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III.

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Auf dem Planeten Helgoort, im Reich König Godors, wo eine Prinzessin in Gefahr schwebt und die Retter allmählich in die Gänge kommen.

Prinz Tifar und sein froschgesichtiger Diener Quinal verließen Godors Burg als letzte. Die Sonne hatte den Zenit überschritten. Die Amme der Prinzessin stand mit verkniffenem Mund daneben, als sich der fremdländische Edelmann aufs Pferd schwang. Ihre Körperhaltung drückte Missbilligung aus. Tifar reckte seine Nase hochmütig in den Wind. Er war es gewohnt, bis Mittag zu schlafen, und um diese Zeit lief in Turkistan nicht viel. Aber nun war er unterwegs.

Die Hufe der Pferde wirbelten Staub auf, Steine spritzten in alle Richtungen. Tifar nahm sich die Zeit, sich im Sattel umzuwenden. Er sah Lucina in einer Dreckwolke stehen und fand, dass der Tag gut begann. Die verbliebenen Stunden würde er nutzen, um sich etwas auszudenken. Die anderen Prinzen besaßen einen Vorsprung, aber man musste nicht als Erster am Ziel ankommen, um das Rennen zu gewinnen. Es reichte, wenn man als Letzter auf den Beinen war. Wie sagte man in Turkistan? Die Ersten fressen die Drachen.

Nach einer Stunde gelangten sie an einen Wald aus Silbereichen und knorrigen Schwarzstämmen. In der Ferne sah Tifar ein Dorf, etwa zwanzig Häuser aus Stein. Wo so viele Wohngebäude standen, musste es eine Schänke geben. Doch um zur Schänke zu gelangen, mussten sie an den Männern vorbei, die den Weg versperrten.

Die Männer waren zu dritt. Raue Krieger in Lederrüstungen. Sie hatten sich Eisenringe auf die Wämser genäht. Diese Ringe waren ein passabler Schutz vor Dolchstößen, nachlässig geschossenen Pfeilen oder Disteln und würden wohl auch einen Schlag von Tifars Krummsäbel aushalten. Die Wegelagerer zogen ihre Schwerter und kamen entschlossen näher. Der Prinz und sein Diener hatten keine Chance, den grobschlächtigen Männern auszuweichen. Der Weg zum Drachenfels führte an diesen Kriegern vorbei. Die Alternative hieß umkehren und scheitern.

Gerade als sich Tifar für die Alternative zu erwärmen begann, hörte er hinter sich ein Geräusch. Zwei weitere Kämpfer hatten sich in einem Gebüsch versteckt. Jetzt schnitten sie den Reitern den Rückweg ab.

»Herr, Ihr allein gegen fünf«, flüsterte Quinal, der Begleiter des Prinzen, »das könnte eine von den Heldentaten werden, die Ihr Eurem Vater versprochen habt.«

Tifar warf dem Frogo einen Blick zu. »Was ist mit dir?«

»Ich werde natürlich an Eurer Seite sterben.«

»Nun, ich dachte eigentlich, dass du allein …«

Der Anführer der Wegelagerer unterbrach ihn. »Runter von den Pferden. Sonst werdet ihr leiden.« Er hatte einen struppigen Bart und trug einen Ehereif, was darauf hinwies, dass er etwas vom Leiden verstand. Die Männer an seiner Seite blickten ernst. Das Gesicht des einen war mit einem dichten Filz aus schwarzen Haaren überwuchert. Sie wuchsen ihm aus der Nase, aus den Ohren und sogar auf der Stirn. Der andere war kahl. Anstelle der Brauen hatte er horizontale Narben. Alle drei waren mit Schwertern bewaffnet.

»Und wenn wir tun, was ihr befehlt?«, fragte Tifar in der Hoffnung auf eine weitere Alternative.

Der Wortführer entblößte braune Zahnstummel. »Dann werdet ihr bloß sterben.«

Quinals Pferd tänzelte nervös zur Seite. Die Krieger in ihrem Rücken rückten drohend näher: ein Fleischkoloss mit einer doppelschneidigen Axt und ein Dürrer mit einem Kurzbogen. Ihr Atem verriet sie: Der Fettwanst mochte überwürzte Speisen, der Hänfling hatte letzte Nacht zuviel getrunken. Sein Arm zitterte, als er den Bogen spannte.

»Ihr kennt nicht zufällig den Weg zum Drachenfels?«, fragte Quinal, um Zeit zu gewinnen. Die Krieger lachten rau, aber dann hielten sie inne. Eine Stimme erklang am Waldrand: »Das ist eine verdammt gute Frage.«

Ein weiterer Mann trat zwischen den Bäumen hervor. Er war in fließende, grünbraun gemusterte Gewänder gekleidet, die seine Konturen mit dem Wald verschmelzen ließen. Er trug eine olivfarbene Schirmmütze. Um seine Schultern hing ein Umhang, auf den jemand Blätter gestickt hatte, die es in diesem Land nicht gab, und auch in keinem anderen, soweit Quinal das beurteilen konnte. Der Neuankömmling hob den Kopf. Zwei riesige silberne Augen blitzten auf.

Die Wegelagerer erstarrten. In den Augen des Fremden spiegelte sich Bosheit. Als sie genau hinsahen, erkannten sie, dass es ihre eigenen Gesichter waren.

Die Krieger blickten sich verunsichert um. Der Fette schwitzte stark, der Dürre begann zu zucken.

»Also, was ist?« Die Stimme klang dumpf. Wo bei anderen Männern der Mund saß, wuchs dem Fremden eine Art Muschel im Gesicht, aus der rasselnd Atem entwich.

»Der Drache, wo ist er?«

Plötzlich nahm der Mann die Augen von der Nase, klappte sie zusammen und steckte sie in die Brusttasche. Unter dem silbernen kam ein weiteres Augenpaar zum Vorschein. Diese Augen waren blau, und in ihnen spiegelte sich nichts, nur das Versprechen eines würdelosen Todes.

Der dünne Krieger ließ vor Schreck den Bogen los. Der Pfeil schwirrte von der Sehne und landete zwischen den Füßen des Fremden.

»Blöder Wichser«, sagte der Vieräugige.

Michael Clopper reagierte, wie er es als Söldner gelernt und als Filmheld perfektioniert hatte – mit rascher Vergeltung. Er warf eine Tränengasgranate und trat zur Seite, während die Planetenbewohner von Hustenkrämpfen geschüttelt zu Boden gingen. Auf Helgoort herrschten Zustände wie im Mittelalter auf der Erde. Das Gesetz musste mit dem Schwert durchgesetzt werden. Aber Schwerter waren nicht alles. Genau genommen herrschte das Recht des besser Bewaffneten, und Cathy Glory hatte ihm einen Rucksack mit erlesener Bewaffnung zusammengestellt.

Clopper zog ein Bündel Kabelbinder aus dem Sack und schnürte den Kriegern die Hand- und Fußgelenke zusammen. Die Kerle in den Lederrüstungen waren offenbar Räuber, und Clopper zog die Bänder ein bisschen fester als nötig. Die beiden Reisenden ließ er zufrieden. Sie schienen harmlos zu sein. Auch die Pferde fesselte er nicht.

Als sich das Tränengas verzogen hatte, nahm Clopper die Sauerstoffmaske vom Mund. Die Luft auf Helgoort war sauberer als auf der Erde, aber der Instrukteur im Raumschiff hatte darauf bestanden, dass Clopper die Maske während der Landung und eine Stunde danach trug. Jetzt war die Zeit um.

Die Planetenbewohner kamen zu sich. Die Wegelagerer sahen, dass sich der Fremde eine Fackel zwischen die Zähne steckte. Sie brannte schlecht, stank aber zum Fürchten. Die Räuber strampelten panisch mit den Beinen. Clopper paffte ein paar Züge, dann drückte er die Zigarre aus. Es war eine schlechte Angewohnheit, und eigentlich wollte er sich das Rauchen abgewöhnen. Außerdem hatte er zu arbeiten.

»Der Drache«, erinnerte er. »Ihr sagtet etwas von einem Drachenfels. Dort haust doch sicherlich ein Drache?«

Prinz Tifar setzte sich auf. Sein Schädel dröhnte und die Nase fühlte sich innen an, als habe ihm jemand einen glühenden Kienspan hineingestoßen. Aber der turkistanische Edelmann erkannte eine Gelegenheit, wenn sie ihm unverhofft begegnete. Dieser seltsame Fremde war so eine Gelegenheit. Also nickte Tifar. »Ihr seid nicht hinter der Prinzessin her?«, erkundigte er sich.

»Nein«, sagte Clopper. »Ich suche einen Drachen, keine Frau, obwohl das manchmal das Gleiche ist.«

Der Prinz streckte seinem Diener die Hand hin, und dieser musste ihn auf die Füße ziehen. Tifar lächelte dünn. »Nun, mein Freund, vielleicht können wir einander helfen.«

Die Pferde waren nicht wieder aufgestanden. Offenbar litten sie an einer Tränengasallergie, die eine unerwartete Reaktion ausgelöst hatte. Clopper beschloss, dieses Detail in seinem Bericht zu verschweigen. Aber der Prinz war ihm nicht böse. Er befahl seinem Diener, dem Fremden zu helfen, die gefesselten Räuber in die Büsche zu schleppen. Er selbst spritzte aus seiner Trinkflasche Zuckerwasser auf die besiegten Krieger. »Für die Blutwespen«, erklärte Tifar mit einem Fingerzeig auf das große Insektennest, das zwischen den Ästen eines Baumes hing. Danach erzählte er, wie diese ganze Geschichte angefangen hatte.

»Das müssen Graf Rumbolds Männer gewesen sein«, meinte der froschgesichtige Diener des Prinzen auf dem Weg ins Dorf. »Die tragen Lederrüstungen mit Eisenringen.«

»Es ist ein Kompromiss zwischen Panzerung und Preis«, sagte Clopper ernst. Er rekapitulierte: »Rumbold ist einer der Edelleute, die Prinzessin Orleia befreien wollen.«

»Ja, aber sein Blut ist nicht sehr edel«, erklärte Tifar.

»Rumbold ist dein Feind?«

»Eher ein Mitbewerber.«

»Ich sehe, ihr habt euch schon eine zivilisierte Sprachregelung zugelegt.«

»Ein Mitbewerber um die Hand der Prinzessin«, stellte Quinal klar.

»Ein Bewerber, der sich das halbe Reich unter den Nagel reißen will«, präzisierte Tifar.

Sie erreichten das Dorf. Ein paar Hühner und Gänse flohen gackernd und schnatternd über die Straße. Eine alte Frau starrte aus einem Giebelfenster. Sie schien enttäuscht, dass der Kampf gegen Rumbolds Schergen so kurz gewesen war.

»Wie sieht diese Prinzessin aus?«, wollte Clopper wissen.

In Tifars Augen stahl sich Misstrauen. »Ich habe sie noch nie gesehen«, wich er aus.

»Dann lohnt sich deine Suche vielleicht gar nicht, was?«

»Man sagt, Orleias Haar sei so golden wie die Morgensonne«, informierte Quinal. Tifar funkelte ihn warnend an.

»Sie ist also blond«, stellte Clopper fest. »Nicht übel.«

In der Dorfmitte fanden sie eine Schänke. Ein verbeultes Zunftzeichen hing über dem Eingang – ein schäumender Bierkrug, unter dem sich zwei fettige Schweinshaxen kreuzten. Der Wirt hatte einen enormen Wanst, über dem sich ein speckiger Lederschurz spannte. Tifar bestellte Wein.

Als der Wirt die Becher brachte, zeigte der Prinz auf Clopper und widmete sich konzentriert seinem Getränk. Überrumpelt reichte Mike dem Mundschenk seine Kreditkarte. Der Wirt nahm sie zögernd, beäugte sie von allen Seiten und biss ein Loch hinein.

»He!«, rief Clopper. Der Wirt gab ihm die Karte kopfschüttelnd zurück. Er hob zwei Finger.

»Was soll das heißen?«

»Er bietet Euch zwei Kupferstücke für die bunte Scheibe«, interpretierte Quinal die Geste.

»Zwei Kupferstücke. Was bekommt man dafür?«

»Einen Krug Dünnbier.«

Clopper steckte die Kreditkarte rasch weg. »Ihr habt sie ja wohl nicht mehr alle. Zwei Kupferstücke! Das ist eine Goldkarte. Da, wo ich herkomme, kriege ich dafür eine Kiste Chateau Rothschild 1815, ohne dass irgendjemand mit der Wimper zuckt.«

»Wie Gold sieht das aber nicht aus«, meinte Quinal zweifelnd, und dem Prinzen blieb nichts übrig, als den Wein aus der eigenen Börse zu bezahlen. Er zog einen prall gefüllten Beutel mit Goldstücken hervor, gab dem Wirt eine dicke Münze und wartete ungeduldig auf das Wechselgeld.

»Das ist Gold«, sagte Tifar herablassend.

Der Wirt brauchte eine Weile, dann brachte er einen Berg Kupferstücke, die er in seiner Schürze herbeischleppen musste. Stirnrunzelnd blickte der Prinz auf den Geldhaufen, der den halben Tisch in Beschlag nahm.

»Nimm es mit«, befahl er. »Und richte mir ein Zimmer!«

»Ein Zimmer?«, wunderte sich Quinal. »Wollen wir schon rasten, Herr? Die Prinzessin …«

Tifar fiel ihm ins Wort. »Die Prinzessin wird schneller frei sein, wenn du meinen Freund«, er wies auf Clopper, »auf dem kürzesten Weg zum Drachen führst. Ich wäre euch nur eine Last. Du weißt doch, mit meinen neuen Stiefeln kann ich unmöglich das Gelfmoor durchqueren. Meine Mutter würde mich töten.« Er wandte sich an Clopper. »Ihr habt sicher nichts dagegen, die Prinzessin mitzubringen, nachdem Ihr den Drachen getötet habt?«

Mike zuckte nur mit den Schultern.

»Dann ist es abgemacht«, rief Tifar und klatschte in die Hände. »Mein treuer Steigbügelhalter wird Euch alles erklären, was Ihr wissen müsst.«

Eine Viertelstunde später packten Mike und der Frogo ihre Sachen und verließen die Schänke. Der Gastwirt eilte herbei und öffnete beflissen die Tür. Clopper steckte ihm einen Dollarschein als Trinkgeld hinter den Schürzenrand, doch der Wirt wirkte nicht besonders glücklich.

»Woher weiß dieser König – Godor – eigentlich, wohin der Drache seine Tochter entführt hat?«, fragte Clopper seinen neuen Begleiter.

»Ich nehme an, der Kristall hat es ihm verraten.«

»Der König spricht mit einem Stein?«

»Es ist eine Zauberkugel. Sie zeigt Bilder. Der schwarze Kristall besitzt große Macht. Seit er in Godors Besitz ist, hat niemand es gewagt, Akera anzugreifen.«

»Wo hat Godor das Ding aufgetrieben?«

»Arogarn hat den Kristall aus dem Nordland mitgebracht. Er war in einem Tempel im Eis versteckt. Arogarn musste viele Monster töten, um in seinen Besitz zu gelangen.«

»Wow«, machte Clopper. »Klingt cool. Wahrscheinlich waren das aber nur Pinguine und dieser Kerl hat die Geschichte ein bisschen ausgeschmückt. Wer ist Arogarn?«

»Des Königs Waldläufer.« Quinal sagte das, als würde es alles erklären, und Clopper bohrte nicht weiter. Sie liefen eine Weile schweigend nebeneinander her. Dann räusperte sich der Frogo. »Es ist schwer, einem Drachen den Kopf abzuschlagen. Wenn wir das Untier gefunden haben, wie willst du es töten?«

Clopper griff nach seiner Zigarre, überlegte es sich aber anders und fischte einen Kaugummi aus der Beintasche. »Mal sehen, wahrscheinlich schieße ich ihm zwischen die Augen.«

Der Drachenjäger

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