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V.

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Im Tiefland von Akera, das von Erdmagie durchdrungen ist, deren Auswirkungen unerforscht sind. In etwa Tausend Jahren wird es dazu eine Doppelblindstudie geben.

Als Clopper erwachte, schien die Fee verschwunden zu sein. Falls sie noch da war, konnte man das grüne Leuchten nicht mehr sehen, weil heller Tag war und die Sonne vom Himmel stach. Clopper gähnte herzhaft, machte ein paar Liegestütze und Dehnübungen und urinierte gegen den marmorierten Stein.

Quinal warf ihm entsetzte Blicke zu, aber nichts passierte. Clopper wurde nicht vom Blitz getroffen und ihm fiel auch nichts ab.

Der Frogo sah übermüdet aus. Offenbar hatte er die ganze Nacht kein Auge zugekriegt. Mike bot ihm einen starken Kaffee an, den er neben einer riesigen Portion Rühreier mit Speck auf seinem Atomkocher zubereitete. Später bereute er seine Anteilnahme, denn das Koffein ließ seinen Begleiter munter drauflos plappern.

»Meister, wir sollten auf den Rat der Fee hören. Diese Wesen sind sehr weise. Sie stehen über die Erdmagie miteinander in Verbindung und wissen, was in der Welt geschieht. Manchmal sehen sie die Zukunft voraus.«

Zwischen zwei Löffeln Rührei antwortete Clopper: »Also gut, ich habe gehört, dass dieses … Ding gesprochen hat. Aber was hat es denn genau gesagt? Dass wir uns beeilen sollen, aber das haben wir sowieso vor.«

Er fing an, seine Sachen zu packen. Die Essensreste kratzte er in die Mülldose. Was das anging, waren die Vorschriften streng: keinerlei Kontamination eines rückständigen Planeten! Clopper wusste zwar nicht, was ein bisschen Kaffeesatz oder Zigarrenasche kontaminieren konnten, aber soweit er den Instrukteur verstanden hatte, ging es darum, Verwirrungen in der Geschichte zu vermeiden. Falls irgendwelche Hausierer seinen Zivilisationsmüll auflasen, würden sie sich fragen, wozu ein Kaffeepad gut war. Vielleicht würden sie es nachbauen, lange bevor ein Seefahrer die Kaffeebohne in ihre Geschichte einführte.

»Die Fee hat gesagt, das Böse bedroht unsere Welt«, kam der Frogo auf das für Mike leidige Thema zurück

Clopper versuchte, seinen Standpunkt auf Quinals Art deutlich zu machen: »Deine Fee hat aber auch festgestellt, dass nur dieser eine Held das Böse aufhalten kann.«

»Der Held, der niemals prophezeit wurde.«

»Genau der. Er wird tun, was getan werden muss. Wir haben etwas anderes vor. Wir müssen den Drachen finden.«

Quinal war nicht überzeugt. »Wenn wir nichts damit zu tun haben, wieso ist die Fee uns überhaupt erschienen?«

»Was weiß ich. Das ist ihr Stein da oben auf dem Hügel. Sie kann vielleicht nur dort erscheinen. Wir waren gerade da, also hat sie es uns erzählt. So sind die Frauen.«

»Aber …«

Mike sprach lauter. »Diese Fee ist doch eine Frau?«

»Ich denke schon.«

»Siehst du. Damit ist alles klar. Und nun zeig mir den Weg, damit ich die Prinzessin heraushauen kann. Du willst doch, dass Orleia zu deinem Herrn gebracht wird, oder?«

Der Frogo nickte und gab endlich Ruhe. Doch Clopper merkte, dass ihn sein Begleiter nachdenklich ansah. Quinal schien etwas auf dem Herzen zu haben, sagte aber nichts mehr, und Mike wollte ihn nicht ermutigen, noch einmal auf die Fee zurückzukommen. Sie überquerten eine mit Präriegras bewachsene Ebene. Sanft erhoben sich mehrere Hügel in der Landschaft. Wenn auf jedem ein Feenstein stand, würde Quinal bestimmt bald wieder von der Erdmagie anfangen. Als der Frogo schließlich redete, überraschte er Clopper jedoch mit einem Themenwechsel.

»Prinz Tifar ist nicht immer ein aufrechter Mann, aber ich bin seiner Familie verpflichtet«, sagte Quinal und hob an, seine Geschichte zu erzählen.

Tasman war eine Provinz im äußersten Süden von Turkistan, ein Flussdelta mit üppiger Vegetation unter brütender Sonne. Es gab unzählige Tümpel, Sümpfe und weitläufige Feuchtwiesen, in denen man sich das ganze Jahr über die Schuhe ruinieren konnte. Hier lebten die Frogos. Sie dösten bei Tage im Sumpf, machten in den Nächten Liebe auf den vom Mond beschienenen Wiesen und brachten ihre Kinder im Tümpel zur Welt. Das Leben war gut, bis das turkistanische Herrscherhaus Siedler schickte, die im Tasmandelta Ajaserbsen anbauen sollten. Ajaserbsen brauchten zwar Wasser, aber keine Sümpfe und Tümpel. Die Siedler fingen an, das Land trockenzulegen, und für die Frogos begann eine schlimme Zeit.

»Ajaserbsen?«, fragte Clopper.

Er erfuhr, dass es sich um eine Hülsenfrucht handelte, die sich mit der irdischen Sojabohne vergleichen ließ. Er schüttelte den Kopf: »Sojabohnen werden überschätzt. Wir verwenden sie nur noch als Brechmittel.«

Das hatte wohl auch der Großkomul von Turkistan eingesehen, denn als Quinals Vater an der Spitze einer Gesandtschaft den Herrscher aufsuchte, gab dieser nach. Die Frogos schilderten ihren Überlebenskampf, und der Großkomul rief seine Siedler zurück. Vielleicht war es ein Fehler, dem Herrscher auf die Nase zu binden, dass die Echsenwesen vor dem Aussterben standen, denn als der Komul davon hörte, verzögerte er die Gespräche, bis Quinals Vater bereit war, einen Schwur zu leisten.

»Wir mussten Turkistan ewige Gefolgschaft geloben«, berichtete Quinal. »Zum Zeichen unserer Treue schwor mein Vater, dass ein Mitglied unserer Familie den Kindern des Großkomuls für alle Zeiten dienen wird.«

»Verstehe, du bist dieses Familienmitglied.«

Quinal neigte zustimmend den Kopf. »Er hätte meinen älteren Bruder mit dieser Aufgabe betrauen können, aber er hat mich geschickt, weil ich eine längere Lebensspanne vor mir habe und effektiver dienen kann.«

»Wie alt bist du denn?«

»Im nächsten Jahr werde ich hundertfünfzig.«

Clopper war beeindruckt. »Donnerwetter, das erklärt einiges.« Die Runzeln in Quinals Gesicht zum Beispiel.

»Was erklärt es?«

Mike wollte seinen Begleiter nicht verletzen. »Es erklärt dein enormes Wissen über eure Welt.«

Quinal lachte. »In Turkistan verbringe ich viele Stunden in der Bibliothek. Der Prinz schläft häufig, und ich nutze meine freie Zeit zum Studieren.«

Clopper ging noch etwas anderes durch den Kopf. »Wie alt ist dein Bruder? Ich meine, wo du doch der jüngere bist.«

»Mein Bruder ist zweihundert und mein Vater dreihundertfünfzig. Er hat noch viele Jahre vor sich, jetzt, wo unsere Sümpfe unter dem Schutz des Großkomuls stehen.«

Allmählich wurde das Land steiler. Der Laubwald wich Nadelbäumen. Vereinzelt ragten Felsen aus dem Boden. Sie waren mit Flechten überzogen, an den Bäumen wuchs Moos, und kleine Tiere sprangen von Ast zu Ast. Mike hielt sie für Eichhörnchen, aber er traute ihnen nicht und lockerte die Pistole in seinem Gürtelholster.

»Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist dein Vater der Froschkönig von Tasman.«

Quinal bestätigte das. »Meine Familie herrscht seit zweitausend Jahren über das Delta, aber Untertanen sind knapp geworden. Unser Titel bedeutet nicht mehr viel.«

»Mag sein. Doch immerhin bist du ein echter Prinz. Hast du schon mal darüber nachgedacht?« Clopper zwinkerte seinem Begleiter zu. »Du könntest Orleia selbst den Hof machen, wenn wir sie vom Drachenfels geholt haben.«

Quinal hielt diesen Gedanken für ungeheuerlich. »Das wäre Verrat an Tifar.«

Mike zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, du bist nicht gut auf ihn zu sprechen.«

»Der Prinz ist kein Ehrenmann, Meister. Er hat dich vorgeschickt, weil er seine Tage lieber im Bett, die Abende beim Wein und die Nächte mit liederlichen Frauen verbringt. Aber er ist mein Herr. Ich darf ihn nicht hintergehen.«

»Verstehe, der Großdings würde euren Sumpf trockenlegen.«

Clopper hielt an und wühlte in seinem Rucksack. Er fand nicht, was er suchte und blickte Quinal ernst in die Augen. »Würdest du auch für mich etwas tun?«

»Natürlich, Meister, wenn es der Erfüllung unseres Auftrages dient.«

»Das tut es. Ich brauche Klopapier.«

Seit einer Weile rumorte es in Cloppers Därmen. Es war kaum noch auszuhalten. Er musste sich dringend in die Büsche schlagen, aber Cathy Glory hatte nicht nur die falsche Raketenmunition eingepackt, sie hatte auch das Klopapier vergessen. Natürlich war es nicht einfach, an Klopapier zu denken, wenn man eine Drachentötermission vorbereitete. Mike selbst war es ja auch nicht eingefallen. Wieso auch? In seinen Filmen sah es unkompliziert aus, wenn Helden auszogen, um das Schicksal herauszufordern. Sie durchquerten Wüsten, stiegen auf Berge und töteten ihre Feinde, aber niemals musste einer von ihnen kacken.

»Klopapier?«, fragte Quinal, doch nachdem Clopper ihm das Problem auseinandergesetzt hatte, fand er im Handumdrehen eine Bodenstaude mit riesigen Blättern. »Die Natur gibt uns, was wir brauchen, Meister.«

Clopper verschwand brummend hinter einem Baum. Während er dort hockte, kletterte ein Eichhörnchen kopfunter den Stamm herab und beäugte ihn. Clopper zog seine Pistole und richtete sie auf den Kopf des Tieres. Das Eichhörnchen machte flugs kehrt und verschwand zwischen den Ästen.

Clopper wurde fertig, erkannte aber, dass er ein neues Problem hatte. »Durchfall«, sagte er zu Quinal. »Ich bin gegen die Ruhr geimpft, aber ich muss etwas Falsches gegessen haben.«

Der Frogo dachte nach. »Die Beeren des Hajabusa-Strauches! Sie löschen den Durst, doch wenn man zuviel davon isst, können sie diese Wirkung haben.«

»Du meinst unerwünschte Nebenwirkungen. Du hättest mich darauf aufmerksam machen müssen.« Clopper spürte, wie es in seinem Innern erneut rumorte. »Soviel zur Natur.«

»Sei nicht zornig, Meister. Wir finden das Gegenmittel im Gelfmoor. Vertrau der Natur, sie ist unser Freund.«

Na klar, dachte Clopper, die Natur und die Todeswürger. Er wurde aus diesem Froschgesicht nicht schlau. Erst gab es nichts Gefährlicheres als das Gelfmoor, aber dann wurde der Morast zum Arzneipflanzenreservat schöngeredet. Mürrisch stapfte er hinter dem Frogo her. Falls ihn im Moor ein Würger beim Kacken störte, würde er ihm zwischen die Augen schießen.

Bis zum Gelfmoor war es ein halber Tagesmarsch. Clopper musste dreimal auf die Hilfe der breitblättrigen Stauden zurückgreifen und war in tödlicher Stimmung, als der Überfall erfolgte. Das heißt, am Anfang sah es nicht nach einem Überfall aus, denn das Moor lag noch einige Meilen entfernt, und wenn man den Schriftrollen in Quinals Bibliothek Glauben schenkte, musste man so weit draußen nicht mit Todeswürgern rechnen.

»Einst waren die Würger Kaufleute aus Jaanstadt«, erzählte der Frogo gerade. »Sie benutzten die Karrenstraße, die um das Moor herumführt, um Handel in Akera zu treiben. An der Straße lebte Jara, die Zauberfrau. Sie verlangte hohen Wegzoll von den Kaufleuten. Doch diese waren geizig und bezahlten lieber einen Fährtenleser, der ihnen einen Pfad durch das Moor suchte. Jara rächte sich, indem sie das Moor verwünschte. Jeder Krämer, der Gold sparen wollte, versank im Morast. Kam er wieder hoch, war er zum Wiedergänger geworden. Der Handel in Akera hat darunter sehr gelitten.«

»Hat der König denn nichts gegen diese Jara unternommen?«, wollte Clopper wissen.

»Was hätte er tun sollen? Sie war eine mächtige Zauberin.«

»Es gibt Wege. Der König hätte ihr eine Sondersteuer für Wohnen am Moor auferlegen können. Auf diese Weise hätte er das Geld gekriegt, das sie den Kaufleuten abgenommen hat. Er hätte es als Handelssubvention an die Krämer gezahlt, und das Gleichgewicht wäre wiederhergestellt gewesen.«

»Das klingt kompliziert, Meister.«

»Ist es auch, aber es funktioniert. So macht man es bei uns auf der Erde. Wenn die Regierung nicht die Kraft besitzt, ein Ärgernis zu beseitigen, umgeht sie es.«

Dann erfolgte der Angriff.

Sie erklommen einen Steilweg. Oben stand ein Mann in einer schwarzen Rüstung. Er hatte stämmige Beine und breite Schultern und sah wie ein Teerfass aus. Er hielt ein riesiges Schwert in der einen und eine noch größere Axt in der anderen Faust. Er hatte das Visier heruntergelassen, aber Quinal erkannte ihn sofort.

»Das ist Rumbold, der Raufbold aus den sieben Grafschaften.«

»Einer der Prinzen?« Clopper erinnerte sich vage.

»Eigentlich ist er Graf, und alle nennen ihn den Schwarzen Ritter, weil seine Rüstung …«

»Das sehe ich.«

Sie näherten sich dem Raufbold, der vorgab, Graf zu sein, obwohl es ihm an Manieren mangelte. Rumbold hielt es nicht für nötig, eine förmliche Herausforderung zu formulieren. Er schwieg und ließ seine Klingen zischend durch die Luft schneiden. Zusammen mit dem tückischen Funkeln hinter den Sehschlitzen verriet es Clopper, dass Rumbold bald angreifen würde.

»Howdy, Rumbold«, reizte er den Raubritter. »Falls du deine Männer suchst, sie sind hinter uns. Keine vierzig Meilen von hier in einem Gebüsch.« Mike fand, dieser Spruch war gut genug für einen Einzeiler in seinem nächsten Film, der eine Max-McCormick-Produktion sein würde.

Rumbold reagierte nicht. Er schien auf etwas zu warten. Clopper öffnete die Lasche an seinem Pistolenholster. Quinal flüsterte: »Gib acht, Meister. Sein Knappe versteckt sich meistens mit einer Armbrust in den Büschen.«

Clopper aktivierte den Wärmesensor an seinem Handgelenkcomputer. »Hab ihn!«

Pfeilschnell zog er das Messer, das mit dem Griff nach unten in seiner Kampfweste steckte. Die Klinge fuhr wie ein silberner Blitz in den Busch hinter Rumbold. Hajabusabeeren, registrierte Mike befriedigt. Ein paar Blätter wurden zerfetzt, er hörte einen dumpfen Aufprall, gefolgt von einem Stöhnen. Dann kippte der Knappe des schwarzen Ritters aus dem Gebüsch: ein junger Mann in zerlumpten Kleidern mit einer schnell wachsenden Beule auf der Stirn.

Die Armbrust, ein giftig aussehendes Ding, ging los. Der Bolzen fuhr dem Raubgrafen in die Hinterbacken, wo die Panzerplatten nicht hinreichten. Rumbold schrie und sprang mit tränenden Augen über die Lichtung. Clopper musste fünfmal schießen, um ihn zu treffen.

Pling! Pling!

Anstelle der Sehschlitze erschienen zwei fransige Löcher im Helm des schwarzen Ritters. Rumbold brach wortlos zusammen. Vermutlich hatte er unter dem Visier einen ungläubigen Gesichtausdruck. Clopper wirkte zerknirscht, als er die Einschläge prüfte. »Er hätte stillhalten sollen. Ich wollte ihm die Waffen aus den Händen schießen. Aber so geht das nicht, ich habe ja nicht mal zwischen die Augen getroffen.« Er schüttelte frustriert den Kopf.

»Was ist das für ein Zauberstab, Meister?« Quinal deutete ehrfürchtig auf die große Pistole.

»Kein Zauberstab. Eine Bushmaster Rapid, die mächtigste Handfeuerwaffe der Erde. Durchdringt Stahlplatten von zwei Zentimetern Stärke. Zweiundzwanzig Schuss im Magazin. Hülsenlose Munition. Ich darf keine Spuren hinterlassen, die euren Historikern Rätsel aufgeben.«

Im Hintergrund regte sich der Knappe. Er war ein schmieriger Bursche mit Aknenarben und fettigen Haaren, die ihm jemand unter einem Kochtopf geschnitten hatte. Seine Kleider stanken, boten im Wald aber gute Tarnung, weil sie ihrem Träger die Gestalt eines Müllsacks verliehen, den jemand zwischen die Sträucher geworfen hatte.

Der Knappe stöhnte und schüttelte den Kopf, als wolle er den Blick klar bekommen.

»Es war edelmütig von Euch, den Jüngling zu verschonen«, sagte Quinal.

Clopper zuckte die Schultern. »Dieses blöde Messer ist mit dem Griff zuerst ins Ziel gekommen. Ich hab den Dreh noch nicht raus.« Er ging zu Rumbolds Knappen und schlug ihm den Pistolenlauf ins Genick. Dann suchte er das Messer und nahm es wieder an sich.

»Sieh nach, ob sie Geld bei sich haben«, befahl er. »Damit können wir in der nächsten Schänke bezahlen.«

Aber Quinal fand nichts. Rumbold und sein Handlanger waren total abgebrannt.

»Kein Wunder, dass sie hinter der Prinzessin her waren«, versetzte Clopper. »Es ging ihnen um die Mitgift.«

Der Drachenjäger

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