Читать книгу Warum wir fotografieren - Jürgen Gulbins - Страница 21

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Wir wissen nicht, mit welchen Mitteln Heislers Aufnahme entstand. Er lässt sich in seinem Buch dazu kaum aus, auch wenn die Story ausgesprochen lesenswert ist. Er dürfte typischerweise mit einer Mittelformatkamera im Studio gearbeitet haben. Aber die Kamera ist sicher nicht das wirklich wichtige Element.

Die Aufnahme von Magdalene auf Seite 16 entstand mit ausgesprochen einfachen Mitteln, einer APS-C-Kamera mit einem 50 mm-Objektiv bei Blende f/7,1 in einem abgedunkelten Raum. Es wurde dazu ein Systemblitz eingesetzt und dessen Licht mit zwei schwarzen Kartons auf einen recht schmalen Bereich begrenzt. Für das Porträt auf Seite 21, welches später entstand, wechselte die Fotografin zu einer relativ leichten und kleinen MicroFourThirds-Kamera und setzte dort ein 45 mm-Objektiv (90 mm KB-äquivalent) und Blende f/2,2 ein. Das Licht ist hier Tageslicht. Den dunklen Hintergrund erzielt sie einfach mit einer dunklen Decke.

Beide Bilder sind typisch für ihre Porträts: intensiv, gut komponiert und dicht an den Menschen. Der jüngere Mann auf Seite 16 ist der Vater eines der von ihr betreuten Babys, aus Nigeria stammend und als Flüchtling mit seiner jungen Familie nach Deutschland gekommen. Der Mann auf Seite 21 lebt schon lange in Deutschland. Magdalene kennt ihn über seine Kinder und über die Kirchengemeinde.

Eine noch größere Nähe zeigen auch die Schwarzweiß-Porträts eines Mannes nebenstehend und auf der nachfolgenden Seite. Diese fotografische Nähe erfordert in der Regel auch eine menschliche Nähe, selbst wenn es sich sonst um einen weitgehend Fremden handelt. Die Arbeit geht in diesen Fällen also über das reine Fotografieren hinaus, und nicht jeder Fotograf erträgt diese Nähe oder ist in der Lage, eine solche aufzubauen.

Dass man den Fotografierten nach der Aufnahme das Bild auf dem Rückendisplay der Kamera zeigt und dabei auf mögliche Einwände eingeht, ist fast selbstverständlich. Das wirkliche Bildergebnis ergibt sich zumeist aber erst nach einer digitalen Ausarbeitung. Und natürlich sollte man sich dann mit einem gedruckten Bild in angemessener Größe im Nachhinein bedanken. Dies schafft oft eine Verbindung, die es erlaubt, wiederzukommen und bei Bedarf weitere und andere Porträts zu machen.

Bei diesen Porträts und bei vielen anderen war es für die Fotografin von Vorteil, eine Frau zu sein und in den beiden ersten Fällen als Hebamme einen guten Zugang zu den Familien zu haben. Die Wahrscheinlichkeit, als Frau eine Absage zu bekommen, wenn man höflich fragt, ob man ein Porträt machen darf, ist relativ gering. Man muss sich aber trauen, muss sich die Zeit nehmen, muss für die richtige Umgebung sorgen, sollte bereits vor der Aufnahme das ›Bild‹ im Kopf haben. Und man muss als Fotograf auf die Person eingehen, die man porträtieren möchte, muss Nähe zulassen, muss Nähe und Vertrauen schaffen.

Ein solches ›anderes Porträt‹ entstand, als die Fotografin mit einem Besucher bei einer Fotoausstellung, auf der sie einige Porträts zeigte, ins Gespräch kam. Daraus entwickelte sich ein Shooting. Dabei entstand gleich eine kleine Serie von Aufnahmen, von denen die nachfolgenden beiden Bilder nur einen kleinen Ausschnitt darstellen.


Aus einem Gespräch auf einer Fotoausstellung ergab sich ein Shooting. Dabei entstand eine kleine Porträtserie dieses zunächst Fremden mit seinem ernsten eindrucksvollen Gesicht.

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