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Vor der Forschungsreise

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Oh, hear the Thunder's roar-Greetings from our fathers long time gone

Tell so that no one ever will forget-What is in heart goes from Father to Son

(From Father to Son-From Father to Son)

Bathory; Father to son (1990)

Vor Beginn der Reise hatten sich Vater und Sohn wie schon so oft zu einem gemeinsamen Tee getroffen. Beide verabscheuten sie den in unserer Gesellschaft so beliebten Genuss von Kaffee. Sie hatten das Gefühl, er mache sie abhängig und schränke ihre geistigen Fähigkeiten ein. Alexander hatte von Richard die Vorliebe für grünen Tee geerbt, den sie gern mit viel Ingwer aufbereiteten. Manchmal rieb Richard auch extra Ingwer hinein, um dem Getränk eine ihm angenehme Schärfe zu geben. Nun saßen sie sich an einem grauen Novembertag gegenüber im Arbeitszimmer von Richard. Alexander hatte auf dem einzigen frei gebliebenen Stuhl Platz genommen und erzählte seinem Vater über die Schwierigkeiten, solch eine ausgedehnte Forschungsreise finanziert zu bekommen. Um Drittmittel von Sponsoren zu erhalten, war Alexander gezwungen, auf einige Forderungen seiner Förderer einzugehen. Dies fiel ihm sehr schwer, denn er hatte wie sein Vater gern volle Handlungsfreiheit. Ihm persönlich war es sehr wichtig, alle entdeckten Arten und Spezies genau zu untersuchen und zu klassifizieren. Die meisten Gönner wollten spektakuläre Entdeckungen, mit denen sie auch ihren Namen bekannt machen konnten. Beide Ansätze standen sich dabei in der Forschungsarbeit manchmal diametral gegenüber. Die Forschungsgruppe musste also bei allen körperlichen und geistigen Strapazen immer noch einen Spagat bewältigen zwischen wissenschaftlichem Anspruch und der schnellen Veröffentlichung noch unbewiesener Entdeckungen. Dies war ein Aspekt, der Alexander an seiner Tätigkeit überhaupt nicht gefiel. Aber ansonsten liebte er seine Forschung über alles und konnte praktisch 25 Stunden am Tag forschend tätig sein.

Richard hörte ihm zu und starrte gleichzeitig vor sich hin, als würde er in Gedanken ein komplett anderes Problem durchgehen. Wer ihn nicht näher kannte, konnte sein Verhalten auch leicht als Desinteresse deuten, aber dem war keineswegs so. Sein Geist war einfach ständig in Arbeit und arbeitete ständig auf Hochtouren. Er konnte sich unmöglich auf ein einziges Thema beschränken. Dies war für die meisten Menschen sehr verwirrend, aber Alexander hatte sich im Laufe seines Lebens an das seltsame Verhalten seines Vaters gewöhnt.

Alexander sagte, nachdem er genüsslich einen großen Schluck Tee zu sich genommen hatte: “Wir werden uns in den ersten zwei Monaten in einem Naturschutzgebiet in der Nähe der brasilianisch-peruanischen Grenze bewegen, eine äußerst abgelegene, von Menschen kaum berührte Gegend. Ein Flugzeug bringt uns in die Provinzhauptstadt, von wo wir mit 4 Jeeps noch ca. 200 Kilometer weiter fahren bis ins letzte Dorf an der Grenze des undurchdringlichen Urwaldes. Ab dort gibt es nur noch Pfade durch den Wald. Selbst die Karten, welche wir von dem Gebiet bekommen werden, sind nur ungefähre Richtwerte zur groben Orientierung. Weite Teile sind sozusagen terra incognita. Weite Gebiete sind noch nie von einem menschlichen Fuß betreten worden. Zumindest gab es keinen Menschen, der später darüber berichtet hätte.

Dort wurde vor noch gar nicht langer Zeit erst wieder ein neuer Stamm Ureinwohner entdeckt. Dieser befindet sich in seiner Entwicklung immer noch in der Steinzeit und hatte noch nie Kontakt zur Zivilisation. Wir vermuten in jener Region auch einige interessante Spezies. Diese könnten ein Bindeglied darstellen zwischen den beiden Arten, welche mein Team vor zwei Jahren entdeckt hat. Sollte uns dies gelingen, dann könnten sie uns dabei helfen, die Entwicklung der Arten besser zu verstehen.“

Alexander setzte kurz ab, um einen weiteren Schluck Tee zu trinken. Dann fuhr er fort: „Dort soll es auch noch gerüchteweise tief in den Felsen vergraben uralte Kultstätten geben, die von den Eingeborenen nie betreten werden. Sie sollen Angst haben, dass man seine Seele und den Frieden seiner Seele verlieren könne, wenn man sich zu weit ins Herz der Kultstätte hinein wagt.“ An dieser Stelle setzte Alexanders Vater Richard seinen Tee sehr plötzlich ab, wurde hellhörig und musterte seinen Sohn mit einem durchdringenden Blick aus seinen tiefschwarzen Augen.„Uralte Kultstätten, die selbst von den Eingeborenen gemieden werden? Ein Gebiet, in dem es keine Zivilisation gibt? Ich würde mich sehr freuen, ja geehrt fühlen, wenn Du mich in Einzelheiten einweihen könntest.“ Interessiert und hoch gespannt lauschte er jedem weiteren Wort aus dem Mund seines Sohnes. Dieser ging nun näher auf die vermuteten Kultstätten ein.

Die verderbte Stadt

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