Читать книгу Der Stempelschneider - Jürg und Susanne Seiler - Страница 8

Über Stock und Stein : Attika, 404 vor Christus ̶ Panos

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Wir stossen leise das Tor auf und treten hinaus auf die Gasse. Alles ist dunkel und still. Auch der Mond ist noch nicht aufgegangen, aber das macht nichts, die nähere Umgebung ist uns gut bekannt, und bis wir zu den Aussenbezirken der Stadt gelangen, wird er wohl aufsteigen. Zudem ist es gar nicht schlecht, wenn wir vorerst einmal nicht gesehen werden. Wir halten alle dazu an, nicht zu sprechen und leise zu gehen. Phoebe fängt immer wieder an zu plappern, aber Ismene weist sie streng zurecht.

Ich kenne das Gewirr der Gassen am besten, ich war es ja, der für alle Botengänge zuständig war, daher weise ich den Weg. Ein entferntes Geräusch beunruhigt mich, ich bedeute allen, still zu sein. Alle horchen, scheinen aber rein gar nichts zu hören.

„Was ist los?“ flüstert Niko.

Ich halte die Hand hoch und jetzt hören es alle: laute, energische Schritte und Geklirr. Soldaten? Waffen? Wir alle erstarren. Ich zeige auf einen dunklen Hauseingang, in den wir rasch flüchten und uns an die Mauer drücken. Anisa schaut mich aus grossen, erschrockenen Augen an. Sie hat gemerkt, dass unsere Reise wohl nicht nur eine Pilgerfahrt ist. Wir alle sind mucksmäuschenstill, das Geräusch kommt näher, und dann marschieren ein paar Wachen direkt vor uns durch die Gasse. Wir warten, bis sich der Klang der Schritte und das Geklirr der Waffen in den andern Nachtgeräuschen verlieren.

„Suchen die uns?“ wispert Ariston, der kreidebleich geworden ist.

„Kaum,“ sage ich, „sie waren gar nicht in Eile, das war wohl eher ein ganz normaler Rundgang, aber es ist doch besser, dass sie uns nicht gesehen haben.“

Über die Dächer steigt nun der Mond auf und dies hilft uns, durch die letzten Häuser der Stadt die Strasse zum Tor nach Acharnai zu finden. Die Gasse vor dem Tor ist eng und dunkel, aber die Wachen sind trotzdem von weitem zu sehen. Jetzt kommt es darauf an! Jetzt müssen wir unsere Rollen gut spielen!

Ariston nimmt sein Herz in beide Hände, atmet tief durch und marschiert vor unserer kleinen Truppe energisch auf das Tor zu, ich bilde die Nachhut. Unsere Schwerter hängen wir nun so um, dass die Wachen sie sehen müssen, und wir beide plustern uns auf, als seien wir auf einer wichtigen Mission.

Wie erwartet rufen die spartanischen Wachen: „Halt, das Tor ist zu.“

Ariston bittet den, der ihm der Anführer zu sein scheint:

„Öffne das Tor mein Lieber, schau, wir müssen die Leute da zum Landhaus des Diokles bringen, der feiert ein Fest.“

Mit dem Kopf zeigt er zurück auf seine Familie.

Der Wächter betrachtet ihn lange:

„Ich sehe, du hast ein Schwert, du bist also ein Bürger, ich weiss, dass die Herren mit den grossen Anwesen oft feiern und dazu noch etwas Unterhaltung brauchen!“

Er zwinkert listig mit den Augen. Ich weiss genau, dass Ismene dem Kerl den Hals umdrehen könnte, hoffe aber, dass sie und alle andern brav ihr Rollen weiter spielen. Ein Blick auf unsere kleine Gruppe zeigt, dass sie den Ernst der Lage verstanden haben, sie stehen alle mit gesenkten Köpfen da.

Beide Wächter überlegen.

„Wir dürfen das Tor nicht einfach für jeden öffnen, das verstehst du doch sicher. Ihr müsst warten bis zum Morgengrauen, dann geht es.“

„Nein, das geht gar nicht, wo denkst du hin, der Herr will die Leute noch in dieser Nacht, wenn wir erst beim Morgengrauen die Stadt verlassen können, kommen wir viel zu spät.“

Wieder denken die Wächter nach, sie wissen offensichtlich nicht, was sie tun sollen.

Da schalte ich mich ein:

„Hör zu, Diokles ist ein Freund des Kritias, vielleicht ist sogar Kritias selber unter den Gästen. Er ist sicher erbost, wenn die versprochenen Mädchen und Knaben nicht zur Verfügung stehen.“

Die Wächter lassen ihre Blicke über die kleine Schar hinter mir schweifen.

„Sie sehen aber gar nicht aus wie Freudenmädchen, in diesen dunklen Kleidern werden sie wohl keine Freude bereiten.“

„Ja, was denkst du denn, was sie in den Bündeln tragen? Sie können doch nicht in den leichten, durchsichtigen Kleidchen durch die Stadt laufen!“

Das leuchtet dem Wächter ein und jetzt bemerkt er auch noch Niko.

„Ach, ein Junge ist noch dabei, da wird sich Kritias aber freuen, Vielleicht könnten wir das Tor doch öffnen?“

Er schaut Ariston erwartungsvoll an.

Rasch steckt dieser den beiden Wächtern eine Münze zu, sie überlegen noch etwas, nicken dann aber zufrieden und stossen für uns das Tor auf. Wir schlüpfen blitzschnell hinaus, und hinter uns knallt das Tor wieder zu.

Schweigend eilen wir davon, nach der nächsten Wegbiegung hinter einem Olivenbaum bleiben wir stehen.

Erst jetzt merke ich, dass Ariston am ganzen Leib zittert. Ich bin ein schlechter Schauspieler, aber Ariston ist noch schlechter, er hat wohl seinen ganzen Mut gebraucht, um seine Rolle zu spielen. Wir alle haben uns die ganze Zeit fast zu Tode gefürchtet, gut, dass es doch sehr dunkel war und die Wächter unsere zitternden Hände und schweissgebadeten Gesichter nicht bemerkt haben!

„Ich hätte den Kerl umbringen können!“ schnaubt jetzt Ismene! Und da ist unsere ganze Anspannung mit einem Schlag weg, und alle brechen in Gelächter aus.

Jetzt kann unsere Flucht nach Korinth richtig beginnen. Zuerst folgen wir der guten Strasse, dann aber biegen wir auf einen steinigen und von den Winterregen ausgewaschenen Pfad in die Hügel ab und kommen nur mühsam vorwärts. Bald aber zweigt wieder ein etwas grösserer Weg nach links und damit Richtung Westen ab. Der Mond leuchtet matt, und wir können dem Weg gut folgen. Weit unten windet sich ein schmaler, heller Streifen nach Westen, wohl die grosse Strasse Richtung Eleusis und Korinth.

„Sollen wir nicht dort hinab steigen und auf der grossen Strasse weiter gehen? Wir wären sicher schneller!“

„Sicher kämen wir rascher voran, aber sobald die Schlägertrupps des Kritias wissen, dass wir weg sind, werden sie unser Haus durchsuchen und vom Thraker erfahren, dass wir in diese Richtung losgezogen sind. Mit schnellen Pferden können sie uns rasch einholen. Es ist besser, auf kleinen, wenig begangenen Pfaden zu versuchen, den Weg nach Westen, nach Korinth zu finden.“

Schweigend marschieren wir und horchen auf alle ungewöhnlichen Geräusche. Ab und zu bellen ein paar Hunde, im Gebüsch rascheln kleine Tiere, der Schatten einer lautlos über uns hinwegziehenden Eule fällt auf uns.

Ismene flüstert: „Schau, Athene ist bei uns, sie wird uns beschützen!“

Bald haben wir die Stadt weit hinter uns gelassen. Jetzt wagen wir es, unter einem grossen Feigenbaum ein paar Stunden zu rasten.

Vor Tagesanbruch aber wecke ich alle auf, Anisa verteilt Brot, Käse und Wasser, und wir wandern weiter. Der Weg ist jetzt breit, wir kommen gut voran. Der Himmel färbt sich rosa, dann steigt die Sonne auf und wirft ihre Strahlen auf den staubigen Weg. Die Nachtkühle ist weg, die Sonne wärmt uns bald einmal mehr als uns lieb ist. Nun wird uns bewusst, dass auch hier Wanderer unterwegs sind, denn dieser Weg führt ebenfalls zum Heiligtum der Demeter. Immer wieder können wir von der Heerstrasse aus gesichtet werden, das ist gar nicht gut für uns. So treibe ich alle zur Eile an, wir müssen diese kahle Strecke hinter uns lassen, weiter vorne versprechen Gebüsch und Wälder bessere Deckung. Aber bald jammert Phoebe:

„Können wir nicht etwas rasten? Ich mag nicht mehr.“

„Hör auf zu jammern,“ befiehlt Ismene, „was ist ein Opfer bei Demeter wert, wenn man jammernd dort ankommt? Denkst du, die Göttin mag das?“

Phoebe wird still und marschiert weiter. Anisa hat offensichtlich den Ernst der Lage erfasst. Sie nimmt Phoebe an der Hand, trägt ihr Bündel und scheucht sie weiter. Nun windet sich der Weg durch einen kleinen Wald aus Eichen und ein paar verstreuten Olivenbäumen. Der Schatten ist sehr willkommen, alle marschieren gleich etwas munterer weiter. Bald aber ist die Herrlichkeit dahin und die sonnenverbrannte, staubige Strasse nimmt uns wieder auf. Ariston bittet mich, die Führung zu übernehmen.

„Du machst das besser, “ findet er „ich bin eben doch nur ein Stempelschneider, wir vertrauen dir!“

So gehe ich nun voran, schaue immer wieder in die Runde, lasse die Familie ab und zu anhalten und horche angestrengt. Aber noch sind uns keine Verfolger auf den Fersen, noch können wir ungestört weiterziehen. Nach der nächsten Wegbiegung halte ich plötzlich an und stoppe alle mit erhobener Hand. Ariston eilt zu mir.

„Was ist los? Siehst du Reiter?“

„Das nicht, aber dort vorne sind Menschen, viele Menschen. Sind dies Leute von Kritias, die dort auf uns warten?“

Erschrocken spähen die anderen nach vorn. Wirklich, der Weg ist versperrt von mehreren Leuten. Ist unsere Flucht zu Ende, sind wir verloren?

Da sagt Ismene:

„Schaut nur, das sind Pilger, sie wandern ganz langsam, auch sie wollen bestimmt nach Eleusis. Kommt, wir sind bald bei ihnen, dann schliessen wir uns an. Kritias sucht eine Familie, nicht eine ganze Pilgerschar, für eine Weile sind wir bei ihnen sicher!“

Dies scheint uns allen ein guter Plan zu sein, so schliessen wir rasch auf und bald erreichen wir die Pilger.

„Wohin pilgert ihr, gute Leute?“ frage ich.

Ein alter Mann, offenbar der Anführer antwortet freundlich:

„Wir wollen zum Altar der Demeter in der Nähe von Kolonos, wir haben ihr immer Opfer gebracht und wir sind damit gut gefahren. Wir hatten eine gute Ernte, keiner in unserem Dorf muss Hunger leiden, dafür wollen wir ihr danken!“

„Ja,“ finde ich, „das ist gut, auch wir wollen der Demeter ein Opfer bringen, aber wir haben von diesem Altar noch gar nie gehört, wir wollten nach Eleusis!“

„Auf diesem Weg wandern viele Menschen nach Eleusis, ihr werdet immer wieder Pilger treffen. Das Heiligtum, das wir aufsuchen, ist nur sehr klein, wenige kennen es, und wir betrachten es eigentlich ein wenig als unser Dorfheiligtum!“

„Wie weit ist es denn noch bis dorthin?“

„Oh, nicht mehr weit. Siehst du dort vorn den knorrigen Baum neben dem Weg? Da biegen wir auf einen kleinen Pfad ab, und schon bald danach sind wir beim Heiligtum!“

„Dürfen wir dieses Stück des Weges mit euch pilgern?“

„Aber sicher, kommt nur mit!“

Und so wandern wir eine Weile mit den fremden Pilgern. Jetzt sehen wir auch, warum sie so langsam unterwegs sind. Viele Leute sind sehr alt, und alle gehen barfuss.

„Warum tragt ihr keine Sandalen?“ frage ich, „Auf einem solchen Weg wandert es sich doch besser mit Schuhen?“

„Sicher,“ meint der Alte, „aber wir haben ein Gelübde getan! Es wird der Demeter gefallen, wenn wir den Weg ohne Schuhe auf uns nehmen.“

Ich hätte gedacht, dass sich Demeter eher über eine Gabe von Blumen und Getreide freuen würde, nicke aber und finde:

„Du hast sicher Recht!“

Bald sind wir froh, dass wir die Abzweigung erreicht haben, das Schneckentempo dieser Pilger ist für uns nicht gerade hilfreich. Trotzdem, es war nett, mit den Leuten ein kurzes Stück zu wandern.

Sobald sie weg sind, halten wir an. Der Mann hat ja auf viele Pilger auf diesem Weg hingewiesen, das ist für uns nicht gut, hier sind wir also nicht sicher. Kritias kann Reiter auf der Heerstrasse lossenden und auch auf diesem Weg, also müssen wir weiter in den Hügeln nach weniger begangenen Pfaden suchen.

„Wir biegen ab, sobald wir einen einigermassen guten Pfad weiter hinauf in die Hügel finden, wir sind hier nicht sicher,“ bestimme ich.

Alle sind einverstanden. Eine Abzweigung ist vorläufig aber nicht zu sehen. Erst hinter dem nächsten Hügel zeigt sich ein kleiner Pfad, der aufwärts führt und sich hinter ein paar Felsbrocken verliert.

Der Weg windet sich steil aufwärts. Sollen wir ihm folgen oder noch eine Weile auf dem flacheren Pfad bleiben? Hier würden wir sicher schneller vorankommen.

„Nein,“ meinen Ismene und Ariston gleichzeitig. Und Ismene sagt sanft:

„Das Glück war uns bisher hold, bleiben wir aber auf diesem Weg, kann uns das Unheil plötzlich einholen.“

Alle nicken. Wir beschliessen, dem kleinen Pfad zu folgen, er ist zwar steiniger und steiler, also anstrengender, aber alle sind froh, dass wir abgebogen sind, denn uns ist klar, dass sich die Häscher des Kritias unterdessen wohl auf unsere Fersen geheftet haben. Wir brauchen dringend bessere Deckung.

Der Pfad schlängelt sich den Hügel hinauf, noch ist kein Hufgeklapper hinter uns zu hören.

Bald aber wollen Phoebe und auch Niko eine Rast einlegen.

„Ich bin müde,“ klagt Phoebe „und ihr habt versprochen, dass wir uns ausruhen können, wenn wir abgebogen sind!“

„Natürlich, bald,“ tröstet Ismene, „aber erst müssen wir einen Platz erreichen, wo wir ungesehen rasten können. Hier aber sieht man uns von der Strasse aus, die Reiter könnten uns folgen.“

Also steigen wir steil hinauf zuerst über karge Wiesen und durch Gestrüpp, dann windet sich der Pfad durch ein kleines Wäldchen, aber schon sind wir wieder auf offenem, weithin überschaubarem Gelände. Ab und zu versperrt ein grosser Felsbrocken den Weg. Wir umgehen einen besonders mächtigen Felsen und stehen plötzlich vor einem Händler mit zwei Eseln. Erschrocken bleiben wir stehen. Er mustert uns neugierig und fragt:

„Was macht ihr denn da oben in den Hügeln? Habt ihr euch verirrt?“

„Das könnten wir dich ja auch fragen,“ finde ich.

Der Händler lacht.

„Ich will zum Markt nach Athen, ich bringe Waren aus dem kleinen Dorf da oben,“ und er zeigt über seinen Rücken zurück. Er wendet sich an Ariston: „Aber wo wollt ihr denn hin?“

Ariston sucht offensichtlich verzweifelt nach einer Ausrede, findet aber keine Erklärung. Also springe ich ein und wende mich an den Händler:

„Das ist ganz einfach. Die verstorbenen Eltern meines Herrn stammen aus einem kleinen Dorf hier oben, der Herr hat ein Gelübde getan, dass er zu dem Dorf pilgern und dort ein Opfer darbringen will. Das hat sein Vater so bestimmt.“

Der Händler nickt: „Ihr seid gute Leute, es ist wichtig, dass man den Wünschen seines Vater nachkommt. Aber wie heisst denn das Dorf? Ich kenne es sicher!“

„Cholarges, kennst du es?“

„Cholarges! Aber sicher kenne ich es, nur seid ihr da auf dem falschen Weg, ihr müsst da oben, wo der Weg sich gabelt, nach rechts gehen und wieder etwas zurück! Kennt ihr denn den Weg nicht? Es ist doch euer Dorf!“

Seine Augen wandern nun neugierig über unsere kleine Familie und scheinen alles aufzusaugen. Dieser Mann, da bin ich sicher, könnte uns genau beschreiben, wenn die Häscher des Kritias ihn ausfragen würden.

Wir dürfen uns nicht aus der Ruhe bringen lassen. So zucke ich mit den Schultern und antworte:

„Wie soll mein Herr denn das Dorf kennen? Sein Vater ist ja als Kind schon von dort weggezogen, er selbst hat es noch nie gesehen!“

Das leuchtet dem Händler ein.

„Ach so ist das, das verstehe ich, ich habe mich schon etwas gewundert, aber wenn ihr da oben nach rechts abbiegt, kommt ihr sicher hin, ihr könnt es nicht verfehlen!“

Wir alle klettern nun auf die Steine um den Weg für die Esel frei zu geben und bald hören wir das Klappern der Hufe nicht mehr.

Als er endlich verschwunden ist, fragt Ariston:

„Wie bist du auf Cholarges gekommen? Kennst du das Dorf?“

„Nein, natürlich nicht, aber einer der Pilger hat mir erzählt, dass er die Gegend gut kennt und eben aus dem kleinen Dorf Cholarges stammt.“

Ariston seufzt: „Was würde ich nur ohne dich machen, ich danke dir, da ist so viel, das wir dir verdanken!“

Unsere Lage ist schlimm, aber für einen kurzen Moment bin ich überglücklich. Bald ist mein Glücksgefühl jedoch wieder verschwunden, und ich mache mir grosse Sorgen. Das listige Blinzeln der verkniffenen Augen des Händlers hat mir gar nicht gefallen. Hat er unsere Geschichte geglaubt? Ich bin nicht so sicher.

„Wir müssen rasch weiter und ein Versteck für eine Rast finden. Wir alle brauchen Wasser und etwas Ruhe!“

Ariston nickt und keuchend steigen wir weiter auf. Wir folgen dem staubigen Pfad, die Sonne brennt gnadenlos, aber niemand beklagt sich, alle marschieren schweigend weiter. Dann aber erreichen wir ein kleines Wäldchen, bald wandern wir im Schatten und da sehe ich, was wir brauchen. Eine Mulde ein Stück vom Weg entfernt mitten im Gebüsch mit saftigem Gras verspricht Wasser. Wir halten an und ich eile hin: Wirklich, hier ist eine Quelle. Zwischen moosigen Steinen murmelt ein kleines Bächlein. Sein Wasser hat eine üppige Pflanzenwelt rundherum geschaffen, über uns zwitschern Vögel und rasch verschwinden ein paar Eidechsen unter den Steinen. Ein kleines Paradies für müde und durstige Wanderer.

Nun können wir rasten. Alle sinken erschöpft ins Gras. Anisa verteilt Wasser, Brot, Käse und Oliven. Phoebe legt sich auf das Mooskissen unter einem Baum und schläft sofort ein. Erst jetzt merken alle, wie müde sie sind, und es ist gut, dass wir uns erholen können. Aber allzu lange darf die Rast nicht sein, noch sind wir nicht weit genug von Athen weg und schon gar nicht in Sicherheit.

Die Sonne steht aber hoch am Himmel, es ist heiss und anstrengend, in der Hitze zu marschieren. Es ist wohl besser, etwas hier zu bleiben, bis die Sonne sich auf den Weg zum Horizont macht. So ruhen wir uns alle erst einmal richtig aus.

Die Schatten sind schon etwas länger, da frage ich Ariston:

„Sollen wir nicht weiter gehen. In den Hügeln können wir nachts nicht wandern, wir brauchen etwas Licht, da wäre es gut, sich auf den Weg zu machen.“

Wir packen alles zusammen und brechen auf zurück zum Weg. Ein Geräusch lässt uns alle aber stockstill stehen bleiben. Dieses Geräusch, was ist das? Es wird lauter und klarer und Niko und ich wissen im gleichen Moment was das ist: Pferdehufe!

„In Deckung,“ flüstert Niko, „wir müssen uns verstecken, das sind Pferde!“

Alle laufen zurück zu der Quelle.

„Nicht zur Quelle, vielleicht merken die Reiter auch, dass hier Wasser ist, dann wollen sie die Pferde tränken, versteckt euch weiter hinten im Gebüsch und passt auf, dass nichts, aber auch gar nichts liegen bleibt.“

Das Klappern der Hufe ist schon so laut, dass keine weitere Aufforderung nötig ist. Alle stürzen sich auf das nächste Gebüsch, es raschelt noch eine Weile, dann ist niemand und nichts mehr zu sehen und zu hören.

Das Hufgeklapper kommt näher und bald sind auch Stimmen zu vernehmen. Ich wage einen Blick durch das Gestrüpp. Ja, das sind rohe Kerle, es könnten durchaus Leute des Kritias sein. Jetzt halten sie die Pferde an, und ich kann auch verstehen, was sie sprechen.

Der Erste, vermutlich der Anführer sagt:

„Weit und breit kein Mensch. Der Händler hat doch gesagt, sie seien hier hoch gekrabbelt. Die können noch nicht weit sein. Zudem haben sie Frauen dabei, die sind nicht so schnell, wir sollten sie eigentlich schon eingeholt haben.“

Beide schauen sich um.

„Es ist heiss,“ meint der Zweite, „rasten wir ein bisschen, die holen wir bestimmt noch ein. Sind sie denn Vögel, dass sie davonfliegen können? Die finden wir schon, nur Geduld. Aber die Pferde brauchen jetzt einmal etwas Wasser, dann kommen wir wieder schneller voran.“

Beide lassen die Blicke rundum schweifen und bemerken dann den saftig grünen Platz. Sie schauen sich an, nicken und wortlos leiten sie die Pferde zu dem saftigen Gras. Genau auf uns zu.

Wir alle erstarren in unseren Verstecken. Bald finden sie die kleine Quelle, steigen von den Pferden und lassen die durstigen Tiere trinken.

„Ach, ist es schön hier, komm, rasten wir ein bisschen!“

Der Zweite schaut sich um.

„Aber nicht zu lange, du weisst, Kritias schäumt vor Wut, wir müssen die Leute finden!“

„Natürlich, aber etwas Rast tut uns gut, und wir haben ja schon eine Spur, wir finden die schon!“

Beide setzen sich nun auf einen moosigen Platz unter eine knorrige Eiche genau dorthin, wo Phoebe vorhin geschlafen hatte.

„Warum aber ist denn eigentlich Kritias so ungeheuer zornig? So habe ich ihn noch nie gesehen und wütend war er ja schon oft!“

„Ja, hast du das denn nicht gehört? Keiner darf es erzählen, aber alle wissen es natürlich, du bist vermutlich noch der Letzte, der die Geschichte nicht gehört hat. Da du sie aber ohnehin früher oder später erfahren wirst, will ich dir alles erzählen, aber von mir hast du das nicht gehört, verstanden?“

Der Zweite nickt, und so beginnt der andere die Erzählung:

„Sicher hast du mitbekommen, dass der Junge des Ariston in die Frauengemächer eingestiegen ist. Es ist ja nicht der Erste, der dort von der Tochter des Kritias empfangen wurde, das wissen alle, aber Kritias glaubt, die Eskapaden seiner Tochter geheim halten zu können, wenn er die Liebhaber der jungen Dame samt ihren Familien reihum beseitigen lässt. Das ist längst das Stadtgespräch, allerdings nur hinter vorgehaltener Hand.

Irgend jemand hat nun dem Kritias erzählt, dass der Junge dort gesehen wurde. Er ist der Sohn des Stempelschneiders, der zu den Schützlingen des Theramenes gehört. Das wiederum hat Kritias gar nicht gepasst. Theramenes war ihm immer ein Dorn im Auge, und er hat schon lange auf einen Grund gewartet, um ihn beseitigen zu können. Zudem hat es der Stempelschneider zu einem rechten Wohlstand gebracht, er konnte sogar ein Haus kaufen. Nun, reiche Metöken hat Kritias gerne, er kann sie beseitigen und ihr Vermögen beschlagnahmen. In diesem Falle passte nun alles zusammen. Theramenes wurde festgenommen und hingerichtet, und Kritias befahl, die ganze Familie des Stempelschneiders zu verhaften und in Ketten zu legen. Ich weiss nicht, was er mit ihnen vorhat, vielleicht nach Laurion verkaufen? Das brächte wieder Geld ein.

Jedenfalls hat er gestern am späten Abend zwei Männer losgeschickt, um die Leutchen abzuholen, keine grosse Sache, es sind ja nur einfache Handwerker.

Als die zwei ankamen, war das Haus leer bis auf einen schlafenden Sklaven. Sie wollten ihn aufwecken, merkten dann aber, dass er sternhagelvoll war. Er war so besoffen, dass alles Schütteln nichts half. Da schleppten sie ihn in den Hof und schütteten einen Kübel Wasser über seinen Kopf. Auch das half gar nichts und sie merkten, dass sie nur warten konnten, bis der Kerl seinen Rausch etwas ausgeschlafen hatte.

Also setzten sie sich hin und warteten geduldig. Nach einer Stunde beschlossen sie, es nochmals mit Wasser zu versuchen. Der Sklave knurrte nun etwas, aber man verstand kein Wort. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als weiter zu warten. Da aber erinnerte sich der eine, dass der Vorratsraum offen gestanden hatte und dort Weinkrüge standen. Waren die noch voll? Sie schauten nach und siehe da, da war wirklich noch Wein vorhanden. Sie nahmen einen Becher voll aus jedem Krug und im grössten fanden sie einen ausgezeichneten Wein. Da sie ja nun ohnehin warten mussten, trank jeder etwas davon und dann noch etwas und noch etwas, bis sie betrunkener waren, als alle Seeleute in Piräus zusammen.

Unterdessen wartete Kritias auf die Nachricht, dass die Leute hergebracht worden seien, aber nichts passierte, Stunde um Stunde verstrich, weder von den ausgeschickten Schlägern noch von der Familie des Ariston war etwas zu sehen.

Heute Morgen früh schickte er deshalb neue Leute los zum Haus des Stempelschneiders. Als die dort ankamen, fanden sie zwei stockbetrunkene Männer und einen nicht minder vollgelaufenen Sklaven. Sie behandelten alle mit Eimern von kaltem Wasser bis der Sklave schnaufend und prustend zu sich kam. Dann erst erfuhren sie, dass die Familie nach Eleusis zum Demeter-Heiligtum gepilgert sei. Den Sklaven haben sie zu Kritias mitgenommen, vielleicht weiss der noch mehr, und die zwei dummen Schläger schlafen ihren Rausch aus. Sie werden sich allerdings über die Umgebung wundern, wenn sie aufwachen, sie sind nämlich im Kerker.

Kritias war zornig wie noch nie, denn kostbare Zeit war durch die Sauferei des Sklaven und auch seiner Häscher verloren gegangen, und daher wurden wir alle ausgeschickt. Finden wir die Familie des Stempelschneiders, winkt uns ein grosser Lohn, und genau den will ich mir verdienen.“

„Ich auch,“ brummt der zweite Reiter „aber was für eine Geschichte. Man legt sich offenbar besser nicht mit Kritias an!“

„Sicher nicht,“ findet der andere „und daher ist es wohl besser, dass wir nun weiter suchen!“

Beide krabbeln hoch, wischen sich Gras und Blättchen von den Kleidern, dann holen sie die Pferde und führen sie zurück zum Pfad. Dort steigen sie auf und einer ruft:

„Dort vorne nach rechts, hat der Händler gesagt, dann können wir sie nicht verfehlen!“

Wir alle bleiben mucksmäuschenstill in unseren Verstecken, bis das Hufgeklapper verhallt ist.

„Auf geht es,“ befiehlt Ariston „wir müssen weiter. Das nächste Stück ist gefährlich, wir müssen nämlich bis zur Weggabelung den Reitern folgen und hoffen, dass sie nicht aus unerfindlichen Gründen umkehren.“

Schweigend machen wir uns auf den Weg, alle sind bestrebt, keine Steine anzustossen, um nicht unnötigen Lärm zu verursachen. Das Wäldchen ist bald zu Ende und ein steiles, heisses Stück Weg liegt vor uns. Hinter zwei mächtigen Felsbrocken stehen wir dann vor der Gabelung. Der linke Weg führt weiter steil nach oben, verliert sich dann aber bald in Gebüsch und Schatten spendenden Bäumen. Der Pfad ist ab und zu kaum mehr zu erkennen, aber noch ist es hell und wir entfernen uns immer weiter vom anderen Weg und den Reitern, die hoffentlich immer noch dort auf der Suche sind. Das Gestrüpp wird etwas lichter, als die Sonne als blutrote Scheibe versinkt. Noch ist der Himmel blass blau, aber bald wir es ganz dunkel sein. Wir brauchen einen Platz, wo wir die Nacht wenigstens bis zum Morgengrauen verbringen können. Dies ist nun allerdings schwierig. Weit und breit kein Haus, was ja gut ist, Häuser bedeuten Menschen, und Menschen könnten uns verraten, aber auch keine Hütte eines Schäfers, kein Unterstand, einfach gar nichts. Sollen meine Herrin und die Tochter unter einem Baum schlafen? Das wäre wohl das erste Mal in ihrem Leben. Bei ein paar grossen Steinbrocken lasse ich alle anhalten:

„Bleibt einmal hier, setzt euch hin und wartet, ich gehe auf die Suche nach einem guten Platz zum Übernachten.“

„Ich komme mit,“ findet Niko, und wir zwei ziehen los. Ariston bleibt bei den Frauen. Wir streifen über eine Art Weide, durchsetzt mit Gestrüpp und kleinen, krummen Bäumchen. Weit und breit ist nichts zu sehen, oder doch? Ein dunkler Schatten am Rande des Feldes fällt mir auf.

„Was ist das dort?“

Wir beschliessen, nachzusehen und finden eine verlassene Schäferhütte, nicht besonders gross, aber über eine Leiter ist ein Dachboden zu erreichen, der mit Stroh ausgelegt ist und wohl schon immer als Schlafstätte gedient hat, allerdings nur mit wenig Platz. Für die Frauen wird es reichen, und die Männer schlafen unten. So bringen wir unsere Familie zu der Schäferhütte und alle sind froh, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Bald ist unsere karge Mahlzeit gegessen, und alle legen sich schlafen. Im Morgengrauen schüttelt mich Ariston.

„Panos,“ flüstert er „schläfst du?“

Ich bin sofort hellwach. Er bedeutet mir, vor die Hütte zu kommen. Neugierig folge ich ihm. Da drückt er mir etwas in die Hand.

„Panos, mit diesem Stück Papyrus lasse ich dich frei. Du kannst ja lesen, besser als ich, da siehst du, dass ich dir deine Freiheit wieder zurückgebe. Du hast dieser Familie treu gedient, immer wieder hättest du fliehen können, aber immer wieder bist du bei uns geblieben. Du hast die Freiheit mehr als verdient.“

Wie hatte ich mir diesen Moment immer wieder ausgedacht, immer war da eine Flucht im Spiel, und ich hatte recht, wir sind auf der Flucht, aber alle miteinander und nicht ich allein. Ein unglaubliches Glücksgefühl erfasst mich, ich bin endlich wieder ein freier Mann und kann tun und lassen, was ich will. Ich könnte mich auch retten und die Familie dem Schicksal überlassen, denn Kritias sucht die Familie des Ariston und nicht einen ehemaligen Sklaven. Aber ich weiss schon, ich werde dies nicht tun, diese Familie ist auch meine Familie, und ich habe mein Herz heimlich schon an die Tochter verloren, auch wenn sie jetzt erst dreizehn Jahre alt ist.

Ich will mich bedanken, doch meine Stimme versagt den Dienst. Erst nach einer Weile kann ich mich in aller Form bedanken. Aber Ariston winkt ab.

„Du hast es dir noch und noch verdient, ich bedanke mich für all das, was du für meine Familie getan hast. Als freigelassener Sklave hast du aber keine gute Stellung in der Gesellschaft. Unser ganzes Leben verändert sich jetzt, wir sind nicht mehr die, die wir einmal waren, und daher ist es einfach, auch dir eine bessere Stellung zu geben. Ich kann dich nicht gut als zweiten Sohn ausgeben, aber wir erklären, dass du der Sohn eines verstorbenen Freundes bist, der in unserer Familie lebt. Jeder wird das glauben, und damit bist du uns gleichgestellt, wir sind zwar nur Handwerker, aber immerhin. Und wenn die Götter uns hold sind, werden wir eines Tages zu respektierten Bürgern werden!“

Uns geht es zurzeit schlecht, noch wissen wir nicht, ob uns die Flucht vor Kritias gelingt, aber ich bin so glücklich, wie noch nie.

„Wir müssen jetzt die anderen wecken,“ brummt Ariston, „ein weiterer anstrengender Marsch liegt vor uns!“

Und so kehren wir in die Hütte zurück, wecken alle Schläfer und machen uns wieder reisefertig.

Bevor wir uns aber auf den Weg machen, bedeutet er der Familie zuzuhören. Er erzählt, dass ich von nun an nicht ein Sklave sondern ein entfernter Verwandter sei.

„Ihr alle wisst, dass Panos aus einer edlen Familie stammt und als Kriegsgefangener zum Sklaven wurde. Er hat eine ausgezeichnete Erziehung genossen, daher wird niemand diese Geschichte anzweifeln.“

Niko ist zuerst sprachlos, dann aber bestätigt er:

„Ja, es ist wahr, Panos ist ein besserer Fechter als ich, er kann lesen und schreiben. Seine Ausbildung war mindestens so gut wie die, die ich in Athen genossen hatte. Er wird uns als Familienmitglied keine Schande machen, im Gegenteil, und wenn er uns nicht geholfen hätte, wären wir unterdessen wohl alle Sklaven!“

Ismene nickt, Phoebe und Anisa sind natürlich etwas erstaunt, aber Ariston ruft: „Vorwärts!“ Alle marschieren los, Zeit genug um unterwegs über die neue Sachlage nachzudenken.

Bald brennt die Sonne wieder vom Himmel und jeder Schatten ist eine Wohltat. Von Reitern ist weit und breit nichts zu sehen, der Klumpen der Angst, der in unserem Inneren sitzt, wird etwas leichter, aber immer wieder bringt ein unbekanntes Geräusch, ein entferntes Glitzern, ein Stück offenes und leicht einsehbares Gelände unsere Furcht mit voller Kraft zurück.

Unser Pfad durch die Hügel ist offenbar nicht sehr begangen, einmal sehen wir weit entfernt einen Schäfer, einmal ein paar Menschen mit Lasten auf dem Rücken, an den Abhängen sind auch kleine Gehöfte und sogar ein winziges Dorf zu sehen. Wir umgehen aber alle diese, denn wir fühlen uns am sichersten, wenn wir gar nicht allzu vielen Menschen begegnen.

Wie gestern finden wir am Mittag einen guten Rastplatz, um die heisseste Zeit des Tages vorbeigehen zu lassen. Alle ruhen sich aus, nur Ismene ist tief in Gedanken versunken. Schliesslich fragt sie:

„Ist das auch richtig, was wir da tun? Der Weg nach Korinth ist weit und beschwerlich. Wir sind schon oben in den Hügeln, wir könnten doch nach Theben flüchten, nicht von der Strasse von Süden her, wo sicherlich die Schläger des Kritias den Weg kontrollieren, sondern von Westen her, da erwarten sie uns ja wohl nicht. Der Weg nach Theben wäre viel kürzer. Was meint ihr?“

Ariston antwortet sofort:

„Ja, das ist schon richtig, Theben wäre näher. Nur bedenkt, was nachher passiert. Sich in Sicherheit bringen ist das eine, dort leben etwas anderes. In Sizilien kenne ich Leute, vor allem meinen alten Lehrmeister, Eukleidas, dort kann ich sofort wieder als Stempelschneider arbeiten und damit die ganze Familie ernähren. Was soll ich aber in Theben tun? Die Münzen, die dort geschlagen werden, sind so einfach gestaltet, die Stempel dazu kann jeder halbwegs geschickte Sklave herstellen, und sie werden wohl auch so gemacht. Was also würde ich dort arbeiten? Wie könnten wir unseren Lebensunterhalt verdienen? Wir haben kein Land dort, keine Olivenbäume, keine Schafe, rein gar nichts. Männer, die allein sind, können sich dort als Söldner verdingen, aber eine Familie?“

Alle sind still, daran haben wir gar nicht gedacht, die Flucht hat unser ganzes Sinnen und Trachten ausgefüllt, aber es stimmt schon, nach der Flucht muss das normale Leben wieder beginnen, wir alle brauchen wieder ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen und etwas anzuziehen.

„Ja,“ findet Ismene, „du hast Recht, wir flüchten besser nach Syrakus! Auf geht es also!“

Niemand will mehr nach Theben, alle haben verstanden, warum wir diese beschwerliche Wanderung auf uns nehmen müssen.

Bald säuselt ein sanfter Wind über das Gras und durch das Gebüsch, von nun an begleitet uns das Rascheln der Gräser und Blätter. Es ist viel angenehmer und alle wandern munterer.

Die Sonne steht schon tiefer über dem Horizont, als der Wind auffrischt, das Rauschen der Blätter wird lauter, kurze, heftige Windstösse rütteln an den knorrigen Bäumchen und Büschen und das Gras liegt flach auf dem Boden. Der Himmel ist aber immer noch blau, keine Wolke weit und breit. Ariston macht auf einmal ein besorgtes Gesicht.

„Was ist los?“ frage ich.

„Der Wind,“ meint er, „es ist ja schon Herbst, der Wind kann ein Vorbote eines Gewitters oder eines Sturmes sein, ich hoffe es nicht, aber man weiss nie!“

Dann aber, ganz plötzlich, wird es dunkler. Drohend steigt eine riesige Gewitterwolke vor uns über der nächsten Hügelkuppe auf, der Wind wird stärker und uns ist klar, ein Gewitter zieht auf.

Wo finden wir Schutz und am besten auch gleich einen Platz für die nächste Nacht? Wir haben immer wieder von Ferne kleine Hütten gesehen, aber jetzt ist weit und breit nichts dergleichen vorhanden. Wir eilen weiter und hoffen, bald wieder eine Hütte zu entdecken, da stürzt sich plötzlich ein bellender Hund auf uns. Alle erschrecken, der Hund sieht bedrohlich aus. Ich erinnere mich an unsere Hunde in Melos, auch wir hatten grosse und furchteinflössende Hunde, aber ich habe damals gelernt, wie man sie beruhigen kann.

Ich nähere mich dem Hund und spreche beruhigend auf ihn ein. Nach einer Weile bleibt er stehen und starrt mich an. Ich mache mit der Hand das Zeichen, mit dem die Schäfer dem Hund bedeuten, sich hinzulegen und siehe da, er gehorcht.

Der Hund gehört also einem Schäfer. Ist hier in der Nähe doch ein Haus, in dem wir uns vor dem Gewitter, das nun deutlich sichtbar aufzieht, in Sicherheit bringen können?

„Wir suchen das Haus des Schäfers, dem der Hund gehört, vielleicht können wir dort bleiben, bis der Sturm vorbei ist,“ schlage ich vor.

„Ist dies nicht zu gefährlich? Der Schäfer könnte uns verraten!“ fragt Ismene.

„Schon möglich,“ meint Ariston, „aber ich glaube es nicht. Die kleinen Leute hier oben in den Bergen haben doch sicher gar nichts von uns gehört, und meistens sind sie gastfreundlich und hilfsbereit. Wir müssen es einfach versuchen, wir können nicht hier draussen bleiben!“

„Lauf nach Hause!“ befehle ich nun dem Hund und siehe da, er steht auf und trottet schräg über die Wiese. Wir folgen ihm und kommen hinter einer Baumgruppe zu einem kleinen Haus.

Vor der Türe steht eine junge Frau mit einem Kleinkind im Arm, die auf etwas zu warten scheint.

„Gute Frau,“ fragt nun Ismene „ein Gewitter zieht auf, dürfen wir in deinem Haus Schutz suchen?“

Dann sieht sie, dass die Frau offensichtlich verzweifelt ist und fragt:

„Hast du Sorgen, was ist los?“

„Mein Mann ist schon seit Stunden weg, er wollte zwei Schafe suchen. Meist ist er sofort zurück, aber jetzt warte ich schon lange, ich habe überall gesucht, ich weiss nicht, was ich tun soll,“ und sie fängt an zu weinen.

„Wir helfen dir,“ verspricht Ismene.

„Natürlich,“ verspreche auch ich, „wir gehen auf die Suche.“

Die Frauen flüchten sich nun ins Haus, und wir Männer ziehen los. Dies ist nun gar nicht so einfach, die Weiden sind mit Gestrüpp überzogen und immer wieder liegen grosse Steinbrocken dazwischen. Wo könnte der Schäfer also sein?

Ariston zeigt auf eine Felsgruppe. Vielleicht dort? Aber Schafe wollen Gras, nicht Felsen, warum sollte er dort nach Schafen suchen? Trotzdem machen wir uns auf den Weg und rufen immer wieder nach dem Schäfer, aber unsere Rufe gehen im Getöse des Windes einfach unter. Ab und zu scheint der Sturm Atem zu holen, und wir benützen diese Pausen um zu rufen.

Dann aber vermischt sich das Sausen des Windes mit einem andern Geräusch, das sofort wieder verschwindet. Was war das und woher genau kam es? Wir suchen bei der Felsgruppe alles ab, kein Mensch, kein Schaf, nichts. Schon wollen wir wieder umkehren, da ist das Geräusch wieder da und diesmal sind wir sicher: Das ist ein Mensch.

Ich klettere auf die Felsen, vielleicht kann ich von dort oben etwas erspähen und tatsächlich, in einer Felsspalte erblicke ich ein Schaf. Ich klettere weiter über die Felsbrocken, um besser zu sehen und da ruft jemand:

„Hier, hier bin ich, Hilfe!“

Unten, zwischen den Felsbrocken, stecken tatsächlich zwei Schafe und ein Mann, der nun zu uns hinaufruft:

„Ich heisse Georgios, bitte helft mir! Ich habe die Schafe hier unten gesehen und wollte sie herausholen. Den Schafen fehlt nichts, aber ich habe meinen Arm gebrochen, daher kann ich nicht mehr hochklettern und auch nicht die Schafe hochreichen.“

Ja, die drei sind nun wirklich in einer misslichen Lage. Rundherum grosse Felsbrocken, dazwischen etwas saftiges Gras, das die Schafe wohl hergelockt hat, aber kein auch noch so kleiner Pfad führt hinaus. Man könnte die Schafe eines nach dem andern auf einen kleineren Felsbrocken heben und dann von oben hoch ziehen. Ob dies wohl klappt, und machen die Schafe dabei mit?

Niko klettert nach unten. „Wie soll ich die Schafe halten, ich habe noch nie ein Schaf herumgetragen, und wie schwer sind die eigentlich?“ fragt er.

„Keine Angst,“ meint Georgios, „Schafe sind sehr geduldige Tiere, mit all der Wolle sehen sie schwer aus, aber du kannst leicht eines hochheben!“

Niko packt nun eines der Tiere, hebt es so hoch als möglich auf den nächsten Felsbrocken, auf dem ich schon warte, um es ganz hoch zu ziehen. Das Schaf ist über diese Behandlung äusserst empört und blökt laut, lässt sich dann aber ohne Gegenwehr auf den nächsten Felsbrocken stellen und von dort aus kann Ariston es ganz in die Höhe ziehen. Auch das zweite Schaf lässt sich helfen und bald sind sie befreit.

Der arme Schäfer mit seinem gebrochenen Arm kann nicht klettern, wir helfen ihm nun hoch, immer bestrebt, seinen Arm zu schonen und ihm nicht zusätzliche Schmerzen zu bereiten. Kaum sind wir alle oben, bricht der Sturm in voller Stärke los, und wir eilen so schnell wir können zum Haus zurück.

Die Frau des Schäfers fällt ihm weinend um den Hals. Georgios ist erschöpft aber froh, dass er aus seiner misslichen Lage befreit worden ist.

„Ich danke euch, Ihr habt mich gerettet! Bleibt über Nacht bei uns, das ist das mindeste, was wir für euch tun können!“ Und dann fügt er hinzu: „Ich möchte bloss wissen, wie die Schafe völlig unversehrt dort hinunter gelangt sind, das ist doch fast nicht möglich!“ Er schüttelt den Kopf.

Ismene kümmert sich nun um seinen Arm. Sie kennt viele Heilkräuter und weiss auch, wie Verletzungen am besten versorgt werden. Zusammen mit seiner Frau bindet sie den gebrochenen Arm zwischen Weidenzweigen fest.

„Der Arm wird heilen,“ versichert Ismene dem Schäfer, „aber vielleicht ist er nachher nicht mehr ganz gerade. Du wirst ihn aber wieder gebrauchen können, das ist das Wichtigste.“

Während draussen ein Gewittersturm tobt, teilen wir mit den Schäfersleuten zusammen das Abendbrot, wieder einmal ist uns das Glück treu geblieben. Ismene, Phoebe und Anisa sind müde. Elis, die Schäfersfrau geleitet sie in das hintere Zimmer und zeigt ihnen, wo sie schlafen können.

Als sie weg sind räuspert sich Georgios, sieht erst verlegen zu Boden und sagt dann:

„Hört zu, ich weiss, wer ihr seid. Die Schlägertrupps des Kritias suchen überall nach euch.“

Das Entsetzen ist wohl auf unsere Gesichter geschrieben. Hatten wir nicht gedacht, dass Nachrichten nicht bis zu den abgelegenen Hütten dringen würden?

„Keine Angst,“ beruhigt nun aber der Schäfer. „Bei mir seid ihr sicher. Ich werde euch nicht verraten. Kritias hat eine Belohnung ausgesetzt, ihr müsst ihn wahrlich ordentlich geärgert haben. Die Nachricht hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Menschen in Athen denken immer, wir Bauern und Schäfer hier oben würden nichts mitkriegen und seien zudem etwas schwer von Begriff. Aber wir wissen durchaus, was in Athen geschieht, die Kunde über die Tyrannen und ihre Schreckensherrschaft ist auch hierher gelangt und nicht nur das, auch wir leiden darunter.

Wenn wir unsere Waren auf den Markt in Athen bringen, werden wir schikaniert, man verlangt Abgaben, die nicht gerechtfertigt sind, und wenn wir uns wehren, plündern sie unsere Marktstände. Vor allem die Schlägertrupps des Kritias schrecken vor nichts zurück. Der Bruder meiner Frau und ein Nachbar pflegten Honig und Käse von verschiedenen Schäfern zu sammeln und auf den Markt zu bringen. Ein paar von den üblen Kerlen tauchten auf und plünderten den Stand. Der Bruder meiner Frau verlangte, dass sie die Waren bezahlen, worauf sie ihn und den Nachbarn einfach erschlagen haben.

So gehen sie mit uns armen Leuten um. Wir hassen Kritias, und es gibt ganz viele Leute, die euch helfen werden. Trotzdem müsst ihr vorsichtig sein, die Leute sind arm und eine Belohnung kann eine grosse Versuchung darstellen. Aber jetzt ist es sicher am besten, wenn wir alle schlafen, morgen werde ich euch den Weg beschreiben, der für euch am sichersten ist, denn wie ich wohl annehme, wollt ihr nach Korinth, das würde ich an eurer Stelle nämlich auch tun. Schlaft also, ihr braucht die Ruhe! Der Weg ist noch weit und auch beschwerlich!“

Erst einmal sind wir sprachlos, aber unser Schrecken hat sich immerhin gelegt. Wir sind froh, dass wir hier in Sicherheit schlafen können, und bald ist es in der Hütte still.

Früh am Morgen ist Elis schon auf und holt Milch. Nach und nach versammeln sich alle in der Küche. Auch Georgios mit seinem eingebundenen Arm taucht auf. Er hat immer noch Schmerzen und achtet sorgsam darauf, dass er nirgends anstösst.

„Wie geht es deinem Arm?“ fragt Ismene.

„Er schmerzt noch, aber schon etwas weniger.“

Ismene schaut sich den Arm an und sagt:

„Das sieht ganz gut aus, der Arm wird sicher heilen.“

Die Frauen brauen jetzt einen Kräutersud, der die Schmerzen etwas lindern soll und lassen Georgios davon trinken. Das Gebräu muss fürchterlich schmecken, denn er schüttelt sich wie ein nasser Hund, aber beide Frauen versichern, dass dies ihm helfen werde.

Die Schäfersleute teilen ihr Frühstück von Brot und Käse mit uns Wanderern, und dann nimmt Georgios Ariston und mich zur Seite:

„Hört genau zu. Folgt erst einmal dem Pfad, auf dem ihr gekommen seid. Nach einer Weile werdet ihr einen breiteren Weg finden, auf dem ihr für kurze Zeit bleiben könnt. Er führt dann aber langsam talwärts nach Megara und dort dürft ihr nicht hin, das wäre zu gefährlich. In Megara wimmelt es von den Leuten des Kritias. Ihr müsst oben in den Hügeln bleiben. In einem kleinen Eichenwäldchen zweigt wieder ein kleinerer Pfad nach rechts ab, der leicht nach oben führt. Nehmt den. Nach einer Weile sieht es aus, als ob der Pfad an einer Felswand endet. Geht einfach weiter bis zu den Felsen, erst wenn ihr direkt davor steht, werdet ihr einen sehr schmalen Pfad erkennen, der sich mitten durch die riesigen Steinbrocken windet. An einer Stelle müsst ihr über ein paar Felsen klettern, aber auf der anderen Seite findet ihr leicht den Weg wieder.

Nach dieser Felswand seht ihr einen kleinen Weiler, dem ihr in grossem Bogen ausweichen müsst. Die Leute dort sind sehr neugierig, und ich könnte mir vorstellen, dass sie euch verraten. Später taucht ein zweiter Weiler auf, ein Haus steht ein kleines Bisschen nebenan. Geht zu diesem Haus. Der Mann dort ist mein Schwager, er heisst Philippos und er wird euch weiter helfen. Sein jüngerer Bruder wurde, wie ich euch erzählt habe, von den Leuten des Kritias erschlagen, er wird euch nicht verraten.“

Dann holt er zwei kleine Holzstücke, nimmt sein Messer und ritzt ein paar sonderbare Kerben ein. Es sind keine Buchstaben, es sind einfache Kerben. Wir schauen neugierig zu. Georgios gibt uns die Holzstücke und sagt:

„Zeigt Philippos diese Holzstücke, dann wird er wissen, dass ich euch schicke!“

Nun bin ich doch neugierig:

„Ich kenne diese Buchstaben nicht, ist dies eine besondere Schrift?“

„Nein,“ meint Georgios, „wir sind Bauern, wir können nicht zur Schule gehen, wir können nicht schreiben und lesen. Aber wir verständigen uns mit solchen Zeichen, von denen nur wir wissen, was sie bedeuten. Da es nur kleine Holzstücke sind, die man leicht verbrennen oder auch nur ins Unterholz fallen lassen kann, bemerkt gar niemand, dass hier Nachrichten hin und her gehen. Bewahrt die Stücke aber gut auf, für Philippos sind sie wichtig!“

Ariston steckt die Hölzchen in seinen Beutel, dann nehmen wir Abschied von den guten Schäfersleuten und machen uns wieder auf den Weg.

Zuerst müssen wir zurück zum Pfad, auf dem wir am Tage zuvor gewandert sind. Dieser führt nun immer wieder durch kleine Eichenwäldchen, aber auch über karge mit Steinen durchsetzte Wiesen, Flecken von gelblichem Gras und verdorrte Blumen wechseln ab mit dornigem Gestrüpp. Auf und ab geht es, aber der Weg ist bald recht breit und wir kommen gut voran. Dann aber fängt er an, sich talwärts zu neigen, und nach der nächsten Biegung liegt tief unten vor uns die Ebene von Megara.

„Wie schnell würden wir dort unten vorwärts kommen,“ seufzt Ismene, aber alle wissen, wie gefährlich dies wäre. Wie Georgios uns geraten hat, folgen wir aber dem Pfad, der wieder etwas aufwärts und in felsiges Gebiet führt. Wir kommen nur mehr mühsam voran, der Weg ist manchmal nur ein Geröllfeld und kaum zu erkennen. Da taucht vor uns die Felswand auf, die Georgios beschrieben hat. Und wirklich, der Weg führt genau darauf zu, direkt vor einen riesigen Steinbrocken.

„Ist das das Ende des Weges?“ erkundigt sich Phoebe, „müssen wir umkehren?“

Neugierig nähern wir uns der Felswand, der Weg führt bis zu einem mächtigen Steinbrocken und endet in einem Gestrüpp davor. Alle bleiben stehen. Wo soll jetzt ein Pfad durch die Felsen führen? Da ist weit und breit nichts zu sehen. Schliesslich ziehe ich das Gebüsch vor dem Felsen auseinander und siehe da, so etwas wie ein Pfad windet sich dem Felsen entlang und verschwindet im nächsten Gebüsch. Alle folgen mir nun auf dem kaum erkennbaren Pfad, der sich durch Gestrüpp und Felsen schlängelt und dann vor einer Ansammlung von kleinen und grossen Felsbrocken zu enden scheint. Ich klettere von Fels zu Fels, ziehe mich hoch über den letzten grossen Brocken und siehe da, oben liegt ein kleines Tal, durch das sich ein schmaler Weg zieht.

Bald sind alle über die Felsen geklettert, die Wanderung kann weiter gehen. In der Ferne ist ein Hausdach zu erkennen, dann noch ein paar mehr, eingebettet in eine karge Wiese liegt der kleine Weiler, vor dem Georgios uns gewarnt hat. Wir verlassen den Weg und umgehen die Häuser in grossem Bogen durch Wiesen und Gebüsch. Der Weiler liegt bald hinter uns. Nun sollten wir uns doch langsam dem Haus des Philippos nähern. Alle halten Ausschau und tatsächlich, weit vorne scheinen ein paar Häuser zu liegen.

Das Haus etwas ausserhalb ist umgeben von Olivenbäumen. Vor dem Haus lädt ein Mann Körbe und Krüge auf einen Wagen. Wir bleiben unter einem schattigen Olivenbaum stehen, und Ariston tritt zu dem Mann.

„Philippos?“ fragt Ariston.

Der Mann stellt den Korb ab und fragt ziemlich barsch: „Ja, und wer will das wissen?“

„Ich heisse Ariston, und das ist meine Familie!“ Er zeigt auf unsere kleine Gruppe Wanderer.

Philippos lässt seine Augen über uns schweifen.

Nun holt Ariston die Holzstücke aus seinem Beutel und übergibt sie dem Mann. Gespannt warten wir; was wird er nun tun?

Philippos schaut sich um, sagt dann: „Kommt mit!“ und führt uns in sein Haus. „Setzt euch,“ er zeigt auf eine Holzbank und dann bittet er seine Frau, uns Wasser zu bringen.

Wieder schaut er die Holzstücke an: „Ihr seid in Gefahr? Kritias?“

Wir nicken alle. Dann betrachtet er zuerst uns alle, dann das zweite Holzstück:

„Georgios bittet mich, ich soll euch helfen. Das werde ich tun, auch ich habe von euch gehört, zwei Männer, zwei Frauen, ein Sklave und eine Sklavin. Die üblen Kerle von Kritias suchen nach euch, ihr seid wirklich in Gefahr.“

Da schaltet sich Ariston ein:

„Das ist falsch, drei Männer, zwei Frauen und eine Sklavin.“

„Gut,“ findet Philippos, „trotzdem seid ihr nur zu gut zu erkennen.“

Eine Weile studiert er Phoebe.

„Hört zu, das Mädchen da, das könnte man doch in einen Jungen verwandeln. Haare abschneiden, Jungenkleider und schon sieht eure Gruppe ganz anders aus.“

Phoebe ist entsetzt: „Haare abschneiden?“

„Die wachsen wieder, nur ein Stück davon und schon bist du ein ganz passabler Junge.“

Alle betrachten nun Phoebe. Warum eigentlich nicht? Ein Mann mit zwei Söhnen ist nun mal etwas anderes als ein Mann mit Sohn und Tochter.

Erschreckt sieht Phoebe sich um:

„Ich sehe schon, ihr wollt alle, dass ich die Haare abschneide.“

Dann aber fügt sie mit einem verschmitzten Lächeln hinzu:

„Ich wollte schon immer mal ein Junge sein, also los, aber ich will dann auch als Junge behandelt werden und einen Dolch brauche ich auch!“

„Das ist die richtige Einstellung!“ findet Ariston.

Ismene und die Frau des Georgios verschwinden nun mit Phoebe im Haus, und wir Männer setzten uns vor dem Haus auf eine kleine Bank in den Schatten.

„Ihr werdet sie kaum wieder erkennen, meine Frau steckt die Kleine sicher in Kleider unseres Sohnes, er ist schon etwas grösser, aber so wie ich meine Frau kenne, hat sie den zu kleinen Chiton gut aufbewahrt.“

Wir sind alle gespannt und springen auf, als die Frauen aus dem Haus kommen. Phoebe hat sich in einen netten Jungen verwandelt, der etwas zart wirkt, aber umso grimmiger einen Dolch in der Faust hält. Wir alle lachen:

„Den kannst du vorläufig wegstecken, aber wir sind beeindruckt, du siehst wirklich echt aus.“

Ganz zufrieden sind die Frauen aber nicht. Sie betrachten Phoebe von allen Seiten und entscheiden dann:

„Da müssen wir noch etwas mit Nadel und Faden nachhelfen. Wenn sie sich bewegt, sieht man nur allzu gut unter den Chiton, das geht gar nicht.“

Also wird die offene Seite noch soweit zugenäht, dass kein Durchblick möglich ist, auch wenn Phoebe rennt oder ein Windstoss den Chiton erfasst.

Georgios erklärt nun:

„Ich fahre mit meinen Maultieren bis Aridas, dort bringe ich meine Waren hin. Ihr setzt euch nun auf den Wagen, aber so, dass man von aussen nur die Körbe und Krüge sieht. Vermutlich werden wir auf dem Weg, den ich immer nehme, keiner Menschenseele begegnen, aber das Gelände ist zeitweise sehr offen, und wir können von weitem bemerkt werden. Da ist es doch besser, dass alles so aussieht, wie immer!“

Wir alle krabbeln nun auf den Wagen, ziehen die Körbe so an den Rand, dass wir nicht leicht entdeckt werden können, und die Maultiere trotten los. Wie wunderbar ist es, auf einem Wagen zu sitzen, statt zu Fuss über den staubigen und heissen Weg zu marschieren. Es ist eine richtige Wohltat, die alle ganz offensichtlich geniessen. Dann aber steigt der Weg an, zuerst nur leicht, dann immer mehr und bald stehen wir vor einem steilen Aufstieg. Die Maultiere werden langsamer, es ist Zeit, dass wir ihnen helfen. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen, so steigen wir Männer ab und schieben den Wagen. Auch Phoebe hüpft herunter.

„Du doch nicht!“ rufe ich ihr zu!

„Doch,“ meint sie, „ich bin ein Junge, hast du das schon vergessen?“ und eifrig hilft sie, den Wagen zu schieben.

Die Maultiere merken, dass die Last leichter geworden ist und schreiten wieder munterer voran. Oben auf dem kleinen Hügel klettern wir wieder auf den Wagen und weiter geht es. Plötzlich hält Georgios die Hand über seine Augen und späht angestrengt nach Westen.

„Was ist dort?“ fragt Ariston.

„Ich bin nicht sicher, ich dachte, ich hätte etwas in der Ferne glänzen sehen. Jetzt ist das aber weg, das war wohl nichts!“

Weiter trotten die Maultiere, dann aber stoppt Georgios den Wagen.

„Dort vorne sind Reiter, recht weit weg, aber ich glaube, sie kommen auf uns zu. Ich habe noch nie Reiter auf diesem Pfad gesehen, das verheisst nichts Gutes. Ihr müsst euch verstecken!“

Wir alle erschrecken. Anisa fängt an zu weinen.

„Hör sofort auf damit!“ befiehlt Ismene scharf, „das hilft jetzt gar nichts, wir brauchen jetzt Ideen nicht Tränen!“

Anisa stoppt sofort und schnupft nur noch leise vor sich hin. Ja, Ideen sind jetzt gefragt.

Alle schauen in die Runde. Verstecken? Das magere Gebüsch da und dort bietet keinerlei Deckung, die wackeren Felsen, mit denen die Wiesen noch vor einer Weile gespickt waren, sind verschwunden, sollen wir in ein Mausloch kriechen? Panik greift um sich, was sollen wir nur tun?

„Verstecken wir uns in den Körben?“ schlägt Phoebe vor.

„Geht nicht. Die Körbe sind voll, wo also hin mit den Waren und zudem könnten die Kerle ja auf die Idee kommen, in die Körbe zu gucken oder sogar ihre Schwerter hinein zu stecken“.

„Kämpfen!“ beschliesst jetzt Niko. „Wir erschlagen sie, hier sieht das keiner, dann verstecken wir die Leichen, und bis jemand die findet, schaukeln wir längst Syrakus entgegen!“

„Du vergisst, dass dies erprobte Krieger sind, der Ausgang des Kampfes ist keineswegs sicher, wir brauchen erst mal eine andere Idee,“ widerspricht Ariston.

Georgios hingegen ist die Ruhe selbst. Gemütlich schaut er in die Runde und sagt dann:

„Ich weiss, was wir tun. Schaut, dort vorne ist ein kleiner Hain von Feigenbäumen. Ich fahre bis dorthin. Dort steigt ihr rasch aus, verteilt euch im ganzen Hain.“

Wir alle betrachten nun die Feigenbäume. Sicher, dort rascheln Blätter im Wind, von hier aus sieht es nach ganz ordentlicher Deckung aus, aber es sind keine uralten, dicken Bäume mit knorrigen Stämmen, nein, es sind recht junge Bäume, die auf dem kargen Boden wohl auch nicht so gut gedeihen können. Die Stämme sind so dünn, dass sich niemand dahinter verbergen kann, das Laub so schütter, dass sich nicht einmal die kleine, zierliche Phoebe verstecken könnte.

„Da sehen sie uns doch sofort, das hilft uns gar nichts!“ finde ich nun, „wir brauchen bessere Deckung.“

Aber Georgios widerspricht:

„Ihr braucht keine Deckung, die sollen euch ruhig sehen. Seht doch, die Feigen sind reif, und ihr seid jetzt Bauern, die die Feigen pflücken. Die Reiter suchen Wanderer, nicht Bauern, die arbeiten. Sie werden euch kaum beachten. Bleibt einfach nicht zusammen und sucht euch Bäume aus, die ein Stück vom Weg entfernt sind. Sobald die Reiter da sind, arbeitet ihr so fleissig, wie ihr könnt! Legt eure Mäntel auf den Boden, sammelt fleissig Feigen und legt sie darauf, dann sieht das ganz echt aus. Aber versteckt auch eure Waffen unter den Tüchern!“

Der Plan scheint uns gut, ein besserer ist auch gar nicht zu finden, so bringt Georgios uns zu den Feigenbäumen, und wir verteilen uns so rasch wir können. Ich bleibe bei einem Baum nahe am Weg stehen, Niko wendet sich den Früchten etwas weiter hinten zu, und auch Ariston sucht sich einen Platz nicht allzu weit vom Weg entfernt. Die Frauen schicken wir zu den Bäumen weiter oben.

Dann lege ich meinen Mantel auf den Boden, schiebe mein Schwert darunter und fange an, Feigen zu pflücken. Ich bin wild entschlossen, nicht einfach klein beizugeben, sollten die Reiter uns erkennen. Es sind zwar zwei, da sie aber sicher annehmen, dass wir keine Waffen haben, könnte ich vielleicht auch beide besiegen, falls ich sie völlig überraschend angreifen würde. Auch Ariston hat sein Schwert griffbereit unter dem Tuch, auf das er die gepflückten Feigen legt, Niko zeigt mir seinen Dolch und versteckt ihn dann in seinem Chiton. Alle sind bereit.

Das Hufgeklapper wird immer deutlicher, hört dann aber plötzlich auf. Was ist los? Drehen sie um? Bald setzt das Klappern wieder ein, die Reiter werden wohl bald hier sein.

Georgios bleibt noch etwas stehen, fährt dann langsam weiter, und schon bald versperren ihm zwei Reiter den Weg. Beide sehen furchteinflössend aus, grosse hässliche Narben verunstalten das Gesicht des einen, er hat offenbar schon viele Kämpfe hinter sich. Der andere ist etwas jünger und weniger vernarbt, aber sein verkniffener Gesichtsausdruck und seine stechenden Augen lassen auch nichts Gutes verheissen.

Mein Blick fällt auf mein Schwert, rasch wende ich mich aber wieder den Feigen zu. Auch Niko legt seine Hand auf seinen Chiton, auch er will offenbar sicher sein, dass er seinen Dolch rasch packen könnte. Ariston hingegen ist für einen kurzen Moment wie erstarrt, schaut dann verzweifelt zu mir hin, und erst als ich ihm bedeute, dass er sich den Früchten zuwenden solle, lässt seine Starre nach und er stürzt sich mit Feuereifer auf seine Arbeit, ohne aber die Reiter aus den Augen zu lassen. Ich wende mich nun den hinteren Ästen zu, so kann ich Feigen pflücken und gleichzeitig das Geschehen auf dem Weg beobachten.

„Hör zu!“ ruft nun der Narbige, „hast du auf dem Weg Wanderer gesehen?“

„Wanderer,“ fragt Georgios, „was für Wanderer?“

„Ist doch gleich, eben Wanderer, hast du welche gesehen, ja oder nein!“

„Ich weiss nicht,“ meint Georgios „wo soll ich denn Wanderer gesehen haben?“

„Auf diesem Weg natürlich, du Dummkopf!“ Georgios überlegt.

„Wanderer sind meistens eher auf dem Weg nach Megara zu finden, die wollen doch dort zum Markt, oder nicht?“ fragt er jetzt.

Der Reiter wird ungeduldig.

„Natürlich, aber wir wollen wissen, ob du auf diesem Weg hier Wanderer gesehen hast, ist das denn so schwer zu begreifen? Also?“

Georgios überlegt. „Ja,“ meint er dann. Wir alle erstarren und vergessen uns um die Feigen zu kümmern.

„Ja, klar,“ meint Georgios, „da war doch die alte Frau mit dem Korb voll Nüsse. Sucht ihr die?“

„Eine alte Frau mit Nüssen, nein, sicher nicht.“

„Ach, da war doch noch mehr!“

Die Reiter schnellen in die Höhe: „Ja, was hast du noch gesehen?“

„Da war doch noch der kleine Junge, der die Schafe gesucht hat. Sucht ihr die Schafe?“

„Schafe, nein, sicher nicht, sind wir denn Bauern? Nein, wir suchen drei Männer und drei Frauen, hast du die gesehen?“

„Und wann soll das gewesen sein?“ fragt jetzt Georgios.

Die Reiter ärgern sich sichtlich. „Heute natürlich, vor ein paar Stunden vielleicht!“

Wieder überlegt Georgios und macht dazu ein dummes Gesicht.

„Komm,“ sagt der erste Reiter, „das bringt nichts, das ist nur so ein dummer Bauer, wie soll der schon auf drei zählen können!“

Jetzt aber strahlt Georgios: „Drei Männer, drei Frauen, nein dies hab ich nicht gesehen, ihr seid wohl auf dem falschen Weg, hier sind nur Bauern, die arbeiten“ - und mit einer Handbewegung zeigt er auf uns Feigenpflücker – „und eben die alte Frau und der Junge.“

Beide Reiter schauen nun zu uns hinüber, und wir alle pflücken so eifrig wie wir nur können.

„Du bist keine Hilfe, Bauern interessieren uns nicht!“ brummen nun die Reiter, schauen sich nochmals um und reiten schimpfend über die Wiese an Georgios und seinem Wagen vorbei. Wir bleiben bei unseren Bäumen und erst, als das Hufgeklapper längst verstummt ist, wagen wir es, zurück zum Wagen zu kommen.

Ariston umarmt Georgios: „Du hast uns gerettet, wir danken dir!“

Ismene bricht in Tränen der Erleichterung aus und Niko zieht den Dolch aus seinem Chiton:

„Einfach so hätten die uns nicht mitnehmen können, mindestens einen hätte ich erdolcht.“

Aber wir sind alle froh dass dies nicht nötig wurde, setzen uns wieder auf den Wagen und schütteln über den holperigen Weg weiter.

Bald werden die Schatten länger, aber das Dorf Aridas ist noch nicht zu sehen. Dennoch hält Georgios an und steigt vom Wagen. Er schneidet zwei kleine Zweige einer Eiche ab und fängt an, etwas zu schnitzen. Dann kommt er zurück zum Wagen und bittet uns, auszusteigen.

„Hier,“ erklärt er „müsst ihr den Weg wieder selber unter die Füsse nehmen, es tut mir leid. Aber nach der nächsten Biegung sind wir kurz vor Aridas. Ich werde dort übernachten, aber für euch ist es viel zu gefährlich. Sicher haben sich die Reiter überall nach euch erkundigt, und ich traue dort nicht allen Leuten. Hier ist aber ein kleiner Pfad, der auf die Kuppe dort hinauf führt. Von oben könnt ihr schon das Meer sehen. Steigt auf der anderen Seite noch etwas ab, dann wechseln sich Schafweiden mit kleinen Eichenwäldchen ab. Die Schafe grasen vermutlich auf weiter unten gelegenen Weiden, ich denke, es sollte deshalb möglich sein, eine verlassene Schäferhütte zu finden. Ein Dach über dem Kopf ist für die nächste Nacht wichtig, schaut euch nur die Wolken an.“

Und tatsächlich, über die Hügelkuppe schiebt sich eine mächtige Gewitterwolke. Wir bedanken uns bei Georgios und wollen schon losziehen, da drückt er Ariston die zwei Eichenzweige in die Hand.

„Vom Hügel aus seht ihr die Stadt Pagai am Meer unten. Dort leben mein Onkel und sein Sohn, sie sind Fischer. Sucht sie, sie heissen beide Theophanos. Gebt ihnen die Hölzchen, dann werden sie euch weiter helfen. Aber seid vorsichtig, in Pagai leben alle möglichen Leute, nicht alle werden euch wohlgesinnt sein, und der eine oder andere würde sich sicher gerne das Kopfgeld verdienen, das Kritias auf euch ausgesetzt hat! Ich wünsche euch viel Glück!“

Wir alle bedanken uns bei ihm, dann setzt er sich wieder auf seinen Wagen, winkt uns zu und rattert weiter.

Der Pfad schlängelt sich aufwärts durch das Eichenwäldchen, dann über eine Wiese, zwischen Steinbrocken hindurch, aber die Hügelkuppe ist bald erreicht. Weit unten glänzt das Meer, wir alle jubeln, die Rettung scheint uns ganz nah zu sein. Die Gewitterwolke hat sich gewaltig ausgedehnt, deshalb eilen wir so schnell wir können weiter, jetzt aber abwärts über Weiden und durch Wäldchen. Eine Schäferhütte schmiegt sich neben dem Weg an einen Felsen, wir glauben schon, einen Platz für die Nacht gefunden zu haben. Die Hütte wurde offenbar schon lange nicht mehr benützt, die vordere Seite sieht zwar recht ordentlich aus, das Dach aber ist eingeknickt und die hintere Wand zusammengefallen.

Also ziehen wir weiter und hoffen auf eine Hütte, die doch etwas mehr Schutz bieten könnte. Aus der Ferne ist nun Donnergrollen zu hören, bald treffen uns die ersten Regentropfen, aber von einer Hütte ist nichts zu sehen. Es wird dunkler, mächtige Wolken decken die Sonne ab, und plötzlich zuckt ein greller Blitz am Himmel, der die ganz Gegend hell erleuchtet. Wir alle erschrecken, aber der Blitz hat uns neben dem Weg etwas Dunkles, Viereckiges gezeigt. Und tatsächlich, da steht eine kleine Hütte.

Vorsichtig nähern wir uns, sie könnte ja bewohnt sein. Keine Menschenseele ist zu sehen, aber bei diesem Wetter würde ja jedermann in der Hütte Schutz suchen und nicht draussen herumstehen. Die Hütte ist verschlossen aber nicht bewohnt. Es ist kein Kunststück, das Schloss zu überlisten, die Türe öffnet sich, die Hütte nimmt uns gerade noch rechtzeitig auf, bevor ein gewaltiger Wolkenbruch über sie nieder prasselt.

Die Hütte ist alt, ganz offensichtlich wird sie von Schäfern aber immer wieder benutzt. Wir finden einen mit Stroh ausgelegten Platz, auf dem wir schlafen können, das Dach ist dicht, die Wassermassen, die darauf nieder donnern, finden keine Ritze. Bald wird es ruhig, alle sind müde. Es scheint, als seien schon alle eingeschlafen, da flüstert Ismene:

„Panos, weisst du noch, die Eule? Athene beschützt uns auf unserem Weg, da bin ich sicher!“

Hat sie Recht? Schutz der Göttin Athene, das ist es, was wir brauchen, und bis jetzt haben wir ja immer wieder Glück gehabt, vielleicht hält sie wirklich ihre Hand über uns.

Am andern Morgen zaubert die Morgenröte zartes Rosa an den klaren Himmel, ein neuer Tag bricht an, wir müssen weiter. Pagai ist unser Ziel, das jetzt unter uns liegt und schon ganz nahe scheint. Erst einmal wandern wir aber durch dichtes Gestrüpp und kleine Eichenwäldchen abwärts und erst als wir auf eine Lichtung treten, ist der Blick auf Pagai wieder frei.


Der Stempelschneider

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