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Der Staatsminister hatte ein Lunchmeeting in Rosenbad mit einigen seiner nächsten Mitarbeiter. Abgesehen von den zwei Staatsekretären, Göran Jonsson aus der Finanzministerium und Lena Utter aus seiner eigenen Staatskanzlei, waren Finanzminister Gunnar Ek und Parteisekretär Stig Gustafsson anwesend.

Der Staatsminister wollte an seinen engsten Vertrauten ein paar neue Ideen ausprobieren. Vor allem zwei Dinge ließen ihm keine Ruhe. Einerseits das in seinen Augen ungerechte System der privaten Rentenfonds und andererseits das kapitalistische Bankensystem, das eher wie ein Staat im Staat funktionierte. Es war ungünstig, dass die Staatsmacht so wenig Einsicht in die wichtigsten Zahnräder der gemischten Wirtschaftsordnung hatte.

Was das private Rentensystem betraf, hatte er einen radikalen Vorschlag: Die Rentenerträge sollten auf dieselbe Weise versteuert werden wie die Kapitalerträge. Er fand nicht, dass es einen Grund gab, Abzüge beim Rentensparen zuzulassen, weder privat, noch in Firmen. Das staatliche Rentenzuschuss-System deckte den Teil bereits ab. Warum sollten diejenigen, die bereits auf Kosten der Steuerzahler bevorzugt waren, die Möglichkeit eines so viel besser gestellten hohen Alters haben als der Rest der Bevölkerung, dem diese Möglichkeit überhaupt nicht offenstand?

Der Staatsminister hatte bereits aufgegessen und seinen Teller von sich geschoben. Sein Enthusiasmus ließ nicht nach, als der Finanzminister ihn leise fragte, ob Protestschreie aus den anderen Parteien kommen würden. Dem Staatsminister war es vollkommen egal, wie die bürgerlichen Parteien reagieren würden. Er war überzeugt, dass der Mehrheit der Bevölkerung der Vorschlag gefallen würde. Außerdem war er sich der hundertprozentigen Unterstützung von den Kommunisten sicher. Und selbstverständlich würde man mit der Besteuerung nicht umgehend beginnen. Es würde sukzessive in einem Zeitraum von fünf Jahren geschehen. Er hatte bereits mit dem Sozialminister und dem Außenminister über den Vorschlag gesprochen. Beide hatten sehr positiv reagiert.

„Du solltest dich über diesen ordentlichen Zuschuss zur Staatskasse echt freuen, Gunnar“, sagte der Staatsminister fröhlich.

Der Finanzminister Gunnar Ek starrte auf seinen Teller mit dem halb gegessenen Schweinekotelett. Er piekte mit der Gabel in eine Kartoffel, die mittlerweile zu kalt zum Essen war. Er fand den Vorschlag vom Staatsminister überhaupt nicht gut, aber jetzt war nicht der Zeitpunkt zum Diskutieren. Der Staatsminister war sehr empfindlich bei Kritik, wenn andere Personen anwesend waren. Dann würde es ihm nur noch wichtiger werden und er würde entweder sauer werden oder seine Mission so lange fortführen, bis ihm alle zustimmten. Der Finanzminister beschloss zu schweigen und das Thema bei einer anderen Gelegenheit wieder aufzunehmen, wenn sie allein waren.

Beim Spaziergang zurück zum Finanzministerium legte Gunnar Ek Staatssekretär Göran Jonsson seine Gefühle dar. Auch der hatte keine rechte Lust, die Rentenfonds zu besteuern. Zumal er selbst inzwischen eine stattliche Summe angespart hatte. Er hatte beim Essen auf die Schnelle im Kopf ausgerechnet, dass sein eigenes besteuerbares Vermögen statt bescheidenen 600000 Kronen fast 4,8 Millionen betragen würde – und dass seine Steuer um weitere mehrere Zehntausend Kronen pro Jahr steigen würde. Und nicht nur das: Dem Staatsminister würde die Offenlegung eines solchen Privatvermögens überhaupt nicht gefallen. Das war alles überhaupt nicht gut.

Waldenström hatte eine große, weiße, dreistöckige Villa in Djursholm an der Grenze von Stockholm. Das Haus war wunderschön, mit einer großen Veranda, die auf den gepflegten Park mit dem englischen Rasen hinausging, der sich bis zum Wasser erstreckte. Unten am Steg lag normalerweise Lennarts Cigarette-Racerboot im Bootshaus. Aber nun war Winter und es lag noch immer Eis auf dem See, der das Wasser daran hinderte, stimmungsvoll an den Steg zu plätschern. Das Haus und vor allem seine Umgebung sahen im Sommer am besten aus.

Der Park wurde, ebenso wie das Haus, von einem einzigen Mann gepflegt: Evert Jakobsson, der als Familieninstitution bereits seit fast 35 Jahren angestellt war. Evert war schlicht und ergreifend unverzichtbar. Anna-Lisa Waldenström pflegte zu sagen, dass man ohne ihn die Djurholmsvilla auch einfach abreißen könnte. Er wohnte unten in der Dienstbotenwohnung an der Rückseite des Hauses. Der Rest der Villa stand die meiste Zeit leer. Die Herrschaften Waldenström selbst wohnten, seit auch das jüngste Kind ausgezogen war, in ihrer Wohnung auf Östermalm und benutzten die Villa nur bei besonderen Einladungen.

Wenn eine solche Einladung stattfand, war es Everts Aufgabe, sich um die Arrangements zu kümmern und die Köchin und den Kellner herzubeordern. Seit fünfzehn Jahren waren es immer dieselben: Ebba Johansson und Kjell Ekberg. Wenn weiteres Personal gebraucht wurde, kümmerte sich Evert auch darum, schnell und effektiv. Mit den Jahren hatte er ausgezeichnete Kontakte mit den besten Hotels und Restaurants in Stockholm aufgebaut. Sie standen immer kurzfristig zur Verfügung, wenn es nötig war. Waldenström war ein Name, der nicht nur bei den Banken gut funktionierte.

Es verlieh Sicherheit, dass die Bediensteten fast immer dieselben waren, zuverlässige Leute aus renommierten und bekannten Lokalitäten.

Außerdem war das Personal von der Sicherheitspolizei geprüft. Bevor sie ihren Dienst antraten, mussten sie eine absolute Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Das war für die Sicherheit entscheidend. In der Villa trafen sich hohe Staatsleute und Politiker mit den Spitzen der Wirtschaft, und oft wurde über Milliardengeschäfte diskutiert oder sie wurden abgeschlossen. Evert hatte selbst Präsidenten gesehen, die Verträge unterschrieben, bei denen es um Summen ging, die in der Höhe des Bruttosozialprodukts eines kleineren Landes lagen.

In diesem Haus wurden große Geheimnisse gelüftet. Industriespione und Paparazzi mussten auf Abstand gehalten werden. Gar nicht zu reden von Drohungen von Terroristengruppen. Das Grundstück war daher mit einem umfassenden Alarmsystem ausgestattet. Empfindliche Sensoren auf hohen Stahlpfeilern, die im regelmäßigen Abstand an der Innenseite des hohen Zauns platziert waren, machten es unmöglich, sich uneingeladen und unbemerkt zur Villa zu begeben, ohne den Alarm auszulösen.

Das Abendessen, das an einem Donnerstag im Februar stattfinden sollte, war jedoch von anderer Natur. Weder Sicherheitswachen noch ein Alarmsystem waren notwendig. Es war eine ganz private Veranstaltung für Waldenströms enge Freunde und Kollegen. Dennoch würde dieses Treffen eine große Bedeutung haben – zumindest indirekt.

Drei Tage zuvor hatte Evert Jakobsson telefonisch mitgeteilt bekommen, dass das Ehepaar Waldenström am nächsten Donnerstagabend einige gute Freunde zum Abendessen einladen würde. Es handle sich um acht Gäste und sie würden um sechs Uhr ankommen. Anna-Lisa Waldenström würde jedoch früher kommen, bereits um vier, um persönlich die letzten Vorbereitungen zu überwachen.

Evert Jakobsson hatte sofort Ebba Johansson angerufen, die umgehend zusagte. Der Kellner Kjell Ekberg hatte ebenfalls Zeit. Mehr Bedienstete würden nicht vonnöten sein.

Auf der großen, mit Fenstern ausgestatteten Veranda stand ein Esstisch aus Birnenholz, den Lennart Waldenströms Vater Anfang der 20er-Jahre aus Argentinien nach Hause verschiffen lassen hatte. Wenn weniger als zehn Gäste kamen, ließ Frau Waldenström gern draußen auf der Veranda eindecken, auch im Winter. Es reichte ihr, kein Tischtuch aufzulegen, sondern die Teller auf Platzsets aus Leinen zu stellen, damit man die schöne Maserung des Birnenholzes sehen und bewundern konnte.

An diesem wunderschönen Tisch genossen die Gastgeber und ihre acht Gäste in Weißwein gebratene Seezunge, serviert mit Zitrone, fein geschnittenem Dill und gedünsteten Kartoffeln. Die Köchin hatte sich selbst übertroffen.

Der Salat bestand aus Tomaten mit Knoblauch, bestreut mit fein gehackter Petersilie in einer Vinaigrette, die Anna-Lisa selbst zubereitet und eine Stunde vor dem Servieren vorsichtig über den Salat gegeben hatte. Zum warmen Gericht wurde ein kühler Chablis Grand Cru serviert sowie importiertes Tafelwasser ohne Kohlensäure.

Neben Herrn und Frau Waldenström, die jeweils am kurzen Ende des Tisches saßen, nahmen Erik Dritz und seine Frau Karin an dem Essen teil. Erik war CEO in einer der zahlreichen Firmen des Konzerns in der Zellulosebranche. Seit über dreißig Jahren war er ein treuer Angestellter. Er war von Lennart direkt nach seinem Studium der Volkswirtschaft angestellt worden, um sich im Konzern weiterzubilden.

Erik Dritz hatte Lennart Waldenström immer unterstützt, auch als dessen Ansehen im Familienkonzern ganz unten gewesen war. Er war es auch gewesen, der am Schluss dafür gesorgt hatte, dass Vater und Sohn sich wieder versöhnten. Lennart hatte das nicht vergessen und Erik war seit vielen Jahren sein nächster Vertrauter.

Vilhelm und Greta Sundberg arbeiteten beide bei der Bank. Greta seit fünfzehn Jahren in der Kreditabteilung, Vilhelm seit siebzehn Jahren als Chef der Südregionen Schwedens. Vilhelm war der geborene Banker. Es lag ihm im Blut. Zwar hatte er seine Karriere bei einer Konkurrenzbank begonnen, aber der alte Waldenström, der eine Nase für Talente hatte, hatte den begabten Jüngling mit dem breiten Lächeln entdeckt und ihn schon früh in die Familienbank gelockt. Vilhelm verband Charme mit einer eiskalten Analysefähigkeit und vollkommener Skrupellosigkeit. Eigenschaften, die für seine Position passten wie ein Deckel auf den Topf.

Links von Anna-Lisa saß der mittlerweile pensionierte Oberst Sune Gren. Gegenüber, an der Seite von Vilhelm, saß Sunes Frau Lilian. Die beiden waren alte und enge Freunde der Waldenströms und besaßen den Nachbargrund in Östermalm.

Der ebenfalls pensionierte Weißwarendirektor Bo-Erik Svanström und seine Frau Eva machten die Einladungsliste komplett. Bo-Erik, der nach fünfundvierzig Jahren im Konzern noch immer genauso neugierig und voller Ideen war wie zu seiner aktiven Zeit, war inzwischen Lennarts persönlicher Ratgeber. In der Elektronikbranche war er noch immer seiner Zeit weit voraus und hatte offenbar gute internationale Kontakte, besonders nach Asien.

Beim Essen drehte sich das Gespräch vor allem um Privates. Bo-Erik Svanström erzählte von ihrem Haus auf Dalarö, das er und seine Frau Eva jetzt bauen und einrichten wollten, sodass man dort den Großteil des Jahres wohnen konnte.

„Ich habe in der Stadt kaum noch etwas zu schaffen“, erklärte er.

„Aber gibt es da draußen wirklich alles, was man braucht?“, fragte Anna-Lisa.

„Man kann ja ins Einkaufszentrum gehen, wenn man einmal pro Woche in die Stadt fährt“, sagte Frau Svanström loyal, aber mit etwas weniger Enthusiasmus. Sie wusste, dass sie die Gesellschaft ihrer Freundinnen vermissen würde. Ihre privaten Kaffeekränzchen und den täglichen Besuch im Einkaufszentrum.

Die Herren beschwerten sich über die Steuererhöhungen, die die Mitbürger vollkommen unnötig zwangen, ihre Steuerzahlungen zu planen, was der Reichsteuerkasse jede Menge unnötiger Arbeit einbrachte.

„Das ist wahrscheinlich genau das, was sie vorhatten. Arbeit zu schaffen. Und Gott weiß, dass ich ordentlich zu der Arbeit beitrage!“, sagte Erik Dritz mit übertriebenem Ernst und brachte alle um den Tisch herum zum Lachen.

Der treue Diener Evert Jakobsson spazierte durch den Park zum Bootshaus. Der Himmel über der Stadt in der Ferne war hell, aber hier draußen glitzerten die Sterne auf dem samtschwarzen Winterhimmel. Die Dunkelheit umgab ihn vollkommen, da kein Schnee auf dem Boden lag. Ich sollte die Beleuchtung anmachen, dachte er. Das mache ich, wenn ich zum Haus zurückkomme.

Auf dem Steg zündete er sich eine Pfeife an. Er sah zum Haus hoch, wo die Veranda wie die Kommandobrücke eines Schiffs in der Dunkelheit leuchtete. Drinnen sah es warm und gemütlich aus. Durch das Fenster sah er, wie der alte Oberst eine Dankesrede hielt und alle auf die Gastgeberin anstießen. Eingeschlossen in eine Glaskuppel.

Wie ein Aquarium, dachte er.

Nach dem Essen zogen sich die fünf Herren in die Bibliothek zurück, um Zigarre zu rauchen und Cognac zu trinken. Eine alte, konservative Sitte, die man gern pflegte. Als die Frauen bereits anfingen, die letzten Neuigkeiten über ihre Kinder und Enkelkinder zu erzählen, schloss Lennart Waldenström die Tür zur Bibliothek. Er hatte bereits angekündigt, dass er sich nach dem Essen eine Zusammenkunft wünschte. Nein, Zusammenkunft war zu viel gesagt, eher ein gemeinsames Gespräch. Er wollte über ein Problem sprechen.

Als er die Türen geschlossen hatte, sahen ihn alle fragend an. Er sah in ihre Augen und dachte für einen Moment, dass er vielleicht voreilig gewesen war.

„Ich möchte über ein Problem sprechen, das uns alle betrifft“, hub er an. „Ich habe neulich mit Vilhelm gesprochen, und … ja, du kannst ja vielleicht selber erzählen, was du über die Pläne der Regierung gehört hast, Vilhelm.“

Lennart setzte sich zu den anderen an den Rauchertisch und hob sein Cognacglas, während Vilhelm Sundberg darlegte, was er im Flugzeug nach Kopenhagen gehört hatte.

Er hatte zufällig neben Göran Jonsson gesessen, dem Staatssekretär vom Finanzministerium. Dieser hatte erzählt, dass die Regierung Pläne hatte, die private Rentenversicherung zu besteuern. Jedenfalls war das im Gespräch. Außerdem gab es ernste Überlegungen, dass Bankenwesen zum Teil zu verstaatlichen. Halbprivat, hieß es.

„Laut Göran Jonsson ist dies ein Vorschlag vom Staatsminister selber“, sagte Vilhelm. „Mehreren in der Regierung gefällt der Gedanke. In einem Monat wollen sie die Frage ernsthaft aufnehmen. Der Staatsminister hat offenbar schon einen seiner engsten Mitarbeiter damit beauftragt, die Eckdaten zusammenzutragen.“

„Der Mann wird uns ruinieren“, sagte Erik Dritz aufgebracht. „Er ist eine Gefahr für die ganze Nation!“

„Wenn er gegen die Banken loszieht, ist hier Krieg!“

Die Stimmung um den Tisch war erregt. Die sonst so beherrschten Männer unterbrachen sich gegenseitig. Lennart sah ihnen gedankenverloren zu und schnitt mit einem Taschenmesser die Spitze einer Zigarre ab.

„Es hängt an uns“, sagte er schließlich.

Die anderen vier verstummten und sahen ihn fragend an. Lennart zündete sich sorgfältig seine Zigarre an. Nachdenklich nahm er einen Schluck aus dem Cognacschwenker und ließ das weiche Getränk durch seinen Mund rollen, ehe er fortfuhr:

„Wir müssen uns fragen, wie wir seinen Weitergang aufhalten können. Es geht nicht nur um uns. Er ist auch ein internationales Problem, das muss uns klar sein. Auch im Ausland ist man besorgt. Wir haben eine Verantwortung. Wir müssen handeln.“

Die Männer sahen sich über den Tisch an. Sie unterstützten ja bereits mit ansehnlichen Beträgen Kräfte, die unter normalen Umständen einen Regierungswechsel zustande bringen könnten. Was sollte man noch tun?

„Hat er keine Schwächen?“, fragte Bo-Erik Svanström. „Gibt es kein Chappaquiddick, oder wie das heißt, das einen echten Skandal in Gang setzen kann und ihn vom Schemel stößt?

„Ja, das fragt man sich. Warum finden die Zeitungen nichts?“, murmelte der alte Oberst. „Der Typ ist ja wohl kein Heiliger? Die Reporter finden doch sonst überall irgendeinen Mist. Aber ihm halten sie den Rücken frei.“

In der folgenden halben Stunde diskutierten die fünf Männer über das Problem. Sie brachten einen unrealistischen Vorschlag nach dem anderen hervor und waren frustriert, dass sich mit Geld nicht alles kaufen ließ. Sie kamen nicht einmal in die Nähe einer Lösung.

Lennart Waldenström blieb bei der Diskussion merkwürdig passiv, obwohl er sie ausgelöst hatte. Mehr und mehr sah er ein, dass die endgültige Lösung des Problems nie besprochen werden würde. Und er war sich im Klaren darüber, dass er diese Verantwortung nicht teilen konnte. Es war ein Fehler gewesen, die Sache seinen Freunden gegenüber anzusprechen.

Er war fast erleichtert, als ihr Treffen durch Anna-Lisa unterbrochen wurde, die ihren Kopf durch die Tür steckte und mitteilte, dass sie nun Bridge spielen wollten.

Um elf Uhr am Abend gingen die letzten Gäste. Eine Viertelstunde später verließen die Gastgeber das Haus und begaben sich nach Hause in ihre Stadtwohnung. Lennart Waldenström hatte früh am nächsten Morgen ein Meeting und es wäre unpraktisch gewesen, im Haus zu übernachten.

Gegen Mitternacht war das Geschirr gewaschen und weggeräumt, und die Küche glänzte so sauber wie zuvor. Ebba Johansson und Kjell Ekberg sagten Evert Jakobsson gute Nacht. Er machte hinter ihnen das Licht aus und stellte den Alarm an, ehe er in seine Wohnung ging.

Lennart Waldenström konnte nicht schlafen. Er dachte an die Zukunft. An seine Kinder. Nur zwei seiner sieben Kinder arbeiteten im Konzern. Die anderen fünf hatten sich so weit wie es nur ging von der Bank- und Handelswelt entfernt. Es ist ironisch, dachte er, dass ich ein Kind habe, das Journalist ist, eins Vorschullehrer, eins, das Rockmusikerin werden will und zwei, die Medizin studieren. Gewiss war ihre Zukunft gesichert. Sie hatten alle große Privatvermögen, die er in sicheren Wertpapieren angelegt hatte. Aber dann? Die nächste Generation und die danach?

Er dachte an seinen Freund Jack Pallon, der ihn immer öfter anrief. Das letzte Mal vor einer Woche. Diesmal war es um eine Rede gegangen, die der schwedische Staatsminister vor der UN-Generalversammlung gehalten hatte. Sein Freund war außer sich gewesen.

Jacks Unruhe war gerechtfertigt, daran bestand kein Zweifel. Und er wusste, was sein Freund von ihm erwartete. Jack hätte niemals gezögert, das war sicher. Für Jack wäre das ein heiliger Krieg gegen das Böse. Eine gerechtfertigte Sache. Er erinnerte sich, wie sein Freund davon erzählt hatte, dass er erfolgreich Feinde aus dem Weg geschafft hatte, die seine Existenz in Südamerika bedroht hatten.

„Es geht ums Überleben, Lenny. Entweder die oder wir“, hatte er gesagt.

Lennart Waldenström fasste in dieser Nacht einen endgültigen Beschluss. Das Abendessen hatte ihn davon überzeugt, dass es seine Verantwortung war. Allein.

Es würde sehr viel Geld kosten. Geld, das er vielleicht verlieren würde. Aber so setzte er nur das eigene Geld aufs Spiel, nicht das von anderen. Der Gedanke fühlte sich gut an.

Der Vertrag - Der Mord an Olof Palme

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