Читать книгу Und das Fleisch ist wach - Joachim Schrott - Страница 5
1 – Ans Bett gefesselt
Оглавление„Scheisse“, dachte Peter als er die Augen aufschlug, „wo bin ich hier? Und was mache ich hier?“ Seine Augen streiften durch den Raum. Was er zu sehen bekam, beruhigte ihn nicht gerade. Er hatte das Gefühl in einem Krankenzimmer zu liegen. Oder präzise ausgedrückt: in einem Krankenhauszimmer. Das Bett hatte zu seinen Füssen eine weiss lackierte Umrandung aus Eisen, an der ein Dokumentenhalter befestigt war, von dem er allerdings nur die Rückseite sah. Über seinem Kopf baumelte ein kräftiges Plastikdreieck an einem Band, welches wiederum an einer Eisenstange befestigt war. Es gab keinen Zweifel. Er lag tatsächlich in einem Krankenhausbett, auf einem weissen Bettlaken, zugedeckt mit einer weissen Decke und blickte auf kahle, weisse Wände. Bei näherem Hinsehen entdeckte er lediglich ein paar dünne Risse in der Wand und zwei Nägel, an denen in früheren Zeiten wohl mal Bilder hingen. Die Gardinen – ebenfalls in weiss – waren zugezogen und hielten die wärmende Sonne etwas zurück. Die Hitze des Tages drückte dennoch durch das Fenster hinein.
„Verdammt stickig hier“, dachte er, „warum macht denn hier keiner das Fenster auf?“ Ohne sich zu bewegen checkte er den Rest des in seinem Blickfeld liegenden Teils des Raums, in dem es lediglich noch einen Tisch mit glänzenden Metallbeinen und einer weissen Resopalplatte sowie zwei Stühle zu geben schien. Der Tisch erinnerte ihn hierbei irgendwie an den Küchentisch seiner Eltern als er noch ein Kleinkind war. Für einen kurzen Moment fühlte er sich wie in eine frühere Zeit zurückversetzt. Beim Tisch konnte es sich demnach nicht um das neueste Modell handeln. Das einzige was nicht so recht zu diesem Stillleben passen wollte war eine richtig fette Spinne. Zum einen weil sie schwarz war, zum anderen weil sie es sonst nichts Bewegliches, nichts Lebendiges zu geben schien. Von zu Hause kannte er diese Art Spinne nicht. Viel zu gross und zu fett für seinen Geschmack. Aber ein schöner Kontrast zum weissen Rest. Wie vom Künstler gewollt. Er wunderte sich mit welchen Prioritäten ihn seine Gedankenwelt konfrontierte. Denn der längst entsorgte Resopaltisch seiner Eltern und die überdimensionierte Spinne sollten eigentlich nicht sein vordringlichstes Problem sein. Dann stellte er sich die beiden wirklich wichtigen Fragen erneut: „Warum bin ich hier? Und wo bin ich hier? Aber erst mal musste das beschissene Fenster aufgemacht werden.“
Als er sich aufrichten wollte, spannte er die Muskeln an und musste feststellen, dass ihn etwas zurückhielt. Seine Handgelenke waren mit festen, weissen Stoffbändern am Bett fixiert. Kleine Schweissperlen bildeten sich auf seiner Stirn, eine ungewohnte Hitze stieg in ihm auf. Ein Schweisstropfen bahnte sich kitzelnd den Weg von der Stirn über die linke Wange bis zum Hals. Ausserdem brummte sein Schädel plötzlich wie verrückt, höllische Schmerzen durchzuckten seinen Kopf, als ob Blitze von einer Schädelwand zur nächsten übersprangen. Und zudem, als war das nicht genug, fing das Zimmer um ihn herum an zu schwanken und sich zu drehen. Fast wie in einem Vergnügungspark, sagte er im Stillen noch zu sich, dann wurde es für Peter mitten an einem heissen, sonnigen Tag, wieder tiefe Nacht.
Als er die Augen erneut öffnete stellte er fest, dass die Sonne nicht mehr gegen die Gardine schien. Die Spinne langweilte sich nun an der gegenüberliegenden Wand und wartete noch immer auf ein dankbares Opfer. Er musste also einige Zeit ohnmächtig gewesen sein oder geschlafen haben. Und wer weiss wie oft die Spinne hin und her lief, während er weggetreten war. Der nächste Versuch - noch mal von vorne - er versuchte, klare Gedanken zu fassen:
„Wo bin ich? Und warum bin ich hier? Und seit wann überhaupt? Und dann noch gefesselt? Und warum dröhnt mein Schädel so fürchterlich als hätte ich gestern mehr als eine Flasche Rum getrunken? Und ausserdem muss ich pissen! Super. Trotzdem erst mal nachdenken. An was kann ich mich erinnern? Was habe ich zuletzt gemacht? Wo war ich? Und wer bin ich eigentlich noch mal? – Und wie bitteschön, soll man mit diesem Schädel auch nur einen klaren Gedanken fassen können?“
Dass er sich diese Fragen einmal stellen musste, hätte Peter zuvor nicht gedacht. Vor allem die Frage nach dem 'wer bin ich?' ist in einem normalen Leben eigentlich überflüssig. Aber offensichtlich musste das sein, um seine Gedanken zu ordnen, sie in eine Reihenfolge zu bringen. Vielleicht fiel ihm dann ganz schnell wieder ein, wie er in diese beschissene Lage kommen konnte. Im Moment lautete die Selbstdiagnose nur: Blackout. Drogen nahm er nicht, zumindest nicht freiwillig, somit kamen nur noch Alkohol oder ein Unfall in Frage. Beides sagte ihm momentan nichts. Es half also nichts, er musste graben, in der Zeit zurückgehen und sich von hinten dem Punkt nähern, an dem der Aussetzer passiert war. Wichtig waren vermutlich die letzten paar Tage, bevor 'es' passiert ist. Wacht ein normaler Mensch eines Tages mit starken Kopfschmerzen auf und findet sich wieder, gefesselt an ein Bett, in Gesellschaft einer schwarzen Spinne, in einem ihm unbekannten Raum? Vermutlich nicht.
Eigentlich war er ein ganz normaler Kerl wie er fand. Nicht zu dünn, nicht zu dick, ein trainierter Sportler mit einer guten Figur und nicht zu vielen Muskeln. Mit 1 Meter 84 und Schuhgrösse 43 war er der perfekte Durchschnittsmensch. Aber ein verdammt gut aussehender. So wie viele gerne wären - rein äusserlich zumindest. Darauf war er stolz, obwohl er wusste, dass er nicht wirklich etwas dafür konnte, genetisch bevorzugt zu sein. In diesem Punkt hatte er einfach Glück gehabt. Aber nun lag er hier. Er war kein Verbrecher, Drogendealer, Mörder oder Ähnliches. Bei der Polizei konnte er also nicht gelandet sein. Er war auch kein Säufer oder Junkie. Aber woher kam dann der Filmriss? Was konnte dann sonst passiert sein? Ein Unfall? Eine Entführung? Er konnte sich an nichts erinnern. Hätte man ihn jetzt nach dem aktuellen Jahr oder gar dem Datum gefragt, er hätte passen müssen. Sein Gehirn war für den Moment überfordert, zu viele Gedanken wollten gleichzeitig gedacht, zu viele Fragen gleichzeitig beantwortet werden. Die Leistung war beeinträchtigt, wie bei einem Reboot. Seine Gedanken schweiften dauernd ab, er konnte sie einfach nicht festhalten, sie glitschten ab wie ein nasses Stück Seife, das einem aus der Hand fiel. Dabei versuchte er doch nur, herauszufinden ob er aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen haben müsste.
Peter holte etwas weiter aus. Gut, er war früher manchmal ein Arschloch gewesen. Vor allem Frauen gegenüber. Er dachte, er könne sich das erlauben, weil die Frauen auf ihn abfuhren. Und – so hatte er es sich jahrelang zurecht gelegt – sie fuhren auf ihn ab, gerade WEIL er sich wie ein Arschloch verhielt und natürlich weil er gut aussah. Aber das hatte er sich nicht direkt vorzuwerfen. Die Frauen waren selber schuld. Dieses Verhalten des weiblichen Geschlechts konnte er zwar nicht nachvollziehen, akzeptiert hatte er es natürlich, denn es kam ihm mehr als gelegen. In diese Rolle wurde er aufgrund seines Erfolgs ja geradezu gedrängt. Sie wollten es so. Never change a winning system. Und somit konnte er sein Leben in vollen Zügen geniessen. Einmal hatte er durch einen unglücklichen Zufall zwei Freundinnen parallel, da musste er tierisch aufpassen und nichts durcheinander bringen. Gesucht hatte er diese Situation nicht und moralisch verwerflich fand er sein Verhalten damals eigentlich auch nicht. Konnte man sich gegen seine Gefühle wehren? Was konnte er denn dafür, wenn sein Herz für zwei Frauen gleichzeitig schlug? In anderen Kulturen war dies eine Selbstverständlichkeit – da war man mit zwei Frauen eher unterer Durchschnitt. Die anerzogene Monogamie der abendländischen Kultur hatte ihn jedoch schnell wieder auf den Boden westeuropäischer Tatsachen zurückgeholt. Es gab mächtig Ärger und am Ende stand er alleine da. Eins plus eins konnte also auch null sein. Eine wichtige Lektion, denn diese Situation war alles andere als lustig und er hatte sich geschworen, von da an anständiger zu werden. Schliesslich war er zu diesem Zeitpunkt schon fast dreissig Jahre auf dieser Welt und seine Eltern hatten sich schon lange von ihrem weissen Resopal-Küchentisch getrennt. Diese wilde Zeit lag nun über vier Jahre zurück – und seitdem hatte er sich nichts mehr vorzuwerfen. Er war davon überzeugt, nun erwachsen geworden zu sein, bereit für die nächsten Schritte im Leben. Mit dieser schnellen Selbstanalyse kam er der Lösung seines nun äusserst dringlichen Problems aber keinen Schritt weiter.
So reiste er gedanklich noch weiter zurück und landete unweigerlich in der einzigen finstersten Grube seiner Vergangenheit. Er erinnerte sich an die eine Situation, die er jahrelang ziemlich erfolgreich aus seinem Gedächtnis verbannt hatte. Damals war er neunzehn Jahre alt gewesen und mit zwei Kommilitonen in den Semesterferien auf Ibiza gewesen. Es war die Zeit, in der Schaumparties in Discotheken der letzte Schrei waren und auch die Zeit, in der sich die jungen Studenten unwiderstehlich fanden. Sie hatten zwar noch kein Geld, dafür gehörte ihnen schon die Zukunft. Er erinnerte sich zurück an jenen Abend an dem er mit seinen beiden Kumpels an einer solchen Schaumparty war. Das schlechte Gewissen hatte ihn nach so vielen Jahren hier in diesem Bett wieder eingeholt. Aus dem ersten Fremdschämen für betrunkene Engländerinnen, aus dem vermeintlichen Jackpot eines schnellen Sex-Abenteuers war innerhalb weniger Stunden ein vermutlich lebenslanger Albtraum geworden, der ihn immer wieder einholte, wenn ihm etwas unerklärlich erschien. Wie jetzt.
Dies war die einzige Situation in seinem Leben, die so dunkel angehaucht war, dass sie lange Schatten warf, das Einzige für das er bisher keine Quittung erhalten hatte. Doch das war lange her und immer seltener wurde er daran erinnert. So sehr er es versuchte, es gelang ihm nicht, eine Verbindung mit der damaligen Situation zu konstruieren. Vielleicht wurde er stattdessen einfach mit einer anderen Ungerechtigkeit bestraft, die gar nichts damit zu tun hatte? Peter wusste, dass das Leben grundsätzlich nicht gerecht ist. Dinge geschahen einfach. Hatte es jetzt einfach ihn getroffen? Möglich. Fatalismus.
Seit die Erinnerungen an damals verblassten, meldete sich das schlechte Gewissen nur ab und an. Wie ein guter Schweizer Käse war er in dieser Zeit zu einem seriösen, erwachsenen Menschen gereift. In diesem Abschnitt seines Lebens hatte er einen anspruchsvollen Job, wollte Karriere machen und Geld verdienen. Das erste Leben war zur Seite gestellt worden, ein neues hatte begonnen. Gesundheit, die richtige Frau und Geld – das war seine Glücksformel fürs Leben dessen Rest es noch zu leben galt. Und passend zu seinem neuen, seriösen Leben hatte sich auch tatsächlich eine neue Frau an seiner Seite eingefunden. Und was für eine! Wie als Belohnung für sein in seinen Augen nun vorbildliches und erwachsenes Verhalten. Alles lief also bestens, sogar mit langfristigen Plänen, Träumen und Wünschen für die Zukunft.
Er war ein Glückskind. Eigentlich.
Nicki war Juristin. Blond. Eine Wahnsinnsfrau. Nicht wie früher eine gezielte Akquisition. Es war eher passiert, obwohl er zuerst der festen Überzeugung war, dass er sie durch seinen unwiderstehlichen Charme erobert hatte, wie all die anderen vor ihr. Dann aber hatte er festgestellt, dass er von ihr nicht genug bekommen konnte. Dass er ihrer nie überdrüssig wurde. Das war neu. Früher wurde es ihm mit einer Frau spätestens nach ein paar Wochen langweilig. Aber Nicki war in jeglicher Hinsicht eine Wucht. Sozusagen der fleischgewordene Männertraum.
Zumindest SEIN Männertraum. SEINE Traumfrau. Sie sah nicht nur aus wie eine Göttin, gross gewachsen mit ihrem knackigen Arsch, der schlanken Taille und den 75C-Brüsten die perfekt in der Hand lagen und den süssen Nippeln, die auf jede seiner Berührungen reagierten, nein sie vögelte auch wie eine Göttin – und das trotz ihrer offensichtlichen Intelligenz. Bis dahin war das für ihn eher ein Widerspruch. Die Tatsache, dass sie etwas auf dem Kasten hatte war ebenfalls neues Terrain für Peter. Vor ihr gab es einige optische Leckerbissen, die jedoch dafür sonst nicht viel zu bieten hatten. Vielleicht war das auch ein Grund für die häufigen Wechsel. Mit Nicki hatte er also doppeltes Glück. Obwohl dies durchaus anstrengend war und alles andere als einfach. Aber auch das hatte ihn die Erfahrung gelehrt: einfach wird es mit keiner Frau. Nur machte es ihm bei Nicki nichts aus. Sie ging ihm trotz allem nicht auf die Nerven. Sie war Herausforderung und Befriedigung zugleich. Nicki war jedenfalls ein guter Ausgangspunkt für die Nachforschungen in seinem Gedächtnis. Und er dachte gerne über sie nach.
Nach sechs Wochen Beziehung ging ihm dann langsam ein Licht auf. Nicht er hatte sie rumgekriegt, es war genau umgekehrt. Er konnte ihr nicht das Wasser reichen. Sie hatte ihn im Griff, sie war ihm überlegen. Und das Schlimme war, Peter störte das überhaupt nicht – bis jetzt. Aber jetzt, wo er so darüber nachdachte… Mist!, dachte er, ich kann keinen klaren Gedanken fassen! Ich liege hier gefesselt und muss tierisch pissen.
„Hallo! Ist hier jemand? Ich muss dringend aufs Klo! Verdammt noch mal. Haaallloo!“
Zum ersten Mal seit er wieder aufgewacht war, setzte er seine Stimme ein. Sie klang irgendwie komisch. Aber, oh Mann, diese schrecklichen Kopfschmerzen! Noch mal von vorne. Nachdenken. Warum bin ich gefesselt? Ich schulde niemanden etwas. Habe keine unerledigten Affären, habe kein Verbrechen begangen, keines gesehen, keine Versprechen abgegeben, ich bin völlig unschuldig. Also warum? Was muss einem Menschen passieren, damit er sein Dasein so ans Bett gefesselt fristen muss?
Skurrile Gedanken nisteten sich in seinem Gehirn ein: Er hatte einmal gehört, dass es Autofirmen geben soll, die illegaler Weise Leichen als Crash Test Dummys einsetzten. Nicht weil sie bessere Ergebnisse lieferten, nein, einfach weil sie günstiger waren als die mit vielen Sensoren und teurer Technik ausgestatteten Dummys. Sollten sie nun einen Schritt weiter gegangen sein und lebende, betäubte Menschen für ihre Tests benutzen? Diese Zeiten sollten eigentlich vorbei sein, zumal er erst neulich gelesen hatte, dass zum Beispiel Ford für virtuelle Crashtests inzwischen sogar über ein einen digitalen Kinderdummy verfügte, mitsamt einer lebensechten Nachbildung der Skelettstruktur, der inneren Organe und des Gehirns. Sollte es etwa Autofirmen geben, die lieber analog statt digital unterwegs waren? Das glaubte er eigentlich nicht. Obwohl, neu wäre das natürlich nicht, denn auch im zweiten Weltkrieg hatte man mit Menschen experimentiert - zum Beispiel wie sie auf extreme Kälte reagieren etc.
Aber Crashtests auf einer Urlaubsinsel?
Urlaubsinsel? Plötzlich hatte er unbewusst einen Anker ausgeworfen und gedanklich eine Vollbremsung gerissen. Seine bis jetzt jüngste Erinnerung war also, dass er auf einer Insel war. Er war in den Ferien mit Nicki. Hoffnung auf die Schliessung der Erinnerungslücke keimte auf. Folglich war er weit weg von jeglicher Industrie, geschweige denn der Autoindustrie. Der Gedanke Crashtest Dummy zu sein, schien ihm dann doch so abwegig, dass er ihn wieder verwarf. Schliesslich tat ihm ausser dem Kopf auch nichts weh. Hier musste er also mit den Gedanken ansetzen. Aber vorher noch mussten wichtige körperliche Bedürfnisse befriedigt werden, ganz gemäss der maslow'schen Bedürfnispyramide. Folglich rief er mit einer merkwürdig krächzenden Stimme erneut:
„Und wenn jetzt keiner kommt, dann pisse ich ins Bett!“
Nachdem er noch einige Sekunden gewartet hatte, liess er den Dingen seinen Lauf und spürte eine deutliche Erleichterung. Wie befriedigend solche Dinge doch sein konnten. Doch zu Peters Erstaunen wurde es um ihn herum weder warm noch nass. Dafür machte er eine neue Entdeckung. Er sah, wie sich ein Beutel, der neben dem Bett herunterhing, langsam mit einer gelblichen Flüssigkeit füllte. Seiner gelben Flüssigkeit. Ein dünner, durchsichtiger Schlauch führte unter seine Bettdecke. Wie nach einer Operation. Nun bemerkte er auch den Metallständer auf Kopfhöhe, der sich gerade noch in seinem Blickfeld befand. Von diesem tröpfelte stetig eine Infusion in einen anderen Schlauch, der ebenfalls unter der Bettdecke endete – vermutlich in seinem Arm.
„Scheisse, was ist denn hier passiert? Was ist mir passiert?“
Langsam ging ihm ein Licht auf, aber so richtig hell wurde es noch nicht und von einer Erleuchtung war er meilenweit entfernt. In seinem dröhnenden Kopf spielten die Gedanken Pingpong - wenigstens ohne Nebengeräusche. Im gleichen Moment fiel dem völlig ratlosen Peter etwas Merkwürdiges auf. Nicht nur, dass kein Mensch hier zu sein schien, es war auch absolut still. Von draussen drang absolut nichts an sein Ohr. Kein Verkehrslärm, keine Vögel – nichts. Nicht einmal ein Duft, der ihn an etwas erinnern konnte. OK, das Fenster ist ja geschlossen, dachte er. Merkwürdigerweise hörte man aber sonst auch nichts. Wenn er in einem Krankenhaus lag, dann hätte man doch Leute reden hören müssen, Geschirr klappern. Türen sich öffnen und schliessen. Es gab Besucher, die sich in der Tür irrten, Schwestern und Ärzte, die nach den Kranken sehen. Einen Notknopf, um die Krankenschwester zu rufen. Er vergewisserte sich, ob er diesen nicht vielleicht übersehen hatte. Aber er fand nichts was nur annähernd nach einem Rufknopf aussah. Ans Bett gefesselt hätte dieser auch nicht wirklich etwas gebracht. Auch ein Telefon oder gar ein Fernseher waren nicht in seinem Blickfeld.
Er kam nicht mehr dazu seine Gedanken von soeben fortzuführen, denn sie vermischten sich zu einem Brei, die Bilder verschwammen erneut, der Schädel dröhnte. Kurz bevor er in einen tiefen unruhigen Schlaf fiel, dachte er im Unterbewusstsein, dass er am nächsten Morgen sicher aufwachen würde und er Nicki am Frühstückstisch von seinem merkwürdigen Albtraum erzählen würde. Ein gutes Gefühl.