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II.

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Auf dem Planeten Erde, in einer kleinen Künstleragentur in Hollywood, wo es schon immer mehr Schauspieler als Filmrollen gab.

Als der Morgen graute, erschien ein bunter Fleck zwischen den Bäumen. Ein Ritter trat auf die Lichtung. Über seinem metallicblau gespritzten Kettenhemd trug er ein wollenes Wams mit Karomuster. Es waren kleine Karos, so viele wie es Farben gab. Falls Feinde in der Nähe lauerten, konnten sie den Ritter unmöglich übersehen, aber vielleicht würden sie die Augen irritiert zusammenkneifen, denn aus der Ferne sahen die Karos wie die wirren Punkte in einem Sehtest aus. Das würde dem Ritter wertvolle Sekunden schenken, und mehr brauchte er nicht.

Er war Balo, der Kampfprinz.

Balo war auf der Suche nach seiner Verlobten, einer goldgelockten, jungfräulichen Prinzessin. Was letztere Eigenschaft betraf, konnte Balo nicht ganz sicher sein, denn seine Geliebte befand sich in der Gewalt eines triebhaften Landvogts. Die Prinzessin hieß Ursel. Einfach nur Ursel, aber Balo suchte trotzdem nach ihr. Letzte Nacht hatte er das Sumpfland durchquert, um schneller bei seiner Verlobten zu sein, obwohl es auf einen Tag nicht mehr ankam. Der Vogt hatte die Prinzessin vor sieben Jahren entführt. Balo konnte sich jetzt erst darum kümmern, weil er lange im Ausland gekämpft hatte. Man nannte es einen Kreuzzug.

Balo zog ein Rasiermesser aus dem Waffengurt und schnitt sich die Blutegel aus dem Gesicht. Sie quietschten wie junge Haubentaucher, die in Panik gerieten, weil ihre Mutter seit mehr als einer Stunde unter Wasser war.

Knips.

Das Bild auf dem Wandmonitor fror ein. Balo grinste dümmlich. Ihm hing noch immer ein halber Egel im Gesicht.

»Erkennst du das Problem, Jack?«, sagte Michael Clopper. Er war der Mann mit der Fernbedienung.

»Die Spezialeffekte sind Scheiße.«

»Die Effekte sind okay. Das Problem ist: Es ist eine Komödie. Sehe ich aus wie ein gottverdammter Komiker?« Und als sein Gegenüber nicht gleich antwortete: »Ich bin Actionheld, das ist das Problem.«

Michael Clopper war ein großer Mann mit blondierten Stoppelhaaren, stahlblauen Augen und Muskeln, denen man regelmäßiges Training und eiweißhaltige Nahrung ansah. Sein Dreitagebart war aus der Mode, doch Mike wusste, dass die Stoppeln viele Frauen beim Sex in Ekstase versetzten.

Außerdem musste er sparen, wo er konnte, auch bei Rasierklingen, denn er war wieder einmal pleite. Michael Clopper war Schauspieler, aber der Erfolg ließ auf sich warten. Einige Male hatte er kurz vor dem Durchbruch gestanden, doch auf dem Weg in die erste Liga der Actionstars kam ihm jedes Mal etwas dazwischen.

Ein Film wie Balo, der Kampfprinz zum Beispiel.

Als die Studiobosse den Rohschnitt sahen, feuerten sie den Regisseur Fred Zumpel, sagten die Premiere ab und veröffentlichten den Streifen direkt für den Heimkinomarkt. Natürlich gab es ohne Regisseur keinen Endschnitt, Balo erhielt vernichtende Kritiken, und das Einspiel war kläglich.

»Ich hatte die Gage für die Fortsetzung fest eingeplant«, maulte Clopper. Der andere Mann horchte auf. Er hieß Jack Alamo und war Michaels Agent.

»Eine Fortsetzung? Zumpel wollte eine Fortsetzung drehen?«

»Ja, Balo, der Rückkehrer

»Ich weiß nicht, Mike. Mit diesem Helden konnte es nichts werden. Ich meine, Balo, das klingt nach einem tapsigen Bären, der Kinder fröhlich macht. Nicht mal deine Fans wollen dich in so einer Rolle sehen.«

»Meine Mutter hat sich den Film gekauft. Es gibt eine wirklich gute Szene, in der ich ein fieses Fechtskelett auseinander nehme. Ich habe extra mit Hohiro-san trainiert, aber Zumpel hat die Sequenz herausgeschnitten. Er behauptete nachher, ein Samuraischwert passt nicht in einen Fantasyfilm.« Michael Clopper zuckte mit den Schultern. »Ich durfte nicht mal meinen Spruch sagen.«

Der Spruch lautete Ich schieße dir zwischen die Augen, Baby und war Mikes Markenzeichen. Er hatte ihn in Killerkatze zum ersten Mal gesagt, einem Psychothriller, in dem er einen Ehemann spielte, der von seiner Frau misshandelt wird und der zurückschlägt, als er die Demütigungen nicht länger ertragen kann. Killerkatze war Cloppers erste halbwegs seriöse Hauptrolle gewesen. Er hatte verhaltene Kritiken bekommen, aber der Spruch kam bei den Fans gut an, und Michael hatte ihn in fast jedem seiner Filme unterbringen können.

»Ich hätte vielleicht einen Job für dich.« Jack Alamo war ein Mann mit schütterem Haar, wulstigen Affenlippen und mindestens einem Zentner Übergewicht. Er hatte scheinbar immer ein As im Ärmel und hielt zu seinen Klienten, auch wenn sie eine Pechsträhne hatten. Das fiel Jack Alamo nicht schwer, denn er besaß nicht viele Klienten, aber Michael Clopper betrachtete ihn als Freund.

»Was ist das für ein Job, ein Actionfilm?«

»Nicht direkt, aber Action wird es eine Menge geben, denke ich.« Der dicke Agent machte eine Pause. »Du sollst einen Drachen schießen, Mike.«

Die Schauspielerei war ein verzwicktes Geschäft. Es gab immer mehr Darsteller als freie Rollen. Jack hatte das Problem erkannt und betrieb nebenher eine Söldneragentur, weil es im Universum auch mehr Kriege als verfügbare Soldaten gab. Mit ein wenig Geschick konnte er das Missverhältnis zwischen beiden Branchen ausgleichen.

»Du warst Söldner, ehe du Schauspieler wurdest«, gab er zu bedenken.

»Das ist wahr. Aber ein Drache?«

»McCormick braucht einen Drachen.«

Max McCormick war ein schwerreicher Filmmogul, dessen Studio alle großen Blockbuster der letzten fünf Jahre produziert hatte. Clopper war dreimal zum Vorsprechen zu McCormick gegangen, aber er war schneller wieder draußen gewesen, als er den Mund zumachen konnte.

»Vergiss es, Jack. Ich mag McCormick nicht.«

Alamo schwieg eine Weile. Dann nickte er: »Cathy sagte mir, dass du es nicht machen würdest. Es liegt an dem Drachen, nicht wahr?«

Cathy Glory war Jacks Sekretärin. Eine dralle Blondine mit einem Hintern wie eine alte Bergmannsschaufel und vollen, mit Plastikon gefüllten Lippen. Clopper stand auf sie, besonders wenn er daran dachte, wozu Frauen mit solchen Lippen imstande waren. Cathy zog meistens halb durchsichtige Oberteile an und verzichtete auf einen Büstenhalter, nicht weil sie es konnte, sondern weil sie über ein übersteigertes Selbstbewusstsein verfügte. Aber Clopper fand es erotisch, wie alles, was mit Cathy Glory zusammenhing. Manchmal stellte er sich sogar vor, Sex mit ihr zu haben, während sie Lockenwickler trug. »Der Drache? Was meint Cathy damit, dass es am Drachen liegt?«

»Sie sagte, du würdest Bedenken haben, weil er groß ist.«

»Blödsinn.«

Jack Alamo sah, wie Cloppers Kieferknochen mahlten.

»Wozu braucht McCormick einen Drachen?«

Der Agent sprang aus dem Sessel und lief zu seinem Schreibtisch, auf dem der Vertrag lag. »Das ist eine witzige Geschichte, sie wird dir gefallen. McCormick benötigt nur ein Stück von der Haut des Drachen. Für seine Frau.«

»Verstehe, eine Transplantation.«

»Daneben, Mike. McCormick hat seiner Assistentin eine Handtasche aus dem Leder des letzten lebenden Komodowarans geschenkt. Das heißt, ursprünglich war es der letzte lebende Waran. Jetzt lebt er ja nicht mehr.« Alamo lachte kurzatmig. »Seine Gattin ist dahinter gekommen und will die Scheidung. Das würde McCormick ein paar Milliarden kosten. Deshalb will er die Frau mit einer Drachenledertasche besänftigen. Das kostet ihn bloß fünfzig bis sechzig Millionen, je nachdem, wie viel Material du verballerst.«

Alamo wedelte mit dem Vertrag. »Für dich ist eine halbe Million drin, Mike, und bei Erfolg kann ich sicher eine Filmrolle aushandeln.«

Das klang verlockend. Mit einer halben Million auf dem Konto und der Hauptrolle in einer Max-McCormick-Produktion würde Michael Clopper so gut wie ausgesorgt haben. Außerdem wollte er sich die Gelegenheit, Cathy Glory zu beeindrucken, nicht entgehen lassen. »Die Ausrüstung wird also gestellt?«, erkundigte er sich. Aber im Grunde stand seine Entscheidung fest.

»Vollautomatische Waffen, ein Scharfschützengewehr, Pistolen mit Ziellaser, Raketenwerfer, das volle Programm. Alles, was du willst. Lass nur genug von dem Drachen übrig, dass McCormick eine Tasche daraus zuschneiden lassen kann.«

»Ich möchte ein Samuraischwert mitnehmen«, sagte Clopper. Jack Alamo nickte sofort. Damit war es besiegelt. Mike würde die Schauspielerei für eine Weile an den Nagel hängen und zum Großwildjäger werden. Das Transportschiff startete übermorgen. McCormick stellte einen Valkyrie-Kampfgleiter, mit dem der Drachentöter auf dem fremden Planeten landen konnte. Dort hatte er vier Wochen Zeit, einen Drachen zu finden, ehe ihn das Frachtschiff auf dem Rückweg abholte.

»Wenn Cathy die Ausrüstung packt, soll sie darauf achten, dass sie das Tränengas nicht wieder durch Luftschlangenspray ersetzt. Das ist nicht witzig.«

Diese Bemerkung konnte sich Clopper nicht verkneifen. Sein letzter Auftrag als Söldner vor ein paar Jahren war in die Hose gegangen, weil Jacks Sekretärin bei der Arbeit häufig unkonzentriert war. Alamo musste ein Lösegeld stellen, und Michael war Schauspieler geworden.

»Wo leben heutzutage eigentlich noch Drachen?«

»Ich glaube, der Planet heißt Helgoort, Mike.«

Der Drachenjäger

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