Читать книгу Briefe von Goethe an Lavater - Johann Wolfgang von Goethe - Страница 4
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ОглавлениеZimmermann ist fort, und ich bin bis zehn Uhr im Bette liegen blieben um einen Catharr auszubrüten, mehr aber um die Empfindung häuslicher Innigkeit wieder in mir zu beleben, die das gottlose Geschwärme der Tage her ganz zerflittert hatte. Vater und Mutter sind vors Bett gekommen, es ward vertraulich diskurirt, ich hab meinen Thee getrunken und so ists besser. Ich hab wieder ein Wohngefühl in meinen vier Wänden, wie lange es währt.
Z. und ich waren trefflich zusammen – du stellst dirs vor. Und hätte dir vieles zu sagen. Sein Betragen gegen dich bleibt besser unentschuldigt, es ist besser daß einem so was unerklärlich bleibt – ich habe ihn sehr darüber gepeinigt, ob er gleich mit einer Captat. benev. die Geschichte anfieng. Seine Tochter ist so in sich, nicht verriegelt, nur zurückgetreten ist sie, und hat die Thüre leis angelehnt. Es würde sie ein leise lispelnder Liebhaber eher als ein pochender Vater öffnen. Es that ihm sehr weh dich so geängstet zu haben, und du Guter es wird dir nicht das Leztemal so gegangen seyn.
C’est le Sort d’un Amour extreme
De faire toujours des Ingrats.
Mir wird ie länger ie mehr das Treiben der Welt und der Herzen unerklärlich. Einzelne Züge die sich überall gleichen, und doch nie daran zu denken daß der große menschliche Kopf ein Ganzes der Menschen Wirthschafft übersehen werde.
Hab gestern ein Bisgen über die vier Wahnsinnigen und Brutus geklimpert. Bruder wie schwer ists das todte Kupfer zu beleben, wo der Charackter durch mißverstandene Striche nur durchschimmert, und man immer schwankt warum das was bedeutet und doch nichts bedeutet. Beym Leben wie anders!
Es giebt der Zerstreuungen die Menge. Der Herzog von Weimar ist hier, wird nun bald Louisen davon tragen. Könntest mir nicht einen Storchschnabel senden. Grüs Bäben, sie soll mir doch etwas über sich und dich schreiben!
Ich bin seit 14. Tagen ganz im Schauen der grosen Welt!
Juny 1775.
G.