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BERLIN – DIE HIPPSTE STADT DER WELT

Weltbühne Berlin


Berlin ist »in«. Die Deutsche Hauptstadt, früher als Machtzentrale des Deutschen Reiches und als geteilte Stadt mit gemischten Gefühlen betrachtet, gehört heute weltweit zu den Städten mit dem höchsten Sympathiefaktor. Dynamische Entwicklung, spannende Architektur, ein reiches kulturelles Erbe, dazu eine avantgardistische Kulturszene und Spitzengastronomie: Berlin ist aufregend.


Berlin leuchtet: Beim »Festival of Lights« werden jedes Jahr Gebäude der Hauptstadt von Lichtkünstlern illuminiert. Im Herbst 2020 erstrahlte die Staatsoper Unter den Linden am Bebelplatz im neuen Licht.

Am Beginn standen zwei Dörfer namens Cölln und Berlin, die sich 1307 ein gemeinsames Rathaus teilten. Gut 700 Jahre später ist daraus eine Metropole von rund 3,4 Millionen Einwohnern in den Stadtgrenzen und sechs Millionen Menschen in der Metropolregion geworden. Eine Weltstadt mit repräsentativer und experimenteller Architektur, in der es altägyptische neben Avantgardekunst gibt, die Berliner Philharmoniker neben experimenteller Musik, internationale Festspiele neben Kiezevents. Eine europäische Großstadt, in der vor 75 Jahren antisemitischer Terror herrschte und heute die Weltoffenheit regiert, mit einer Gedenkstätte Berliner Mauer und einer Graffiti-Galerie auf dem längsten noch erhaltenen Stück der Mauer in der Mühlenstraße. Nach dem 1999 umgesetzten Beschluss des Bundestages, Regierung und Parlament nach Berlin zu verlegen, hat sich Berlin von einer »Frontstadt« an der Schnittstelle zweier konträrer Gesellschaftssysteme zu einer aufregenden Mischung von Kulturen und Ansichten entwickelt. Eine Metropole, die nicht ohne Probleme, aber immer sehr produktiv ist.

Die neue Mitte

Nach der Vereinigung von Ost- und West-Berlin hat die Stadt ihre alte Mitte neu gefunden. Das Regierungsviertel mit Ministerien, dem Kanzleramt, dem Bundestag im früheren Reichstagsgebäude und vielen Botschaften gruppiert sich um das Brandenburger Tor. Gleich dahinter erinnert das Holocaust-Mahnmal, ein begehbares Stelenfeld von Peter Eisenman (geb. 1932), an die furchtbaren Verbrechen des Nazi-Staates. Das Brandenburger Tor hat preußische Militärparaden, Aufmärsche von SA-Kolonnen und den Bombenregen des Zweiten Weltkrieges erlebt. In der Nachkriegszeit markierte es die Grenze zwischen den Weltanschauungen. Heute können Spaziergänger wieder durch das Brandenburger Tor flanieren.

Vor dem Reichstagsgebäude auf der anderen Seite des Tors wartet meist eine lange Schlange von Besuchern, die den Sitz des Deutschen Bundestages mit seiner transparenten und begehbaren Kuppel besichtigen wollen. Das monumentale moderne Kanzleramt, auch als »Angies Waschmaschine« bespöttelt, liegt in Sichtweite des Parlaments am Spreebogenpark. Nördlich davon spiegelt sich die Sonne in den Glasfronten des 2006 eröffneten Hauptbahnhofs.

Viele halten den Gendarmenmarkt im Stadtviertel Friedrichstadt für einen der schönsten Plätze Berlins. Ihn rahmen das Konzerthaus, ein Schinkelbau und die beiden nahezu identischen Kirchen des Deutschen und des Französischen Doms ein, die 1785 noch ohne die hohen Kuppeltürme eröffnet wurden.

Die Friedrichstraße macht mit der Galerie Lafayette ihrem einstigen Ruf als elegantluxuriöse Einkaufsmeile wieder alle Ehre. Der S-Bahnhof Friedrichstraße war zu DDR-Zeiten Übergangsstelle zum Westen. Heute hat die Gegend alles Düstere verloren: Im Süden erinnert der Checkpoint Charlie, ein alliierter Grenzübertritt, an die Zeit, als eine Mauer die Stadt teilte. Das nicht weit entfernt gelegene Jüdische Museum dokumentiert in einem beeindruckenden und bedrückenden Bau von Daniel Libeskind (geb. 1946) die Geschichte des Judentums in Deutschland, seinen kulturellen Reichtum und die fast komplette Vernichtung jüdischer Mitbürger. Der Prachtboulevard Unter den Linden zieht sich vom Brandenburger Tor bis zur Spreeinsel, flankiert von der Staatsbibliothek, der Humboldt-Universität und dem Reiterdenkmal Friedrichs II., vom Bebelplatz, von Deutscher Staatsoper und Kronprinzenpalais sowie der Neuen Wache, die seit 1990 als Mahnmal für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft dient. Das zum Deutschen Historischen Museum umgestaltete Zeughaus schließt sich an, es ist das älteste erhaltene Gebäude Unter den Linden.

Die Schatzinsel

Die Museumsinsel, seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe, birgt kulturelle Schätze aus mehreren Jahrtausenden, die im Pergamonmuseum, im Bodemuseum, in der James-Simon-Galerie, in der Alten Nationalgalerie, im Neuen und im Alten Museum ausgestellt sind. Der grandiose Figurenfries des Pergamonaltars und die Büste der ägyptischen Königin Nofretete im Neuen Museum sind die unbestrittenen Besuchermagneten.


Das Brandenburger Tor ist das bekannteste Wahrzeichen Berlins.


Ein Stelenfeld gedenkt der Millionen Opfer des Holocaust.


Das bunte Mauerstück »East Side Gallery« gehört zu Berlins neuen Ikonen.


Abendszenerie im Sony-Center beim Potsdamer Platz.

Noch auf der Spreeinsel entfaltet der 1894 errichtete Berliner Dom seine repräsentative Pracht. Auf dem Schlossplatz gleich jenseits der Spreebrücke standen bis zur Sprengung 1950 die Überreste des Stadtschlosses der Hohenzollern. In den 1970er-Jahren ließ die DDR-Führung hier den »Palast der Republik« errichten, nun soll hier ein Humboldt-Forum in der Optik des früheren Schlosses entstehen.

Das Nikolaiviertel mit der gleichnamigen Kirche gehört zum Ältesten, was Berlin zu bieten hat. Der wegen seiner Backsteinfassade Rotes Rathaus genannte Sitz des Senats und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin ist seit rund 150 Jahren die Zentrale der Berliner Stadtverwaltung. Während der Teilung der Stadt tagte der Westberliner Senat im Rathaus von Schöneberg.

Der Grundstein für die frei stehende Marienkirche vis-à-vis wurde schon 1270 gelegt. Gleich hinter der Kirche ragt der 1969 eingeweihte, 368 Meter hohe Fernsehturm in den Himmel über Berlin.

Die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz war schon zu DDR-Zeiten ein beliebter Treffpunkt. Hier endet die 125 Meter breite Karl-Marx-Allee, seinerzeit beliebt für Militär- und andere Paraden.

Bewegte Vergangenheit und glitzernde Gegenwart

Vom Hamburger Bahnhof schnauften Mitte des 19. Jahrhunderts die Züge in die Hansestadt. Heute sind in dem zu einem Museum für Gegenwart umgestalteten Bau unter anderem Werke von Joseph Beuys, Andy Warhol und Robert Rauschenberg, aber auch Filme und Videokunst zu sehen. Zum Brechthaus in der Chausseestraße pilgern nach wie vor Theaterfreunde aus vielen Ländern. Hier hatten Helene Weigel und Bertolt Brecht ihre letzte gemeinsame Wohnung. Das Literaturforum im Haus organisiert Veranstaltungen zu literaturpolitischen Themen. Gleich nebenan, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, haben die beiden ihre letzte Ruhestätte gefunden, neben vielen anderen Literaten, Theaterleuten und Geistesgrößen.

In der Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße erinnern ein erhaltener Mauerabschnitt, ein Aussichtsturm und das Dokumentationszentrum an die stark befestigte Grenze, die sich seit dem 13. August 1961 quer durch Berlin zog. An der geteilten Bernauer Straße scheiterten zahlreiche Fluchtversuche. Die Hackeschen Höfe, ein Ensemble von acht Hinterhöfen, teils mit Art-déco-Fassaden versehen, stehen bereits seit 1972 unter Denkmalschutz. Nach der Wende restauriert, haben sich die immer noch bewohnten Höfe dank der Restaurants und Cafés, der originellen Geschäfte und einer Kleinkunstbühne zu einem wahren Anziehungspunkt entwickelt.


Der Pergamonaltar gehört zu den berühmtesten Kunstschätzen Berlins.

Platz im Wandel

Das einst pulsierende Leben am Potsdamer Platz war mit der Teilung Berlins komplett zum Erliegen gekommen, die Grenze verlief quer durch das neue Niemandsland. Inzwischen setzen das Sony-Center und sein spektakuläres Glaszelt, die Shopping-Quartiere, Musical-Theater und das Museum für Film und Fernsehen neue architektonische Akzente.

Das Kulturforum gleich hinter der außergewöhnlichen Konzerthalle der Philharmonie gehört zu den landesweit wichtigsten Orten für Liebhaber bildender Kunst. Die benachbarte, von Mies van der Rohe (1886–1969) entworfene Neue Nationalgalerie zeigt Werke des 20. Jahrhunderts.

Im berüchtigten Bendlerblock dokumentiert die Gedenkstätte Deutscher Widerstand, wie sich Menschen gegen die Nazi-Diktatur gewehrt haben. Ein Ehrenmal erinnert im Innenhof an die 1944 dort hingerichteten Wehrmachtsoffiziere um den Widerstandskämpfer Oberst Graf Stauffenberg.

Der Tiergarten, ein früheres Jagdrevier der preußischen Kurfürsten, ist schon lange öffentliche Grünanlage. Sie wird durchzogen von der breiten Straße des 17. Juni, die im Kreisverkehr »Großer Stern« um die Siegessäule herumführt. Von der Aussichtsplattform unterhalb der »Jold-Else«, wie die »Victoria« im Volksmund heißt, überblickt man das riesige grüne Areal des Tiergartens bis zum Brandenburger Tor.

Der Kurfürstendamm mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und dem Europa-Center war eines der wichtigen Zentren West-Berlins bis zum Mauerfall. Noch immer lädt der Ku-Damm zum Flanieren ein.

Im Nordwesten des Stadtteils Charlottenburg zeigt sich das gleichnamige Schloss als glanzvolles Barockensemble.

Der Kunstsammler Heinz Berggruen (1914–2007), der wegen seiner jüdischen Abstammung Deutschland 1936 verlassen musste, kehrte 60 Jahre später in seine alte Heimat zurück. Seine ungewöhnlich reiche Sammlung von 200 Werken überragender Künstler konnte Berlin zu günstigen Konditionen erwerben. Seitdem sind sie im Museum Berggruen der Nationalgalerie ausgestellt.

TOP ERLEBNIS

BESICHTIGUNG DES REICHSTAGSGEBÄUDES

Nachdem 1871 das Deutsche Kaiserreich gegründet worden war, sollte auch das Parlament in ein Reichstagsgebäude mit Tagungssaal. In dem zwischen 1884 und 1894 nach Plänen von Paul Wallot (1841–1912) errichteten Kuppelbau tagten die Mitglieder des Reichstags bis 1933. Der Brandstiftung in der Nacht zum 28. Februar 1933 fielen Plenarsaal und Kuppel zum Opfer. Die Nazis nahmen den Reichstagsbrand zum Anlass, gegen innenpolitische Gegner massiv vorzugehen. Heute erinnern 96 gusseiserne Platten an die ermordeten Reichstagsabgeordneten. Erst nach der Deutschen Einheit und dem Beschluss des Bundestages 1990, mit Parlament und Regierung nach Berlin umzuziehen, wurde das Reichstagsgebäude wieder zum Parlamentssitz umgebaut. Nach langen Debatten erhielt er neun Jahre später nach den Plänen des britischen Architekten Norman Foster sein heutiges Gesicht. Mit einer begehbaren gläsernen Kuppel über dem Plenarsaal hat sich der Reichstag zu einem Symbol für das vereinte Deutschland entwickelt.

WEITERE INFORMATIONEN

www.visitberlin.de, www.berlin.de, www.bundestag.de/besuche


Ein Besuch der gläsernen Reichstagskuppel darf bei einer Berlinreise nicht fehlen.

Das Reisebuch Europa

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