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DER SINN DER WIRTSCHAFT

Was ist der eigentliche Sinn der Wirtschaft?

Bevor wir darüber nachdenken, wie wir unser System verändern können, müssen wir verstehen, was die Aufgabe des Wirtschaftskreislaufes ist. Warum haben Menschen aufgehört, ihre eigene Nahrung herzustellen, und sind zu einem Tauschhandel übergegangen? Warum bezahlen wir heute mit bedruckten Papierscheinen? Und woher stammt das vielfach uneingelöste Versprechen, dass es uns allen besser gehen wird, wenn die Wirtschaft floriert?

Um das zu verstehen, müssen wir weit zurückgehen. Vor mehr als zwei Jahrtausenden wandelte sich der menschliche Lebensstil radikal. Menschen hörten auf, von einem Ort zum anderen zu ziehen und fingen an, Siedlungen zu gründen, Acker zu bestellen und effektive Werkzeuge herzustellen. Diese Wende vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit, die neolithische Revolution, ist für viele Wissenschaftler die zentrale Wende der Menschheitsgeschichte.

Warum? Weil dort alles begann. Es war die Geburt der Wirtschaft. Es bildeten sich unterschiedliche Berufe heraus, die mit der Zeit immer vielfältiger wurden. Neue Entdeckungen und Möglichkeiten schafften eine Nachfrage, und neue Berufe sicherten das Angebot.

Während sich die Menschen vor der neolithischen Revolution alles selbst besorgen mussten, was sie zum Leben brauchten, fußte die neu entstandene Wirtschaft auf der Arbeitsteilung. Heute musst du die Schuhe, die du an den Füßen trägst, nicht mehr selbst schustern. Du musst deine Lebensmittel nicht selbst anbauen und hast trotzdem genug zu essen. Du musst in deinem ganzen Leben keinen Hammer in die Hand nehmen, und kannst trotzdem in einem Haus wohnen. Du kannst von den Leistungen von Schustern, Bauern und Tischlern profitieren. Die Arbeitsteilung hat einen großen Vorteil: Dinge, die du nicht kannst, überlässt du anderen. Du stellst im Gegenzug das zur Verfügung, was du kannst. Reisen planen, Daten verarbeiten oder Flugzeuge fliegen. Nur wer sich auf eine Sache konzentriert, voller Hingabe, kann darin wirklich gut werden.

Ohne Arbeitsteilung kann jeder gerade so das Wichtigste für sein Leben besorgen. Durch Arbeitsteilung bilden sich unzählige Berufe heraus, unter denen du einen wählen kannst, für den du talentiert bist und der dir Spaß macht. Du profitierst von den Fähigkeiten der anderen, und die anderen profitieren von deinen. Es ist ein Kreislauf, der unser Leben erleichtert. Wenn du in diesen Kreislauf der Wirtschaft einsteigst, solltest du dich zunächst fragen:

Welche Leistung kann ich erbringen?

Worin bin ich gut?

Was tue ich gerne?

Was macht mir Spaß?

Was weckt meine Kreativität?

Wobei kann ich mich entwickeln?

Wie kann ich das in den Dienst der Gesellschaft stellen?

Vielleicht hast du dich bis jetzt nicht gerne mit wirtschaftlichen Themen auseinandergesetzt. Aktien, Zinsen, Investments und andere komplizierte Begriffe haben dich abgeschreckt. Dabei ist Wirtschaft etwas ganz Einfaches, ein elementarer Grundbaustein unseres Lebens.

Auch wenn viele Menschen versuchen, dir etwas anderes einzureden: Wirtschaft ist kein abstraktes Phänomen. Wirtschaft ist von den Menschen für die Menschen gemacht. Sie soll unseren Bedarf an Dienstleistungen und Gütern decken. Sie soll dafür sorgen, dass niemand hungern oder frieren muss. Sie soll eine Verbindung schaffen zwischen Menschen innerhalb einer Stadt, einer Region, eines Landes oder eines Kontinents. Letztlich eine Verbindung zwischen Menschen auf der ganzen Welt. Ein System, in dem jeder und jede von der Leistung des anderen profitieren kann.

Was bedeutet Wirtschaft?

Wer Wirtschaft betreibt, als Unternehmer oder Manager, muss ein Egoist sein, lautet ein weit verbreiteter Irrglaube. Er ist nicht ganz unbegründet, hat sich doch unsere Wirtschaft heute von ihren Ursprüngen weit entfernt. Umso mehr müssen wir den Blick darauf richten, was »Wirtschaft« im ursprünglichen Sinne bedeutet. Fangen wir mit der Phonetik an. Sprachgeschichtlich kommt der Begriff »Wirtschaft« vom althochdeutschen Wort »wirtscaft«, das die Tätigkeit des Wirts oder Hausherren meinte. Seine Aufgabe war es, Gäste zu beherbergen und zu bewirten.

Noch eindeutiger ist die Herkunft des Begriffs »Ökonomie«. Im Altgriechischen bedeutet oikos das Haus und die oikonomia bedeutete das Bewirtschaften des eigenen Hauses. Dazu gehörte es, sich um die Familie und um Gäste gut zu kümmern.

Das Wort oikonomia stand eigentlich immer für etwas Einfaches: für das Instandhalten des eigenen Hauses, für die Hilfeleistung gegenüber anderen und für die Rücksichtnahme auf das, was jemand selbst hat.

Ob wir es nun Ökonomie oder Wirtschaft nennen, der Sinn dieses Systems liegt darin, einen Kreislauf zu schaffen, der Wohlstand und Sicherheit für alle erzeugt. Einen Kreislauf, der auf natürliche Weise dafür sorgt, dass Kranke und Schwache geschützt sind. Einen Kreislauf, der Chancengleichheit garantiert.

Die Wirtschaft soll im besten Fall eine Welt schaffen, die gegen Ungerechtigkeiten vorgeht und es den Menschen ermöglicht, ihre Potentiale auszuschöpfen.

Wenn die Wirtschaft diesem Sinn entspricht, wird sie auf natürliche Weise florieren und sich einen Sozialstaat leisten können. Es gibt Errungenschaften wie das Gesundheits-, das Renten- und das Bildungssystem. Die Wirtschaft ist das Fundament einer funktionierenden Rechtstaatlichkeit, die in den vergangenen Jahrzehnten in den westlichen Demokratien für einen einzigartigen Frieden gesorgt hat.

Die tragende Kraft der modernen Wirtschaft aber sind Unternehmen. Was ist ein Unternehmen? Und wem soll es eigentlich dienen?

Eine neue Wirtschaft

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