Читать книгу "Die Jagd, die Beute und der Tod" - Jochen Polanski - Страница 14

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Mark Krüger und Bea Nowak verließen das Präsidium. Sie fuhren die Mainzer Landstraße Richtung Hauptbahnhof. Es war der 29 November, 10 Uhr 54.

„Morgen ist Freitag, dann wird er wieder Opfer suchen, ein Mord wird passieren.“ Bea saß neben ihm, beide in Zivil.

Kann sein, muss es aber nicht. Der Kerl ist doch nicht doof, der weiß genau, das wir morgen an jeder Ecke lauern.“

„Vielleicht kitzelt das seine Nerven? Vielleicht denkt er: Jetzt erst Recht, und will beweisen, wie gut er ist?“

„Bea, du hast anscheinend zu viele Thriller gelesen oder gesehen. O.k., warum soll er nicht wieder morgen zuschlagen, warum nicht an einem ungewohnten Ort, auf eine neue Art?“

Brand und Paulsen waren währenddessen mit dem Dienstwagen unterwegs, sie fuhren zum Appellhofplatz Richtung Rheinuferstraße. Sie erreichten Bayenthal.

„Hier hat er sich das erste Opfer geschnappt, Nicole Stürmer.“

Brand zeigte an die Stelle, wo die mutmaßliche Tat stattgefunden hatte.

„Ja, hier nahm alles seinen Lauf:“ Ihr Wagen bewegte sich weiter, bald passierten sie Marienburg, Rodenkirchen.

In Sürth hielten sie an dem Ort, wo die Stürmer ermordet wurde. Sie hatten Spuren sicherstellen können, die endlich den ersten Tatort sicherstellten. „Was muss das für ein Kampf gewesen sein, unerbittlich und gegen jede Chance.“

„Die Beerdigung hat schon stattgefunden. Ihre Eltern haben ein tiefes Loch in ihrem Leben. Sie war die einzige Tochter.“ Brand hielt inne. „Die Mutter und auch der Vater werden sie in der nächsten Zeit sehr vermissen, oft an sie denken und trauern.“

Thomas saß an seinem PC, durchforstete Dateien, bearbeitete verschiedene Eintragungen und Grafiken. Dann surfte er im Internet. Er sah auf die große Glasfront, der Terrassentür, die in Richtung Rhein zeigte. Er griff zum Telefon, ein schnurloses, wählte Tonis Nummer.

„Hallo Toni, wie geht’s, wie steht’s?“

„Ich wusste, heute oder morgen würdest du mich anrufen!“

„Diesmal brauche ich einen unauffälligen kleinen Wagen.“

„Wie wäre es mit einem Renault Clio?“

„Das ist das, was ich brauche! Unauffällige Farbe, am besten silbermetallic und mit Frankfurter Kennzeichen.“

„Kein Problem. Mal was anderes. Gestern ist eine gute Fracht eingetroffen. Das solltest du dir nicht entgehen lassen.“

O.k. Samstagmittag komme ich vorbei, o.k.“

„Alles klar. Wann willst du das Auto haben?“

„Bring’ ihn mir morgen so gegen halb sechs abends.“

„Wird gemacht, bis dann, Ciao.“

„Ciao.“

Seine Gedanken kreisten plötzlich um Marion, er kannte ihre neue Adresse, Frankfurt Sachsenhausen, bestimmt eine gediegene Villa! Bisher war er nicht in der Nähe ihre Hauses.

Mit Nadine war es ganz anders. Er lud sie ab und zu zum Essen ein oder mal in die Kneipe, in der sie arbeitete. Ein paar gemeinsame Nächte, Nächte, die es in sich hatten! Doch weder er noch sie wollten eine Beziehung, beide aus festen Gründen heraus, beide aber aus anderen Beweggründen.

Thomas zog sich seine Jacke über, verließ das Haus, und in ein paar Minuten war er am Rheinufer. Der Zoo war nicht weit entfernt. Etliche Personen gingen hier spazieren. Die frische Luft tat gut, er blickte zum Fluss, sah die Köln-Düsseldorfer-Fähre vorbeifahren.

Als er genug gegangen war, begab er sich wieder in sein Haus. Das Nachbarsehefrau stieg gerade aus ihrem Auto, gegrüßte ihn. Sie war eine Frau mit Ehemann und zwei Kindern. Marion wollte nie ein Kind, es kostete zu viel Zeit, zu viel Energie, das Leben hatte doch so viele schöne andere Seiten! Man kannte doch andere, selbstverständlich, spießige Familien. Abgesehen davon, es wäre nie gut gegangen, sie hätte keine gute Mutter abgegeben, dazu war sie zu egozentrisch. Der Mode-Tick, sie war ein Fashion Victim, das hatte sie selbst gewusst, ja sie ging förmlich darin auf. Und dann ihre atemberaubende Attraktivität, ihrer klassischen Schönheit war sie sich bewusst. Wie oft hatte Thomas Augenblicke mit ihr, da war er der glücklichste Mann auf Erden. Sie hatte einen gewinnenden Humor gemischt mit dieser knisternden Erotik, die in ihr steckte! Wenn die zwei allein waren, puschte sie sich gegenseitig hoch, erreichten in Momenten der totalen Hingabe ein Liebesglück, wie es besser nicht sein konnte.

„Du hast Erfahrung in verdeckter Ermittlung?“

„Ja, habe ich,“ sagte Bea, als die zwei durch das Bankenviertel fuhren.

„Du willst dich doch besonders einsetzen, habe ich Recht?“

„Das kannst du wohl sagen,“ mittlerweile war Dunkelheit an diesem Donnerstag eingekehrt, die Rush-Hour hatte schon begonnen.“ Das Beste wäre, wir Zwängen den Täter dazu, das er in eine für uns passende Situation gerät, wir müsste es schaffen, seine Tat zu beeinflussen. Dabei könnte ich gute Hilfe leisten. Nur müssen wir ihn dazu bringen, aber zur Zeit ist daran nicht zu denken.“

„Du beherrscht drei Kampfsportarten, und du bist eine gute Schützin. Im Bereich der organisierten Kriminalität hast du Undercover Lorbeeren eingeheimst. Ich habe das von Kruse, er steckt mir die Akte deiner Laufbahn zu.“

Bea schmunzelte, gleichzeitig wurde sie nervös. Ob er was von ihrer damaligen Eskapade sagen würde, der Zugriff, bei dem sie einen Drogen-Dealer ins Koma brachte, der wenige Tage wieder zu Bewusstsein kam? Krüger schwieg.

Brand und Paulsen waren wieder in ihrem Büro. Es war 18 Uhr 23, als Werner in Frankfurt anrief.

„Hauptkommissar Brand, ich möchte mit Bea Nowak sprechen,“ sagte Altmeier, nachdem sie ihn telefonisch empfangen hatte.

„Einen Augenblick, sie ist gerade in einem Gespräch,“ sie winkte Bea zu, “ich gebe sie ihnen.“

„Hallo, ach du bist es. Werner, was gibt es Neues aus Köln?“

„Wir sind im Fall Maria Meyer ein Stück weiter gekommen. Wir fanden Proben von 585er Gold an ihren Armen. Die waren tatsächlich übersehen worden. Der Täter trug oder trägt offenbar eine Goldkette am Handgelenk..“

„Das ist doch. Wenn der die immer tragen sollte, kann das eine enorme Hilfe sein.“

„Du sagst es.“ Brand stoppte kurz, „Und, hast du dich schon eingelebt?“

„Ja, es gefällt hier mir gut. Frankfurt ist schon eine tolle Stadt, und mit den Kollegen verstehe ich mich bestens.“

„Na dann mach weiter so.“

„Ja, du auch, und grüß Jürgen von mir.“

„Mach’ ich. Bis bald.“

„Mach’s gut.“

Bea hatte am Freitag Claudia Wiesenberg befragt. Sie war die Freundin von Brigitte, die ihn Mannheim wohnte. Durch die Zeitung hatte sie von dem Mord erfahren, daraufhin sich bei der Kripo gemeldet. Sonst hatte niemand das 21-jährige Mädchen vermisst. Sie habe sich keine Gedanken gemacht, als Brigitte nicht gekommen sei. Es komme schon mal vor, dass sie es sich anders überlege. Ihre Sprunghaftigkeit sei buchstäblich, sie habe eine Spontanität an sich, die Claudia nicht immer richtig einordnen konnte. Doch wie oft sei es lustig mit ihr gewesen, sie hätten oft gelacht, Spaß gehabt, und in der Disse, wenn die beiden nach Kerlen Ausschau hielten, hätte sie oft einen Fang gemacht, so Claudia. Sie war im gleichen Alter wie Brigitte, mit dem Unterschied, sie jobbte bei MacDonalds, eine Maloche, die sehr stressig war, doch machte sie nicht alles, damit die Kohle ins Haus kam.

Später sprach Bea mit Mark. Der 30. November war lausig-kalt, das erwähnte sie schon morgens, als im Präsidium eingetroffen war.

„Tja die Claudia Wiesenberg war traurig und auch wieder nicht. Naja, sie waren auch keine dicken Freundinnen, auch wenn sie mal zusammen in die Disco gingen. Sie erwähnte auch Brigitte Leichtsinnigkeit und Unvorsichtigkeit, dann die aufgedonnerte Aufmachung, die nicht zu ihrem Wesen passte. Sie hatte wohl fast alles für Klamotten ausgegeben und dachte, irgendwann angelte sie sich einen Kerl mit dick Kohle.“

„Dass wir in diesem Fall noch keine weiteren Spuren haben! Schließlich stieg sie in einer viel befahrenen Straße ein. Der schwarze 3er BMW fiel schon auf, das heißt, die Art und Weise, wie Neuhauser in den Wagen gebracht wurde, mit einer abrupten Schnelligkeit, so sagte ein Zeuge, so rasch, dass er keine Personenbeschreibung liefern konnte.“

„Wart’ s ab, Mark, die Hinweise häufen sich, und nicht mehr lange und wir haben eine Spur, die uns zu ihm führt.“

„Ich will es hoffen!“

Es war 10 Uhr 31, Kruse kam in die Schaltzentrale, er trug eine hellblaue Designerjeans mit schwarzem, edlen Wollpullover, darüber ein schwarzes Jackett, die englischen Halbschuhe waren poliert. In der linken Hand trug er Aktenmaterial bereit. „Wir müssen im Fall Neuhauser weiterkommen. Der Fundort der Leiche brachte keine nennenswerten, verwertbaren Spuren. Und die Leiche wird noch nach DNA-Spuren untersucht. Das Erbmaterial ist auf alle Fälle identisch. Wir fanden auch wieder die Goldspuren.“

„Männer mit Goldkettchen gibt es unzählig,“ warf Stock ein, „so gross ist der Hinweis in Bezug auf eine eindeutige Identifikation des Täters nicht.“

„Da haben sie zwar Recht, doch für den Fall, dass wir bald eine Zeugenaussage erhalten, eine genaue Täterbeschreibung, mit der wir ein Phantombild erstellen können, ist dieser Fakt nicht zu unterschätzen.“

Kruse trumpfte mit seinem überzeugenden Wissen, seine sichere Art, die Sachverhalte zu analysieren, zu kombinieren und zu transferieren.

Heute sollte die Kommission in der Abendstunden in höchster Bereitschaft sein. Alle Mitfahrzentralen wurden überwacht, jeder Surf im Internet abgeglichen, jedes verdächtige Telefonat abgehört, Beamte vom SEK wurden hinzugezogen, und bei dringender Gefahr im Verzug. Die Stunden vergingen schnell.



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