so brüske Weise die kalte Schulter.“

„Aber sie reagieren auf direkte Anrede.“

„Pah.“

Außer euch befanden sich nur noch zwei heftig diskutierende junge Männer im Restaurant, ein Pärchen mit dem Hang zu heimlicher Liebe und ein Mensch mit einer schlaksigen Gestalt, der ab und an verstohlene Blicke zu euch hinüberwarf, ansonsten aber eine Zeitung eifrig studierte. Paul liebkoste mit seinen Händen den Aschenbecher.

„Weißt du“, sagte er nach einer Weile, „wenn Menschen es nicht mehr schaffen, sich durch Blicke zu beeindrucken, müssen sie zu anderen Mitteln greifen.“

„Die da wären?“

„Beispielsweise Unverschämtheit. Ist zurzeit hoch im Kurs.“

„Nein, so was?“

„Ja. Unverschämtheit und grobe Schnoddrigkeiten.“

„Ich hasse Zynismus. Und eines kann ich dir versichern, eine gute Figur machst du dabei nicht. Versuch doch lieber einmal das, was dir am besten gelingt: Charme und Ehrlichkeit.“

„Offengestanden fürchte ich, dass Charme und Ehrlichsein zusammen passen wie Hochzeitsmusik zu einer Beerdigung.“

„Wenn du dich da mal nicht irrst. Und was ist nun der Grund deiner Euphorie?“

„Ich habe gekündigt.“

„Diese Neuigkeit erzählst du mir seit drei Wochen.“

„Aber nun ist der Phönix aus der Asche gestiegen. Ich habe eine Idee.“

„Und?“

Die Kellnerin kam und stellte die Flasche Beaujolais Primeur auf den Tisch, dazu allerdings nur ein Glas. Paul richtete seine linke Augenbraue so steil empor, dass du lächeln musstest. Diese Mimik beherrschte er vollkommen.

„Für meine Unflätigkeiten entschuldige ich mich, aber ich hatte eigentlich nicht die Absicht, meiner Begleiterin und liebsten Freundin den Abend damit zu versüßen, mir dabei zuzusehen, wie ich mir langsam mein Gehirn aufweiche. Wenn, dann bitte gemeinsam. Alles andere wäre disharmonisch.“

„Sie haben eine Flasche Wein für sich bestellt.“

„Gut, ich gebe zu, dass ich in Dingen des Taktes noch in Kinderschuhen stecke. Andererseits gebietet es mir meine Erziehung auf meine Mitmenschen einzugehen, wiewohl ich offengestanden auch diesbezüglich das eine oder andere Fettnäpfchen nicht verfehle. Dennoch bitte ich Sie aufrichtig, uns ein zweites Glas zu bringen.“ Die Kellnerin machte die versöhnliche Geste der Siegerin und ging, um ein weiteres Glas zu holen.

„Ist es nicht verhext?“, seufzte Paul und goss sich sein Glas ein, „da versuche ich wenigstens einmal für ein paar Minuten den Draufgänger zu mimen. Und was kommt dabei heraus? Verdruss!“

„Warum bleibst du nicht einfach der Paul, den ich so gerne habe?“, sagtest du und gabst Paul einen Kuss auf die Wange.

„Von nun an wird sowieso alles anders.“

„Ich warte!“

„Also: Wie dir bekannt sein dürfte, bin ich ein ausgezeichneter Schweißer.“

„Nein, das ist mir keineswegs bekannt...“

„Autogenes Schweißen natürlich. Nicht wie diese Dilettanten, die sich mit Löten von Kupferrohren brüsten und dabei jeden Sinn für Ästhetik verloren haben. Eine gutgezogene Schweißnaht ist nämlich wie eine Blume aus Eisen, das Ziehen einer metaphorischen Linie, die Verbindung verschiedener Elemente unterschiedlichen Aggregatzustandes, und die Handlung dazu wie das Streicheln eines vollkommenen Frauenkörpers...“

„Soso...“ unterbrachst du Paul. „Und jetzt beabsichtigst du, diese Kunst diversen Gruppen anzubieten, die deine Erfahrungen dann in einem einwöchigen Seminar verinnerlichen sollen, um damit, sagen wir: ein Unternehmen erfolgreich zu leiten, die Sinnfrage neu zu definieren oder Lebenskrisen zu bewältigen. Das Kamasutra für Metall-Liebhaber“

„Spotte ruhig. Möglicherweise habe ich ja gar keine Lust, dir etwas darüber zu erzählen.“ Paul tat als würde er schmollen, starrte aber vergnügt zu dem Liebespaar hinüber. Der Mann hielt die Hände der Frau zwischen den seinen. Von Weitem sah es ein bisschen so aus, als würden sie gemeinsam beten, denn der Mann bewegte murmelnd seine Lippen.

„Komm, sei wieder lieb!“, flüstertest du. „Ich schwöre, dass ich nicht mehr lästern werde.“ Du machtest große ernste Augen, schobst dein Kinn ein wenig vor und zwirbeltest dir eine dicke Haarsträhne um die Finger. Der Blick deiner bernsteinfarbenen Augen streifte kurz die gerunzelte Stirn von Paul und verweilte dann eine Weile auf seiner linken Augenbraue, die er so vorzüglich verstand, emporzuheben. Dein Mund mit der geraden Oberlippe und der vollen Unterlippe bildete jenes faszinierende „O“ und näherte sich dann langsam den Lippen Pauls. Der zuckte erstaunt zurück. Du senktest deine schweren Lider. Wieso bin ich so aufgekratzt? dachtest du, und wieso habe ich jetzt sogar das Bedürfnis, Paul zu küssen (um ehrlich zu sein, du hattest nicht nur das Bedürfnis Paul zu küssen, sondern du hättest jetzt sogar gern Sex mit ich gehabt. Nur so zum Spaß.) In der Tat warst du aufgekratzt. Und wie! Und an allem waren deine absurden Hoffnungen schuld, die du, zugegebener Weise selbst ein wenig albern fandest.

„Ein gemischter Salat ohne Tomaten, Schweinemedaillons mit Kroketten, frische grüne Bohnen und einmal Borschtsch. Und ein zweites Glas.“

Paul spürte wie ihn eine Welle warmen Blutes in die Ohren schoss.

„Ich, ich... Äh, danke“, stotterte er. Du konntest dich vor Lachen kaum halten. Dann nahmst du seine Hände und küsstest ihm jeden Finger einzeln.

„Du bist Journalist. Was in aller Welt willst du mit deinem Schweißerpass anfangen?“, sagtest du wie selbstverständlich, während Paul kurz entsetzt seine Finger betrachtete, als würden sie brennen.

„Ähm, ich werde mich für eine Weile aufs Land zurückziehen und mich in der Kunst erproben. Ich habe mir nämlich einen kleinen Hof in der Uckermark gekauft. Fast geschenkt.“

„Mit einem Schweißgerät? Nein, ich glaube es nicht.“

„Oh doch! Ich habe ein paar Gedanken im Kopf, die zu Aktivitäten drängen. Dazu benötige ich allerdings Ruhe. Folglich werde ich mich eine Weile aus diesem Zirkus hier verabschieden. Und wenn alles ein Flop wird, kehre ich reumütig und mit Asche auf meinem Haupt zurück. Du kennst mich. Ich hasse halbe Sachen. Den Hof kann ich dann immer noch verscherbeln. Du weißt, die Leute zieht ´s aufs Land. “

Plötzlich stand er direkt neben dir. Du warst natürlich zu erschrocken, um dir seine Gestalt einprägen zu können. Der Mann war groß und schlaksig und machte den Eindruck, als wäre er auf der Flucht. Sein wirres Haar eilte in alle Richtungen. Er hatte euch die ganze Zeit nervös beobachtet und dann die Kellnerin um Papier und einen Stift gebeten. Diesen Zettel legte er dir jetzt in einem Briefumschlag auf den Tisch. Friedemann Frehse hatte kein Wort gesagt, nur an seiner Brille nervös herumgefingert und war ohne sich umzudrehen aus dem Restaurant gehetzt.

„Wer war das?“ fragte Paul und blickte amüsiert. „Ein heimlicher Verehrer?“

„Ich habe keine Ahnung“, gabst du als Antwort. Woher auch? Obwohl du eigentlich keinen Anlass zur Sorge hattest, zitterten deine Finger ein wenig als du das Kuvert öffnetest und den Zettel herausholtest.

Fragen Sie Hapke nach Rethra!“ Last du erst leise und dann Paul laut vor, und du hattest nicht die geringste Ahnung, was dies zu bedeuten hatte. „Ich nehme nach Ihrem Treffen wieder Verbindung zu Ihnen auf!“ Kein Absender, kein Hinweis. Nichts. Und dennoch begannst du langsam zu erblassen.

„Wer zum Teufel ist Rethra?“, fragte dein Freund Paul Bender und sah sich mit hochgezogener Braue unauffällig um. Aber auch darauf wusstest du keine Antwort.

Draußen begann es zu regnen. Die Kellnerin stand hinter dem Tresen und starrte auf die Pfützen, die sich langsam vor dem Restaurant bildeten. Das Pärchen wirkte ein wenig gelangweilt und auch die beiden jungen Männer riefen nach der Rechnung.

Rethra

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