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MENSCH UND BERG IM BERCHTESGADENER LAND

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Der Königssee und die Berchtesgadener Alpen sind Touristen-Hotspots. Der Mensch hat die Landschaft nach allen Regeln der Kunst erschlossen, viele Besucher lernen sie aber dennoch nur oberflächlich kennen.


Ein besonderer Ort zum Leben

Ein neues Buch, ein neuer Artikel über Berchtesgaden und seine Berge – das bedeutet oft die Wiederholung von sattsam Bekanntem: gewohnte Postkarten-Fotomotive, schon vielfach gelesene Lobeshymnen, interessanterweise auch die gleichen Griffe in die Zitatekiste. Publikationen über Königssee & Watzmann berufen sich in der Einleitung immer wieder gern auf eine berühmte Persönlichkeit à la Ludwig Ganghofer, Heinrich Noë oder Alexander von Humboldt. Ohne deren hundertfach wiedergegebene Bonmots hier ein hundertunderstes Mal strapazieren zu wollen, kann ich doch nicht umhin, am Beispiel des Letztgenannten auf die pikanten Hintergründe hinzuweisen: Der Historiker Robert Hoffmann hat in einer 2006 erschienenen, höchst lesenswerten Abhandlung überzeugend dargelegt, dass der berühmte Ausspruch Alexander von Humboldts, er halte die Gegenden von Salzburg, Neapel und Konstantinopel für die schönsten der Erde, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht authentisch ist. Erst 1870 tauchte dieses angebliche Zitat plötzlich auf, wurde sofort als dankbarer Slogan instrumentalisiert und oft nach Gutdünken abgeändert. Hoffmann weist darauf hin, dass Friedrich Schönau in seinem Werk »Hochlandromantik um den Königssee« im Jahr 1952 schließlich auch Berchtesgaden mit ins Zitat schmuggelte. Dies hatte Eugen Fischer alias A. Helm allerdings schon 1929 getan, als er in seinem Buch »Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit« Humboldt den Satz in den Mund legte: »Die Gegenden von Salzburg-Berchtesgaden, Neapel und Konstantinopel halte ich für die schönsten der Erde.« Eine überwältigende Zahl von neueren Publikationen ist auf diesen Zug aufgesprungen und präsentiert immer wieder stolz diese Abwandlung eines ohnehin nicht echten Zitats. Nur sehr wenige machten wie Horst Höfler in seinem Watzmann-Buch darauf aufmerksam, dass der Ausspruch nicht belegt ist. Halten wir dies kurz fest, um uns klarzumachen: Beim frenetischen Lobpreis einer Landschaft, vollends in der Werbung, ist offensichtlich alles erlaubt und vieles Fassade. Ein wenig genauer hinzusehen, nicht alles unkritisch zu übernehmen, nicht nur in breit ausgetretene Fußstapfen zu treten – das wäre ein guter Einstieg in die Berge rund um den Königssee und zugleich ein Anliegen dieses Buchs. Nebenbei, eines wird ja gern vergessen: Nicht zu allen Zeiten stimmten Reisende in den Lobgesang auf die Schönheit des Berchtesgadener Landes ein. In früheren Jahrhunderten wurden die schroffen Bergmassive mit ihren dunklen Wäldern und den langen Wintern eher als abweisend, ja beängstigend empfunden, und auch nach 1800 quoll beileibe nicht jeder Reisebericht vor zügellosem En thu siasmus über. In der Gegenwart freilich vermutet man im Gebirge zwischen Saalach und Salzach gemeinhin keine Brutstatt von Geistern und Drachen mehr. Wir empfinden Göll, Watzmann und Hochkalter überwiegend als schön, gleichwohl uns ein gewisser Schauder noch heute manchmal über den Rücken rieselt, etwa beim Blick in die Tiefe oder beim Gedanken an einen Schneesturm am ausgesetzten Grat.

Vergessene Pfade Königssee und Berchtesgadener Land

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