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VI.

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In den Bergen Akeras, nahe dem Gelfmoor, wo die Todeswürger hausen. Außerdem gibt es hier ein isoliertes Vorkommen der Gelfmoor-Mosaikjungfer.

Sie wanderten tiefer in die Berge. Die Wege wurden steiler, die Bäche schmaler, die Bäume dünner. Clopper gefiel das nicht, denn er wollte mit dem Messer üben und warf häufig daneben. Falls er traf, blieb die Klinge nicht stecken, sondern prallte mit dem Griff gegen den Stamm. Clopper verstand das nicht. Ob er das Messer am Heft oder an der Spitze hielt, machte scheinbar keinen Unterschied.

Clopper hatte noch nie ein Messer werfen müssen. In seinen Filmen schleuderte er einen Requisitendolch einfach in die Richtung, die der Stuntkoordinator vorgab. Dann rief der Regisseur: »Cut!«, und später im Kino sah kein Zuschauer, wie die Waffe in den Sand fiel. Für die nächste Einstellung klebte sich der Gegner einen Messergriff auf die Brust. Das sah dann aus, als würde die Klinge feststecken. Es war Betrug, und das rächte sich nun. Dass er Rumbolds Knappen ausgeschaltet hatte, war Glück gewesen.

Mit der Zeit wurde Clopper besser. Er traf jetzt sogar mickrige Bäume, nur die Sache mit der Messerspitze bekam er nicht hin. Die Klinge prallte immer wieder ab.

»Eine schöne Waffe«, sagte Quinal. »Sie singt, wenn sie ihr Ziel trifft.« Er meinte das Vibrieren des Karbonstahls.

Clopper brummte etwas, dann reichte er dem Frogo die Klinge. »Ein Marbomesser. Du bekommst kein besseres. Es ist ein taktisches Einsatzmesser, entwickelt für den Gebrauch bei Außenmissionen auf lebensfeindlichen Planeten.«

»Planeten, Meister?«

»So etwas, wie das hier.« Clopper stapfte mit dem Kampfstiefel auf den Boden. »Mit einem Marbomesser kann man Stacheldraht durchtrennen oder Dosen öffnen. Natürlich auch Bäuche aufschlitzen. Es zeigt dir die Himmelsrichtung, und wenn alles verloren scheint, schraubt man den Griff ab und findet dort drei Streichhölzer in Ölpapier, einen Angelhaken, etwas Sehne und eine tote Fliege. Ein Mann kann damit sein Schicksal ändern.«

Quinal wog das Messer in der Hand. Der Frogo ahnte, welche Leistung dahinter steckte, diese Klinge so zu werfen, dass sie mit dem Griff zuerst aufkam und nicht tötete. Aber den letzten Satz hatte er nicht verstanden.

»Dies ist eine Schicksalsklinge, Meister?«

»Kann man so sehen. Stell dir vor, dein König hat dich in die Schlacht geschickt. Ihr wurdet geschlagen. Man hat dich nicht bezahlt, der Feind ist dir auf den Fersen. Was tust du?«

»Kämpfend untergehen.«

»Das ist eine Möglichkeit. Du kannst aber auch deinen Abschied nehmen und Angeln gehen. Das bringt dich auf andere Gedanken.« Clopper nahm das Messer, ließ es über seine Handfläche tanzen und warf es ansatzlos gegen den nächsten Baum. Treffer. Griff voran, Spitze hinten, wie gehabt. Welke Blätter rieselten zu Boden.

»Ein Held darf seinen König nicht im Stich lassen«, ereiferte sich Quinal. »Schon gar nicht des Geldes wegen.«

»Was verstehst du von Heldentum? Von deinem Prinzen kannst du es nicht haben; der wollte sich ja nicht mal die Stiefel im Moor schmutzig machen, von einer Begegnung mit den Würgern ganz zu schweigen.«

»Tifar ist kein Held«, räumte Quinal ein. »Aber es hat in unserer Geschichte viele Helden gegeben. Hassan Masud zum Beispiel.«

»Ist das ein Kerl aus Turkistan? Was hat er vollbracht?«

»Er suchte Antworten. Die konnte er nur in der Fremde bekommen, im Norden, wo vor ihm noch kein Mann seines Volkes gewesen war. Hassan wagte die Reise. Er stieg auf den höchsten Berg im Eisland, wo die Geisterfeuer das Land berühren und wo man mit den Ahnen sprechen kann.«

»Was haben die Ahnen gesagt?«

»Das wissen wir nicht. Hassan ist erfroren.«

»Er hätte Angeln gehen sollen.«

Clopper schritt schneller aus. Quinal war kein übler Kerl, aber er sah das Leben durch eine rosa Brille, obwohl Brillen auf diesem Planeten natürlich erst noch erfunden werden mussten. Der Frogo starrte seit ihrer ersten Begegnung fasziniert auf Mikes Pilotenbrille. Clopper tastete nach seinem Vorrat an extrabreiten Blättern und verschwand im Unterholz. Es wurde Zeit, dass sie das Gelfmoor erreichten, wo es Beeren gegen den Durchfall gab.

»Arogarn ist ein großer Held«, rief Quinal vom Weg aus.

»Der Pfadfinder?«

»Er ist Waldläufer. Der beste, der je gelebt hat. Er kann es sogar mit einem Waldelfen aufnehmen.«

Clopper hörte nur mit einem Ohr hin, aber das war immer noch genug. Arogarn hatte alle wichtigen Heldentaten der letzten zwei Dekaden vollbracht. Er war eine Art Popstar. Die Planetenbewohner fuhren entweder total auf ihn ab oder waren nicht mehr am Leben. Arogarn hatte den schwarzen Zauberer besiegt, den schwarzen Kobold überlistet und den schwarzen Troll erschlagen. Nur den schwarzen Ritter hatte er übrig gelassen, aber der war jetzt auch tot. Wenn Clopper fort war, würde sich sicher jemand finden, der diesen Sieg Arogarn zuschrieb. Seitdem Arogarn den schwarzen Kristall im Eisland freigehackt hatte, war er oft betrunken und stieg den Weibern hinterher, aber das hatte er sich auch verdient. Seit ein paar Wochen hatte ihn niemand mehr gesehen, doch die Leute glaubten, dass der Waldläufer Urlaub machte.

»Wenn Arogarn bei uns wäre, müssten wir uns um Legoman keine Sorgen machen«, schloss Quinal seine Schilderung ab.

»Ich mache mir keine Sorgen«, sagte Clopper.

»Im Wald ist der Elfenprinz absolut tödlich. Ich bin sicher, er wird bald etwas versuchen. Arogarn könnte …«

Clopper richtete die Messerspitze auf Quinals Nase. »Das reicht! Arogarn ist vielleicht ein cooler Typ, aber ich kenne ein paar Helden, die würden deinen Waldschrat in der Pfeife rauchen. Schon mal was von Balo gehört?«

»Ist das ein Bär?«

»Er ist Kampfprinz und hat ein fechtendes Skelett fertig gemacht. Oder denk an Conan, den Terminator, den Predator, den Eliminator. Die haben zwar alle ein paar Jahre auf dem Buckel, aber sie waren große Helden. Oder der Copulator, ein Riesentyp.« Der Copulator war Mikes erste Filmrolle gewesen. Kein großes Actionkino; in seinen Bewerbungsunterlagen verschwieg er den Copulator meistens, doch Quinal verstand sowieso nichts davon.

»War der Copulator Schwertfechter?«, plapperte der Frogo los. »Hat er Jungfrauen befreit?«

Die Antworten lauteten Ja und Ja. So ungefähr wenigstens, doch Clopper kam nicht mehr zu weiteren Erklärungen. Sie erreichten eine Anhöhe, von wo aus sich der Pfad ins nächste Tal schlängelte. Mike drehte sich nach Quinal um, und dabei fiel sein Blick über die Baumwipfel auf die Ebene, die sie überquert hatten. Schwarze Punkte bewegten sich durchs Gras. Reiter. Clopper fischte sein Fernglas aus dem Sack.

»Welche Augen sind es diesmal, Meister?«

»Weitsehende Augen. Tausendfacher Zoom.«

Quinal nahm an, dass Zoom der Name des Zaubers war, mit dem diese Augen belegt waren. Er wollte Clopper danach fragen, aber der Drachentöter schüttelte ungläubig den Kopf. »Hast du schon mal Männer gesehen, die auf Wölfen reiten?«

Es waren Drakonier. Krieger aus der Steppe Ranu, die nur dem Wind, der Gier und ihrem Fürsten Drakon folgten. Was suchten sie so weit im Norden? Quinal konnte sich nicht vorstellen, dass Drakon ebenfalls hinter Prinzessin Orleia her war. Er hatte noch nie gehört, dass der Steppenfürst Rettungstrupps losschickte. Drakon war nicht der Typ Mann, der Frauen um ihre Hand bat. Er hackte sie ihnen ab.

Die Drakonier waren zu zehnt, kleine, zähe Männer, deren Gesichter an Lehmmasken erinnerten. Sie waren in Tierhäute gekleidet, hatten Wurfspieße, kurze Bogen und Krummsäbel; auf ihren Rücken hüpften Pfeilköcher im Takt des Wolfsgalopps. Die Häute stammten von Steppenstieren, wie Quinal wusste, einer Rinderrasse, die nur in der Einöde von Ranu vorkam. Es gab nicht mehr viele Steppenstiere, seit Drakon ständig seine Armee vergrößerte.

Auf den Köpfen trugen die Drakonier Bronzehelme mit breitem Fellrand. Sie hatten auch Ohrenschützer aus Fell, die man herunterklappen konnte, um sich gegen den pfeifenden Wind zu schützen. Jetzt hatten sie die Ohrenschützer oben, weil der Wind im Tiefland von Akera nicht sehr stark wehte. Vielleicht wussten die Wolfsreiter aber auch, dass irgendwo dort draußen ein Waldelf lauerte, und sie wollten diesem lautlosen Kämpfer keinen zusätzlichen Vorteil verschaffen.

Ihre Reittiere waren für die Schlacht gezüchtet. Sie erreichten nicht die Größe eines Pferdes, aber sie waren schneller. Ein Kriegswolf konnte hundertfünfzig Meilen in einer Nacht laufen. Während sein Reiter schlief, fand er das Ziel, solange es nur blutete oder nach Angst stank. Und das taten alle, hinter denen Wolfsreiter her waren. Die Wölfe hatten struppiges graues Fell, blutgierig funkelnde gelbe Augen und bazillenreichen Geifer an den Fängen.

»Vielleicht ist es nur ein Spähtrupp«, sagte Quinal, aber er glaubte nicht daran. Die Drakonier mussten Halgonia und die sieben Grafschaften durchqueren, um nach Akera zu gelangen. Dabei hatten sie reichlich Gelegenheit, Beute zu machen und danach betrunken in die Steppe heimzutorkeln. Aber sie waren hier, nüchtern, mit leichtem Gepäck und bewaffnet bis an die Zähne. Das konnte kaum Zufall sein.

»Wir müssen uns beeilen, Meister.«

Clopper war es recht. In seinen Därmen rumorte es, sein Blättervorrat ging zur Neige. Er war darauf angewiesen, möglichst bald das Moor zu erreichen und das Gegenmittel zu finden. Die Wolfsreiter waren einen Tagesritt hinter ihnen. Vielleicht würden sie von den Hajabusabeeren essen oder an einem Feenstein Halt machen und totgequatscht werden.

Als Clopper in ein Schlammloch trat, wusste er, dass sie da waren. Der Übergang zum Moor erfolgte unmerklich. Trockener Waldboden wechselte mit morastigen Flächen. Gesunde Bäume wuchsen neben sterbenden, die von innen heraus verfaulten. Es gab Tümpel mit Schilf, Moosinseln und Farne. Clopper sah einen Karren, der im Dreck steckte, einen rostenden Panzerstiefel und eine skelettierte Hand, die aus dem Moor ragte. Er überlegte, wieso der Kaufmann verrottet war, statt zum Todeswürger zu werden, wie es die Legende vorsah.

»Das muss ein Leibwächter gewesen sein«, flüsterte Quinal. Er erklärte, dies sei Teil des Fluches: Kaufleute wurden zu Würgern, ihr Begleitpersonal zu Skelettkriegern. Clopper sah den Frogo schief an, sagte aber nichts.

Die Mücken im Gelfmoor waren eine Plage. Kaum hatte Clopper seinen Stiefel aus dem Schlammloch befreit, wurde er zum ersten Mal gestochen. Die Insekten waren so groß wie irdische Libellen, schillerten wie Klofliegen und hatten gelernt, erst dann zu summen, wenn sie schon zugestochen hatten. Ihre Saugrüssel rotierten um die eigene Achse, um schneller Löcher in die Haut zu bohren. Durch die A®mor-Unterwäsche kamen sie nicht, aber Cloppers Gesicht, Nacken und Handrücken entwickelten sich zu bevorzugten Landeplätzen. Er erschlug ein paar Mücken und besprühte sich großzügig mit Insektenspray aus seinem Rucksack, aber es half nicht viel. Die Mücken zögerten kaum.

Ein besonders dickes Exemplar näherte sich im Tiefflug. Clopper duckte sich hinter einen Baum, ließ die Mücke vorbei und pumpte ihr eine Ladung Schädlingsvertilgungsmittel hinterher. Eine andere erwischte er frontal, die nächste nebelte er ein, als sie sich von oben auf ihn stürzte. Dann war das Spray leer. Clopper warf die Dose nach der fetten Mücke, die sich wieder erholt hatte. Sie brach sich den Stachel, aber Mike kämpfte auf verlorenem Posten.

Quinal eilte herbei und rieb Cloppers Haut mit roten Nesseln ein. Es brannte fürchterlich, doch die Mücken zogen sich zurück. Der Frogo war von Stichen weitgehend verschont geblieben; er hatte sogar eine Riesenmücke mit seiner lassoartigen Zunge gefangen und aufgegessen. Quinal wollte etwas sagen, aber Mike kam ihm zuvor.

»Die Natur, ich weiß.«

Quinal hatte auch die Beeren gegen den Durchfall gefunden. Sie waren gelb und schmeckten bitter. Clopper aß eine Handvoll und befahl seinem Begleiter, mehr zu suchen. Dann nahm er die letzten Blätter aus seiner Tasche und hockte sich hinter einen rotbraunen Moorbusch.

Sofort war eine Mücke zur Stelle und stach zu. Clopper tobte. »Deine verdammten Nesseln wirken nicht!«

Zum ersten Mal reagierte der duldsame Frogo gereizt. »Was erwartest du, wo doch sogar die Zauber deiner Welt versagen?« Er wies auf das leere Insektenspray.

»Wer behauptet, dass meine Welt versagt? Warte, bis wir auf deinen vorsintflutlichen Planeten kommen. Wir werden Fabriken bauen und Treibhausgase emittieren. Weißt du, was globale Erwärmung ist? Eure Scheißmoore werden austrocknen, und dann solltest du die Mücken sehen.«

Wütend warf er die benutzten Blätter in ein Morastloch.

Clopper und Quinal starrten einander an.

Sie bemerkten nicht, wie hinter ihnen die Skelettfinger des verwunschenen Leibwächters zu zucken begannen.

Der erste Skelettkrieger stürzte sich lautlos auf Quinal. Er hielt ein schartiges Schlachtermesser mit rotbraunen Flecken, die Blut oder Rost sein konnten. Clopper sollte es nie genau erfahren.

»Runter!«

Er stieß den Frogo zu Boden und schoss dem Skelett zwischen die Augen. Es funktionierte nicht, was möglicherweise daran lag, dass der Totenschädel keine Augen mehr hatte. Der Kopf zerplatzte, aber der Knochenkrieger lief einfach weiter, obwohl er nicht mehr zu wissen schien, wo hinten oder vorn war. Das Skelett prallte gegen einen Baum. Es versuchte trotzdem weiterzulaufen.

Clopper zog sein Samuraischwert. Er hatte sich die Scheide neben den Ausrüstungssack auf den Rücken gebunden. Er trennte einem Knochenmann den Waffenarm vom Torso, aber das Monster hielt nicht inne und versuchte, Mike den Kopf wie eine Abrissbirne in den Magen zu rammen. Clopper schlug auch den Kopf ab. Das Skelett griff immer wieder an, bis nur noch die Beine standen.

Da hatte Clopper eine Idee. Dem nächsten Skelett hackte er gleich die Gliedmaßen unterm Leib weg. Das half. Der Krieger aus dem Moor wurde demobilisiert, wenn auch nicht demoralisiert: Er zog sich mit seinen klauenartigen Händen vorwärts, musste dabei jedoch sein Beil zurücklassen. Seine Schlagkraft tendierte jetzt gegen Null.

»Meister!« Quinals Schrei hallte durchs Moor. Der Frogo wurde von zwei Knochenkriegern bedrängt, die mit den Armen fuchtelten und Geisterbahnkreischen ausstießen. Clopper schoss den Skeletten die Unterkiefer weg. Das Gekreische erstarb. Mit schnellen Schritten überbrückte Mike die Distanz und säbelte dem einen Knochenmonster das rechte Bein ab; das andere wurde links invalidisiert. Beide wollten sich aufrichten, fielen dabei aber um. Falls sie ein Gehirn besessen hatten, musste es vermodert sein, denn sie versuchten immer wieder, auf die Beine zu kommen.

Das hielt sie beschäftigt, der Ansturm erlahmte.

»Was sagst du nun?« Clopper präsentierte grinsend das Samuraischwert. »Weltraumstahl.«

Quinals Glubschaugen wurden groß, aber nicht, weil der Frogo die fortschrittliche Klinge bewunderte. In Cloppers Rücken erhoben sich die Todeswürger aus dem Moor!

Die Skelette waren nur die Vorhut gewesen. Kutscher, Köche, Pferdeknechte und Wagenwächter, die mit ihren Herren in den Tod gefahren waren; Diener für alle Zeiten.

Die Würger bestanden aus Haut und verwesendem Fleisch. Man sah, dass sie fettleibige Pfeffersäcke gewesen waren. Viele hatten sich schmutzige Stoffbinden um den Leib gewickelt, um faulige Körperteile an Ort und Stelle zu halten. Sie erinnerten an schlecht präparierte Mumien. Die Würger hoben ihre Krallenhände und machten sich auf den Weg zu Cloppers Hals.

In der Zwischenzeit hatte sich das kopflose Skelett am Baum hochgezogen. Der dünne Stamm bog sich unter dem Gewicht. Dann stieß das Gerippe mit der Hand gegen einen vorstehenden Ast. Ein Finger brach ab und fiel zu Boden. Das Gewicht des Kletterers reichte plötzlich nicht mehr aus, der Baum schnellte nach vorn und katapultierte den Skelettkrieger zwischen die Todeswürger. Zwei oder drei stürzten im Knäuel ins brackige Wasser. Andere schlossen die Lücke. Die mumifizierten Kaufleute rückten vor.

Clopper zerhackte den ersten und stieß dem zweiten die gespreizten Finger ins Gesicht. Dem dritten fegte er mit einem Scherentritt die Beine weg. Dabei musste er selbst zu Boden gehen und bekleckerte sich den Tarnanzug mit Schlamm. Als Schauspieler hatte er Unterricht in nahezu allen Nahkampfsportarten einschließlich Taekwondo, Shaolin-Kungfu und Kamasutra genommen. Einmal hatte er sich zu einem Feng-Shui-Kurs angemeldet, war aber nicht wieder hingegangen. Nun machte sich das Training bezahlt.

Taekwondo: Clopper setzte einem Würger einen Sprungtritt gegen den Kopf. Der halbverweste Schädel klappte nach hinten, das Monster verlor die Orientierung.

Kungfu: Clopper boxte einem Würger in den Bauch, und der Schlag pflanzte sich durch alle Mumien fort, die hinter ihm standen. Es waren sechs oder sieben. Dem letzten Würger flog eine Bandscheibe heraus und versank im Moor.

Kamasutra: Clopper verknotete einem Würger Arme und Beine und schob ihm einen Ast in den After.

Feng Shui: Clopper schnappte sich eine Truhe aus dem versunkenen Karren und schlug sie einem Würger über den Schädel. Mehr hatte er in der ersten Kursstunde nicht gelernt.

Es reichte nicht. Die Monster gaben nicht auf. Clopper konnte sie nicht halb so schnell erledigen, wie neue aus dem Moor krochen. Einen Augenblick lang dachte er daran, das Anemonengift ins Wasser zu kippen. Dann fiel ihm ein, dass Zombies durch Giftmüll entstanden. Egal, was Quinal über den Fluch der Hexe Jara erzählte: Wahrscheinlich war das Wasser vergiftet, und die Krämer hatten davon getrunken.

Clopper schoss einem Würger zwischen die Augen. Das war die sicherste Methode, einen Zombie stoppen, doch dieser hier steckte sich einen Finger in die Wunde und schnippte Mike eine Ladung zermatschtes Hirn ins Gesicht.

Das Monster hatte sich einen Fetzen Stoff ums Becken gewickelt; die Bandagen wurden von einem Pflanzendorn gehalten. Clopper riss den Dorn heraus und rollte sich ab. Der Verband löste sich, dem Würger fiel das verschrumpelte Gemächt aus dem Schritt. Er faltete die Hände über der Blöße und drehte sich weg. Doch was Mike auch versuchte, die Würger ließen nicht nach. Sie kannten keinen Schmerz, keine Gnade und keine Werbeunterbrechung. Clopper wich zurück, hackte Quinal aus dem Griff eines Sumpfmonsters frei und überlegte, ob das der Zeitpunkt war, das Marbomesser zu ziehen und angeln zu gehen.

Stinkende Blasen blubberten im Morast. Quinal reagierte panisch. »Die Hauptmacht der Würger!«

Erwischt, dachte Mike: Es gab also doch Luft unter dem Moor. Laut sagte er: »Stand in deinen Schriftrollen etwas darüber, wie man diese Todeswürger fertig macht?«

»Nein, Meister, da stand nur, dass die Strafe für ihren Geiz die Verdammnis ist. Eine verfluchte Krämerseele kann nicht getötet werden.«

Die Mumien aus dem Moor bildeten einen Kreis um die Wanderer. Einige Skelettkrieger schlossen sich an. Zwei halbe Gerippe hatten sich zu einer kompletten Kampfeinheit vereint. Schartige Messer wurden erhoben, zerbrochene Schwerter, rostige Äxte, Morgensterne ohne Stern. Clopper verfluchte die Kaufleute, die vor lauter Gier in Jaras Falle gegangen waren. Elende Geschäftemacher!

Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. Er hob die Hand.

»Stopp mal, Leute!«

Der Drachenjäger

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