Читать книгу Willkommen im Support - John Nerd - Страница 7
Und was machst Du so ?
ОглавлениеDiese Frage bekomme ich gerne mal gestellt: Auf Partys, Veranstaltungen, aber auch von Leuten, die es inzwischen eigentlich wissen müssten. Letztere sagen nach einer kurzen Erklärung dann immer: „Ach ja, stimmt ja.“, die anderen reagieren unterschiedlich. So neulich wieder auf einer Feier. Ich stehe in der Küche der Gastgeber und kann mich nicht entscheiden was ich zuerst vom Fingerfood nehmen soll. Also grabbel ich alles mal ein wenig an, und als ich mich gerade zwischen Lachs-Häppchen und Miniwürstchen im Blätterteigmantel entscheiden will, werde ich gefragt: „Und was machst Du so ?“ „Umm,….mich zwischen Lachs und Würstchen entscheiden?!“ Was für eine blöde Frage, wenn man offensichtlich Unentschlossenheit zeigt. „Nein, ich meine, was arbeitest Du zurzeit ?“ „Öh,….dasselbe wie seit über 15 Jahren auch ?!“ Als würde ich alle drei Monate etwas anderes machen. „Äh…naja, also ich arbeite in der IT-Abteilung einer Werbeagentur – immer noch.“ „Und was genau machst Du da so ? Jeden Tag PCs reparieren ?“ Klar, das ist schließlich das Einzige, das man in der EDV macht. „Ja, das auch, aber ich kümmere mich auch um die Telefonanlage, die Softwareverteilung, …“, rattere ich meine ganze Latte herunter und amüsiere mich ein wenig über das leicht ratlose Gesicht. „Helpdesk machst Du auch ? Oh Man, wenn ich da an unseren Support denke: den erreichste nie und wenn doch, dann dauert’s ewig bis einer kommt oder sie sagen nur, dass ich meinen Rechner neu starten soll.“ Komisch, wieso kommt mir das alles so bekannt vor ? Aber nein, ganz so bunt treiben wir’s nicht. Schließlich lege ich Wert auf Qualität und Kundenzufriedenheit. Also erkläre ich unsere und meine Arbeit ein wenig. Mein Gegenüber seufzt: „Ach…..das wäre schön, wenn mal jemand ans Telefon ginge oder sofort auf eine E-Mail antworten würde. Ja, aber kommen da nicht auch die ganzen Leute mit ihren privaten PC-Fragen und so ?“ „Doch, doch, die kommen auch. Und manchmal können sie sogar ihren privaten Rechner mitbringen.“, sage ich ein wenig stolz. „Ach, kannste nicht bei uns anfangen ? Aber hier, wenn wir da gerade schon bei sind: ich hab‘ da ein Problem mit meinem Windows. Der Rechner braucht ewig, um zu starten und dann bringt Windows am Anfang oft ‘ne Fehlermeldung. Weißt Du was da los sein könnte ?“ Klasse ! Und da war sie wieder: Die genial eingeleitete Überleitung hin zum privaten Support mit immer den gleichen Themen:
Mein Windows ist so langsam
Mein PC stürzt immer mal ab
Dies geht nicht
Jenes geht nicht
Und das immer in Verbindung mit der Frage: "Weißt Du was da los sein könnte ?" Ja, Support ist mein Job, aber bin ich Hellseher ? Ich kann doch auch nicht in die Autowerkstatt laufen und sagen, dass mein Auto, das daheim steht, manchmal ein wenig ruckelig anspringt, an der Ampel gerne mal ausgeht und dann noch erwarten, dass ich eine hilfreiche Diagnose bekomme. Also sage ich in solchen Fällen immer: "Hast Du den Rechner schon mal aus- und wieder eingeschaltet ?" Ich amüsiere mich dann immer über die für einen kurzen Moment ratlosen Gesichter und gehe – ans nächste Büffet. Ich find's immer wieder klasse, dass ich ständig von Kollegen, vom Reinigungspersonal im Büro, von Nachbarn und von Leuten, die über Andere an mich herantreten, gefragt werde ob ich ihnen nicht sagen könne, weshalb dies und das auf ihrem Rechner nicht mehr laufen würde und wie sie's wieder geradebiegen können. Auslöser für viele der Ausfälle und Fehler sind oft Freunde, Bekannte und Familienmitglieder, die sich als Experten ausgeben und "mal eben schnell was installieren". Da werden gecrackte Anwendungen und Schwarzkopien von Windows installiert, auf dass sich hinterher jeder wundert, weshalb dies und jenes ständig abstürzt, die Taskleiste spinnt oder sich Programmmodule immer wieder aufhängen. Die "Experten" raten dann noch zu "wichtigen" Anwendungen wie Filesharing-Programmen und System-Optimierern, ohne sich vorher über möglicherweise integrierte Schnüffelsoftware oder mangelnde Funktionalitäten informiert zu haben. Sie raten zu alternativen Webbrowsern, Mediaplayern oder Datei-Explorern und installieren zudem manchmal Versionen, die total veraltet sind. Es werden Messenger-Anwendungen installiert, virtuelle CD-Laufwerke erstellt und sonstiger Kram gemacht, den nur die selbsternannten Experten selbst "brauchen" - aber ansonsten keines ihrer Opfer. Da wird kurz durch diese Computerzeitschrift geblättert und auf jenem Magazin geschlafen, und schon geben sie die klügsten Ratschläge und verhunzen dabei mehr, als dass sie ihren Freunden und Bekannten wirklich helfen. Wenn sie keine echte Ahnung haben, dann sollten sie das sagen und nicht so tun als wären sie eine Mischung aus Bill Gates und Steve Jobs. Komisch ist dann nur, dass sie bei den selbstverursachten Problemen nicht weiterhelfen können und nur auf andere verweisen, die's dann wieder richten sollen. Und dann komme ich ins Spiel - oder zumindest vermeintlich, denn ich stelle mich dann immer doof und sage nur: "Keine Ahnung. Also ich als Laie würde alles neu installieren."