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DER HARZ – RUND UM DEN BROCKEN

Sagenhaftes Naturparadies


Der bewaldete Buckel des Mittelgebirges liegt fast genau in der Mitte Deutschlands. Dort erhebt sich der 1141 Meter hohe Brocken über einer abwechslungsreichen Landschaft. Neben seinem höchsten Berg haben die vielen alten Fachwerkstädtchen, die Burgen und Schlösser den Harz mit seiner geheimnisvollen Sagenwelt zu einer beliebten Urlaubsregion gemacht.


Vom Hexentanzplatz blickt man über das malerische Bodetal zur Rosstrappe.

Mehrere Bundesländer teilen sich die Naturschönheit des Harzes: Der Westharz gehört zu Niedersachsen, der Ostharz zu Sachsen-Anhalt, im Süden reklamiert Thüringen einen kleinen Teil für sich. Mehrere Gipfel des nördlichsten deutschen Mittelgebirges, wie der Brocken (1141 Meter), die Heinrichshöhe, der Königsberg oder der Kleine Brocken überragen die 1000-Meter-Marke, eine ganze Reihe weiterer, wie der Wurmberg, der Renneckenberg oder der Bruchberg bleiben knapp darunter.

In dem 2006 gegründeten und fast 250 Quadratkilometer großen Nationalpark Harz ist die Natur vor menschlichen Eingriffen weitgehend geschützt. Im ersten länderübergreifenden Nationalpark in Deutschland sind viele inzwischen seltene Tiere wie der Uhu, das Europäische Mufflon, der Auerhahn oder der Luchs wieder heimisch geworden.

Die Harzer Schmalspurbahnen, die auf einer Spurweite von nur 1000 Millimetern fahren, verbinden Wernigerode, Nordhausen und Quedlinburg mit einem 140 Kilometer langen Streckennetz. Wer den Brocken nicht emporwandern will, kann sich von den schnaufenden Lokomotiven der Brockenbahn auf den Gipfel befördern lassen. Harzreisende von heute finden inspirierende Vorbilder. Goethe hat sich auf seinen drei Harzreisen zwischen 1777 und 1784 von der Natur und der Sagenwelt beflügeln lassen. Den Schauplatz der Walpurgisnacht im Faust verlegte der Dichterfürst auf den Brocken im Harz, den er selbst mehrfach bestieg. Auch heute feiern Tausende moderne Hexen und Teufel aus ganz Deutschland in der letzten Aprilnacht das Walpurgisfest auf dem Hexentanzplatz bei Thale oder anderen Orten im Harz. Doch eigentlich war der Dichter als Naturwissenschaftler und Ingenieur unterwegs und notierte sich viele Einzelheiten zum Bergbau und zur Geologie.


Von der Rabenklippe bei Bad Harzburg sieht man in der Ferne den Brocken.


Mit der Rappbode-Talsperre wird das Wasser reguliert und Strom erzeugt.


Im Abendlicht sieht die Felsrippe der Teufelsmauer besonders unheimlich aus.


Schon Heinrich Heine ist durchs Ilsetal in Richtung Brocken gewandert.

Auch Heinrich Heine hat dem Harz ein literarisches Denkmal gesetzt. Seine 1826 erschienene Harzreise beschreibt Landschaft, Begegnungen, Eindrücke und Gedankenspiele einer vierwöchigen Wanderexkursion von Göttingen bis nach Ilsenburg. So gibt es nicht nur einen Goetheweg auf den höchsten Gipfel des Harzes, sondern auch einen Heinrich-Heine-Weg, der dem plätschernden Bachlauf im Ilsetal folgt. Theodor Fontane lässt einen ganzen Roman rings um Thale spielen: Cecile heißt die düstere Ehegeschichte.

Harz-Aktivitäten

Wer gern in freier Natur wandert, ist im Harz bestens aufgehoben. Der 94 Kilometer lange Hexenstieg nutzt alte Wegstrecken, die früher für den Erztransport dienten. In fünf Etappen lässt sich der Harz auf diesem Panoramapfad vom westlichen Osterode bis zum östlichen Thale durchmessen. Von dort ist es nicht mehr weit zu zwei der schönsten Wanderparcours, die die mäandernde Selke und die kurvenreiche Bode in ihren Tälern begleiten. Insgesamt führen 8000 Kilometer markierte Wanderwege durch die Laub- und Nadelwälder des Mittelgebirges.

Auch bei Mountainbikern dürfte keine Langeweile aufkommen. Das Harzer Wegenetz umfasst rund 2000 Kilometer, einige Strecken im Nationalpark sind nur geübten Bikern vorbehalten.

In den Wintermonaten verwandeln sich viele Wanderrouten in Loipen, auf denen Langläufer durch eine verschneite Märchenlandschaft gleiten. Der Wurmberg in Braunlage mit seiner Gondelbahn und zwölf Pistenkilometern stellt das größte der recht überschaubaren Areale für alpine Skifahrer dar. Familien mit Kindern schätzen die zahlreichen Rodelstrecken: Ein Lift in Torfhaus, dem höchstgelegenen Ort Niedersachsens, bringt Schlitten und Rodler zum Start einer 300 Meter langen Bahn, die nachts von Flutlicht erhellt wird.

Heute zieht sich ein »Grünes Band« durch den Harz. Es markiert die früher stark befestigte Grenze zwischen der alten Bundesrepublik und der DDR. Die Grenzanlagen waren damals militärisches Sperrgebiet, heute sind sie mit Rad- und Wanderwegen erschlossen.


Sankt Andreasberg lebt als Luftkurort von Kurbetrieb und Fremdenverkehr.

Bergbau aus Tradition

Zumindest auf den zweiten Blick kann man erkennen, dass der Harz nicht nur eine Natur-, sondern auch eine Kulturlandschaft ist. Die Geschichte des Harzer Bergbaus reicht in die Bronzezeit zurück. Im 10. Jahrhundert wurde am Rammelsberg von Goslar eine erste Silberader gefunden und ausgebeutet. In den nächsten Jahrhunderten schlugen Bergleute an mehr als 30 Harzorten wie Clausthal, Altenau oder St. Andreasberg Schächte in den Fels, um die silber-, kupfer-, zink-, blei- und eisenerzhaltigen Gesteine ans Tageslicht zu fördern. Insgesamt 20 stillgelegte Schaubergwerke zeigen Besuchern, wie hart die Arbeit unter Tage mit einfachem Handwerkszeug in den engen Schächten tatsächlich war.

Das Besucherbergwerk Rammelsberg bei Goslar gehört seit 1992 zusammen mit der Altstadt und der Kaiserpfalz des Harzstädtchens zum UNESCO-Weltkulturerbe der Menschheit. Da Holz zum Hausbau, für das Abstützen der Gruben und als Holzkohle für die Verhüttung des Erzes diente, waren die Wälder im Harz gegen Ende des 17. Jahrhunderts fast vollständig gerodet. Der heutige Waldreichtum geht vor allem auf die dann einsetzende Forstwirtschaft zurück.

Die Kaiserpfalz von Goslar ist das beste Beispiel, dass die mittelalterlichen Herrscher die Nähe zu Erzbergwerken suchten, weil sie reiche Pfründe versprachen. Fast zwei Dutzend Mal fanden sich bis 1219 die Adligen zu Reichstagen in Goslar zusammen. Im Hochmittelalter wurde in der Freien Reichsstadt Weltpolitik gemacht, und der Harz bildete in dieser Zeit ein Kernland der Kaiser.

Doch auch weitere Orte im Harz lohnen einen Besuch. Quedlinburg am nördlichen Harzrand mit seinen 1200 Fachwerkhäusern und der prächtigen Stiftskirche auf dem Schlossberg zählt sicher dazu. Daneben kann sich Wernigerode, das ein Schloss und viele aufwendig restaurierte Fachwerkhäuser besitzt, ohne Zweifel zu den schönsten Harzstädten rechnen. Auch Clausthal-Zellerfeld hat viel zu bieten: Der Ort besaß im 17. und 18. Jahrhundert die reichsten Erzminen im Oberharz. Seine während des Dreißigjährigen Krieges eingeweihte Marktkirche zum Heiligen Geist ist ganz aus Holz gebaut, sie dokumentiert die frühere Bedeutung des heutigen Universitätsstädtchens mit 15 000 Einwohnern.

Stolberg im Südharz trägt den Titel einer »Historischen Europastadt«. Thomas Müntzer, der radikale Reformator und Anführer des Bauernkrieges, kam hier 1489 zur Welt. Ein Denkmal im Ortszentrum erinnert an den Weggefährten und späteren Widersacher Martin Luthers. Die prachtvollen Fachwerkbauten der Bergarbeitersiedlung Stolberg stammen zum Teil aus dem 15. Jahrhundert.

TOP ERLEBNIS

MITTELALTERLICHES QUEDLINBURG

Vom Schlossberg bietet sich der beste Blick auf das mittelalterliche Quedlinburg. In der Altstadt, als Weltkulturerbe der Menschheit durch die UNESCO geschützt, sind ganze Straßenzüge mit Dutzenden von mittelalterlichen Fachwerkhäusern erhalten. Auch das Ständerhaus aus dem 14. Jahrhundert, in dem eine Ausstellung über die Entwicklung des Fachwerkbaus Aufschluss gibt, gehört dazu. Das romanische Gotteshaus St. Wiperti entstand bereits um das Jahr 1000. Die romanische Stiftskirche St. Servatius auf dem Burghügel, eine dreischiffige kreuzförmige Basilika mit Doppelturm, birgt in der Krypta die Sarkophage von Heinrich I. (876–936) und seiner Frau Mathilde. Ihr Kirchenschatz zählt zu den kostbarsten des Mittelalters. Das benachbarte Schloss, einst ein Damenstift, ist auf dem Fundament der Quitlingaburg aus dem 10. Jahrhundert errichtet. Am Fuße des Hügels liegt der Finkenherd, ein Fachwerkhaus aus dem frühen 16. Jahrhundert. Hier soll Heinrich I. der Sage nach 918 die ihm angebotene Königskrone entgegengenommen haben.

WEITERE INFORMATIONEN

www.harzinfo.de; www.quedlinburg.de


Quedlinburg gilt als eine der schönsten Fachwerkstädte Deutschlands.

Das Reisebuch Europa

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