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mehr als ein Erzählfaden

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Freilich, in der Regel haben wir eine bestimmte Übersetzung in der Hand, bewegen uns also innerhalb des Kanons einer Konfession (oder Konfessionsfamilie) und denken nicht groß darüber nach, dass es auch andere Formen der Bibel gibt. Auch dann sollte man sich aber darüber im Klaren sein, dass das kein Text ist, der einfach linear zu lesen ist wie ein Roman. Natürlich ist es sinnvoll, am Anfang zu beginnen, weil der Beginn der Bibel ja tatsächlich vom Uranfang handelt: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde …“ (Genesis 1,1).

Aber die fortlaufende Lektüre wird doch spätestens dann schwierig, wenn man zu den beiden Büchern der Chronik kommt und einem die ganze Story, die man inzwischen kennt, nun – mit einigen Variationen – noch einmal erzählt wird.

Im Neuen Testament ist es noch schlimmer: Kaum hat man das Matthäusevangelium hinter sich gebracht und getröstet zur Kenntnis genommen, dass Jesus bei uns sein wird „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20), da fängt das Ganze im Markusevangelium nun noch einmal von vorne an: „Anfang der Freudenbotschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“ (Mk 1,1). Hier keimt schon der Verdacht auf, dass der Bibeltext mit gewissen Gedächtnisschwächen der Lesenden rechnet. Hat man dann Markus durch, kommt der dritte Durchlauf: das Lukasevangelium – offensichtlich die Dosis für Alzheimer-Gefährdete! Der vierte Durchlauf (im Johannesevangelium) ist immerhin insofern interessant, als hier doch deutliche Unterschiede zu den ersten drei Versionen zu verzeichnen sind, so dass wenigstens der Neuigkeitswert nicht ganz so gering ist. Trotzdem freut man sich vielleicht, dass nicht noch ein fünftes Evangelium folgt …

Wenn also davon die Rede ist, dass die Bibel ein Text ist, dann ist das offensichtlich anders gemeint als bei einem Roman. Das zeigt ganz einfach die Lese-Erfahrung. Ein einfaches lineares Lesen lässt sich nicht sinnvoll durchhalten. Die Bibel ist kein Text in diesem modernen Sinne, sondern eine Sammlung von Texten, die einerseits in enger Beziehung stehen, andererseits aber auch eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen.

Hände weg!?

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