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Wem gehört das Nest?

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Während die Taube Frieda auf einem Feld Maiskörner sucht, denkt sie daran, dass sie sich mit ihrer Freundin Lilly im Park treffen will. Als sie genug gefressen hat, erhebt sie sich in die Luft und fliegt Richtung Park. Es ist April: Zwar scheint die Sonne, aber es weht ein kalter Wind. Im Park angekommen, sieht Frieda ihre Freundin auf dem Platz, an dem sie sich immer treffen. Lilly sieht traurig aus. Sie hinkt. Frieda fragt: „Lilly, warum hinkst du?“

Die Taube Lilly antwortet: „Ich habe Schmerzen in meinem rechten Fuß. Als ich in der Stadt war, haben unvernünftige Kinder mit Steinen nach uns Tauben geworfen. Ein Stein hat mich am Fuß verletzt.“

„So etwas ist böse“, entrüstet sich Frieda.

„Ja“, sagt Lilly und ist fast am Weinen, „wir Tiere können nicht zu einem Arzt gehen, wenn es notwendig ist.“

„Ja“, spricht Frieda, „wir Tiere müssen die Schmerzen aushalten.“ Traurig erzählt Lilly: „Eigentlich hatte ich vor, in diesem Jahr Eier zu legen und auszubrüten, damit ich ein paar Taubenkinder haben kann. Aber es ist mir doch zu gefährlich, in meinem Nest in der Stadt meine Kleinen aufzuziehen. Wenn wieder ein Mensch mit Steinen nach mir wirft, kann es passieren, dass ich schwer verletzt werde und meinen Kindern keine Nahrung bringen kann. Dann müssen diese verhungern.“

„Stimmt“, antwortet Frieda, „du müsstest deine Jungen in einem Nest im Wald ausbrüten, das ist nicht so gefährlich.“

Während beide Tauben von den Essensresten picken, die Menschen im Park auf den Boden geworfen haben, hebt Frieda ihren Kopf und fragt Lilly: „Hörst du den Specht hämmern?“

Lilly lauscht und sagt: „Ja, ich höre ihn. Er hat gestern und vorgestern schon gehackt. Nun schafft er sich ein neues Nest, die Baumhöhle, in der er jetzt noch wohnt, ist ihm wohl zu klein.“

Frieda meint: „Wir sollten den Specht fragen, ob er dir seine alte Baumhöhle überlässt, dann brauchst du nicht noch extra ein Nest im Wald zu bauen.“

Diese Idee findet Lilly sehr gut und da Frieda bereit ist, mit ihrer Freundin zum Specht in den nahen Wald zu fliegen, erheben sich beide in die Luft. Es ist nicht schwer, den Specht zu finden. Die Tauben brauchen nur nach dem Klopfgeräusch zu suchen. Als die Tauben bei ihm landen, unterbricht dieser Vogel seine Arbeit. Lilly trägt ihm ihr Anliegen vor. Sie braucht ihn nicht lang zu bitten. Der Specht sagt: „In zwei Tagen ziehe ich in diese neue Höhle ein. Dann kannst du, liebe Lilly, mein altes Nest haben. Kommt mit ihr beiden, ich zeige es euch.“

Alle drei Vögel fliegen zu dem alten Tannenbaum und schauen sich die Höhle an. Lilly ist begeistert von ihrem neuen Zuhause und bedankt sich beim Specht. Dieser begibt sich wieder an seine Arbeit und die Tauben fliegen zurück in den Park. Nicht nur die Taube Lilly will in diesem Jahr Eier ausbrüten, sondern auch Siglinde, ein Raufußkäuzchen. Sie hat noch kein Nest, aber das ist kein Problem für sie. Seit Tagen hört sie, dass der Specht sich eine neue Baumhöhle hämmert. Als ihre Freundin Daniela sie fragt, ob sie ein Nest hat, antwortet Siglinde: „Ich werde in die alte Höhle vom Specht einziehen, der hämmert gerade eine neue Baumhöhle.“

Daniela will wissen, ob Siglinde den Specht gefragt hat, ob sie sein altes Nest haben kann. Siglinde schüttelt den Kopf und meint: „Nein, das brauche ich nicht, der braucht die Höhle nicht mehr, also hole ich sie mir.“

Jetzt schüttelt das Käuzchen Daniela den Kopf und rügt Siglinde: „Du kannst dir doch nicht einfach ein Nest holen, das dir nicht gehört. Dieses Nest gehört dem Specht und du musst ihn fragen, ob du es haben kannst.“

„Unsinn“, plappert Siglinde, „das ist nicht nötig.“

Nach zwei Tagen zieht der Specht in seine neue Behausung ein. Direkt, nachdem der Baumeister seine alte Höhle verlassen hat, schnappt Siglinde ihre Nahrungsvorräte und zieht in die alte Spechthöhle ein. Am anderen Tag fliegen Lilly und Frieda zur alten Buche, damit Lilly das Nest vorbereiten kann für die Eiablage. Was müssen sie sehen? Da wohnt ja schon ein Raufußkäuzchen! Lilly sagt zu Siglinde: „Diese Höhle gehört mir, du musst dir ein anderes Nest suchen.“

„Nein“, schreit Siglinde, „ich wohne hier, haut ab ihr zwei Tauben!“

Frieda erklärt: „Der Specht hat der Lilly das Nest überlassen, also bitte, verschwinde!“

Gerade kommt Daniela angeflogen.

„Hilf mir“, sagt Siglinde zu ihrer Freundin, „die Tauben wollen mir mein Nest wegholen.“

Lilly sagt: „Max, der Specht hat mir erlaubt, in dieser seiner alten Höhle zu wohnen.“

Siglinde schreit: „Das ist nicht wahr, mir hat er sie versprochen!“ Da mischt sich Daniela ein: „Siglinde, ich hatte gesagt, du sollst den Specht fragen. Und du hast geantwortet, dass du das nicht bräuchtest!“ Aber Siglinde kreischt nur: „Red nicht so dumm, sondern hilf mir, die Tauben zu verjagen.“

„Nein“, antwortet Daniela, „ich bin deine Freundin, aber ich helfe dir nicht ein Unrecht zu tun.“

In dem Moment kommt Max, der Specht dazu. Er freut sich, Lilly und Frieda zu sehen. Als er Siglinde in seiner ehemaligen Höhle sieht, fragt er sie: „Was fällt dir denn ein? Ich habe dieses Nest der Lilly versprochen. Du hast mich nicht gefragt, ob du hier wohnen kannst.“

Siglinde ist ganz frech und schreit: „Hau ab, du bist ausgezogen, du hast nichts mehr zu bestimmen!“

Daniela sagt: „Siglinde, komm jetzt aus dem Nest. Ich helfe dir, ein anderes zu suchen. Wenn du jetzt nicht raus kommst, werden Max, Lilly, Frieda und ich dich packen und aus der Höhle ziehen.“

Siglinde kommt freiwillig aus der Baumhöhle, nimmt ihre Vorräte und fliegt mit Daniela weg. Und somit richtet Lilly das Nest für sich her. Nach ein paar Wochen schlüpfen aus den zwei weißen Eiern, die Lilly gelegt hat, zwei Taubenkinder. Der Fuß tut Lilly nicht mehr weh und sie ist glücklich, dass sie ihre Jungen im Wald aufziehen kann.

Märchen und Gedichte für kleine Kinder

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