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Wie das Geld seinen inneren Wert verlor und ein König dafür mit dem Leben bezahlte

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Trotz der Eskapade von Mansa Musa blieb Gold für die meisten Länder der Welt der Währungsstandard. Dann kam der Erste Weltkrieg und Politiker erklärten sich dazu bereit, Unmengen an Geld auszugeben, etwa für die Rüstungsindustrie. An Wirtschaftlichkeit dachte in dieser Zeit niemand, ganzen Staaten drohte ob der Geldflut der Bankrott. Um sie zu verhindern, gaben die Staaten den Goldstandard auf und erfanden das sogenannte Fiatgeld.

Fiat ist lateinisch und bedeutet »es geschehe«. Im volkswirtschaftlichen Sinne bedeutet es, dass der Geldwert politischem Willen unterliegt. Zentralbanken können den Wert des Geldes einfach beeinflussen. Fluten sie den Markt mit Geld, verliert die Währung an Wert. Schalten sie die Druckerpressen ab, tritt der umgekehrte Effekt ein und der Wert des Geldes steigt. Mit dem Fiatgeld wurde jedes Land für seine eigene Geldproduktion und den Wert seiner Währung verantwortlich.

Fiatgeld ist eigentlich keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Immer wieder tauchte es in der Geschichte der Menschheit auf, bezeichnenderweise immer dann, wenn Staaten nach großen Konflikten in einer Krise steckten.

Beispielhaft ist die Geschichte des persischen Königs Gaichatu, der im 13. Jahrhundert lebte. Sein verschwenderischer Lebensstil brachte ihn an den Rand des Bankrotts. Als Persien eine Rinderpest heimsuchte, blickte Gaichatu eines Morgens in die Staatskasse und fand sie leer vor.

Was sollte er tun? Gaichatu druckte einfach sein eigenes Geld. Wer fortan mit seinen eigenen Waren handelte, wurde mit dem Tod bestraft.

Gaichatu hätte im Prinzip die alleinige Kontrolle über das Geld besessen. Doch es kam anders: Die Bürger akzeptierten das neue Geld einfach nicht. Sie stifteten Unruhe, stoppten den Handel und führten die gesamte Wirtschaft zum Zusammenbruch. Königliches Blut zu vergießen, galt zu dieser Zeit als Todsünde. Also erdrosselten die Bürger des Landes Gaichatu mit einer Bogensehne.

Derartiger Widerstand ist vielleicht möglich, wenn sich ein einzelner Despot dazu entschließt, seine Wirtschaft in den Ruin zu treiben. Wenn sich alle mächtigen Staaten der Erde zum Gelddrucken verbünden, ist die Lage eine andere. Genau das geschah um 1930. Fast alle Staaten dieser Erde druckten Fiatgeld. Die Definition lautet wie folgt: Tausch- und Zahlungsmittel mit nominalem, aber ohne inneren Wert.

Bis dahin war es kein einfacher Weg. Die USA mussten den ursprünglichen Goldhandel aufgeben und Gesetze erlassen, die Goldbesitz unter Verbot stellten. Der Plan ging auf. Der Wert des Geldes löste sich vollständig vom Gold. Die Geldpolitik hatte ein neues Werkzeug an der Hand.

Regierungen konnten nun über die Geldpolitik das Niveau der Preise sichern und die Inflation steuern. Wenn eine Regierung klug vorging, kann das ganze Land von dieser Geldpolitik profitieren. Aber es gibt auch Nachteile: Das Fiatgeld verleiht jenen, die die Geldpolitik bestimmen, große Macht. Geld hat keinen materiellen Wert mehr, es verkommt zu einer leeren Hülle und kann nach Belieben der Mächtigen an Wert zu- und abnehmen. Manche Ökonomen sehen deshalb die Erfindung des Fiatgeldes als Entfesselung des Kapitalismus. Die Wirtschaft begann, hypertroph zu werden.

Hypertrophie stammt aus dem Griechischen. In der Medizin bezeichnet es ein Organ oder ein Gewebe, das aufgrund einer Fehlfunktion nicht mehr aufhört, zu wachsen. Es mag von Vorteil sein, wenn unsere Muskeln wachsen, weil wir dadurch stärker werden. Ab einem gewissen Punkt jedoch wird Wachstum gefährlich für den Organismus. Oft wird es sogar tödlich.

Hypertrophie steht für Übermaß. Das Wort passt deshalb zu unserer modernen Wirtschaft. Sie ist maßlos. Sie überschreitet jede natürliche Grenze. Sie agiert längst jenseits jeder Vernunft.

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