Читать книгу Feuerwehr - Challenge - Jürgen Ruhr - Страница 10
VII.
ОглавлениеDie Strecke nach Neuharlingersiel schaffte ich in zehn Minuten. Leider stand ich dann ziemlich ratlos vor einem Geldautomaten. Hatte mich die Frau Düün falsch verstanden? Genau diese Geldautomaten waren es doch, wo ich kein Geld bekam und jetzt schicke sie mich hier zu diesem Gerät.
Ein älterer Herr beobachtete mich erst skeptisch, schob sich dann an mir vorbei vor den Automaten und zückte eine Scheckkarte. Bevor er sie in den Schlitz steckte, sah er mich noch einmal prüfend an. „Wollen sie da stehen bleiben?“, fragte er und es klang nicht sonderlich freundlich.
„Warum, was meinen sie?“
„Ich würde gern Geld abheben und das ohne, dass mir jemand über die Schulter schaut und meine Geheimzahl ausspioniert. Es wäre also sehr nett, wenn sie weitergehen könnten!“
Ich musste dem Mann Recht geben, denn auch ich mochte es nicht, wenn mir jemand beim Geldabheben über die Schulter schaute. „Entschuldigen sie“, gab ich freundlich von mir, „aber ich suche eine Bank oder Sparkasse. Meine Karte ist beschädigt und ich kann an Automaten kein Geld abheben. Leider hat mich meine Vermieterin hierhin geschickt ...“
Jetzt blickte der Alte etwas freundlicher und zeigte die Straße entlang. „Eine Sparkasse finden sie in dieser Richtung nach zirka einem Kilometer an der Straße.“ Dann blickte er auf seine Uhr und schüttelte den Kopf. „Allerdings werden sie dort wenig Glück haben, denn die Filiale schließt schon um zwölf Uhr.“
„Und sonst gibt es hier keine Möglichkeit an Geld zu kommen?“, fragte ich enttäuscht und sah mich im Geiste schon auf der Straße stehen oder wieder nach Hause fahren. Und das alles wegen ein paar hundert Euro!
Erneut schüttelte der Mann den Kopf. „Hier im Ort nicht. Sie können es aber in Esens versuchen. Dort gibt es eine Volksbank und eine Sparkasse, allerdings kenne ich deren Öffnungszeiten nicht.“ Er erklärte mir noch, wie ich dorthin kam und sah mich abwartend an.
„Esens?“ Ich bedankte mich bei dem Alten und eilte zu meinem Wagen zurück. Auf dem Rücksitz kaute Bingo an seinem unsäglichen Knochen, der an einigen Stellen schon ganz schwarz war und mittlerweile einen unangenehmen Geruch verströmte. Ich überlegte, wie ich Tier und Knochen würde problemlos trennen können. Doch Bingo schien meine Gedanken zu ahnen, denn sobald ich den Knochen ansah stieß er ein warnendes Knurren aus.
„Ist ja gut mein Freund, ich nehme dir dein Leckerchen schon nicht weg“, beruhigte ich den Malinois und dachte weiter darüber nach, wie ich den Knochen loswerden konnte.
Die Filiale der Sparkasse an der Straße war doch etwas weiter entfernt, als nur einen Kilometer, und lag direkt neben einer größeren Baustelle, auf der wohl so eine Art Einkaufszentrum entstehen sollte. Der Bau schien allerdings ins Stocken geraten zu sein, denn Arbeiter konnte ich dort nicht entdecken. Wie der Mann gesagt hatte, war die Sparkasse geschlossen und würde erst morgen früh um zehn Uhr wieder öffnen.
Seufzend lenkte ich meinen Kia in Richtung Esens, um mein Glück dort zu versuchen.
Zum Glück lagen die Ortschaften hier nicht allzu weit auseinander und nach gut zwanzig Minuten stand ich vor der Filiale einer Volksbank, die allerdings wegen Renovierungsarbeiten zurzeit geschlossen hatte. Ein handgeschriebenes Schild nannte ein paar Standorte von weiteren Volksbanken und Geldautomaten.
Zähneknirschend und an den herrlichen Strand, die Nordsee und ein kühles Bier denkend, fuhr ich zu der Sparkasse weiter, musste dort aber erfahren, dass diese auch nur bis zwölf Uhr geöffnet war.
„Das hat doch keinen Sinn, Bingo“, meinte ich resigniert zu meinem Hund, der mich aber ignorierte und sich lieber weiter mit seinem stinkenden Knochen beschäftigte. Inzwischen knurrte mein Magen, denn seit dem Frühstück heute Morgen hatte ich nichts mehr zwischen die Zähne bekommen. Ich erinnerte mich an das Steak, das ich mir gönnen wollte und kurvte auf der Suche nach einem Steakhaus durch den Ort. In der Nähe einer Kirche entdeckte ich ein griechisches Restaurant und beschloss - bevor ich noch verhungerte - dort mein Glück zu versuchen. Das Steak musste dann halt bis heute Abend warten. Mein verbliebenes Bargeld würde noch für zwei Mahlzeiten und ein Frühstück morgen reichen, dann aber musste ich unbedingt zu einer Bank.
Bingo ließ nur widerwillig von seinem Knochen ab, den er sorgfältig halb unter dem Beifahrersitz versteckte. Ich erklärte ihm, dass wohl kaum jemand meinen Wagen aufbrechen würde, um das stinkende Teil zu stehlen, doch auf dem Weg zum Restaurant warf Bingo immer wieder sehnsüchtige Blicke zum Wagen zurück.
Das Lokal nannte sich Hades und wurde seinem Namen in jeder Hinsicht gerecht. Ich wusste, dass die Bezeichnung der griechischen Mythologie entnommen war und irgendetwas mit der Unterwelt zu tun hatte und so kam ich mir in dem Lokal auch vor. Es herrschte ein ungemütliches Halbdunkel, das lediglich von einigen nackten, schwachen Glühbirnen an den Wänden erhellt wurde. Ein Ober, dessen Aussehen mich stark an einen Hades erinnerte, schlurfte an meinen Tisch, legte wortlos eine Karte vor mich hin und zückte dann einen kleinen Schreibblock und einen übergroßen Bleistift.
„Guten Tag“, grüßte ich freundlich und lächelte den Mann an, der aber weiterhin stumm blieb. Vielleicht war er ja Grieche und der deutschen Sprache nicht mächtig. „Ich hätte gerne ein Bier.“
Er kritzelte etwas, wandte sich wortlos um und schlurfte wieder davon. „Und etwas Wasser für den Hund“, rief ich ihm hinterher, bevor ich mich der Speisekarte widmete.
Ein Steak suchte ich allerdings vergebens und überlegte noch, was ich mir stattdessen bestellen sollte, als der Grieche wieder mit meinem Bier heranschlurfte. Erneut zückte er seinen Block und sah mich abwartend an.
Bestimmt war der Mann stumm oder kannte unsere Sprache nicht. Zumindest konnte er sie nicht sprechen, denn meine Bierbestellung war ja bei ihm angekommen. Leider fehlte aber das Wasser für Bingo.
Dann überraschte mich der Ober doch noch, indem er fragte: „Was esse?“, wobei er auf die Karte zeigte.
Mein Blick fiel auf eine Grillplatte mit dem vielversprechenden Namen ‚Hadesplatte‘ für zwei Personen. Souvlaki, Bifteki, Leber, Gyros, Pommes und Salat. Genau das, was ein Jonathan Lärpers jetzt vertragen konnte. Die Leber würde ich großzügigerweise Bingo überlassen. Mit Innereien hatte ich es nicht so ...
„Ich nehme die Hadesplatte aber bitte ohne Salat. Vielleicht können sie ja statt des Salates eine doppelte Portion Pommes dazulegen. Und bitte eine Schale Wasser für den Hund.“
Wieder kritzelte der Mann auf seinem Block herum, bevor er schlurfend verschwand.
Inzwischen hatten sich meine Augen an das Halbdunkel gewöhnt und ich sah, dass das lokal nahezu leer war. Lediglich ein älteres Ehepaar saß an einem Tisch und beide löffelten eine Suppe, die mir aus grünen Bohnen zu bestehen schien.
Die Hadesplatte kam nach einer langen Wartepause. Leider doch mit Salat und ohne doppelte Pommes. Bingos Trinkwasser wurde in einer kleinen Flasche geliefert, wobei es sich um normales Mineralwasser mit Kohlensäure handelte. Die Pommes befanden sich in einer separaten Schüssel, die ich nutzte, um das Wasser hineinzugeben. Natürlich erst, nachdem ich die Pommes auf meinen Teller geschaufelt und die Kohlensäure aus dem Mineralwasser geschüttelt hatte ...
Das Essen riss ein riesiges Loch in meine verbliebenen Barbestände. Vermutlich würde es am Abend lediglich für ein kleines Steak reichen, doch zunächst einmal war ich gesättigt. Und die zwei Scheiben Leber schienen Bingo hervorragend zu schmecken, was er mit einem zufriedenen Grunzen kundtat.
Auf der Rückfahrt zu meiner Ferienwohnung machte ich mir Gedanken, wie ich den Rest des Tages verbringen und - vor allen Dingen - die Geldbeschaffung morgen durchführen würde. Die Vermieterin hatte sich für die Restzahlung auf keine Uhrzeit festgelegt, so dass ich direkt morgen früh zu dieser Sparkasse fahren wollte und sie danach bezahlen konnte. Und den Nachmittag heute könnten Bingo und ich am Strand verbringen. Sonne, Meer, Sand und der würzige Duft der Nordsee ...
Ein Mann und sein Hund im Urlaub. Was gab es denn Schöneres?