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1. Joseph Roth

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Man hat 1918 nicht nur der österreichischen Welt ihre Gliedmaßen amputiert, das heisst die Kronländer, sondern auch noch diesen das Herz.141

Joseph Roth

Obwohl Joseph Roths Werk seit dem Paradigmenwechsel in den sechziger Jahren differenzierter betrachtet wird, läßt es sich weiterhin nicht eindeutig klassifizieren, denn sowohl sein Werk wie auch sein Leben entziehen sich einer klaren Fixierung. Das Spektrum der Formeln für seine Erscheinung ist entsprechend weit: »ein Sänger Österreichs«142, »ostjüdischer Odysseus«143, »ein Ostjude auf der Suche nach seiner Heimat«144, »Hiob«145, »Mythomane«146, »Zivilisationsnomade«147, »Sozialromantiker«148, »regionalistischer Universalist«149, »Dichter des Austroslawismus«, »österreichischer Don Quijote«150 u.v.a. Den vermeintlichen ideologischen Wandel in seinem Schaffen und Denken brachte der befreundete Herausgeber Hermann Kesten auf die bündige Formel: »Vom Linksradikalen zum Konservativen«151; ein überspitztes Urteil, das nicht ohne Folgen blieb. Roth selbst erfand zudem viele Identitäten für seine eigene Person wie »der rote Joseph«152, »ein alter österreichischer Offizier« (Roth, Br 206), »ein Franzose aus dem Osten; ein Europäer […], ein Mittelmeermensch, wenn sie wollen, ein Römer und ein Katholik, ein Humanist und ein Renaissance-Mensch« (Roth, Br 95).

Erst in den letzten zehn Jahren ist dieses verschwommene Roth-Bild revidiert worden. Die Untersuchung des habsburgischen Mythos in seinem Werk schließt an das letzte Kapitel an, wobei insbesondere eine soziologische Analyse von Roths Darstellung des untergegangenen Habsburgerreiches über Magris’ Thesen hinausweisen soll. Der habsburgische Mythos in Roths Werk erweist sich durch die polyperspektivische Erzählform als weitaus kritischer als seinen Texten gemeinhin unterstellt wird.

Mythenreiche Vorstellungswelt und ererbter Alptraum.

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