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Ariston

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Ismene und ich sitzen unter der Rebenlaube und lassen den Tag in Stille verklingen. Heute vor achtzig Jahren kam ich in Athen zur Welt, ein langes Leben also, das nicht jedem beschieden ist. Meine ganze Familie hat sich in diesen Tagen bei uns versammelt, Helena ist mit ihrem Mann und den Kindern von ihrem Landsitz bei Idomenai an der Grenze zu Päonien angereist, und auch Niko hat sich für einige Wochen aus seinem Soldatenleben verabschiedet. Panos schaut von seinem Platz aus zu uns hinüber. Denkt er ab und zu an eine Rückkehr nach Athen? Für Ismene und mich kommt das sicher nicht mehr in Frage, wir sind nun hier so daheim, wie man nur daheim sein kann. Wir sind geachtete Bürger dieser Stadt geworden, auch der Archon schaut hie und da vorbei, fragt mich um meine Meinung aus meiner reichen Erfahrung. Weshalb sollten wir uns noch einmal an einem neuen Ort eingewöhnen müssen?

Natürlich stammen wir aus Athen, aber die Stadt heute ist nicht mehr die Stadt, die wir kannten und liebten, dorthin umzuziehen müsste zwangsläufig in einer Enttäuschung enden. Zudem wird die Region ständig von Kämpfen zwischen Spartanern, Thebanern, Athenern und wem sonst noch erschüttert. Hier hingegen sind wir von Ruhe und Frieden umgeben.

Heute Vormittag hat mich auch der Münzmeister besucht. Er hat mir zum Geburtstag gratuliert und ein ganz spezielles Präsent mitgebracht: Die erste aus einer neuen Serie von Tetra-drachmen mit dem Apollokopf, wie ich ihn vor zwei Jahren entworfen und zur Ausführung vorgeschlagen hatte, das Gesicht von vorne und etwas zur Seite gedreht, eine Huldigung an meinen Lehrmeister Eukleidas von Syrakus. Er machte ein ziemliches Geheimnis um diese neue Serie, aber als er mir diese Münze aushändigte, strahlte er über sein ganzes rundes Gesicht. Diese Münze ist ein ganz besonderes Geschenk und eine überraschung für mich, denn sie haben auf der Rückseite, unter der Fackel, ein grosses „A“ eingeprägt.

„Siehst du,“ meinte er zu mir, „so wird dein Name, Ariston, als der des grossen Künstlers und Herstellers der wundervollsten Stempel, die ich je gesehen habe, immer in Erinnerung bleiben.“

Ich halte jetzt die Münze wieder in meiner Hand, betrachte sie, und auch Ismene blickt auf sie herab. Dann legt sie ihre Hand auf die meine und sagt verträumt:

„Wie viele Erinnerungen kann doch eine einzige Münze wachrufen.“



Tetradrachme, Amphipolis, geprägt 368/67 vor Christus

Numismatica Ars Classica, Auktion 46, Los 230, www.arsclassicacoins.com



Der Stempelschneider

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