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c) Feststellung von Zahlungsunfähigkeit

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Ausgangspunkt der Ermittlung von Zahlungsunfähigkeit ist die stichtagsbezogene Feststellung der bestehenden Liquiditätslücke durch eine Liquiditätsbilanz.[81] Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.[82] Die Abgrenzung von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung erfordert in einem weiteren Schritt eine zeitraumbezogene (Liquiditäts-)Prognose.[83] Entscheidend ist, wie gesehen, eine dreiwöchige Zeitspanne. Sämtliche in dem Prognosezeitraum „fällig werdende“ Zahlungspflichten sowie mit Sicherheit zu erwartende Zahlungseingänge sind zu ermitteln und gegenüberzustellen.[84] Zu den berücksichtigungsfähigen Zahlungseingängen gehören nicht nur Forderungen des Unternehmens, etwa gegenüber Kunden bzw. Geschäftspartnern, sondern ebenfalls erwartete Zahlungen aus gewährten oder erweiterten Krediten sowie Erlöse aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen, sofern sie innerhalb der „Dreiwochenfrist“ realisierbar sind.[85] Die Feststellung des exakten Zeitpunkts, in dem Zahlungsunfähigkeit eintritt, ist für Dritte, namentlich für Gläubiger ohne ausreichenden Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Unternehmens, häufig schwierig.[86] Gläubiger haben regelmäßig nur Kenntnis von der eigenen (offenen) Forderung gegenüber dem Kunden und den Problemen, diese beizutreiben. Dieser Umstand beinhaltet allenfalls ein Indiz für Zahlungsunfähigkeit. Weitergehende Kenntnisse, die darüber hinaus einen Rückschluss auf die Liquiditätslage des Unternehmens insgesamt zulassen, besitzen Unternehmensgläubiger nur selten. Es bedarf rechtstatsächlich regelmäßig eines Sachverständigengutachtens, um die Voraussetzungen einer Zahlungsunfähigkeit durch eine Liquiditätsanalyse zu belegen.[87]

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Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit kann allerdings ebenfalls auf der Grundlage von Indizien, d.h. äußerer Beweisanzeichen, erfolgen.[88] Insoweit „indiziellen Charakter“ besitzen etwa die Schließung des Geschäftslokals, die Inanspruchnahme von Zahlungszielen, die Häufung von Pfändungen und Wechselprotesten, das Nichtabführen von Steuern[89] bzw. Sozialabgaben,[90] die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, (Teil-)Zahlungsrückstände oder häufig verspätete Zahlungen.[91] Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit begründen nicht selten Erklärungen des Schuldners selbst, etwa die Mitteilung gegenüber einem Gläubiger, eine fällige Forderung nicht ausgleichen zu können, regelmäßig verbunden mit einer Stundungsbitte (Zahlungsaufschub).[92] In Einzelfällen übermitteln betroffene Unternehmer zum Nachweis freiwillig oder nach Aufforderung eine Liquiditätsübersicht an den Gläubiger, aus der sich dessen Zahlungsunfähigkeit ergibt, um die Stundungsbitte zu belegen.[93] Können die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit auf der Grundlage „kriminalistischer Beweisanzeichen“ festgestellt werden, bedarf es der Erstellung einer Liquiditätsbilanz nicht mehr.[94]

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Darüber hinaus ist nach der (widerleglichen) Vermutung[95] des § 17 Abs. 2 S. 2 InsO „Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat“. „Zahlungseinstellung“ beinhaltet allerdings mehr als eine bloße Nichtzahlung.[96] Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Vermutung ist das nach Außen erkennbare Verhalten des Schuldners,[97] aus dem sich für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängt,[98] dass der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.[99] Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten genügt.[100] Die Zahlungseinstellung kann nur durch allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen beseitigt werden.[101]

Bankrott und strafrechtliche Organhaftung

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