Читать книгу Reise - Begleitung - Jürgen H. Ruhr - Страница 7
IV.
ОглавлениеUnter meinem Arbeitskittel trug ich unauffällig das Schulterholster mit dem 38er Revolver. Natürlich geladen, sonst machte es ja keinen Sinn.
Der Abteilungsleiter begleitete meine Hilfskraft und mich in den Verkaufsraum. Die blonde Kollegin, die mir Bernd als Hilfe zugewiesen hatte, trug unter dem Arbeitskittel einen extrem kurzen Rock und sehr, sehr lange Beine. Wir waren schon für den Feierabend miteinander verabredet und ich freute mich schon auf den heutigen Abend. „Jon“, sagte sie, „wird diese Sache hier gefährlich? Du beschützt mich doch, nicht wahr, Jon?“
Ich lächelte und sah ihr direkt in die himmelblauen Augen: „Aber selbstverständlich, Süße. Dir wird nichts geschehen, halte dich nur an mich.“ Dann tippte ich an meinen Detektiv - Schlapphut und folgte weiter dem Abteilungsleiter. Der Mann watschelte voraus und erzählte unablässig irgendwelche uninteressanten Dinge. Ich hörte nicht zu, sondern befasste mich in Gedanken mit meiner kleinen Gehilfin. Ich wusste, dass sie ein bauchnabelfreies T-Shirt trug und ein süßes Piercing ihren Bauchnabel schmückte.
Aber es war nicht nur die Kleine, mit der ich mich in Gedanken befasste, denn Bernd hatte es vorzüglich verstanden, uns zu motivieren: Sollten wir es schaffen, die Diebe zu überführen, dann winkte uns eine Reise in die Karibik. Als Belohnung für unseren Einsatz. Denn so ganz ungefährlich war der Job ja schließlich nicht.
Der Abteilungsmensch blieb plötzlich stehen und in Gedanken versunken, rempelte ich von hinten gegen ihn. Er lachte, ich stimmte mit ein und die süße Kleine brach in ein entzückendes Kichern aus. „Hier ist ihr Arbeitsplatz“, wusste der Mann schließlich zu erklären. „Soll ich ihnen einen Kaffee bringen?“ Ich nickte und sah die Kleine an. „Mir einen Latte“, hauchte die und sah mir dabei in die Augen. Mir wurde siedend heiß.
Doch jetzt galt es, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Wie ich wusste, würden die Mitarbeiter des Kaufhauses gleich aus ihrer Pause zurückkehren. Von hier aus hatten wir einen nahezu perfekten Blick auf deren Wirkungsstätte. „Räum’ du die Dosen dort ein“, wies ich das Mädchen an und zeigte auf die unteren Reihen. Eine kluge Wahl, denn dabei würde sie sich bücken müssen.
„Ohne meinen Latte?“, schmollte sie und ich musste zugeben, dass wir doch zunächst auf den Abteilungsleiter warten sollten. Erst der Kaffee, dann die Arbeit. Schließlich musste doch alles seine Richtigkeit haben. Aber wo blieb der Mann? Wieso ließ er sich so viel Zeit mit den Getränken? Ich ging ein paar Schritte am Regal entlang und fischte eine Packung Plätzchen daraus hervor. Ein paar Kekse zum Kaffee konnten schließlich nicht schaden. Doch noch bevor ich die Packung aufreißen konnte, trat der Mann mit dem Kaffee zu uns. Er blickte auf das Päckchen in meiner Hand: „Darf ich das für sie öffnen?“
Ich nickte und gab ihm die Schachtel.
Meine Hilfskraft nippte an ihrem Getränk und stopfte sich mit der freien Hand Plätzchen in den Mund. Ich bewunderte sie: Trotz der vielen Leckereien verfügte sie über eine tadellose Figur.
Der Abteilungsleiter sah uns eine Weile wohlwollend zu, dann wandte er sich an mich: „Darf ich sie jetzt alleine lassen? Sie haben doch alles, oder? Wenn etwas fehlt, sie Fragen haben oder wenn sie mich brauchen, dann wählen sie auf einem der Haustelefone einfach die Acht. Sie erreichen mich dann direkt und sollte das nicht der Fall sein, so lassen sie mich einfach ausrufen.“
Ich nickte und schon schlurfte der Mann davon. So, wie der sich bewegte, würde ich gerne einmal Urlaub machen. Die Kleine, die mein Grinsen bemerkte, sah mich fragend an und ich erklärte ihr meine Gedanken. „Oh, Jon, das ist ja wirklich witzig“, schmunzelte sie und schob eine weitere Hand voll Kekse in den Mund.
Ich trank schließlich meinen Kaffee aus. Die Schachtel war auch leer und ich verwarf den Gedanken eine zweite zu öffnen. Wir waren ja nicht zum Vergnügen hier. „So, jetzt aber an die Arbeit“, mahnte ich und suchte mir eine geeignete Position, aus der ich sowohl die erwarteten Kollegen, als auch meine kleine Hilfe im Auge behalten konnte. Wenige Sekunden später schon belohnte mich der Anblick ihrer endlosen Beine.
„Die Dosen sind aber alle schon geordnet“, stellte sie schließlich fest und ich nickte: „Wir müssen ja auch nur so tun, als ob wir arbeiten würden. Schließlich observieren wir doch die Kollegen hier ...“ - „Ach so“, piepste sie und begann mit einer scheinbaren Sortierarbeit. Gut machte die Kleine das. Sie nahm eine Dose aus dem Regal und ordnete sie eine Reihe darüber wieder ein. Sehr geschickt, ich war zufrieden.
Über dem Anblick ihrer Beine und des wippenden Rockzipfels hätte ich fast die Ankunft der neuen Kollegen verpasst. Aber nur fast - schließlich war ich Detektiv mit Leib und Seele. Jon Lärpers, Privat - Eye. Es waren zwei Frauen und ein Mann, die nun laut lachend vor den Regalen standen.
„Psst“, meinte ich zu meiner Kollegin, „da sind sie schon!“ Dann widmete ich mich einige Sekunden dem herrlichen Anblick ihrer langen Beine. Wie dieses grazile Geschöpf da so vor mir stand. Man soll...
Eine Hand legte sich auf meine Schulter und die Stimme von Abteilungsleiter Sanurski drang an mein Ohr: „Das sind ihre Kollegen.“ Er zeigte auf die Gruppe der eben angekommenen Kollegen. Dann fiel sein Blick auf meine einräumende Kollegin. „Sehr gut, sehr gut“, murmelte er. Ohne mich anzublicken, sprach er weiter: „Herr Lärpers, ich muss ihre Kollegin kurz entführen. Ich werde sie woanders einsetzen müssen.“ Er leckte sich die Lippen und starrte jetzt unentwegt auf den Hintern der Kleinen.
„Das geht nicht, Herr Sanurski. Wir haben doch eindeutige Anweisungen - schließlich von ihnen selbst - erhalten. “ Ich konnte dem Mann ja schlecht erklären, dass wir uns jetzt in der heißen Phase der Überwachung befanden. Sanurski war ja über unsere Mission nicht unterrichtet worden. Schon überlegte ich mir weitere Argumente dafür, dass meine Kollegin bei mir bleiben musste. Aber das war nicht notwendig, denn Sanurski gab plötzlich klein bei: „Doch, ja, ähm, sicher. Ich meinte ja auch nur. Also, dann lasse ich sie mal wieder alleine. Also zu zweit, sie wissen schon, was ich meine.“ Sanurski rauschte ab. Meine Detektiv - Kollegin schien mit dem Ordnen der Dosen fertig zu sein, sie richtete sich jetzt auf. Dann blickte sie an mir vorbei und stieß einen leisen Schrei aus. „Da, da ... sind sie. Die Gangster.“ Mit dem ausgestreckten Arm zeigte sie auf die kleine Gruppe.
Ich zog das Mädel herum. „Leise. Natürlich sind sie das. Aber hier“, ich zog meinen Revolver aus dem Schulterhalfter, „keine Sorge. Ich beschütze dich!“
Die Kleine drängte sich ängstlich an mich. Schade, dass ich jetzt nicht mehr Zeit für so etwas hatte, aber meine Arbeit ging ja schließlich vor. Jonathan Lärpers - ganz ein Detektiv. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. „Ich gehe voran“, erklärte ich. „Du folgst mir, bleibst aber in Deckung. Nicht, dass die Gangster am Ende noch bewaffnet sind ...“
„Meinst du wirklich, Joni? Ach ist das aufregend. Gut, so einen starken Mann bei sich zu haben.“ - „Und gutaussehend“, ergänzte ich. Schließlich entsprach das ja der Wahrheit.
„Ja, Joni, das stimmt.“ Sie kicherte wieder und ich sah sie fragend an. „Nun, das mit uns beiden - also ich sehe gut aus, du siehst gut aus, und wir beide je...“
Ich unterbrach ihren Redefluss: „Psst. Leise, damit die anderen uns nicht bemerken.“ Wir standen jetzt kaum anderthalb Meter hinter den Dreien und ich plante ihrem Gespräch zu lauschen. Direct - Abhöring sozusagen. Das Abhören verdächtiger Personen ohne technische Hilfsmittel. Um der Blonden meinen Plan zu verdeutlichen, legte ich einen Finger an den Mund. Dabei stülpte ich zufällig die Oberlippe hoch.
Die Kleine kicherte.
„Leise! Was ist?“, zischte ich.
Jetzt lachte sie laut: „Das sieht komisch aus, Joni. Als wenn du in der Nase bohren wolltest, aber mit deinem Finger nicht durch die Lippe kommst.“ Sie bog sich quasi vor Lachen und ich nahm lieber meinen Finger vom Mund.
Aber jetzt war es zu spät - die anderen wurden auf uns aufmerksam. Zunächst blickten sie uns fragend an, dann aber stimmten sie in das Lachen meiner Kollegin ein. Der Mann kam schließlich auf uns zu. „Ihr seid die Neuen, stimmt’s?“
Ich nickte.
„Abholkommando?“
Mit der Frage wusste ich nun nichts anzufangen, dafür nickte die Blonde nun heftig. „Aufräumen, umräumen, abholen“, bekräftigte sie und zeigte wage auf die von ihr geordneten Dosen. Der Mann nickte seinen beiden Kolleginnen zu: „Das sind sie“, erklärte er denen dann und meinte offensichtlich uns. Wobei mir nicht wirklich klar war, wer wir nun sein sollten.
„Meine Kollegin bringt die Paletten hier zu euch. Ihr schnappt euch einen Hubwagen aus dem Lager und marschiert mit den Sachen vorne raus. Alles eigentlich ganz easy. Ihr müsst zwanzig Mal gehen, wir haben zwanzig Paletten. Das Beste wäre, die Kleine hält dir die Türe auf.“
„Moment“, unterbrach ich ihn. „Wird das denn nicht auffallen? Man wird uns doch bestimmt beobachten?“
Der Mann lachte. „Das ist alles schon abgecheckt! Der Abteilungsleiter macht jetzt Pause. Er legt sich immer ein Stündchen hin und kommt erst viel später wieder aus seinem Büro. Die Kollegen hier sind eingeweiht und erhalten ein kleines ‚Schweigegeld’. Also keine Sorge, es kann nichts passieren.“
Ich sah ihn zweifelnd an: „Und was ist mit den Kameras? Gibt es hier keinen Hausdetektiv?“
Wieder lachte der Mann. „Natürlich gibt es den. Aber die Kameras zeichnen nicht auf und dank meiner anderen lieben Kollegin wird der Detektiv ein wenig abgelenkt sein.“
Jetzt lachte auch die bezeichnete Mitarbeiterin und knöpfte sich beflissen die oberen Knöpfe ihres Arbeitskittels auf.
Ich verstand. So lief der Hase! Während der Abteilungsleiter seiner wohlverdienten Ruhepause nachging, lenkte man den Detektiv ab. Kein Wunder, dass hier andauernd Mengen an Waren verschwanden. Die Diebe waren aber auch zu gerissen. In diesem Moment fuhr die andere Kollegin mit einem Hubwagen, beladen mit einer Palette, heran.
Nun waren sie alle drei wieder hier zusammen. Das war der Augenblick, auf den ich gewartet hatte. Mit entschlossener Miene zog ich meinen Revolver. „Alle stehen bleiben und die Hände hoch! Sie sind alle verhaftet, also festgenommen. Ich bin Privatdetektiv und habe sie überführt!“
Der Anblick der Gesichter war Gold wert. Niemand kam auf die Idee zu flüchten, so überrascht waren die Verbrecher von meiner raschen und zielgerichteten Aktion. Tja, ein echter Jon Lärpers eben ...
Meine blonde Kollegin schmiegte sich an mich und flüsterte in mein Ohr: „Das war aber große Klasse, Joni. Du bist ein wirklicher Held.“ Aber das wusste ich ja schon zuvor.
„Du holst jetzt den Abteilungsleiter“, beschied ich ihr und musste sie wirklich ein wenig von mir schieben.
„Das geht nicht“, meldete sich jetzt der Mann und schüttelte den Kopf. „Der Abteilungsleiter hat jetzt seine Pause. Da darf er nicht gestört werden.“
„Dann wird er einmal eine Ausnahme machen.“ Wieder schüttelte der Mann den Kopf und die beiden Frauen folgten seinem Beispiel. „Niemals, unter gar keinen Umständen darf der Abteilungsleiter gestört werden. Das würden sie bereuen!“
Nun, der Wunsch des Abteilungsleiters war sicherlich Gesetz und wir brauchten den Mann ja nicht wirklich. Wir konnten uns direkt an die Geschäftsführung wenden. Gedankenverloren nickte ich. Sollten wir denn nicht lieber die Polizei verständigen? Ich schaute auf die drei Gangster. Der Mann grinste und die Frauen sahen mich abwartend an. Dachten die etwa, eine Chance zur Flucht zu erhalten? Ich zückte mein Handy. In der einen Hand den Revolver, in der anderen das Telefon: wie sollte ich wählen?
Wieder sah ich den Mann grinsen. Der plante vermutlich schon seine Flucht. Aber dem würde ich einen Strich durch die Rechnung machen. Hier musste mit der ganzen Härte durchgegriffen werden. Mich, den Detektiven Jon Lärpers so frech anzugrinsen! Ich fuchtelte mit dem Handy herum, als mir die rettende Idee kam.
„Du rufst jetzt die Polizei an“, befahl ich meiner Kollegin und hielt ihr das Handy hin.
„Damit?“
Was meinte sie jetzt wieder mit dieser Frage? Aber schon tippte sie fleißig darauf herum. „Joni, weißt du die Nummer?“
„Eins eins null“, erklärte ich ihr. Aber eigentlich sollte sie die Notrufnummer kennen.
„Das ist doch die Notrufnummer der Polizei.“ - „Korrekt - und jetzt ruf’ endlich an.“
Nach ein paar Minuten hörte ich sie mit der Polizei sprechen. „Gib’ her.“ Ich hielt ihr meine Hand hin. „Hallo, hallo.“
„Polizei, sie haben den Notruf gewählt.“
Nein, das hatte ich nicht; es war ja meine Kollegin gewesen. Diesen Irrtum des Beamten musste ich sofort richtigstellen. „Nein, habe ich nicht.“ - „Sie haben nicht den Notruf gewählt? Sie haben aber doch bei uns angerufen.“ - „Nein, das war ich nicht.“ - „Wer dann?“ - „Meine Kollegin, mit der sprachen sie doch gerade schon.“
Ich hörte einen Seufzer am anderen Ende des Telefons und dann jemanden, der tief Luft holte. „Also, worum geht es denn? Ihre Kollegin erwähnte etwas von einer Lärpes. Hörte sich an wie Herpes.“ Er lachte über seinen dämlichen Witz und in mir stieg langsam die Wut hoch. Wir befanden uns hier in einer äußerst gefährlichen Lage. Der Gangster grinste mich immer noch an und alle drei meiner Verhafteten wackelten mit den Armen und hielten sie nicht mehr ganz so hoch. Deutlich erste Anzeichen für eine Flucht.
„Lärpers. Detektiv Jon Lärpers. Ich befinde mich hier im Kaufhaus Kaufstatt und habe drei Verbrecher dingfest gemacht. Es handelt sich um die berühmte Diebesbande. Davon sollten sie aber schon gehört haben, sie Lachsack.“
Das konnte - und wollte - ich mir nicht verkneifen. Lärpes, wie Herpes. So etwas würde ich ja nicht auf mir sitzen lassen.
Prompt hörte auch das Glucksen am anderen Ende auf. Jetzt sprach der Polizist sehr ernst: „Das ist Beamtenbeleidigung, das wissen sie doch wohl.“ - „Und ihr Herpes - Lärpes? Das ist Detektivbeleidigung.“
Der Polizist schien zu überlegen, dann lenkte er offensichtlich ein. Logisch, denn mit einem Lärpers trieb niemand seine Späßchen.
„Was ist mit ihrer Diebesbande?“, wollte er nun wissen.
„Die können sie hier abholen. Ich habe sie unter Kontrolle.“ Nach einigen wenigen weiteren Worten versprach mir der Polizist einen Streifenwagen vorbei zu schicken. Ich konnte mir ein ‚nicht nur vorbei, sondern auch rein’ nicht verkneifen, worauf der Mann aber nicht einging.
Nun warteten wir. Die Gefangenen wackelten weiter mit den Armen, zum Glück hielt ich aber meinen Revolver immer noch in der Hand. Lieber würde ich die Drei erschießen, als sie entkommen zu lassen.
Mittlerweile waren weitere Personen auf uns aufmerksam geworden und eine kleine Gruppe von Menschen stand um uns herum. Ich hörte hin und wieder das Wort ‚Überfall’ und ein jüngerer Mann tat sich hervor und rief aus sicherer Entfernung: „Ich habe die Polizei gerufen, keine Sorge.“ - „Habe ich schon selber“, entgegnete ich und zielte mit meinem Revolver auf den jungen Mann. Kreischend wichen die Leute ein wenig zurück. Gut so! Weniger gut, dass jetzt ausnahmslos jeder von denen mit seinem Handy Fotos von uns machte.
„Ich habe die Presse verständigt“, rief eine dicke Frau, „so etwas muss die Öffentlichkeit doch erfahren.“ Einige der Zuschauer stimmten ihr zu.
„Jetzt wird es aber allmählich Zeit, dass die Polizei kommt“, raunte ich der blonden Schönheit zu. Nicht, dass uns der murrende Zuschauerhaufen am Ende noch an die Wäsche ging.
Die Polizei und der Abteilungsleiter trafen gleichzeitig ein. Innerhalb von Sekunden lag ich mit Handschellen gefesselt am Boden. Die Meute jubelte. Ich versuchte mir Gehör zu verschaffen, wurde aber bei dem allgemeinen Tumult nicht vernommen. Ratlos blickte sich die Blonde um und richtete dann einige Worte an den Abteilungsleiter. Ich sah, wie der lediglich mit den Schultern zuckte. Dann kam die informierte Presse hinzu. Ich vermutete irgendein kleiner Lokalsender. Ein Kameramann und eine Moderatorin, die sich auch prompt in Positur stellte. Lächelnd sprach sie in ein Mikrofon und zeigte immer wieder auf mich.
Und schließlich - vermutlich wegen des ganzen Lärms oder man hatte ihn einfach nur informiert - trat ein Herr von der Geschäftsführung dazu. Sofort klärte sich die Situation. Die Polizei sorgte für Ruhe und befreite mich unter zahlreichen Entschuldigungen von meinen Handschellen. Man half mir auf, klopfte meinen Arbeitskittel symbolisch sauber und überreichte mir mit reuiger Miene meinen Schlapphut. Ich sah mich nach dem Polizisten um, der meine Waffe an sich genommen hatte, konnte ihn aber nirgends entdecken. Jetzt standen die drei Gangster in Handschellen da und schauten betroffen zu Boden. Die Dame vom Lokalsender hielt mir das Mikrofon vor die Nase, dann doch erst sich selbst, sprach einige Worte hinein, die ich nicht verstehen konnte und schon landete das Ding wieder vor meinem Mund. Offensichtlich erwartete man einige klärende Worte von mir.
Nun gut, schließlich hatte ich ja die gesamte Situation im Griff. Hatte die Gangster dingfest gemacht ...
„Mein Name ist Jon Lärpers“, holte ich ein wenig aus, schließlich musste meine Aktion hier entsprechend erklärt werden.
„Jon Lärpers von der Detektei ‚Argus’. Ich habe die berühmte Kaufhausbande überführt.“ Ein Knuff in die Seite ließ mich verstummen und erstaunt aufblicken. Meine blonde Kollegin stand neben mir und machte ein angesäuertes Gesicht. Schnell korrigierte ich mich: „Also, ich und meine Kollegin hier - wir beide von der Detektivagentur ‚Argus’ haben die Gangster dingfest gemacht. Nach überzeugender Ermittlungsarbeit wurden wir undercover hier in der Abteilung eingeschleust, so dass wir unter Einsatz unseres Lebens und unserer Gesundheit in der Lage waren, diese Ganoven zu überführen. Es ist dem Einsa...“
Der Geschäftsführer drängte sich in den Vordergrund zum Mikrofon: „Die Geschäftsleitung entschloss sich zu der - zugegebenermaßen richtigen - Entscheidung, die Detektei ‚Argus’ mit der Lösung dieses so kniffligen Falles zu betreuen. Lange und intensive Planungen und Gespräche innerhalb eines beauftragten Gremiums führten schließl...“
Ich hörte nicht mehr zu. Was es zu sagen gab, hatte ich gesagt und als ich den Polizisten, der meine Waffe bei sich tragen musste, erblickte, nutzte ich einen Schwenk des Kameramannes, mich unauffällig zu entfernen.
„Sie haben meinen Revolver immer noch“, sprach ich den Polizisten an und hielt ihm meine offene Hand entgegen.
„Den bekommen sie wieder, wenn der Fall abgeschlossen ist.“
Ich schüttelte den Kopf. Der Fall war abgeschlossen. „Der Fall ist abgeschlossen. Sie können nicht einfach meine Waffe behalten. Das wird Konsequenzen für sie haben.“
„Besitzen sie eigentlich einen Waffenschein?“ Ich nickte: „Selbstverständlich.“ Dann zeigte ich ihm meine Papiere.
„Ich muss mit meinem Vorgesetzten sprechen.“
Letztendlich bekam ich meinen Revolver doch noch zurück, schließlich war der Fall ja eigentlich erledigt. Jon Lärpers hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet! Ich versprach der Geschäftsleitung die gesamten Details der Diebstähle mit meinem Abschlussbericht zukommen zu lassen.
Der Geschäftsführer und die Fernsehmoderatorin baten mich für ein letztes Statement noch einmal vor die Kamera. Es sollten der abschließende Händedruck und ein paar letzte Worte von mir gefilmt werden. Es würde ein großartiger Bericht, der in den abendlichen Lokalnachrichten gezeigt würde. Tenor der Geschichte: Privatdetektiv Jon Lärpers, der Held mit dem Schlapphut.
Ich rückte meinen Hut zurecht, lächelte in die Kamera und zog meinen Kittel soweit auf, dass das Schulterhalfter mit dem 38er gut zu sehen war. „Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen, liebe Zuschauer“, begann ich, doch dann drang eine mir irgendwie verhasste Stimme an mein Ohr:
„Johni, aufwachen. Verdammt, du kannst doch nicht den ganzen Tag hier im Büro schlafen ...“
Birgit Zickler, die Zicke, rüttelte an meiner Schulter und blickte grinsend in mein verschlafenes Gesicht. „Johni, Johni, wenn das deine Auffassung von Detektivarbeit ist ... Wir müssen uns auf unseren Fall vorbereiten und der Herr hält hier ein Nickerchen!“