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VI.

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Nordsee, Seeluft, Ostbense.

Sieben Tage Entspannung pur, die aber auch notwendig wurden. Nach all den anstrengenden Ermittlungen.

Wir waren an diesem Tag früh losgefahren, da ich jede Sekunde meines Urlaubs ausnutzen wollte. Bingo döste auf dem Rücksitz und ich konnte spüren, wie er sich schon auf die Tage an der See freute.

Gestern hatte er sich nur widerwillig von Christine getrennt, bei der er die Zeit im Büro verbracht hatte, während ich mühsam unseren Urlaub organisierte. Aber Chrissi wusste den Hund zu ködern: Als ich in den Raum trat, kaute mein haariger Freund an einem riesigen Rinderknochen, mit dem er sich in eine Zimmerecke zurückgezogen hatte. Bingo folgte mir nur, weil er den Knochen mitnehmen durfte und jetzt lag das Ding hinter dem Fahrersitz auf dem Boden und wurde von ihm gut bewacht.

„Keine Stunde mehr“, erklärte ich meinem Freund nach einem Blick auf die Uhr. Wir kamen in meinem kleinen, postgelben Kia Venga gut voran, da heute kaum Reiseverkehr herrschte. Morgen oder Freitag würde das ganz anders aussehen. Doch da lägen oder spazierten wir schon am Strand.

Das Dörfchen ließ sich im Computer leicht finden und der Name des Ferienhofes klang für mich holländisch. De goode Dieck, was immer das auch heißen mochte, doch wenn das nicht nach fernem Ausland klang, dann wusste ich auch nicht.

„Jetzt noch fünfundvierzig Minuten“, hielt ich Bingo auf dem Laufenden. Er dankte mir die Information mit einem leisen Grunzen.

Ist der Hund zufrieden, ist auch das Herrchen zufrieden.

Bis Leer in Ostfriesland konnte ich die Autobahn benutzen, doch hinter einem Dorf mit dem malerischen Namen Moormerland musste ich auf die Landstraße wechseln. „Das war Moormerland“, raunte ich Bingo zu und sang leise vor mich hin: „Maikäfer flieg, der Vater ist im Krieg. Die Mutter ist in Moormerland, Moormerland ist abgebrannt. Maikäfer flieg.“ Ich erinnerte mich noch gut an das Kinderlied, doch dass ich einmal selbst an diesem Moormerland vorbeifahren würde, hätte ich mir nie träumen lassen.

Überhaupt: Die verschiedenen Schilder, die am Straßenrand standen, ließen direkt Urlaubsstimmung bei mir aufkommen. ‚Fehntjer Tief-Süd‘. Das klang auch irgendwie holländisch und in Gedanken spielte ich die ein oder andere Übersetzung durch. Vielleicht bedeutete das ja: ‚Fehntjer Tier-Sud‘, was wiederum auf reichlich gegartes Fleisch schließen ließ. Eine Gegend, in der ein Jonathan Lärpers es sich gutgehen lassen konnte.

Und natürlich sein Hund.

Endlich rauschten wir an dem Ortsschild ‚Ostbense‘ vorbei, wobei mich allerdings ein wenig irritierte, dass darauf ‚Neuharlingersiel‘ und darunter ziemlich klein ‚Ostbense‘ stand. Aber so musste das wohl hier an der Küste sein.

„An der Nordseeküste, am goldgelben Strand, sind die Fische im Wa...“ Bingos unwilliges Knurren beendet meine Gesangsdarbietung abrupt, aber ich musste mich sowieso auf die Straße konzentrieren.

Der Ferienhof entpuppte sich als normaler Bauernhof, der ziemlich einsam dalag. Ringsherum nur Felder und Wiesen mit zahlreichen Kühen, was meine gute Laune aber nicht mindern konnte. Zumal ich bei dem Anblick der Kühe direkt an ein riesiges Rindersteak dachte, das ich mir heute Abend gönnen würde. Oder schon eines heute Mittag und ein weiteres heute Abend. Ein Ferienort musste ja über entsprechende Restaurants verfügen ...

Mein Kia kam in einer Staubwolke direkt vor der Eingangstüre des Bauernhauses zum Stehen und noch bevor ich aus dem Wagen steigen konnte, öffnete sich die Tür und eine stämmige Frau mittleren Alters trat aus dem Haus. Sie trug eine Schürze über einem Kleid mit blauen Blümchen darauf und hielt in der Hand einen Besen. Ich lächelte sie freundlich an und nickte ihr zu. Ja, der neue Gast, Jonathan Lärpers, war endlich angekommen. Immer noch lächelnd stieg ich aus dem Wagen und reckte mich ausgiebig nach der langen Fahrt. Bingo nutzte die Gelegenheit und schoss an mir vorbei, um sein Bein an dem linken Hinterreifen zu heben.

„Moin“, begrüßte mich die Frau und stieg dabei die wenigen Stufen herab. „Se sünd de Heer Lärrpers? Willkomen up de Plaats de goode Diek. Ik bün de Rieke de Düün.“

Sie sah mich an, so als erwarte sie von mir etwas. Dabei hatte ich nicht ein Wort von dem verstanden, was die Frau gesagt hatte. ‚Willkomen‘ vielleicht noch und ‚Lärrperts‘, was sie fälschlicherweise mit einem rollenden ‚r‘ aussprach. Ich dachte noch über ihre Worte nach, als Bingo sich direkt vor die Frau setzte und seine rechte Pfote hob.

„Lärpers, Jonathan Lärpers. Ohne Doppel-R.“ Dann erinnerte ich mich an die Nähe zu den Niederlanden und tippte darauf, dass die Frau mit mir holländisch gesprochen hatte. Während sie sich zu Bingo herabbeugte und ihm lächelnd die Pfote schüttelte, kramte ich meine Niederländischkenntnisse zusammen. „Well day, ick spräche but no Holländisch. You kenn auch Deutsch met me redde. Kenn you Deutsch?“

Die Antwort ließ zunächst noch auf sich warten, denn jetzt war die Bäuerin erst einmal damit beschäftigt, Bingo den Bauch zu kraulen, der diese Streicheleinheiten sichtlich genoss.

„Ick niet spräcke Hollands“, versuchte ich erneut ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Endlich richtete sie sich wieder auf.

„Willkommen auf goode Diek. Aber wir sprechen hier kein Niederländisch, sondern Platt. Einen feinen Hund haben sie da. Bingo, richtig?“

Ich nickte. „Und ich heiße Lärpers. L-ä-r-p-e-r-s.“

„Ja, ich weiß Herr Lärrperts. Das sagten sie schon öfter. Aber ihren Wagen können sie hier nicht stehen lassen. Sehen sie das Schild dort, der Parkplatz für die Gäste befindet sich dort hinten neben dem Gästehaus. Setzen sie bitte den Wagen um und danach kommen sie in mein Büro, dann können wir die Formalitäten erledigen. Anschließend zeige ich ihnen ihre Wohnung.“

Ich nickte und sah mich nach dem Gästehaus um, das sich als umgebaute Scheune entpuppte. „Komm Bingo“, rief ich meinen kleinen Freund und sah mich suchend nach ihm um. Schließlich entdeckte ich den Malinois, wie er ein Stück abseits im Schatten lag und an seinem Knochen kaute. Achselzuckend stieg ich in den Wagen. Sollte der Hund doch machen, was er wollte.

„Also Herr Lärrperts, ich brauche hier noch ihre Unterschrift.“ Die Frau reichte mir meinen Personalausweis zurück und hielt mir ein Formular hin. „Dann bekomme ich noch achthundertsechsundzwanzig Euro von ihnen.“

Ich unterschrieb die Anmeldung und sah anschließend die Frau an, die auf einem einfachen Küchenstuhl vor einem winzigen Schreibtisch saß. Aber ihr gesamtes ‚Büro‘ war sehr klein und größere Möbel hätten kaum hier hineingepasst. „Also, mit dem Geld“, begann ich vorsichtig meine Beichte, „das ist so eine Sache ...“

„Eine Sache?“ Die Frau sah mich misstrauisch an. „Was soll das heißen?“

„Nun, also, ich ... also eigentlich“, druckste ich herum. „Gestern, also gestern nach unserem Gespräch ... Wissen sie, was ich meine?“

„Nein, das weiß ich nicht. Also stottern sie nicht so herum, junger Mann, sondern kommen sie endlich zur Sache.“

„Ich wollte gestern noch das Geld abheben, doch der Automat hat meine Karte nicht angenommen. Hier sehen sie.“ Ich kramte meine EC-Karte hervor. „Der Chip ist beschädigt, deswegen konnte ich kein Geld abheben. Ich kann ihnen gerade einmal zweihundert Euro in bar geben und müsste erst zu einer Bank. Das würde ich aber direkt heute noch erledigen“, fügte ich treuherzig hinzu.

Erneut blickte mich die Frau misstrauisch an. Dann hielt sie die Hand auf und meinte streng: „Zweihundert Euro? Den Rest bekomme ich dann morgen von ihnen, sonst müssen sie wieder ausziehen.“

„Ja, natürlich. Ich fahre nachher direkt in den Ort und besorge das Geld.“

Die Bäuerin knurrte leise. „Da müssen sie schon nach Neuharlingersiel, Dornum oder Esens fahren.“

„Ist das weit?“, fragte ich. Nach den anstrengenden Stunden Autofahrt wollte ich bei dem herrlichen Wetter nicht noch stundenlang Auto fahren, sondern endlich an den Strand und das Meer sehen.

Und riechen.

„Keine Sorge, junger Mann. Neuharlingersiel erreichen sie mit dem Wagen in gut zehn bis fünfzehn Minuten.“ Sie drückte mir eine Quittung über zweihundert Euro in die Hand, nahm einen Schlüssel und erhob sich langsam. „Kommen sie, ich zeige ihnen ihre Wohnung. Folgen sie mir einfach.“

Wir gingen zu der ehemaligen Scheune hinüber und diesmal folgte uns Bingo mit dem riesigen Knochen im Maul. Ich hoffte nur, der Hund würde nicht den ganzen Urlaub über mit dem Ding herumlaufen.

Die Wohnung war klein, aber für zwei Personen durchaus ausreichend und bestand lediglich aus einem Zimmer mit Kochnische und einem Bad. Fast schon wie ein Hotelzimmer, doch mehr brauchten Bingo und ich ja auch nicht. Die Frau ließ mich schon nach ein paar Minuten mit den Worten: ‚Und vergessen sie das restliche Geld nicht ...‘ allein.

„Das ist jetzt unser Reich für die nächsten sieben Tage“, erläuterte ich Bingo, der es sich mit seinem Knochen neben dem Doppelbett bequem gemacht hatte. Ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen stand direkt davor und an einer Wand befand sich ein Kleiderschrank neben einer Kommode. Links und rechts vom Bett standen zwei Nachttischen und alles wirkte sehr rustikal und gemütlich. Ich ließ mich auf das Bett fallen und sah Bingo dabei zu, wie er sich mit dem Knochen abmühte.

Ein Mann und sein Hund halt ...

Ich erwachte durch das Schnarchen meines treuen Freundes, das mir direkt ins Ohr drang. Bingo hatte sich unbemerkt neben mich gelegt und seine Schnauze lag direkt neben meinem Kopf. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es Mittagszeit war und seufzend erhob ich mich. Es wurde allmählich Zeit, zu dieser Bank zu fahren.

Feuerwehr - Challenge

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