Читать книгу Gefährlich gute Grooves - John Taylor - Страница 10

Оглавление

4: Katholische Mahn-Klausel

Als ich vier Jahre alt wurde, trat die Schule an die Stelle der Kirche. Ich ging gerne hin. Hätte ich gewusst, was mich dort erwartete, hätten sie mich hinschleifen müssen.

Wenn ich heute – leicht augenzwinkernd – zurückblicke, waren die Vorschuljahre idyllisch. Zum ersten Mal erfuhr ich die exklusive Aufmerksamkeit einer Frau.

Mum und Dad meldeten mich an der katholischen Grundschule Our Lady of the Wayside an. Obwohl Dad nicht gläubig war, stand er voll dahinter. Man bekam dort vermeintlich eine bessere Erziehung als in der staatlichen Schule vor Ort.

Am ersten Morgen zog Mum mir die Schuluniform an – gelb-graue Krawatte, graue Flanell-Shorts und einen winzigen Blazer –, gab mir etwas zu essen und brachte mich den Hügel hinauf, wo ein halbes Dutzend weiterer Opfer schon auf den Bus wartete.

Ich nahm das alles ganz entspannt. Ich war zuversichtlich, aufgeregt und erwartungsfroh. Meine Eltern hatten mich gut auf diesen Tag vorbereitet. Ich muss eine gewisse Ruhe ausgestrahlt haben, denn der Junge, der in der Klasse den meisten Ärger machte und herumschrie und kreischte, wurde neben mich gesetzt.

Das Beste am Klassenzimmer waren die Sandkiste und der Teewagen, auf dem um Punkt elf Marmeladenkekse bereitlagen. Meine deutlichste Erinnerung an das erste Grundschuljahr ist, wie ich eines Montags ankam und meine neue Brille mit dem breitrandigen Kassengestell trug. Da war ich fünf. Die Lehrerin schlug vor, ich solle mich auf den Tisch stellen, damit sich alle den neuen Nigel gut anschauen konnten. Es war wie: „Hey, nennt mich einfach Vier-Auge, Jungs.“ Ich bin sicher, Mrs. Gilmore hatte keine Demütigung beabsichtigt, aber für einen Fünfjährigen war es das.

Marmeladenkekse waren nicht die einzige Religion in Our Lady of the Wayside. Die katholische Lehre stand auf dem Lehrplan ganz oben; RL – Religionslehre – machte es sich neben Mathe, Geschichte und Geografie bequem. Zwei mal zwei ist vier, die Schlacht von Hastings war 1066, Paris ist die Hauptstadt von Frankreich, und Jesus verwandelte auf der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein.

Trotz all der Stunden, die ich in der Kirche verbracht hatte, trotz aller Zeremonien und Lesungen, Musik und Weihrauch, ich kapierte es nicht. Intellektuell ergab es für mich nie einen Sinn.

Ich saß da wie einer aus der Menge bei der Speisung der Fünftausend, kratzte mich am Kopf und grübelte, wie in aller Welt Jesus es schaffte, das ganze Essen aus fünf Brotlaiben und zwei kleinen Fischen zu machen. Wie? Warum? Weil er Jesus war? Weil er der Mann war? Hatte ich irgendwas nicht mitgekriegt?

Aber man lernt schon früh, dass Fragen nach dem Wie oder Warum in der katholischen Kirche nicht geschätzt werden. Die intellektuelle Schärfe der Juden ist nicht unsere Sache. Auch die spirituelle Neugier der Buddhisten nicht.

Ignoranz ist für uns eine Frage der Ehre.

Das ist es, was ich die „katholische Mahn-Klausel“ nenne. Es ist ein kleiner theologischer Geniestreich, der so geht: Wenn du Fragen hast, dann hast du keinen Glauben, und wenn du keinen Glauben hast, dann hast du die Arschkarte, denn Blitze werden sich nachts durch dein Schlafzimmerfenster brennen und DICH VOM ANGESICHT DER ERDE HINWEGFEGEN!

Diese Welt kann ein beängstigender und verwirrender Ort sein, wenn man aufwächst.

Gefährlich gute Grooves

Подняться наверх