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Der esoterische Blätterwald
ОглавлениеEs sind zunächst die Klassiker, welche schon seit Jahrzehnten das magische Feld bestellen. Altbewährte Astrologie à la Astrowoche zieht da mit einer Auflagenhöhe von 100.000 [25] Exemplaren ins Feld. „Einmalige Lebensberatung, hochwertige Horoskope, Mondkalender und viele weitere Themen“ finden hier ihren Leser. Astrowoche Plus-Abonnenten erhalten zudem „einen individuell programmierbaren Mondpausenwarner“ [26] sowie ihre Tageshoroskope per E-Mail. Überboten wird die Zeitschrift aus der Bauer Media Group dennoch von Zukunftsblick aus dem Hause Questico. Und das nicht nur in Sachen Füllmenge – immerhin 268 Seiten für nur 1,40 Euro –, sondern auch im Vertrieb. 250.000 Stück [25] sollen monatlich in diversen Haushalten landen. Seitenweise finden sich Annoncen der Channel-Medien und Hellfühlenden, großteils via Telefon. Kontaktmagazine im spirituellen Format. Nur diesmal sind es nicht Sexhotlines, sondern jenseitige Tuchfühlungen, die da vermittelt werden. Und umgekehrt ist nun das Publikum durch die Bank weiblich.
Magazine für esoterische „Insider“
Mehr phantastischen Tiefgang beweist da schon der florierende Markt esoterischer Fachzeitschriften. Denn aus dem magischen Garn der ersten Generation häkelt nun jeder Kult seine ganz eigenen Muster. Die Rede ist von vielen verschiedenen Fangemeinden unterschiedlicher metaphysischer Labels. Jede Community besetzt ihr ganz eigenes Ressort und kommuniziert wiederum über ihr eigenes Medium. So zum Beispiel das Magazin Lichtfokus (Auflage circa 12.000) [25] mit den Schwerpunkten Lichtarbeit, Channeling und aufgestiegene Meister. Hier dreht sich alles um die Themen „Erwachen, Spiritualität, Neues Bewusstsein“, das Wörtchen „Esoterik“ sucht man in diesem Blatt allerdings vergebens. Wozu auch? Die Adressaten sind hier nicht „Esoteriker“, sondern schlicht die „Lichtarbeiter der Neuen Zeit“.
Seit April 2008 erfährt auch der Engelspiritismus mediale Unterstützung. Das Engelmagazin spricht dem Leser aus dem Herzen: „Du verdienst es, geliebt zu werden“, versichert das Cover [27]. Immerhin 75.000 Stück verlassen alle zwei Monate die Druckerpresse und versorgen Erwachsene mit flauschigen Engelsgeschichten, um „der Sinnsuche und Sinnfindung mehr Raum im Leben“ zu geben [25]. „Spirituelle Lebenshilfe und Engelbotschaften für jeden Tag“ werden darin geboten, bis hin zu „Tiere, unsere Seelenpartner“ [28]. Aber auch hier wieder dasselbe Bild: von „Esoterik“ oder gar „New Age“ keine Spur.
Das Wellnessmagazin als Türöffner
Als etwas weniger exklusiv und somit für eine breitere Leserschaft konzipiert erweist sich das Monatsmagazin Visionen. „Spiritualität, Bewusstsein, Wellness“ [25] lauten hier die Themenschwerpunkte. 90.000 Stück informieren Monat für Monat in Sachen Zen-Buddhismus, Intuition und Gehirnforschung bis hin zu Tarot und Seelenpartnerschaft. Visionen liefert ein gutes Bespiel für das Ineinandergreifen von Esoterik- und Wellnessbewegung. Die Sehnsucht nach innerer Mitte und bewusstem Leben wird hier genauso angesprochen wie der Wunsch, „Engel und Sterne als Seelenführer“ [29] zu etablieren. So fungieren spirituell angehauchte Wellnessmagazine gewissermaßen als Steigbügelhalter für den oben erwähnten Insiderhandel. Sie sichern das Feld nach hinten ab und sorgen mithilfe einer marktgerechten Mixtur aus Vernunft und Unvernunft für einen tragfähigen ideologischen Unterbau, der spezialisierteren Zirkeln eine Abflugbasis bietet. Gerade also ein Streifzug durch den Blätterwald der Wellnessindustrie versinnbildlicht, wo die Themenschwerpunkte der Neuzeit anzusiedeln sind. Denn die „Zukunft steht nicht nur in den Sternen“, sie findet sich „auch zwischen den Beinen“, steht da in Body & Mind, dem Blatt für „Wellness und Wohlfühlen“ [30]. Schließlich hat die hier beworbene georgische Astrologin ihr Wissen bereits an über 4000 Genitalien erproben können. Doch intimes Handanlegen sei für eine „Prophezeiung“ nicht nötig, ein Foto genügt. Der Eros im Dienste des Spirit.