Читать книгу Silvia - Folge 2 - Jürgen Bruno Greulich - Страница 8
ОглавлениеDer Verrat
Bei der Rückkehr ins Foyer schaute sich Silvia verstört um. Die Stimmung war anders als sonst, sie war hart, aggressiv. Grund war ein kleiner hagerer Mann mit grauen Habichtsaugen und schmalen Lippen. Eine tiefe Falte kerbte die Stirn über der Nasenwurzel und sein Gesicht glich einer Wüste, von Falten durchfurcht wie von aufgewehten Dünen. Leicht gekrümmt war seine Gestalt, grau das schüttere Haar, er sah aus wie ein Gnom.
Mit herausfordernd vorgerecktem Kinn hatte er Iris im Visier, krächzend klang seine Stimme. „Ich weiß ja, dass du eine Besonderheit bist, so unberührbar wie die Mona Lisa. Aber alles hat seinen Preis, auch du!“
Iris, die an der Bar stand und seinen Blick erwiderte, schüttelte stumm den Kopf.
Still gesellte sich Silvia zu Monika, die etwas entfernt auf einem Sofa saß. Monika sah die Frage in ihrem Blick, beugte sich zu ihr herüber, dämpfte die Stimme zum Flüstern. „Es versuchten schon einige Gäste, sie rumzukriegen. Sie ist begehrt wie ein rares Sammlerstück, manche würden ein kleines Vermögen für sie bezahlen. Aber keiner konnte bei ihr landen, es ist hoffnungslos.“
Der Gnom spießte Iris mit seinem Blick auf. „Wie viel verlangst du? Tausend Euro?“
Iris schüttelte den Kopf.
„Zweitausend?“
Iris blieb stumm.
„Es soll hier sein, vor aller Augen. Du ziehst dich aus und bläst mir einen. – Ist das zu viel verlangt für drei Riesen?“
Iris senkte die Lider.
Er zückte sein Portemonnaie und legte acht Fünfhunderteuroscheine auf den Tresen. Iris beschaute sie mit großen Augen, bedachte den Mann mit einem ungläubigen Blick und schüttelte den Kopf. Er zupfte sich zweifelnd am Ohr und legte den nächsten Schein dazu, dann noch einen, noch einen weiteren und schließlich auch den zwölften. „Sechstausend Euro, du musst nur zugreifen, dann gehört es dir.“
Iris griff nicht zu. Sie stand erstarrt vor dem Mann, schweigend, als hätte sie die Sprache verloren. Alle Augen waren auf sie gerichtet, es herrschte atemlose Spannung, nur die elegischen Klänge eines Saxofons durchschwebten die Stille wie fallendes Laub.
„Kannst du mir mal sagen, was du willst?“
Tonlos klang ihre Stimme, wie einer Gruft entsteigend, scheu, aber doch unerwartet fest. „Nichts, das Sie mir geben könnten.“
„Und was ist das, das du gerne hättest und ich dir nicht geben kann?“
„Nichts, worüber ich reden könnte.“
Der Gnom holte tief Luft, fast blieb keine mehr für die anderen zum Atmen übrig, seine Fingerspitzen trommelten auf den Tresen, als wollten sie ihn zertrümmern, er wippte auf den Zehen, würde wohl gleich platzen. Aber nein, er nickte sich beschwichtigend zu oder einer inneren Stimme, der er zu lauschen schien. Er steckte das Geld wieder ein und beschaute Iris forschend. „Unterschätze mich nicht. Möglicherweise kann ich dein Geheimnis lüften und es dir doch geben, das, worüber du nicht reden kannst. Es gibt fast immer einen Weg.“ Er bestellte bei Immanuel einen Kaffee und sie ging, um einen Aschenbecher auszuleeren.
Der Blick des Gnoms schweifte zum Sofa mit Monika und Silvia herüber. Sie waren im Augenblick die einzigen freien Mädchen, da sich Sonja mit einem Gast in einem Zimmer befand und Marlies sicherlich nicht die geeignete Gespielin für ihn war; grade hatte sie einen älteren Herrn unter der Fuchtel, der ihr unterwürfig ein Glas Mineralwasser von der Bar holte. Silvia spürte die Blicke des Kleinen wie Hagelkörner auf der Haut. Sein fiebrig aggressives Wesen machte ihr Angst, nur ihm nicht in die Hände fallen. Die Garderobentür ging auf und Annemarie kam in den Raum, hinterdrein Christine, Verstärkung, ein Glück. Hoffentlich gefiel ihm eine von ihnen besser. Im gleichen Moment kam ein neuer Gast herein und sofort stand Silvia auf, gerne bereit, ihn zu bezirzen, um den Fängen des Gnoms zu entgehen. Monika erhob sich ebenso schnell, schien genauso zu fühlen.
Der neue Gast, ein mittelgroßer Mann mit sympathisch offenem Blick lächelte erfreut, als sie sich näherten und sich ihm mit ihren Namen vorstellten. Sanft wurde Silvias Oberarm angestupst und verwundert schaute sie zur Seite. Iris stand neben ihr und wies zur Bar. Dort winkte der Gnom nach ihr! O je, also doch. Es gab kein verneinendes Kopfschütteln, kein Gast durfte abgewiesen werden, natürlich nicht. Bangen Herzens ging sie zu ihm hinüber.
Er empfing sie mit einem freundlichen Blick. „Bist du neu hier?“
Sie nickte.
„Mal schauen, was mit dir anzufangen ist.“ Er wandte sich an Immanuel und verlangte die Karte.
Die Karte! Übermorgen könne sie sich darin sehen, hatte Christine behauptet, vorgestern war das gewesen, also war übermorgen heute. Ob er sie tatsächlich darin finden würde? Scheu (wenn auch nicht ohne Neugierde) schaute sie zu, wie der Mann Seite um Seite umblätterte. Das erste Kapitel zeigte die Zimmer und auf einem Extrafoto die dazugehörigen Gemälde. Im zweiten Kapitel wurde die „besondere Garderobe“ vorgestellt, auf jeder Seite ein Kleidungsstück, jedes mit einem eigenen Namen bedacht und von einem der Mädchen des Hauses getragen. Es waren absonderliche Kleider und Dessous, nirgendwo sonst außer hier hätte man so etwas anziehen können. Sie wurden in der Vorder- und Rückansicht gezeigt, ein kurzer Text daneben wies auf die besonderen Raffinessen und Verwendungszwecke hin. So konnte ein Gast, wenn er wollte, seine Gespielin in der gewünschten Verpackung bestellen. Dem Gnom aber war die Bekleidung gleichgültig. Schnell blätterte er darüber hinweg.
Dann wurden die Mädchen präsentiert, jedes auf vier Seiten, in Folie eingeschweißt. Aus handgeschöpftem braunem Papier bestand das erste Blatt, darauf gab es ein kleines Foto vom Gesicht und daneben standen in geschwungener Schrift der Name und die festen Tage geschrieben. Auf den nächsten beiden Seiten sah man die Mädchen in DIN-A-4-Format, kaum bis gar nicht bekleidet und in aufreizenden Posen. Den Abschluss bildete wieder ein braunes Blatt mit einem Vermerk über „besondere Vorlieben und Tauglichkeiten“. Manche der Fotos waren hier im Foyer entstanden, andere in einem der „Liebeszimmer“, eines in einem düsteren Raum, den Silvia nicht kannte – und dann kam sie. Sie sah ihren Namen, „ihre“ Tage, ihr Gesicht, das ernst wirkte, gesammelt, dabei weich gezeichnet und sinnlich konzentriert … der Mann blätterte weiter und ihr Blick huschte erschrocken zur Seite, doch schaute sie gleich wieder hin, ebenso abgestoßen wie fasziniert.
Das eine Foto zeigte sie im kurzen roten Negligé, sie stand an der schwarzen Wand wie angeheftet, den Rücken der Kamera zugekehrt, beide Arme erhoben, die gespreizten Finger krallten sich in die Tapete, wie gehetzt schaute sie sich nach einem imaginären Verfolger um. Auf dem zweiten Bild stand sie nackt zwischen den Säulen, die Arme ausgestreckt, als seien sie angekettet. Zerzaust war das Haar, geweitet waren die Augen, die Lippen halb geöffnet, deutlich zeichneten sich die blau unterlaufenen Striemen auf ihrer Haut ab, es hatte den Anschein, als hätte man sie soeben erst gemalt. Als besondere Vorlieben und Tauglichkeiten war auf der letzten Seite angegeben: „Bequem zugänglich in allen Öffnungen und geeignet für die Peitsche.“ (Ein Eintrag, den sie auch bei Laura und bei Annemarie gelesen hatte.) So also wurde sie den Gästen angeboten! Der Anflug von Stolz, den es gestern noch gegeben hatte, war spurlos verschwunden.
Wortlos schlug der Gnom die Karte zu, dann winkte er nach Iris. „Bringst du sie in den Raum Justine und bereitest sie vor? Du weißt doch hoffentlich noch, wie ich es wünsche.“
„Natürlich, mein Herr.“
Mit Schrecken sah Silvia, dass Immanuel dem Kleinen auf dessen tausend Euro nur zweihundertfünfzig herausgab, dann wurde sie von Iris bei der Hand genommen und zu den Liebeszimmern geführt. Die Peitsche kostete zweihundertfünfzig Euro Aufpreis, Geld, von dem das Haus nichts für sich behielt, ein schwacher Trost in diesem Augenblick. Ihr Weg führte hinunter in den dunklen Korridor und in einen Raum, den sie auf einem der Fotos gesehen hatte. Er war in Schwarz gehalten wie das Chambre O und zwielichtig beleuchtet. Nichts Gutes verhießen die eisernen Ringe an den Wänden, die Ketten und das Sortiment von Peitschen und Stöcken, die griffbereit aufgehängt waren.
Selbst das wenige, das Silvia anhatte, war noch zu viel. Sie musste es ablegen und sah dann erschrocken, dass Iris zum Pranger wies, der mitten im Raum stand, kein klobiger hölzerner aus dem Mittelalter, sondern eine technisierte Version aus silbern schimmerndem Metall: zwei runde Füße, die eine auseinanderklappbare Schiene trugen. Zaudernd kniete sie davor nieder und widerstrebend bettete sie den Hals und die Handgelenke in die Aussparungen, die mit rotem Gummi dick gepolstert waren. Sanft klappte Iris die metallene Schiene herab und klirrend rastete die seitliche Verriegelung ein, unentrinnbar war Silvia eingeklemmt.
Eine Hand strich über ihr Haar. „Ich hole dich später ab.“ Leise Schritte entfernten sich, fast lautlos wurde die Tür ins Schloss gezogen, Stille breitete sich aus.
Später. Wenn es nur schon so weit wäre, aber nein, dann müsste sie ja den Schmerz fühlen, vor dem sie sich jetzt nur fürchtete. Wenn der Mann nur nicht so bald käme, aber nein, dann würde die Furcht noch länger dauern, die ebenso schlimm war wie der Schmerz, vielleicht gar noch quälender. Ob Immanuel sie jetzt beobachtete auf dem Monitor, sie kauern sah in ihrer schmählichen Lage? Sah er sie in Farbe oder in Schwarz-Weiß? Als würde das eine Rolle spielen.
Und Iris, die Zarte, die ihre Aufgabe so sachlich kühl erledigt hatte, was mochte sie wohl fühlen? Genugtuung vielleicht, wenn ein Mädchen die Qual erwartete, die sie selbst so oft hatte erleiden müssen, oder einfach nur Erleichterung, nicht selbst das Opfer zu sein? Warum ließ der Mann sie so lange schmoren in ihrer Angst? Ihre Furcht war seine Vorfreude, und diese kostete er wohl aus. In ihrem Blickfeld befanden sich eine Kommode mit zwei Reihen von Schubladen und ein altertümlicher Stuhl, von dessen Sitzfläche ein roter Dildo aufragte, prahlerisch, höhnisch, verheißungsvoll. Lieber er als der Pranger? Es war eine müßige Überlegung, denn sie hatte nicht die Wahl.
Dann endlich (?) kam der Mann herein. Seine Schritte auf dem flauschigen Teppich ließen sich mehr erahnen denn hören, deutlicher vernehmbar waren seine tiefen Atemzüge, dann spürte sie eine Hand auf dem Po und zuckte zusammen.
„Du fürchtest dich wohl?“ Es war eher eine Feststellung als eine Frage und musste auch nicht beantwortet werden. Eine Hand glitt über ihre Haut, als wolle sie deren Festigkeit prüfen, und wanderte zwischen ihre Schenkel, direkt zum Schoß, zwei Finger drangen ein, krümmten sich, ließen sie aufseufzen. „Na siehst du, es gibt doch mehr als nur Angst.“
Er ließ von ihr ab, ging um den Pranger herum, trat vor sie und streichelte ihre Wange, legte die Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Sein zerfurchtes Gesicht, die gelblichen Zähne, der flackernde Blick, er sah aus wie ein Kobold beim Raub eines Schatzes. Zwei Finger schoben sich in ihren Mund und sie lutschte daran.
„Du kannst dich schon mal auf meinen Schwanz freuen, denn wenn ich dir den da reinstecke, hast du es überstanden.“
Die Finger glitten von ihren Lippen und suchend schweifte sein Blick über das Sortiment der Peitschen. Seine Wahl fiel auf eine lange Gerte mit verknoteter kurzer Lederschnur am Ende. Er ließ sie durch die Luft sirren und spielerisch in die flache linke Hand federn. „Sie dürfte für dich geeignet sein. Oder hättest du lieber eine andere?“ Silvia schwieg. „Mir scheint, du bist damit einverstanden.“ Höhnisch klang seine Stimme, wie sonst?
Er drehte am seitlich angebrachten metallenen Handrad und die Schiene, die sie gefangen hielt, senkte sich in den Laufschienen der Streben hinab; mit ihr wurde ihr Oberkörper hinabgesenkt, womit sich ihr Hintern noch einladender darbot. Sie schloss die Augen, ahnte, wie er hinter sie trat. Nun also war es so weit, wieder einmal.
Beim ersten Hieb schluchzte sie qualvoll auf, beim zweiten brach ein Stöhnen von ihren Lippen. Hart schlug er zu, erbarmungslos, immer und immer wieder. Sie begann zu wimmern und zu schreien, flehte um Gnade. Nur einen kleinen Moment aufhören damit, nicht gleich das nächste Feuer entfachen, ein bisschen Schonung, bitte, ach bitte …
Ihr Flehen wurde erhört, die Rute ruhte, riss keinen erneuten Schrei aus ihrer Kehle, blieb fern von ihrem zuckenden Hintern. Die Stimme des Mannes mischte sich in ihr Wimmern: „Mach nicht so ein Gezeter. Du tust ja so, als würde ich dir die Haut abziehen.“
Sie spürte einen Finger an ihrem Hintern, glitschig wie ein Aal. Er bohrte sich in sie hinein, gleich noch ein zweites Mal, dann packten Hände ihre Hüften, zerrten ihren Unterleib in die richtige Position. Im nächsten Moment zwängte sich ein heißer pulsierender Pfahl in ihre hintere Öffnung, tief und immer tiefer; mit ihm drang das glühende Feuer von außen nach innen. So hart der Gnom sie geschlagen hatte, so hart nahm er sie auch, stieß grob zu, rücksichtslos wie eine Maschine, drohte sie zu sprengen mit jedem neuen Stoß. Dann brach ein Röcheln aus der kleinen Brust und ergoss sich seine Flut wie heiße Lava in ihren engen Schlund. Mit einem Ruck zog er sich aus ihr zurück und sie spürte zähe Rinnsale über die Lenden kriechen.
Heiser klang die Stimme des Gnoms, fiebrig, als habe es keine Befriedigung für ihn gegeben. „Jetzt möchte ich von dir wissen, wie ich an diese störrische Iris herankommen kann.“
Woher sollte sie das wissen? Sie hätte es ja liebend gern gewusst und es ihm sofort gesagt, aber sie hatte keine Ahnung, so wenig wie er. Doch sollte sie eine Ahnung haben, denn in seiner Hand lag die Gerte. Es kam ohne Vorwarnung, das grässliche Surren, dreimal rasch hintereinander, und wieder erfüllte ihr Schluchzen den Raum.
„Was reizt sie, was hätte sie gerne, welchen Traum möchte sie sich erfüllen?“
Beschwörend, flehend stieß sie die Worte hervor. „Ich kenne Iris doch kaum. Ich bin erst seit wenigen Tagen hier. Bitte …“ Ihre Worte gingen unter in einem gequälten Schrei, ihr Körper bäumte sich auf, der Hals und die Hände scheuerten an den engen Krausen, die Knie rieben sich verzweifelt am Boden.
„Ein Schwachpunkt von Iris, irgendetwas, worunter sie leidet.“
Leidet? Ja, da gab es etwas, nein, jemanden. „Ihr Vater.“ Kaum war es zu verstehen in ihrem Schluchzen.
„Ihr Vater? Was ist mit ihrem Vater?“
„Ich weiß nicht, ich weiß nur, dass sie ihn fürchtet.“ Silvia, die Verräterin, nahm sich fest vor, nichts weiter mehr zu verraten, egal, was auch geschehen mochte.
„Sie fürchtet ihren Vater und ist hier in diesem Haus, daraus kann man doch Schlüsse ziehen. Hat er sie missbraucht, misshandelt?“
„Ich weiß es nicht …“
Wieder klatschte der Stock auf ihren Hintern, hart und schmerzhaft. Drohend mischte sich die Stimme des Gnoms in ihr Wimmern. „Ich denke, dass du sehr wohl Bescheid weißt. Und ich denke, dass du mit mir reden solltest.“ Der nächste Hieb trieb den nächsten erstickten Schrei von ihren Lippen.
Der Vorsatz, nicht noch mehr zu verraten, war spurlos verschwunden. Nur nicht wieder die Gerte spüren! „Ja, er hat sie missbraucht. Misshandelt auch. Über Jahre hinweg.“
„Und sie hasst ihn?“
„Ja, das tut sie.“
„Das hättest du auch gleich erzählen können.“ Er klang zufrieden, der Kobold, als hätte er ein Juwel gefunden.
Vorsichtig öffnete sie die Augen, sah, wie er vor sie trat und am Rad drehte, mit der Gerte noch in der Hand. Die Schiene bewegte sich nach oben Zentimeter um Zentimeter, bis sich ihr Kopf in Höhe seines Schoßes befand. Er zog den Reißverschluss seiner grauen Hose herab, brachte einen kleinen, schrumpeligen Penis hervor. Wenn er ihn ihr in den Mund steckte, hatte sie es überstanden, so lautete sein Versprechen. Sie schnappte nach ihm wie nach einem Erlöser, saugte innig an ihm, erweckte ihn geduldig zu neuem Leben, spürte ihn wachsen und empfing das Sperma seufzend vor Lust, die sich triumphierend über den Schmerz erhob.
Die Gerte sank aus der Hand des Gnoms, er legte zwei Hunderteuroscheine auf die Schiene, ihr Trinkgeld, und bedankte sich für die hilfreiche Auskunft, als hätte sie ihm diese freiwillig gegeben wie am Informationsschalter. Er entschwand ihrem Blickfeld, gab ihr einen sanften Klaps auf den geschundenen Po und verließ den Raum, zog behutsam die Tür hinter sich ins Schloss.
Gut, dass sie nicht Mitglied einer Untergrundorganisation war, gar zu leicht hätte man alle gewünschte Informationen von ihr erfoltern können. Offenbar wurde man gegen Schmerz nicht immun, gewöhnte sich nicht an ihn, wurde nicht resistent, sie jedenfalls nicht.
Iris kam herein und erlöste sie vom Pranger. Seufzend richtete sich Silvia auf und zerknirscht gestand sie ihren Verrat, bat um Nachsicht für ihre Schwäche.
Das Verständnis fiel Iris schwer. „Ich habe nie etwas verraten, ich habe geschrien, geweint, um Gnade gebettelt, aber verraten habe ich nichts.“ Allerdings maß sie dem Wissen des Mannes keine große Bedeutung bei: „Er weiß nicht, wer ich bin, er kennt meinen Vater nicht, was soll er schon tun?“
Silvia zog ihr Negligé über und folgte ihr hinaus. Was hätte sie noch sagen sollen, wie sich rechtfertigen? Würde sie Gleiches noch einmal erleben, würde sie wieder alles preisgeben, zur Heldin nicht geboren. „Das Fleisch ist schwach“, sagte sie nur auf dem Weg nach oben.
Iris rang sich ein versöhnliches Lächeln ab. „Schwach und doch stärker, als man meint. Wie sonst sollte man damit leben können.“
In der Garderobe stopfte Silvia das Trinkgeld in ihre kleine Tasche, die neben dem Kleid an der Garderobenstange hing, und nahm eine Dusche, ging dann wieder ins Foyer. Immanuel bedachte sie mit einem tröstlichen Blick und schob ihr ein Glas mit bernsteinfarbenem Bourbon zu, als wisse er genau, was jetzt gut für sie war. Sie prostete ihm zu, nahm ein Schlückchen, fühlte mit der belebenden Wirkung neuen Mut erwachen. Das Fleisch war stärker, als man meinte, natürlich, und ebenso die Seele. Ein zweites Schlückchen noch, dann konnte sie den suchenden Blick eines Gastes mit einem einladenden Lächeln erwidern.
Vier weitere Kunden bediente Silvia an diesem Abend noch, ehe sie spät in der Nacht nach oben ging, erschöpft, geschändet, ausgelaugt. Sechs Männern hatte sie Zugang gewährt, keine ihrer Öffnungen war unbenutzt geblieben, man nahm sie, wie man sie nehmen wollte.
Im Bett sah sie die Bilder des Tages vor Augen, sah sich erobert und unterworfen, spürte den Nachklang der Gerte auf der Haut und fühlte Tränen über ihre Wangen rinnen. War es tatsächlich das, was sie wollte, konnte man sich ein solches Leben wünschen? Sie fühlte sich allein gelassen, verloren, treibend in einem winzigen Boot auf einem unendlich weiten, wild stürmenden Meer, die Schiffbrüchige eines gesunkenen Luxusdampfers. Aber nein, er war gar nicht gesunken, durchkreuzte die Wellen noch immer, nur weit entfernt. Sie war aus freien Stücken von ihm geflüchtet, war noch viel verlorener gewesen in den verschlungenen leeren Gängen und feudalen Kabinen, in denen sie überall nur den Kapitän vorfand und dazu den Ersten Offizier, beide danach trachtend, ihr die Seele zu entreißen. Die zärtliche Hand am wohlig schmelzenden Schoß schenkte Ruhe. Das winzige Boot mit seinen dünnen Planken würde sie tragen, der Sturm sich legen, die Sonne einen neuen Tag gebären, und sicherlich gab es Land in der Nähe, das Schutz und Geborgenheit bot …