Читать книгу New Cage - Johannes Fischler - Страница 31
Die Zukunft heißt „Mindstyle“
ОглавлениеDass gerade dem gigantischen Markt der Frauenzeitschriften eine intensive Transformation bevorsteht, illustriert die Geburt der sogenannten „Mindstyle-Magazine“. Das Bauch-Beine-Po-Postulat erfährt hierbei eine trendgerechte Erweiterung. Body, Fitness und Sex bekommen Gesellschaft von Aura, Chakren und Lichtkörpern. Vormals Esoterisches avanciert stillschweigend zum neuen Life- oder eben Mindstyle. Dementsprechend pflegt man „einen bewussten Lebensstil“ [31] und schmückt sich zugleich mit spirituellem Aufputz. Genau deshalb gehört die Zeitschrift Happinez aus dem Heinrich Bauer Verlag selbstredend zur Welt der „New Luxury“-Magazine [32].
Selbstverbesserung und „emotionale Weiterentwicklung“ [33] in „hochwertigster Haptik und Optik“ [34] versinnbildlichen in den Worten der Trendforscher einmal mehr, „wie das Übersinnliche die gesellschaftliche Mitte erobert“ [14]. Auffallend hier die Überlagerung weltlicher Themen mit einem spirituellen Nimbus. Job, Gesundheit, Ernährung, Lifestyle, Reise oder Kultur: Alles wird um eine bedeutende Dimension erweitert. Die eigene Vervollkommnung mit allem, was dazugehört, lautet wohl die Devise des Blattes für 35- bis 50-Jährige. Das Magazin, das „Weisheit, Psychologie und Spiritualität“ anvisiert, propagiert neben dem Gang zum Schamanen auch Kristallwasserstäbe zum Übertragen von Heilkräften und vermiest seinem Publikum Nicht-Tantra-Sex als „eine nackte, kalte Form von Sexualität“ [35]. Themen, welche vor einigen Jahren noch in reinen Eso-Heftchen zu finden waren, bilden nun das Konsumgut einer breiten Leserschaft.
Das Magazin erschien erstmals 2010, ist Partner der Plattform „Wunderweib“, umfasst 145 Seiten, und das in Hochglanz. Mit einem Preis von 4,95 Euro will man sich gezielt zwischen InStyle & Co. ansiedeln. Bei einer Auflage von 150.000 Stück kann man durchaus mit Zeitschriften wie Vogue mithalten. Von einem gesellschaftlichen Randbereich dürfte da kaum mehr die Rede sein. Und die Sterne stehen günstig: Denn Happinez ist keine deutsche Erfindung, sondern eine Lizenzausgabe eines gleichnamigen niederländischen Titels. Dieser hat sich seit dem Launch 2003 bereits zur auflagenstärksten monatlichen Frauenzeitschrift der Niederlande entwickelt. Und das mit einer Verkaufsauflage von knapp 200.000 Exemplaren [36] bei circa 16,5 Millionen Einwohnern. Umgerechnet auf Deutschland entspräche das einem Leserpotenzial von knapp einer Million Menschen.
Fazit: Der Zeitschriftenmarkt bringt es klar zutage. Im Zuge einer zunehmenden Ausdifferenzierung präsentiert sich esoterisches Geistesgut vermehrt als hip und trendy. Analog zur so kolportierten Hochglanz-Spiritualität besucht man folglich auch nicht mehr eine schmuddelige Esoterik-Messe, sondern bucht ein Wochenende auf einem Bewusstseins- oder gar „Zukunftskongress“ [37]. Die Zielgruppe: Manager mit Anzug und Krawatte, genächtigt wird im Grandhotel.