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Die folgenden Tage verbrachten Bingo und ich bei herrlichem Wetter durchweg am Strand. Wir machten lange Spaziergänge und genossen die freie Zeit so gut es eben ging. Einmal wanderten wir ohne ein Ziel durch den Sand und plötzlich fand ich uns in Bensersiel wieder, doch um dieses Fiskenhuus, also das Fischhaus mit den fangfrischen Glibbertieren, machte ich einen großen Bogen. Da bevorzugte ich jetzt doch lieber die Speisen eines Schnellimbisses, wobei ich akribisch darauf achtete, auch wirklich nur Fleisch vorgesetzt zu bekommen. So etwas, wie mit dem ‚Dover sole‘ sollte mir nicht noch einmal passieren.

Am Sonntag vergaß ich fast die Einladung meiner Mieterin zum Mittagessen und wir eilten im Laufschritt vom Strand zurück zum Bauernhof. Zwei Minuten vor halb eins betrat ich das Haus, während Bingo sich draußen im Schatten niederließ und wieder mit seinem Knochen kämpfte.

Rieke de Düün kam mir schon in der Diele entgegen. „Da sind sie ja endlich, Herr Lärrperts“, begrüßte sie mich und wischte sich die Hände an einer fleckigen Schürze ab. „Wir dachten schon, sie hätten die Einladung vergessen.“

„Nein, nein“, log ich. „Ich habe an nichts anderes denken können und freue mich schon auf das Essen. Was gibt es denn Gutes?“

„Snirtjebraten. Aber kommen sie doch erst einmal herein!“ Sie führte mich in das Wohnzimmer, das ich bisher noch nicht kannte. Mit ausgestreckter Hand kam mir ihr Mann entgegen, zwei Gläser und eine Flasche in der anderen haltend. „Das ist Jendrik, mein Mann und das ist Herr Jonathan Lärrperts, unser Gast aus der Ferienwohnung.“

Wir schüttelten uns die Hände und Jendrik de Düün drückte mir direkt ein Schnapsglas in die Hand. Rasch füllte er es bis zum Rand auf. Dann redete er in Platt auf mich ein, wobei ich kein Wort verstand.

„Du musst mit dem Herrn Hochdeutsch sprechen, Jendrik“, wies ihn seine Frau zurecht. „Herr Lärrperts versteht kein Platt!“

Jendrik de Düün nickte und bemühte sich mehr schlecht als recht, mich mit verständlicheren Worten zu begrüßen. „Willkommen Herr Lärrperts, willkommen Held von Siel in unserer bescheidenen Kate.“ Der Mann war vielleicht einen Meter fünfundsechzig groß, sehr dünn und roch nach Schnaps. Er nickte mir aufmunternd zu: „Prost Herr Held! Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“

„Trink nicht so viel, Jendrik“, tadelte ihn seine Frau, die wieder in der Küche verschwand.

„Wie gefällt es ihnen bei uns?“, fragte Jendrik de Düün und schenkte erneut nach. Ich spürte schon die Wirkung des scharfen Getränks und wollte dankend ablehnen, musste aber feststellen, dass de Düün auf dem Ohr taub zu sein schien.

„Gut, gut. Der herrliche Strand, das gute Wetter, uns gefällt es hier sehr gut.“

Der Mann nickte sinnend und schenkte uns Schnaps nach. Ich wollte dankend abwehren, war aber zu langsam. „Jo, dat Weer löppt mit“, grunzte er, lächelte und wiederholte seinen Spruch von vorhin: „Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“

Zum Glück rief die Hausfrau jetzt zum Essen und ich entsorgte den Schnaps unauffällig in einem Blumentopf. „Dieses Schmietebraten, was ist das eigentlich?“, fragte ich Jendrik de Düün, bevor wir uns in die Küche begaben. Nicht, dass es sich dabei wieder um diesen unsäglichen Fisch handelte. Hier im Norden konnte man nie wissen, was sich hinter den kryptischen Bezeichnungen verbarg. Wenn ‚Fisken‘ schon nicht Fritten, sondern Fische waren, dann konnte Schmietebraten ja durchaus ein Braten von einem großen, glibberigen Fisch sein.

„Snirtjebraten“, korrigierte Jendrik mich und lachte. „Dat Oog is groter as de Mund, klööv et mi!“ Dann schien er sich plötzlich zu erinnern, dass ich kein Platt sprach. „Meine Rieke macht den besten Snirtjebraten von der ganzen Küste. Dat kannst mi klööve. Dazu gibt dat leckeren Rotkohl, Kartoffeln und Ditjes und Datjes.“

Ich setzte mich mit einem unguten Gefühl an den Tisch. Meinte der Mann in seinem unsäglichen Platt vielleicht ‚Matjes‘? Also doch wieder ein Fischgericht, was ja hier an der Küste wenig verwunderlich schien. Ich beschloss, mich mit den Kartoffeln und dem Rotkohl zu begnügen ...

Frau de Düün stellte große, dampfende Schüsseln auf den Tisch und ich sah meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. In einer dunklen, nach den verschiedensten Kräutern duftenden Soße, schwammen irgendwelche braunen Klopse, die für mich stark nach Bratrollmöpsen aussahen. Und Bratfisch war - neben dem normalen Fisch - so ziemlich das Ekelhafteste, was ich mir vorstellen konnte.

Jendrik de Düün wollte nach dem Löffel in der Schüssel greifen, doch seine Frau haute ihm auf die Finger. „Toeerst de Gast, Jendrik!“ Dann sah sie mich an: „Greifen sie zu, Herr Lärrperts. Snirtjebraten, unsere Spezialität.“

Ich nickte und nahm ein paar Kartoffeln, danach griff ich zum Rotkohl. Kaum, dass ich die Löffel in die Schüsseln zurückgelegt hatte, stürzte sich Jendrik de Düün auf das Essen. „Jendrik du sitt mit d‘ Vörpoten in d‘ Block“, tadelte ihn seine Frau und schob mir die Schüssel mit den vermeintlichen Rollmöpsen hin. „Nehmen sie ruhig, Herr Lärrperts. Ich habe noch genügend davon.“

Ich hob eine Hand und schüttelte dankend den Kopf. „Danke, Frau de Düün, das ist sehr nett. Doch ich habe dem schon vor Jahren abgeschworen. Mir genügen wirklich die Kartoffeln und der Rotkohl. Was ist denn in der Schüssel dort?“

„Das sind Ditjes und Datjes - eingelegte Kürbisse, rote Beete und Senfgurken. Die gehören traditionell zum Snirtjebraten.“

„Datjes sind Senfgurken? Keine Fische?“ Also war anscheinend doch keine Rede von ‚Matjes‘.

„Sie würden dazu ‚Dies und Das‘ sagen“, erklärte sie lächelnd. „Es ist aber schade, dass sie kein Fleisch essen, Herr Lärrperts. Wenn ich das gewusst hätte, gäbe es natürlich etwas anderes. Sind sie so ein Vegetarier oder Veganer, Herr Lärrperts?“

„Fleisch?“ Jetzt war ich vollkommen verwirrt. Aber hier an der Küste wurde der Dover-Fisch ja auch als ‚Filet‘ bezeichnet. „Was für ein Fleisch?“

Jendrik de Düün schob sich eine übervolle Gabel in den Mund, verdrehte die Augen und nuschelte: „Snirtjebraten, Herr Lärrperts. Feinstes Schweinefleisch ... Dumm, dass sie Vegetanier sind.“

Perplex starrte ich auf die Schüssel, aus der Herr de Düün sich erneut großzügig bediente. Schweinefleisch? Keine Bratrollmöpse, keine Matjes? Kein Fisch? Ich überlegte angestrengt, wie ich die Situation für mich noch retten konnte. Da schwamm das feinste Schweinefleisch in einer würzig duftenden Soße und ich saß hier vor meinem Teller mit trockenen Kartoffeln und Rotkohl. Entschlossen zog ich die Schüssel mit dem Fleisch zu mir herüber. „Dann will ich einmal eine Ausnahme machen“, lächelte ich und wollte gerade nach dem Löffel greifen, als Frau de Düün mir die Schüssel wieder entzog.

„Nein, Herr Lärrperts. Wegen uns müssen sie doch ihren Prinzipien nicht untreu werden. Wir verstehen, wenn sie kein Fleisch essen wollen. Soll ich ihnen schnell ein Fischragout zubereiten? Oder essen sie auch keinen Fisch?“

Ich schüttelte den Kopf. „Fischragout? Das ist doch nicht notwendig, Frau de Düün. Soviel Aufwand! Ich werde einfach einmal von dem Schweinefleisch probieren.“ Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Würziges Schweinefleisch in einer dicken, dunklen Soße. Das perfekte Sonntagsessen ...

Aber Frau de Dünn war schon aufgesprungen, nahm eine Schüssel aus dem Kühlschrank und füllte den Inhalt in einen kleinen Topf. „Das ist noch von gestern übrig. Ragout von der Seekatze. Sehr nahrhaft und bekömmlich. Und es macht mir überhaupt keine Mühe, für den Helden vom Siel tue ich doch alles.“ Sie lachte und kippte den Inhalt des Topfes auf meinen Teller. „Ich hätte den Fisch ansonsten sowieso wegschmeißen müssen, der hält sich nicht so lange ... Und falls von dem Snirtjebraten noch etwas übrigbleiben sollte, kann ich ihn ja morgen für Jendrik und mich noch einmal aufwärmen. Guten Appetit, Herr Lärrpers.“

„De Adebaars nöögt, mutt Poggen weten“, grunzte Jendrik de Düün und schaufelte sich das letzte Stück Fleisch auf den Teller.

Frau de Düün, die meinen fragenden Blick sah, übersetzte: „Wer Gäste einlädt, muss sie auch passend bewirten können. Nun essen sie aber, Herr Lärrperts, bevor das Fischragout kalt wird. Dann schmeckt es nämlich nicht mehr!“

Später schaffte ich es mühsam auf mein Zimmer. Natürlich war mein Essen fast kalt gewesen und der Geruch nach säuerlichem Glibbertier ließ mich immer wieder würgen. Doch unter dem strengen Blick der Frau de Dünn stopfte ich das Essen in mich hinein. Auf den Nachtisch verzichtete ich und mühsam den Brechreiz unterdrückend, verabschiedete ich mich rasch. Zurück in meiner Wohnung übergab ich mich keuchend über der Toilette, bis sich auch nicht das geringste bisschen Fisch mehr in meinem Magen befand.

Nach einer umfangreichen Erholungspause wanderte ich am Nachmittag mit Bingo - den ich vor dem Bauernhaus nur schwer von seinem Knochen loseisen konnte - am Strand entlang nach Bensersiel, wo ich mich in dem mir bekannten Imbiss mit einer doppelten Currywurst und reichlich Pommes mit Mayonnaise entschädigte.

Feuerwehr - Challenge

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